Summer Breeze 2014 - Dinkelsbühl

24.10.2014 | 20:08

13.08.2014,

Summer Breeze 2014: Das "Wacken des Südens" sprengt wieder einmal die eigenen Grenzen und wartet mit 111 Bands und vier Bühnen auf.

BENEDICTION (Pain Stage)
Für mich startet der Freitag mit einer Band, die nicht bloß zur alten Schule des Death Metals gehört oder wie diese klingt, sondern im Prinzip die alte Schule selbst ist. Die Briten von BENEDICTION freuen sich über die mittelmäßig gefüllte Fläche vor der Pain Stage so wie andere Bands, wenn die Leute sich bis zu den Essensständen um einen Platz prügeln, und übertragen diese Freude in bestem Sinne auf ihren Todeshymnen. Hier wird einfach, sympathisch und kompromisslos geholzt, bis kein Baum mehr neben dem anderen steht. Melodie kommt im Vokabular der Band nicht vor – und das ist auch gut so. BENEDICTION schafft den Spagat zwischen simpler und trotzdem packender Musik heute erneut meisterlich und hinterlässt die Old-School-Fans nach einer Stunde glücklich und zufrieden. Feine Nachmittagssause.

[Oliver Paßgang]

MALRUN (Camel Stage)
Zwischendurch schaue ich dann auch mal kurz bei der alles andere als toll platzierten Camel Stage vorbei, um mir die jungen Dänen MALRUN zu geben (nicht zu verwechseln mit den später auftretenden MAROON!). Dreißig Minuten sind wirklich wenig, um sich zu präsentieren, aber der Fünfer macht das Beste daraus und hinterlässt mit seinem Stilmix irgendwo zwischen Alternative Rock und Metalcore einen durch und durch positiven Eindruck. Tolle Melodien auf der Gitarre und im Gesang, leicht vertrackte, jedoch gleichzeitig höchst eingängige Strukturen und ein tolles Klangbild sind eine starke Basis, auf der MALRUN seine absolut hörenswerten Songs ausbreiten kann. Ich würde mir wünschen, dass diese Band es noch weiter nach oben schafft. Hier ist nämlich mehr als nur Potenzial vorhanden!

[Oliver Paßgang]

IGNITE (Pain Stage)
Mitten zwischen dem ganzen Metal platziert das Summer Breeze seit jeher schöne Farbtupfer aus den verwandten Genres. Heute hat IGNITE die Chance, dem Metal-Mob den melodischen Hardcore näherzubringen. Fast selbstredend tut eine stets so positiv gestimmte Band wie die fünf Herren aus Orange County dies mit einer bemerkenswerten Begeisterung. Zoli lässt ein paar politische Statements ab, erzählt Persönliches, lobt die europäischen Fans und singt zudem fantastisch. IGNITE ist ein der wenigen, vielleicht die einzige Band, die viele Metal-Fans trotz der sehr simplen Punk/Hardcore-Strukturen mitreißen kann, was sich heute einmal mehr offenbart. Der Zuspruch ist trotz der Tatsache, dass das letzte Album der Herren gefühlt vor dem Mauerfall erschienen, erstaunlich gut. Das BOLT-THROWER-Phänomen? Nun gut, diese These führt an dieser Stelle zu weit. 'Veteran' beschließt den siebzehn Lieder dauernden Gig, der bei sommerlicher Atmosphäre voll ins Schwarze getroffen hat. Starke Angelegenheit!

[Oliver Paßgang]

GAMMA RAY (Main Stage)
Ganz persönlich muss ich gestehen, dass ich mich vom Power Metal entfremdet habe. Auf Platte ist eine Band wie GAMMA RAY stets nett, aber selten mitreißend; live schlafe ich in letzter Zeit sogar regelmäßig vor der Bühne ein (sofern ich sie überhaupt noch aufsuche). Insofern stehe ich mit alles anderem als hohen Erwartungen vor der Hauptbühne, um dann aber doch einem überraschend unterhaltsamen Auftritt beizuwohnen. Wo heute genau der Unterschied liegt, kann ich gar nicht mal sagen, denn es ist sogar so, dass mir der eine oder andere Hit durchaus fehlt ('Heavy Metal Universe', 'Gardens Of The Sinner'). Aber nun gut, dafür werden andere gespielt ('I Want Out', 'Rebellion In Dreamland', 'Man On A Mission'), die nicht weniger Spaß machen. Die Hanseaten sind gut drauf, Kai Hansen bedankt sich mit einem breiten Grinsen für einen der seltenen Moshpits und das Publikum scheint selbst absolut zufrieden zu sein. Vielleicht ist die Stärke des heutigen Gigs, dass die Band ganz schlicht auf ihre Songs setzt, kein großes Tam-Tam drumherum, keine großspurige Ansagen und so wirklich über eine volle Stunde lang feine metallische Unterhaltung bietet. Für pure Euphorie reicht das nun nach wie vor nicht, trotzdem ist GAMMA RAY meine positive Überraschung des Festivals: Ich habe wenig erwartet und so einiges bekommen.

