Serie in Schwarz (DVD)
- Regie:
- diverse
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Frankreich
- Originaltitel:
- Suite Noire
1 Review(s)
24.05.2011 | 14:26Solide, bissige Krimi-Kost aus Frankreich
Französische Krimiserie, bestehend aus acht ca. einstündigen TV-Thrillern, die auf der Romanreihe "Suite Noire" basieren. Die Serie in Schwarz ist eine aufregende und anspruchsvolle Sammlung von französischen Thrillern, die jeweils in enger Zusammenarbeit zwischen Buchautor und Filmemacher realisiert wurden. Entstanden sind dabei dicht inszenierte Kriminalfilme.
Durch die Vielfalt von Schauspielern, Themen und Regisseuren zeigen die Filme das Makabere und zugleich Romantische dieses Genres. Die SERIE IN SCHWARZ steht aber auch für Spannung mit viel Ironie. Die acht Thriller mit ihren zwielichtigen Figuren und düsteren Motiven werfen mit schwarzem Humor einen scharfen unsentimentalen Blick auf die heutige (französische) Gesellschaft. Rabenschwarz. Düster. Krimis in Kino-Qualität. (Verleihinfo)
Die Box enthält acht Filme und zusätzlich 50 Minuten Bonusmaterial (Interviews und Making-Ofs).
DIE BEITRÄGE
1) Handlung von "Nächste Ausfahrt Mord"
Gabriel steht auf der Sonnenseite des Lebens. Der Versicherungskaufmann hat einen guten Job, eine charmante Frau, ein traumhaftes Haus, zwei bezaubernde Kinder und jetzt auch noch einen Porsche Cayenne. Aber dann passiert etwas. Und um seine "netten Rahmenbedingungen" aufrecht zu erhalten, wird der harmlose Biedermann gleichsam über Nacht zu einem Serienkiller, der jeden beseitigt, der das gefährden könnte, was er sich so hart erarbeitet hat ... (Verleihinfo)
Regie: Laurent Bouhnik
Darsteller: Manuel Blanc, Jackie Berroyer;
Mein Eindruck
Eigentlich wollte Gabriel ja bloß die neue Kollegin mit dem üppigen Ausschnitt im roten Kleid abschleppen, doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt… Es bleibt nicht bei der ersten Leiche, sondern es müssen auch noch der Zeuge, der Chef, noch eine Kollegin usw. beseitigt werden. Was tut man nicht alles für den Erhalt der Karriere?! Doch dann scheint Gabriel ausgerechnet im biederen, freundlichen Nachbarn seinen Meister gefunden zu haben!
Diese Episode ist eine sehr flotte Schwarze Komödie über die Opfer, die wir für eine bürgerliche Karriere und die unbefleckte Fassade zu bringen bereit sind. Das BONUSMATERIAL dazu bietet ein entsprechendes Interview, das diese Aussage rechtfertigt. Am Schluss des Abspanns singt der Regisseur zusammen mit einem Kollegen eine französische Ballade, die interessant wäre, aber leider nicht untertitelt ist.
2) Handlung von "Schießen sie auf den Weinhändler"
Beim Essen hört der Spaß auf! Eine Ehefrau, die regelmäßig die Sellerie-Remoulade verpatzt, kann man ein paar Jahre ertragen, aber nicht ein Leben lang. Sie wird von ihrem Mann, dem anspruchsvollen Winzer, kurzerhand beseitigt. Dann wird eine gute Köchin eingestellt, ein junges Ding. Tournedos Rossini, Tauben mit Foie gras, alles mit dem Wein des Hauses abgerundet, das sind fast paradiesische Zustände für einen Winzer, dem gutes Essen über alles geht. ... Außer wenn zwei Monster aufeinandertreffen ... (Verleihinfo)
Regie: Emmanuelle Bergot
Darsteller: Niels Arestrup (Winzer), Julie-Marie Parmentier
Mein Eindruck
Kokain auf dem Lande, Lesben als Räuberbande und eine Sadomaso-Beziehung - diese raffinierte Episode hat alles, um den braven französischen Landbewohner in Rage zu versetzen. Kernstück des Plots ist zwar die Beziehung zwischen dem Winzer und seiner koksenden Köchin, doch die junge Lesbe und Räuberin hat ein reges Vorleben, das sie am Schluss wieder einholt. Und so ergibt sich die Notwendigkeit, ihren rabiaten Arbeitgeber ins Jenseits zu befördern.
