Schwermetall - Chronicles. Season 1
- Regie:
- Guillaume Lubrano
- Jahr:
- 2011
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- Frankreich
- Originaltitel:
- Metal Hurlant - Chronicles. Season 1
1 Review(s)
19.04.2013 | 11:01Comic-Verfilmung: Action, Ironie, Erotik
Der letzte Überrest eines Planeten, zerstört durch den Wahnsinn seiner Bewohner, ist dazu verdammt, auf ewig durchs Weltall zu irren. Er bringt Leid und Verderben für alle, die seinen Weg kreuzen. Der Name dieses verfluchten Wanderers: Schwermetall. (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Metal Hurlant: Chronicles (F 2010/11)
Dt. Vertrieb: Universal
VÖ: 7.2.2013
EAN: 50505 8293010-8
FSK: ab 16
Länge: ca. 150 Min.
Regisseur/Skript/Produktion/Schnitt: Guillaume Lubrano
Musik: Jesper Kyd
Darsteller: Rutger Hauer ("Blade Runner"), Kelly Brook ("Smallville"), James Marsters ("Buffy"), Dominique Pinon ("Delicatessen"), Scott Adkins "Expendables 2"), Michael Jai White ("Der dunkle Ritter"), Pierre Spengler ("Superman I bis III") u.a.
Episode 1: Die Krone des Königs (The King's Crown, 23:30 min)
Der König liegt im Sterben und ein Wettkampf soll über seine Nachfolge entscheiden. Den letzten Kampf bestreiten der Protagonist Guillame, ein Idealist, und der machthungrige Teague. Teague lässt Guillame gewinnen, weil er ihn für den edleren Mann hält, und Guillame wird König. Nützt ihm aber nichts, da Robot-Drohnen ihm das Gehirn des alten Königs einsetzen.
Mein Eindruck
Viele der SCHWERMETALL-Geschichten haben eine ironische Pointe, so auch hier. Diese Episode kombiniert mittelalterliches Setting (eine Burg in Rumänien) mit futuristischen Robotern und Flugdrohnen. Die Schwertzweikämpfe sind der große Bonus dieser Episode, denn hier sind vier echte Profis am Werk, darunter Michael Jai White und Scott Adkins, choreographiert vom Trainer der "Undisputed"-Filme. Auch die Mädels, die Sklavinnen darstellen, sind sehr ansehnlich.
Episode 2: Beschütze mich (Shelter me)
Jennifer (Michelle Ryan) erwacht im Luftschutzkeller von Brad Davis, ihrem Nachbarn (Jemes Marsters). Er erzählt ihr, dass die Welt durch einen Atomschlag vernichtet worden sei und dass er sie gerettet habe. Erst glaubt ihm Jen, doch nachdem sie mit ihm geschlafen hat, entdeckt sie alte Fotos von sich in Brads Sachen. Jetzt hält sie alles für einen Vorwand Brads, um sie gefangen zu halten. Sie schlägt ihn nieder, stürmt hinaus und stellt fest: Verdammt, Brad hat die Wahrheit gesagt.
Mein Eindruck
Eine ironische Adam & Eva-Geschichte, die eines Fredric Brown würdig wäre. Jen und Brad könnte die Menschheit neu begründen, doch dann brennen bei Jen die Sicherungen durch - nix war's mit dem Neuanfang. Das Setting entspricht einer Sixties-Episode von "Twilight Zone", echt abgewohntes Mobiliar und uralte Fernseher.
Am interessantesten ist die permanente Spannung durch die Frage: Hat Davis Jen wirklich die Wahrheit gesagt oder die ganze Zeit belogen? Da sie die Bunkertür nicht öffnen darf, entscheidet ihr Vertrauen in ihn über die Beziehung. Sie missdeutet seine Fotos als Voyeurismus statt Liebe. Der Rest ergibt sich daraus.
Episode 3: Und raus bist du
Das Raumschiff Atlanta wird vom Schwermetall zerstört. Der Ingenieur Stanley (Dominique Pinon) kann sich zu zwei alten Haudegen auf ein Fluchtschiff retten. Aber nach einer Havarie wird der Sauerstoff auch auf diesem Schiff knapp, und der Kampf ums Überleben beginnt. Dieser endet mit einem unerwartet glücklichen Ende für Stanley.
Mein Eindruck
Pinon ist uns bestens aus zahllosen Filmen bekannt, darunter "Amelie", "Alien 4", "Delicatessen" und "Stadt der verlorenen Kinder". Hier liest seine Figur ein SCHWERMETALL-Heft, da er ja kein Kostverächter ist. Während wir glauben, dass er hilflos im Weltraum treibt und sich die zwei anderen kloppen, findet sein Ingenieur einen Dreh, um zu überleben.