[Oliver Paßgang]

AUGUST BURNS RED (Pain Stage)

Wenn Sänger Jake Luhrs sagt, dies sei vielleicht der beste Festival-Gig, den AUGUST BURNS RED jemals gespielt hat, dann spricht das Bände. Ich stimme in diese Jubelarie einfach mal mit ein und bin nicht weniger begeistert von dem, was auf Pain Stage bei gerade untergehender Sonne stattfindet. Habe ich die Band auf der letzten Tour noch als etwas müde beschrieben, muss ich jetzt feststellen, dass sie wacher kaum sein könnte. Diese Truppe hebt so viel von der Masse an Metalcore-Bands ab, dass ich mir gar nicht erst die Mühe machen werde, die Unterschiede aufzuzählen. Die bis auf den letzten Quadratmeter gefüllte Fläche vor der Bühne, zumeist in ekstatischer Bewegung, macht deutlich, dass AUGUST BURNS RED nun wohl endlich die verdienten Lorbeeren für ihre unermüdliche Arbeit und insbesondere für die wunderbaren Songs einfährt. Derer hat der Fünfer eine Menge im Köcher: 'Internal Cannon' als Opener, 'Beauty In Tragedy' als zwischenzeitlichen emotionalen Höhepunkt oder 'White Washed' als Schlussspurt, hier sind qualitativ quasi keine Unterschiede auszumachen. Die Band ist extrem gut aufeinander eingespielt, so dass trotz all der rhythmischen Verrenkungen jede Sechzehntelnote punktgenau sitzt. Und ja, Jake Luhrs ist auch ein eher schlichter Sänger, den AUGUST BURNS RED aber auch in genau dieser Form braucht, um eine derartige Ausstrahlung zu erhalten, die bis in die letzten Ecken des Campingplatzes zu spüren sein dürfte. Eine der besten Auftritte auf dem diesjährigen Summer Breeze!

[Oliver Paßgang]

MAROON (T-Stage)
Vor zwanzig Minuten feiere ich noch eine der besten aktuellen Metalcore-Bands ab und bin mit der Welt absolut im Reinen, nun stehe ich im Zelt, bekomme langsam einen trockenen Hals und fühle mich alles andere als wohl. Beerdigungen sind nichts schönes. Schon gar nicht, wenn man die alte Dame, die zu Grabe getragen wird, wirklich ins Herz geschlossen hatte. Das Banner mit der Aufschrift "MAROON" wird hochgezogen und mir wird immer bewusster, dass dies die letzten 45 Minuten sein werden. Für immer. Die Trauergemeine ist anfangs noch recht klein, zu Beginn der Prozession dann jedoch durchaus würdig vertreten und hoch motiviert, MAROON die letzte Ehre zu erweisen. Dem Priester auf der Bühne merkt man seinen Schmerz an. Es tut weh, wenn man so viel Herzblut in eine Sache steckt, damit auch durchaus Erfolg hat, jedoch auf einmal niemand mehr etwas von einem wissen will. Und es tut genau so weh, eben diese Herzensangelegenheit für immer zu beenden. Bezeichnend für das offensichtlich extrem geschrumpfte Selbstbewusstsein der Herren auf der Bühne ist die von mir so ewig nicht erlebte Irritation über Sprechchöre für die eigene Institution. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte dieser Umstand fast lustig sein. Überhaupt ist diese Darbietung emotional aufgeladen wie keine zweite auf dem diesjährigen Summer Breeze. Da ist Frust im Spiel, Trauer, Enttäuschung und Wut. Vielleicht auch noch ein wenig Stolz und ein ganz bisschen Freude. Emotionen, die sich in der Musik MAROONs allesamt bestens abbauen lassen. Eigentlich. Doch als das Requiem 'Wake Up In Hell' angekündigt wird, ist plötzlich alles zu viel. Da geht kein Moshen mehr, kein Brüllen, selbst Headbangen oder bloßes Nicken fällt schwer. Der Priester stürzt sich in die Gemeinde, lässt diese die letzten Worte der Messe lesen und zerlegt danach den Altar. Ich stehe minutenlang nur noch sprach- und regungslos da. Ich starre ins Leere und fühle genau die gleiche. MAROON ist tot. Lange lebe MAROON.