Die Schauspieler sind ebenso klasse wie die Figurenzeichnung. Die Regisseurin E. Bergot lobt ihre Darsteller zwar im INTERVIEW erwartungsgemäß, aber sie haben das gar nicht nötig. Sie gehen quasi in ihrer Rolle auf, und die Spannung entsteht allein schon aus der Konfrontation dieser beiden Persönlichkeiten. Dass es mal zum Knall kommen muss, ist klar, die Frage ist nur, wann.
3) Handlung von "Papas Musik"
Wenn ein Sohn außer Kontrolle gerät und seiner neurotisch strengen Mutter und seinem als Musikproduzent ruinierten Vater deren Trennung heimzahlt, was bleibt noch übrig, und ihn die Jugend einigermaßen heil überstehen zu lassen? Richtig: Rock 'n' Roll. Sein Vater schöpft wieder Hoffnung, obwohl er weiß, dass diese Musik mit der Energie der Hoffnungslosigkeit gespielt wird. Er versucht, seinem Sohn, der eine vielversprechende Gruppe gegründet hat, zum Durchbruch zu verhelfen. Doch die Zeichen stehen schlecht und die Vergangenheit holt den Papa ein ... (Verleihinfo)
Regie: Patrick Grandperret
Darsteller: Antoine Chappey, Leo Grandperret
Mein Eindruck
Zuerst ist nicht klar, wohin die Handlung driftet und wer eigentlich im Mittelpunkt steht - der Vater oder der Sohn. Der Vater Richard scheint die Karriere von Jules wirklich zu fördern: E-Gitarre vom Feinsten und eine Studiosession für die Band. Er will offensichtlich seinen Sohn von dessen Mutter zurückhaben.
Doch Richard verleugnet die Vergangenheit und so kommt es auf offener Bühne beim wichtigsten Rockkonzert Jules' zur Katastrophe. Auf diesen blutigen Zwischenfall ist der Zuschauer in keinster Weise vorbereitet. Hier kippt der Streifen ins Genre des Film Noir.
Die Story mahnt, dass es zu jeder glanzvollen Karriere auch eine finstere Unterseite gibt, die man berücksichtigen sollte. Klingt wie eine Binsenweisheit. Doch gerade wenn es am besten läuft, sollte man mal über die Schulter sehen. Im INTERVIEW verrät der Regisseur Grandperret, dass er zugleich der Kameramann war! Und dass er den Punk der 1970er Jahre selbst durchlebt hat. Deshalb seien seine Musikszenen so authentisch. Der Sex habe sich inzwischen jedoch beträchtlich verändert.
4) Handlung von "Nur DJs gibt man den Gnadenschuss"
In ihrer Radiosendung lässt Crista Gefängnisinsassen zu Wort kommen, unter anderem auch einen gewissen Manu. Nachdem dieser entlassen wird, bedankt er sich persönlich bei Crista, die sich auf der Stelle in ihn verliebt. In der Hoffnung, ihm einen Job verschaffen zu können, stellt sie Manu ihrem Chef, dem geheimnisvollen Leiter des Radios vor. Die beiden bekommen tatsächlich ins Geschäft: Manu entwickelt für den Sender ein überaus leistungsfähiges Informatik-System. Crista ahnt allerdings nicht, dass Manu "ein Wolf im Schafspelz" ist ... (Verleihinfo)
Regie: Orso Miret
Darsteller: Francis Renaud, Laura Azabal
Mein Eindruck
Das Gleiche wie oben gilt auch hier: Man sollte dem allzu guten Angebot nicht trauen. Manu ist ein Werkzeug der Geheimpolizei, die an einen Bankräuber rankommen will, mit dem Crista bekannt ist. Dieser Bankräuber hat wahrscheinlich kaltblütig einen oder zwei Wachmänner erschossen.
Allerdings stellen sich die Geheimpolizisten mal wieder superdämlich an: Das Handy, das Manu dem Räuber und dessen Boss andreht, weist einen Baufehler auf. Als dieser auffliegt, zahlen es die Räuber Manu und allen anderen heim. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Informant hängen gelassen wird, weil er den Bullen im Grunde scheißegal ist. Und so wird ein Junge künftig lange auf seinen Daddy warten. Ein sarkastischer, bitterer Schluss.
