Perlen der Redaktion: Dominik Feldmanns Highlights 2025

25.12.2025 | 17:06

Die Konzerte waren ein absolutes Hui, das Albenjahr zwar kein Pfui, aber auch kein Hoch.

Mir fällt es schwer, das musikalische Jahr 2025 einzuordnen. Würde ich gefragt werden, wie ich es im Hinblick auf neue Alben bewerten würde, käme mir wohl ein "Ja, war okay" über die Lippen. Große Begeisterung wäre das nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich dieses Jahr irgendwie keine Muße für Post Metal oder Progressive à la DREAM THEATER hatte, obwohl ich die Genres sonst gerne mag? Im Hinblick auf Konzerte sah dies anders aus. Mit 27 Konzerttagen in vier verschiedenen Ländern steht ein neuer persönlicher Rekord samt vieler Erinnerungen für die Zukunft im Raum.

Beginnen möchte ich jedoch mit meinem persönlichen Lowlight: Die RISE AGAINST-Scheibe "Ricochet". Ich liebe die Band seit über zwanzig Jahren und den Alben "Revolutions Per Minute" sowie "Siren Songs Of The Counter Culture". Auch als ihr Weg in Richtung Mainstream führte, bin ich mitgegangen und konnte selbst auf mauen Alben immer zwei oder drei gute Songs finden. Dass sie eher eine durchschnittliche Liveband ist, hat mich ebenfalls nie gestört. Das Quartett war immer eine Lieblingsband. Aber mit "Ricochet" kann ich gar nichts anfangen. Nicht ein einziger Song gefällt mir. Ich bin tief enttäuscht.


Verlassen wir nun lieber die traurigen musikalischen Ereignisse von 2025 und kommen zum Positiven. An erster Stelle muss ich die Konzerte nennen. Schon im Januar hat mich der wiedervereinte POWER TRIP im kleinen Münchener Strom auf unfassbare Weise weggeblasen. Der gesamte Club hat einfach gebebt. Im Metal-Bereich war es eines der besten Konzerte der letzten Jahre. Ich hoffe, in der Zukunft ist von der Gruppe wieder viel zu hören (Konzertbericht).

 

Einen überraschenden Abend gab es bei MACHINE HEAD in Linz. Denn während der Umbaupause vom Support zum Mainact platzte die Nachricht vom Tod von Ozzy Osbourne in die Halle. Das Publikum reagierte ungläubig, und MACHINE HEAD änderte deswegen spontan die Setlist samt sehr emotionaler Ansagen (Konzertbericht). Im Spätsommer ging es schließlich nach Kopenhagen und Stockholm, um DIE TOTEN HOSEN anzuschauen. Keine Band hat mich so sehr beeinflusst wie die Düsseldorfer. Natürlich habe ich sie deswegen mehrere dutzend Mal gesehen. Die Chance, sie auf ihre alten Tage noch einmal im Club zu erleben, musste genutzt werden. Konzerte einer solch großen Band vor 1.500 Zuschauern sind einfach etwas anderes. DIE TOTEN HOSEN gaben Vollgas und spielten keine Balladen. Dazu wurden Raritäten wie 'Liebesspieler', 'Disco in Moskau', 'Wehende Fahnen', 'Teil von mir', 'Alles wird gut' und viele weitere ausgegraben. Da schlägt das Fanherz höher! So liebe ich die Band! Auch wenn ich weiß, dass die Konzerte 2026 wieder Fast Food für die Massen in den Stadien bringen, ist meine Anwesenheitsbestellung bereits aufgegeben. Den absoluten Abriss gab es schließlich bei TURNSTILE. Wie diese Band Hardcore auf die großen Bühnen bringt, ist einmalig. Die Energie war unfassbar und am Ende gab es einen Bühensturm. In Hallengrößen jenseits der 5.000 Zuschauer habe ich so etwas noch nicht erlebt. Schön, dass das von einem Fan auf Video festgehalten worden ist:

TURNSTILE - Birds (Live in München)

https://www.youtube.com/watch?v=Ttc85ZIRToQ&list=RDTtc85ZIRToQ


TURNSTILE bringt mich schließlich direkt zu meinem Album des Jahres: "Never Enough" von TURNSTILE. Wie diese Band Hardcore und Punkrock denkt und transformiert, gab es bisher noch nie. Damit bringt sie einer jungen Generation diese Genres nahe. Ich denke, wir werden erst in zehn oder zwanzig Jahren feststellen, welchen riesigen Einfluss das Quintett tatsächlich gehabt haben wird.

 

Auf Platz zwei landet "Unatøned" von MACHINE HEAD. Was soll ich sagen? Natürlich ist die Scheibe keine "The Blackening" oder "Unto The Locust". Wenn allerdings eine der Top-Five-All-Time-Lieblingsbands ein ordentliches Album rausbringt, landet das natürlich weit oben. Vor allem haben die neuen Songs live für mich ebenfalls gut funktioniert.

 

Platz 3 ist dagegen eine Überraschung. Hinter "Postcard From A Parahell Universe" von HEATHCLIFF versteckt sich das beste Skatepunk-Album, dass ich in den letzten Jahren gehört habe. Vor allem hat es sich über den gesamten Sommer hinweg entwickelt und mir einfach Spaß gemacht. Ebenfalls freue ich mich darüber, dass sich die amerikanische Band DEFTONES mit einem starken Album zurückgemeldet hat. In diesem Sinne ist SPLIT CHAIN mit "Motionblur" als kleiner DEFTONES-Klon, inklusive einer gewissen musikalischen Eigenständigkeit, mein Newcomer des Jahres.