[Oliver Paßgang]

MOTORJESUS (Camel Stage)

Was sich die Veranstalter dabei gedacht haben, eine derzeit so populäre Band wie MOTORJESUS auf die Camel Stage zu packen und ihr nur 30 Minuten zuzusprechen, muss mir irgendjemand bitte einmal in einer ruhigen Minute erklären. Der Platz vor der Bühne, welcher übrigens gleichzeitig einer von zwei Durchgängen zu den großen Stages ist, ... ähm... "platzt". MOTORJESUS kann natürlich mit so einer Menge partywütiger Menschen umgehen und ist sich für kleine Bühnen ohnehin nicht zu schade, nur wenn der energiegeladene Hard Rock, heute instrumetal und gesanglich wieder super in Szene gesetzt, bereits nach gefühlten zwei Songs sein Ende findet, dann ist das einfach blöd. Das ist so, als würde man ein Mädchen kennenlernen, sie mit nach Hause nehmen und... Ach nee, egal jetzt. MOTORJESUS hui, Spielzeit pfui.

[Oliver Paßgang]

HYPOCRISY (Pain Stage)
Wo Peter Tägtgren mitwerkelt sollte man sich die Auftritte ansehen - so dachte jedenfalls gefühlt das halbe Breeze und versammelt sich erwartungsvoll vor der Pain Stage. Die Schweden um HYPOCRISY fackeln auch nicht lange rum und eröffnen mit 'End Of Disclosure' das akustische Trommelfeuer, um mit 'Valley of the Damned' noch mehr Öl in die köchelnde Menge zu gießen. Die Flamme zündet bei 'Fractured Millenium' und bringt die Herren der Security ebenso zum Schwitzen, um alle Diver sicher zur Landung zu bringen. HYPOCRISY bietet an diesem Abend eine beeindruckend abgestimmte Mischung aus Altem und Neuen, welches die Herren sehr gekonnt auf der Bühne umsetzen und dem Publikum entgegenbringen. Mein persönlicher Favorit ist 'Roswell 47'. Wer sich Tägtgren hier bei der Arbeit anschaut und seine erfolgreichen Bemühungen, das Publikum mit Bier und Spielfreude zum Kochen zu bringen - der kann verstehen, warum HYPOCRISY eine solch verdammt gute Live-Band ist. Die sich jeder, sobald er die Gelegenheit dazu hat, mal zu Gemüte führen sollte.

[Benjamin Kutschus]

MACHINE HEAD (Main Stage)
Wow, was für ein knallhartes Konzert. MACHINE HEAD ist wieder sehr gut drauf! Natürlich sind sie schon bekannt für ihre megamäßige Live-Show, aber das Konzert beim SUMMER BREEZE überbietet wirklich so einiges. Nicht nur wegen der einzigartigen Bühnenshow mit jeder Menge Goldregen, Feuer und Funken oder dem Bühnenbild, welches durch die riesigen MACHINE HEAD-Bandlogos einen Ausdruck von Macht vermittelt, sondern natürlich hauptsächlich durch die Bühnenpräsenz von Robert Flynn und seinen Mitstreitern Phil Demmel, Jared MacEachern und Drummer Dave McClain, welcher wieder durchaus präzise Rythmen spielt. Es werden jede Menge Riff-Klassiker wie z.B. 'Locust' oder als letzter Song 'Halo' gespielt. Nicht nur die Musiker sind sehr gut drauf und feuern das Puplikum an, auch die Menge tobt. So viel Bewegung sieht man nicht jeden Tag, die Fans sind trotz kurzen Regenschauers sehr agil und absolut gut drauf. Kein Wunder bei dem guten Sound. Als Überraschung wird von IGNITE-Sänger Zoltán Téglas 'Our Darkest Days / Bleeding' zum Besten gegeben, welcher schon ein paar Stunden zuvor auf der Pain Stage das Volk zum Toben brachte. Für weitere Überraschungen ist auch gesorgt, denn beeindruckend ist auch die Umsetzung der Zugabe der Amerikaner. Mehrmals denkt man, das Konzert sei nun vorbei als die Lichter ausgehen, und dann geht es doch mit dem nächsten Hit weiter. Der Spannungsbogen ist perfekt umgesetzt und somit bleibt dieses Mega-Konzert sehr gut in Erinnerung.

[Thomas R.]