Die Episode stellt besonders Gefängnisrundfunk und Rap in den Vordergrund, als zwei für TV-Krimis ungewöhnliche Themen. Im INTERVIEW mit dem Regisseur Orso Miret erfahren wir, dass es um Verrat und die daraus resultierende Einsamkeit geht. Manu verrät Crista sowie deren Freund Ness, selbst dann, als er mit ihr Liebe macht. Eine sehr schöne Szene, die Manu im Dilemma zwischen Liebe und Verrat zeigt.
Zu Gewalt hat Miret ein distanziertes Verhältnis. Er wolle niemals einen Mord zeigen. Doch diesmal musste er haufenweise "Morde" grässlichster Natur zeigen; insbesondere der von Crista sei ihm sehr nahegegangen. Doch stets sei die Gewalt motiviert, niemals Selbstzweck.
5) Handlung von "Die Königin der Pfeifen"
Die Transsexuelle "Annabelle" hat im Leben wenig Glück. Sie lässt sich auf jedes krumme Geschäft ein, um damit eine Geschlechtsumwandlung in Thailand zu finanzieren. Doch ihr vorerst letztes "Ding" geht gründlich schief - und es gibt Probleme. Vor allem, weil sie es einerseits mit sämtlichen Gaunern der Porte de Montreuil und andererseits mit der eigenen Familie zu tun bekommt. So bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich wie ein "richtiger Kerl" zu verhalten ... (Verleihinfo)
Regie: Guillaume Nicloux
Darsteller: Clement Hervieu-Leger, Yves Verhoeven
Mein Eindruck
Diese Episode spielt mit Geschlechter- und Rollenidentität und zeigt die Einsamkeit desjenigen, der sich nicht festlegt. Transsexuelle sieht man nicht allzu häufig in TV-Krimis, von daher bietet die Geschichte eine ganze Reihe von Überraschungen. "Annabelle" erweist sich als ein wenig zu gutgläubig, und wir wundern uns mit ihr, wer alles sie übers Ohr hauen will. Doch das Rätsel klärt sich auf, als sie alle drei Gläubiger zusammen in einer Werkstatt vorfindet. Allerdings kann "sie" sich nur durchsetzen, als sie sich wieder einen Kerl verwandelt hat - und davon wollte sie ja per Operation in Bangkok wegkommen.
Die Geschichte ist zwar interessant, verunsichert aber den Zuschauer systematisch. Von daher ist sie wirklich nur was für Krimifans - und Leute, die sich für den Sex von Transsexuellen interessieren. Nur der Titel gibt mir immer noch Rätsel auf.
Auch der Hauptdarsteller Clement Hervieu-Leger erklärt den Titel im INTERVIEW nicht. Dafür erzählt er, wie er das Frau-Sein sowohl verwirrend als auch lustig fand, denn Leute, die seine Rolle nicht kannten, hielten ihn wirklich für eine Frau. Durch diese Entfremdung ergab sich jedoch eine besondere Einsamkeit - und durch die Verkleidung eine Art Entblößung, eine seltsame Dialektik. Die Gewalt durch die brennende Zigarette ist durchaus motiviert, doch er wurde natürlich nicht in echt verbrannt, sondern Spezialeffekte halfen aus.
6) Handlung von "Das Tamtam der Angst"
Der Zeichner Ambroise Fridelance ist zuverlässig, schüchtern und kleinmütig. Er lebt zwischen seiner querschnittsgelähmten Frau, die ihm das Leben schwer macht, um seinem gewissenlosen Verleger, der ihn für seine Buch-Illustrationen mehr als knauserig bezahlt. Ambroise hofft aus diesem Desaster herauszukommen, indem er einen alten Hocker aus Familienbesitz verkauft, bei dem es sich um ein kostbares afrikanisches Design-Objekt handelt. Zunächst träumt er von Reichtum, Glück und Rache, doch als er merkt, dass er bei diesem Geschäft hintergangen wird, offenbart er ungeahnte Wut und Aggression... (Verleihinfo)
Regie: Claire Devers
Darsteller: Laurent Stocker, Clotilde Hesme
Mein Eindruck
Wohl die Nr. 2 in der Rangliste der besten Episoden! Wir folgen Rebekka, der querschnittsgelähmten Frau des Zeichners, auf ihrer Suche nach dem verschwundenen Gatten. Was ist nur Geschehen, um ihn untertauchen zu lassen? Er will allgemein für tot gehalten. Nicht so Rebekka. Sie weiß, welche unerwartete Energie in dem schüchternen Comiczeichner steckt. Schließlich hat sie es nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass sie jetzt im Rollstuhl sitzt…
In einer raffinierten Verschachtelung der Zeitebenen gelingt es dem Regisseur, eine exzellente Spannung aufzubauen, die bis zum Schluss aufrechterhalten wird. Dabei verlagert sich der Fokus mal auf Fridelance, mal auf die ermittelnde Rebekka. In etlichen Rückblenden erfahren wir von der Sadomaso-Beziehung, die Fridelance gerne hätte, die Rebekka jedoch verweigert. Sie wolle einen Mann, zu dem sie aufsehen könne, wendet sie. Nun, das hat sie ja jetzt.