Im Metal-Bereich hat THE HALO EFFECT mal wieder auf großartige Weise den Göteborger Sound aufleben lassen. Auch die alten Recken von TESTAMENT und RAGE wissen zu überzeugen. Dabei ist RAGE in musikalischer Hinsicht halt RAGE, während TESTAMENT vor allem mit den Black-Metal-Anleihen die eine oder andere Überraschung präsentiert. "Para Bellum" ist nicht nur ein richtig gutes Album, sondern bei dem Titeltrack handelt es sich darüber hinaus um einen der besten und abwechslungsreichsten Metal-Songs des Jahres. Dazu gesellt sich für mich übrigens 'Universe' von HELLOWEEN. Eine megagute Nummer, die aus den Achtzigern stammen könnte. Leider kann die dazugehörige Platte "Monsters & Giants" auf Albumlänge nicht mithalten.

 

Im jungen und modernen Metal hat SPIRITBOX für mich seine Ausnahmestellung durch "Tsunami Sea" gefestigt. Lieder wie 'Soft Spine' sind einfach absolute Monster! Auch ORBIT CULTURE liefert mit seinem Major-Debüt "Death Above Live" ordentlich ab, kann das extrem hohe Niveau der beiden Vorgängerscheiben allerdings nicht ganz fortführen.

 

Im Punkbereich macht DREI METER FELDWEG mit "Gut Holz" wie immer Spaß, auch wenn mein Ersteindruck gar nicht so gut war. Doch die Entwicklung auf Dauer hat gestimmt. Erstaunlicherweise gilt gleiches für die Deutschpunkkollegen von FEINE SAHNE FISCHFILET mit "Wir kommen in Frieden". Nach anfänglicher Enttäuschung enthält die Scheibe doch einige bandtpyische Hits.

 

Weiterhin begeistern mich nach wie vor Gruppen wie SCOWL und DRAIN mit ihren Alben "Are We All Angels" bzw. "... Is Your Friend". Sie gehören zur Garde junger Bands, die im Schatten von TURNSTILE ihre eigene Form von Hardcore spielen. Während SCOWL einen eher poppigen Ansatz vertritt, spritzt aus DRAIN die pure Energie samt Thrash-Einflüssen. Ich beobachte es mit großer Freude, dass in der Szene endlich wieder viel passiert, ohne dass es sich um Hardcore-/Metalcore-Hybriden handelt.


Gelungenen Alternative und Indie gab es 2025 auch. Ich mag die gereifte Art und Weise von KRAFTKLUB ebenso wie die energiegeladene Band SPRINTS mit "All That Is Over", die auf ihrem zweiten Album allerdings auch schöne atmosphärische Elemente einbaut. Etwas mehr Kraft und Härte hätte "Futique" von BIFFY CLYRO gut getan. Trotzdem bleibt es halt Mon' The Biff. Ich habe die Gruppe einfach gern.


Wenn ich den Blick auf 2026 voraus werfe, freue ich mich wieder auf verschiedene geplante Konzerte. Das erste Highlight des Jahres wird für mich sowohl auf Platte als auch live FJØRT sein. Für mich sind die Aachener derzeit mit ihrem innovativen Post-Hardcore und ihren Texten eine der besten deutschsprachigen Bands. Der neue Longplayer "Belle Époque" wird im Februar veröffentlicht werden. Natürlich bin ich ebenfalls voller Hoffnung für die neue KREATOR-Scheibe. Im Metal-Bereich bin ich dazu sehr auf GAEREA gespannt. Post Black Metal ist eigentlich nicht mein Genre, als Vorband von ORBIT CULTURE hat mich die Gruppe dieses Jahr jedoch überzeugt. Auch die ersten Singles der anstehenden Platte wie 'Submerged' versprechen viel. Im Punkbereich habe ich noch keine definitive Ankündigung, auf die ich mit Spannung blicke. Doch zwischen den Zeilen kann wohl mit einer neuen Scheibe von DEATH LENS gerechnet werden, worauf ich nach dem überzeugenden Debüt viel Lust habe. Gleiches gilt für BAD RELIGION, die sowieso auf Platz zwei meiner All-Time-Bands stehen. Für alles andere lasse ich mich einfach überraschen. Denn wie eingangs erwähnt, kann 2025 im Albenbereich durchaus getoppt werden.


Rang

Band Album
1. TURNSTILE Never Enough
2. MACHINE HEAD Unatøned
3. HEATHCLIFF Postcard From A Parahell Universe
4. DEFTONES Private Music
5. THE HALO EFFECT The March Of The Unheard
6. TESTAMENT Para Bellum
7. RAGE A New World Rising
8. SPIRITBOX Tsunami Sea
9. FEINE SAHNE FISCHFILET Wie kommen in Frieden
10. ORBIT CULTURE Death Above Life
11. DREI METER FELDWEG Gut Holz
12. SCOWL Are We All Angels
13. ARCH ENEMY Blood Dynasty
14. SPLIT CHAIN Motionblur
15. THE BURNING FLAGS Pathways
16. DRAIN ... Is Your Friend
17. SPRINTS All That Is Over
18. KRAFTKLUB Sterben in Karl-Marx-Stadt
19. BIFFY CLYRO Futique
20. HELLOWEEN Giants & Monsters

 

Fotocredit POWER TRIP und MACHINE HEAD: Dominik Feldmann

Redakteur:
Dominik Feldmann

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