DEVIN TOWNSEND PROJECT (Pain Stage)
Vorweg schon mal: Das ist wieder ein großartiges Konzert und wieder vollkommen anders als erwartet. Den Großteil des Konzertes genießt man den Gesang von DEVIN TOWNSEND im Duett mit Anneke Van Giersbergen, welche ebenfalls schon zuvor beim Summer Breeze ihren Auftritt hatte. Den Sinn für Humor muss man wohl bei jedem Konzert von DEVIN TOWNSEND dabei haben, aber das ist nicht schwer bei der Sympathie, die überspringt. Der Sound ist wieder überwältigend und das Konzert beginnt überraschenderweise mit dem fetten Song 'Seventh Wave'. Es werden Songs unter dem Namen von DEVIN TOWNSEND, DEVIN TOWNSEND BAND sowie DEVIN TOWNSEND PROJECT zum Besten gegeben, z.B. 'War', 'Regulator' oder 'Juular'. Die Stimmung ist sehr gut, denn insbesondere das überraschende Duett mit Anneke Van Giersbergen macht dieses Konzert einzigartig. Nicht nur die Meute feiert die Band ab, sondern auch die Security, die sogenannten Grabenschlampen, werden zum Tanzen animiert. Somit ist dies ein rundum gelungenes Konzert mit einer feierlichen, ausgelassen guten Stimmung.

[Thomas R.]

LAY DOWN ROTTEN (Camel Stage)
Nach MACHINE HEAD und DEVIN TOWNSEND geht es gleich weiter zur Camel Stage, um LAY DOWN ROTTEN zu sehen. Die Band aus Hessen spielt brachialen Death Metal vom Feinsten. Zu dieser späten Stunde sehr gut, auch wenn man von MACHINE HEAD immer noch wie weggeblasen ist. LAY DOWN ROTTEN gibt Gas und das nicht zu knapp. Der Platz vor der Camel Stage ist voll und die Leute sind gut drauf. Guter, brachialer Gitarren-Sound sorgt für gute Stimmung. Es variiert von groovigen Midtempo-Parts zu schnellem Geknüppel. Man merkt, die Menge braucht das noch mal vorm Schlafengehen, denn die Bewegung kommt nicht zu kurz. Für diesen Tag ein erfolgreiches Finale.

[Thomas R.]

INSOMNIUM (T-Stage)
Wer zu solch später Stunde noch schlaflos ist, kann sich mit INSOMNIUM auf der T-Stage einen melodischen Schlag Death Metal auf die Ohren abholen. Eröffnet wird der musikalische Traum der stählernen Finnen, welche seit ihrer Gründung nur wenige Besetzungsänderungen durchmachen mussten, mit 'The Primeval Dark' gefolgt von 'While We Sleep'. Eine stimmige Lichtshow geht eine Symbiose mit der Musik ein. Ein wenig aus dem Traum gerissen werden wir alle, als ein defekter Amp ausgetauscht werden muss. Mit gleich fünf Titeln ist die neueste Traumscheibe "Shadows Of The Dying Sun" vertreten. Mit dem Song 'One For Sorrow' vom gleichnamigen Album verabschieden sich die Jungs um Niilo Sevänen gebührend von uns und man wird in die kalte Nacht entlassen. Oder bleibt zum Aufwärmen noch bis zum nächsten Skandinavier-Trupp.

[Benjamin Kutschus]

EINHERJER (T-Stage)
Wie könnte man einen Festivalabend besser ausklingen lassen, als mit einer guten Prise melodischen Viking Metal der Marke EINHERJER? Zugegeben, nach dem finnischen Vorprogramm von INSOMNIUM zu solch später Stunde noch ein großes Publikum in einer vom Dauerregen durchfeuchteten T-Stage zu halten, ist nicht ganz einfach. Angefangen mit einem gelungenen Opener-Medley aus 'Crimson Rain' und 'Ironbound' halten die Nordmänner das Zelt aber dennoch gut gefüllt. Die Setlist besteht dieses Jahr aus einer eher ruhigeren Auswahl an Titeln, welche sich über die gesamte Bandgeschichte erstreckt. Als Vorgeschmack auf das im Oktober erscheinende neue Album "Av Oss, For Oss" aus der nordischen Metallgießerei bekommen wir 'Nidstong' geboten. Als Abschluss für diesen Abend wird mit 'Norrøn Kraft' nochmal ein langes Outro geboten, bevor die akustisch gestillte und zufriedene Meute in die Nacht entlassen wird.

[Benjamin Kutschus]

(hier geht es zur vierten Seite)

Redakteur:
Oliver Paßgang

Login

Neu registrieren