Dies ist aber kein Remake vom "Fischer und sine Frau", sondern vielmehr das Gegenteil: Fridelance, mit einem geerbten Schatz versehen, wird von ihr weiterhin unterschätzt und bemäkelt, während er ihr Glück machen will. Als er merkt, wie ihn alle hereinlegen wollen, um ihren Schnitt zu machen, verwandelt er sich unversehens in ein wütendes Rumpelstilzchen.
Afrikanischer Aberglaube und Magie spielen hier als Auswüchse von Ambroises Leichtgläubigkeit eine zentrale Rolle, so dass der Vergleich mit Rumpelstilzchen gar nicht so weit hergeholt ist. Auch hier wird heftig gezaubert ...
Im INTERVIEW erzählen die Regisseurin Claire Devers und der Drehbuchautor Jean-Louis Benoit, dass sie die Figuren gemäß dem erforderlichen Maß an ENERGIE (des Ausdrucks) dirigierten. Die Akteure seien sehr weit gegangen, um ihre jeweilige Figur zu erschaffen. Nur so verschwanden sie hinter der Rolle. Und dafür brauchte es richtige Theaterschauspieler.
Ambroise sei ein Masochist. Deshalb führe er seinen eigenen Untergang herbei. Er sei wie Herr K in Kafkas "Der Prozess", aber zugleich ein Träumer und Phantast. Und obwohl er selbst an Magie glaube, liefere die Regie eine rationale Erklärung.
7) Handlung von "Schönheit muss sterben"
Bei seiner ersten Ermittlung macht es sich Corbucci, frischgebackener Privatdetektiv mit Migrationshintergrund, nicht leicht. Der Bewunderer von Don Quichotte legt sich einer hübschen Blondine zuliebe mit einem mafiösen Netz von privaten Kliniken, korrupten Polizisten und Politikern an. Das bringt ihm nicht wenig Feinde ein, doch zum Glück hilft ihm ein alter Flic, der nicht korrupt ist, auf die Sprünge ... (Verleihinfo)
Regie: Brigitte Rouan
Darsteller: Ysae, Gerard Meylan; Sara Biasini
Mein Eindruck
Vielleicht die Nr. 3 meiner Favoriten. Corbucci will seinem Vater nacheifern, der ein weißer Kommissar von der Insel Korsika war - im Gegensatz zu Corbucci, der dunkle Haut aufweist und keinerlei Erfahrung als Privatdetektiv. Kein Wunder, dass man ihn gleich bei seinem ersten Auftrag übers Ohr haut und ausnutzen will. Erst ein Freund seines Vaters, ein nicht korrupter Kommissar, steht ihm bei.
Es wird deutlich, dass die dunkelhäutige Minderheit sich eingliedern will, doch dabei auf allerlei Widerstand stößt. Corbuccis Auftraggeber, ein junger Anwalt, hat sich mit den falschen Leuten eingelassen - die Familienidylle ist nur Fassade. Corbucci selbst will die Gunst einer jungen Weißen erringen, doch dabei kommt er fiesen Killern in die Quere, die von einem korrupten Kommissar benutzt werden.
Sarah Biasini ist, glaube ich, die Tochter von Romy Schneider und Alain Delon - und ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, mit dem gleichen strahlenden Lächeln. Leider findet ihre Figur Mademoiselle Pelletier einen äußerst blutigen Tod. Nichts für zarte Gemüter!
Thema der Story ist der betrügerische Unfug, der auf Schönheitsfarmen getrieben wird, gedeckt von Persönlichkeiten der oberen Zehntausend und der korrupten Polizei. Der Reibach geht wie stets vor Moral und Recht.