Episode 4: Rotes Licht / Kaltes Herz (2 Stories)
Ein Mann ist in einer Zelle eingesperrt. Nur rotes Licht erleuchtet die Zelle und die Korridore. Wir erfahren, dass er ein Überlebender des Kampfes zwischen der Menschheit und Aliens ist. Bei seiner Flucht überwältigt er zahlreiche Terminatoren, wie es scheint. Aber als er das Freie erreicht, wird er erschossen und es stellt sich heraus, dass er das Alien ist und die Menschen die Eroberer sind.
2. Story
Los Angeles im Jahr 2312. Die Welt ist völlig überbevölkert. Eine archäologische Expedition findet in einer Kälteschlafkammer einen Überlebenden aus der Vergangenheit. Als die Verantwortlichen feststellen, dass der Mann außer Zeichnen nichts kann, entscheiden sie, dass er eliminiert werden soll, da er zu dieser auf reine Effizienz ausgerichteten Welt nichts beizutragen hat. Pointe: Die jüngste Zeichnung zeigt Micky Maus...
Mein Eindruck
"Rotes Licht" zeichnet sich, neben der sarkastischen Pointe, v.a. durch die kniffligen Kämpfe zwischen dem Gefangenen und den Terminatoren aus. Da alles in Rotlicht stattfindet bzw. aufgenommen wurde, eignet den Kämpfen eine ganz besondere Optik, die man entweder gruselig oder bizarr finden kann.
Die zweite Geschichte ist recht hölzern und ungelenkt wie ein Comic in Einzelszenen erzählt. Dass der "unnütze" Zeichner ausgerechnet Micky Maus zeichnet, die Gründungsfigur eines Milliarden-Imperiums, ist natürlich ebenfalls sehr ironisch.
Episode 5: Der Eid der Anya (Pledge of Anya)
Der Krieger Joshua wird vom Hohepriester Kern ausgewählt, um auf magische Weise auf die Erde einer anderen Zeit zu reisen, wo er einen Schurken töten soll, der die Erde ins Unglück stürzen wird: den "Drachen". Joshua sucht und findet diese Person schließlich, doch im entscheidenden Augenblick zögert er, da es sich um ein Kind handelt. Er wird von Wachen getötet, und es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Kind um den jungen Adolf Hitler handelt.
Mein Eindruck
Dies ist die mit Abstand beste Episode. Sie ist nicht nur optisch und schauspielerisch überragend, sondern auch in ihrer Story und Aussage. Der Kontrast zwischen Joshuas CONAN-Setting und dem Braunau des Jahres 1897 (Adolf Schicklgruber sieht etwa acht Jahre alt aus) ist höchst reizvoll in Szene gesetzt. Rutger Hauer als Hohepriester Kern, der seinen eigenen Sohn ausschickt, ist majestätisch und hoheitsvoll. Überblendungen bringen ihn und Joshua in ein einziges Bild.
Natürlich gibt es wieder einen Kampf, denn wozu sonst sollte Joshua ein Zauberschwert brauchen? Doch im entscheidenden Moment versagt er, und wir müssen uns die Frage stellen, ob er nicht hätte zustoßen sollen, um den Holocaust zu verhindern. Wer diese Frage näher erkunden will, sollte den Roman "Elleander Morning" von Jerry Yulsman lesen (siehe dazu meinen Bericht)
Episode 6: Die Herren des Schicksals (Master of Destiny)
Hondo und Khull, zwei Sölder, erledigen die letzten Hydras, eine Art Weltraumwale. Khull wird dabei verletzt und stirbt. Vorher erzählt er Hondo noch vom Planeten Ghalthar, dessen Bewohner, die Turtle-Sapiens, Zeit und Ort des Todes eines Menschen vorausberechnen können. Nachdem er von der Auftraggeberin ausbezahlt worden ist und eine Kneipenschlägerei absolviert hat (Action muss sein), reist Hondo dorthin und trifft die Liebe seines Lebens (Kelly Brook): eine von Cops verfolgte Diebin. Laut Vorhersage der Turtle-Sapiens bleiben beiden noch sechs Jahre. Auf die Minute genau...
Mein Eindruck
Die ersten zwei, drei Szenen sind gut, denn sie setzen Hondo nach Ghalthar in Marsch, sind voll Action und ansehnlicher Mädels. Doch sobald Hondo bei den intelligenten Schildkröten eintrifft, kippt die Handlung in ein Boy-meets-Girl-Märchen ab. Dass alles vorherbestimmt ist, lässt den Rest noch fader schmecken, und das Ende ist so dämlich, dass man heulen könnte.
Die Blu-ray (2 Discs)
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: D in DTS 5.1, Englisch in DTS 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Extras:
- 2 Behind the Scenes
- 1 Fragestunde mit Machern und Schauspielerin auf dem Comic Con in San Diego
Mein Eindruck: die Blu-ray
Bei einer Blu-ray ist das Niveau von Bild und Ton stets recht hoch, und die Produzenten haben versucht, dieses Potential auszuschöpfen. Während das Bild sogar in Zeitlupe (siehe Episode 1) bestens bleibt, kann die Musik hier nicht punkten. Das liegt aber am Komponisten Jesper Kyd. Wo bleiben denn die fetten Bässe und der Stereosound, fragte ich mich.