Im INTERVIEW mit der Regisseurin Brigitte Rouan (knapp 8 min) erfahren, dass sich Corbucci wie in einem unausweichlichen Räderwerk des Betrugs bewegt, als er seiner Schnitzeljagd der Ermittlung folgt. Aber die Ermittlung ist Ehrensache, sowohl dem Freund Belkacem als auch dem Geist seines toten Vaters gegenüber. Dieser erinnert an "Hamlet" und kommentiert alle von Corbuccis Schwierigkeiten. (Wobei sich am Schluss herausstellt, dass er gar nicht sein Vater ist - aber dennoch eine Art Über-Ich.) Der Tod tritt als das unvermeidliche Schicksal auf, das unentrinnbar ist. Kann sich dem der Wille des Menschen entgegenstellen?
Sehr interessant sind die Huren von Marseille. Die Regisseurin hat sie selbst kennengelernt und fand sie sehr liebenswert und bodenständig. Sie offerierten ihren Assistentinnen sogar, sie als Escort-Damen zu engagieren! Ihnen stehen der gute und der böse Bulle gegenüber, wobei sich zeigt, dass der böse einen Lover hat. Der gute rettet Corbucci die Haut.
8) Handlung von "Die Stadt beißt"
Aus der Elfenbeinküste kommt Sara, die Kunstmalerin werden will, illegal nach Paris in ein Viertel voller Crack-Dealer und Junkies. Dort arbeitet sie als Prostituierte, um den Kredit für das Flugticket und die falschen Papiere zurückzahlen zu können. Als sie die Summe nach drei Monaten fast zusammenhat, wird ihr das Geld gestohlen und ihre Zimmergenossin ermordet. Sara, die wieder zu zeichnen beginnt, sucht Hilfe bei einem ehemaligen Streetworker. Aber von da an ist das ganze Viertel hinter ihr her ... (Verleihinfo)
Regie: Dominique Cabrera
Darsteller: Missa Maiga, Samir Guesmi u. a.
Mein Eindruck
Eine Episode, die derartig blutig ist, dass sie mir auf den Magen schlug. Sara ist teils auf Rachefeldzug, teils in Selbstverteidigung in eine ganze Reihe von Morden verwickelt. Um überleben zu können, muss sie alle töten, denen sie etwas schuldet und die sie von Anfang an ausgebeutet haben. Statt der erhofften Freiheit, um in der "Stadt der Lichter" eine Zeichnerkarriere wie Basquiat verfolgen zu können, wird sie stets ganz unten gehalten, damit sie weiter nur Geld einfährt und abliefert.
Sara versucht auszubrechen, doch man lässt sie nicht, ist ja klar. Doch sie hat es nur dem Streetworker zu verdanken, dass sie nicht als vergewaltigte Leiche in der Seine landet. Das alles ist starker Tobak und wird nur durch das Element der Kunst und des Zeichnens in der Balance gehalten. Der Film ist der finsterste Kommentar auf die gescheiterte Integrationspolitik Frankreichs.
Zu dieser Episode gibt es kein INTERVIEW, sondern das auf dem Box-Cover versprochene MAKING-OF ca. 6 min). Dabei sehen wir die Arbeiten an drei Szenen: die Schießerei in der Tiefgarage, den finalen Angriff auf die Tante und schließlich die Feier der Tante und Omars, die direkt vor Omars Ermordung durch Sara stattfindet. Diese Tat ist nicht zu sehen, dafür aber die Regisseurin Dominique Cabrera in der Umarmung mit ihren Darstellern.
Das sogenannte Making-of weist keinen Kommentar auf, sondern ist im Stil einer B-Roll gedreht, also das, was man sonst als "Hinter den Kulissen" geboten bekommt.
Mein Eindruck: die DVD-Box
Die Qualität des Bildes genügt durchschnittlichen Ansprüchen, erreicht also Fernseherniveau, aber nie High-Density. Alle Episoden wurden für die TV-Ausstrahlung produziert - deshalb auch die Begrenzung auf durchschnittlich 60 Minuten Laufzeit. Manche Episoden hätten mehr Zeit erfordert ("Papas Musik"), andere weniger ("Königin der Pfeifen").
Der Ton entspricht deshalb mit dem Standard DD 2.0 ebenfalls TV-Niveau. Kaum jemals ist ein Stereoeffekt festzustellen. Und der Sound draußen wie drinnen ist auf dem gleichen tiefen Niveau. Man hätte sicherlich mehr draus machen können.
Man sollte sich nicht nur auf die Angaben auf der Box verlassen. Untertitel gibt es nicht nur in den Filmen, sondern nur in den Interviews und im Making-of.
EXTRAS:
1) Making-of und Interviews: siehe oben bei den Eindrücken.
2) Booklet
Das 12-seitige Booklet ist ein wesentlicher Bestandteil der Extras, wird aber in Online-Beschreibungen nie erwähnt. Hier sind für jede Episode das Cover, der O-Titel, ein Inhaltsabriss und vor allem der Autor / die Autorin der Buchvorlage beschrieben. Das sind wertvolle Infos, die man in den Filminfos vergeblich sucht.
Die letzte Doppelseite zeigt alle acht Literaturvorlagen als Titel des Distel-Literaturverlags in Heilbronn. Die letzte Seite wirbt für weitere Krimi-DVDs aus dem Edel-Verleih.
Unterm Strich
Es ist eine der erstaunlichen Feststellungen beim Konsumieren des Bonusmaterials, dass es sich bei den acht einstündigen Krimi-Episoden dieser Serie um Verfilmungen von Buchvorlagen handelt (siehe oben meine Infos über das "Booklet"). Doch von literarischer Kühle oder Distanziertheit ist durchweg nichts zu spüren. Vielmehr gehen die französischen RegisseurInnen mit einem Enthusiasmus ans Werk, der den braven deutschen "Tatort"-Konsumenten gelinde gesagt erstaunen, wenn nicht sogar bestürzen dürfte.
Da wird Magie eingesetzt, mordende und koksende Lesben wüten auf dem Lande, ein Transsexueller weiß sich seiner Haut wehren und schließlich wütet eine junge Hure in ihrem Pariser Viertel, dass das Blut die Straßen entlangfließt. Offensichtlich ist Paris, ebenso wie übrigens Marseille, eine einzige Kampfzone. Kein Wunder also, dass diese DVDs erst ab 16 Jahren freigegeben sind - diesmal völlig zurecht (im Gegensatz zu dem Kinderfilm "The Hole 3D").
Sukzessive entfalten die Krimis ihre subversive Wirkung auf den nichtsahnenden deutschen Krimi-Konsumenten. Sie kritisieren gescheiterte Integrationspolitik, Ausbeutung in Stadt und auf dem Land, die Diskriminierung von Geschlecht, Rolle, Außenseitern, Hautfarbe usw. Meine persönlichen Favoriten sind eindeutig "Das Tamtam der Angst", "Nächste Ausfahrt Mord" - beide höchst raffiniert und ironisch erzählt, aber auch "Schönheit muss sterben" entfaltet eine doppelbödige Ironie, ohne deshalb belanglos zu sein, ganz im Gegenteil. Jede der Episoden liefert Stoff für ausgedehnte sozialpolitische oder psychologische Diskussionen.
Filminfos
O-Titel: Suite Noire (F 2008)
Dt. Vertrieb: Edel Music
Erscheinungstermin: 25. März 2011
FSK: ab 16
Länge: ca. 540 Minuten
Regisseure: Laurent Bouhnik, Emmanuelle Bercot, Patrick Grandperret, Orso Miret, Guillaume Nicloux
Drehbuch: diverse nach versch. Vorlagen
Musik: Jérôme Coullet, Christophe van Huffel, Yarol Poupaud, Reno Isaac, Jean Sibelius, et al.
Darsteller: Manuel Blanc, Jackie Berroyer, Karole Rocher u. a.
Die DVD-Box
Die Box bietet solide und sozialkritische Krimi-Kost, die technisch leider nur auf Fernsehniveau liegt. Sehr willkommen fand ich das 12-seitige Booklet, das zusätzlich Auskunft über die AutorInnen der jeweiligen Buchvorlagen erteilt.
Technische Infos:
Bildformate: 16:9 - 1.75:1
Tonformate: D in DD 2.0, Französisch in DD 2.0
Sprachen: D, Französisch
Untertitel: keine
Ländercode: 0
EAN 4029759057680
Extras: Making-of zu (fast) jedem Film ein Interview.
- Redakteur:
- Michael Matzer