EXTRAS
1) Behind the Scenes zu Episode 1 (23:25 min)
Der Regisseur berichtet von den Schwierigkeiten der zeitlich sehr knapp bemessenen Produktion. Interessanter ist da schon das Schaulaufen der amerikanischen Action-Darsteller und des Stunt-Choreografen. Auch die ansehnlichen Damen werden nicht übersehen, und zum Schluss gönnt man uns noch einen Einblick in die digitalen Spezialeffekte, die Forêt Bleu in Paris und Bangkok produziert hat, etwa die Roboter und Drohnen, sowie das Luftschloss - eine kleine Firma mit nur 15 Mitarbeitern.
2) Behind the Scenes zu Episode 2 (8:54 min)
James Marsters ist der eine der beiden Stars in der Episode "Shelter me" (shelter = Schutz, aber auch Bunker). Er fühlte sich an "Das Boot" erinnert und "Star Trek: Zorn des Khan" - lauter Plots in sehr beengten Räumlichkeiten. Er würde liebend gern mal in einer Episode von "Twilight Zone" mitspielen, aber Rod Serling ist leider schon tot. Des weiteren sehen wir, wie ihm die Make-up-Spezialistin künstliche Schlagwunden appliziert und das künstliche Blut draufspritzt - sehr makaber. Michelle Ryan lobt ihn, bevor sie selbst vor einem Green Screen ihr Bestes geben darf.
3) Fragestunde mit Machern und Schauspielerin auf dem ComicCon in San Diego (25:50 min)
Der ComicCon ist DAS Branchen-Event für alle Anime- und Comic-Book-Autoren, Zeichner, Produzenten und Verfilmer. Hier fand 2012 die Weltpremiere der 2010/11 produzierten französischen Serie "Metal Hurlant" statt. Glücklicherweise müssen wir die Previews nicht sehen, sondern bloß den Teaser, einen Zusammenschnitt der besten Effekte.
Auf dem Podium nehmen folgende Herrschaften (keine Damen, sorry) Platz: Regisseur Lubrano, James Marsters, Darren Shalavi, Michael Jai White, Komponist Jesper Kyd, Stuntchoreograf Lawrence Stovall und ein Franzose namens Bruno Lecigne, der nie was sagt, aber trotzdem Applaus erhält. Eindeutig fehlt Kelly Brook oder eine andere Darstellerin. Alle geben mehrere Statements zu Protokoll, aber das Beste sind die Fragen aus dem Publikum. Und ja - es wird eine 2. Staffel geben, trotz aller Widerstände seitens der französischen TV-Sender.
Unterm Strich
Die Rahmenhandlung, mit der jede Episode anfängt - siehe die Verleihinfo ganz oben - ist echt Banane, aber sie muss halt als Begründung für die sonderbaren Effekte des Schwermetall-Kometen herhalten. Das Besondere: Der Komet hat nicht nur kinetische, sondern auch psychologische Auswirkungen. Das lässt sich wirklich nur als Metapher auffassen.
Das Unterhaltungspotential der einzelnen Episoden ist recht unterschiedlich. Wo sorgfältig gearbeitet wurde, macht sich das sofort bemerkbar. Die beste Episode ist für mich "Der Eid von Anya", in der Rutger Hauer ("Blade Runner") auftritt und einen Krieger namens Joshua durch die Zeit schickt, um Adolf Schicklgruber, alias Hitler, im Kindesalter zu beseitigen. Leider versagt der Krieger und schafft es nicht zurück. Sein moralisches Dilemma ist durchaus nachvollziehbar: Darf man ein Kind töten, um Schlimmes in seinem späteren Leben zu verhüten?
Das Thema der Voraussicht auf das Schicksal wird in Episode erneut aufgegriffen, aber so läppisch behandelt, dass die Figuren nur als Puppen aufzufassen sind, die an den Fäden des Fatums hängen und ihm gehorchen. Wo bleibt da der freie Wille? Kein Wunder, dass sich die Herren des Schicksals unendlich langweilen.
Die Serie eignet sich vom geistigen Inhalt her für Zwölfjährige, ist aber erst ab 16 Jahren freigegeben. Dabei liegt das nicht mal den nicht vorhandenen Blutfontänen in den zahlreichen Kämpfen, sondern wohl eher an den allenthalben vorgezeigten weiblichen Reizen der Damen. Das ist nicht nachvollziehbar und eine Bevormundung der Jugend. Es wäre nicht die erste.
Die Blu-ray
Die Qualität von Bild und Ton der Blu-ray ist erwartungsgemäß sehr gut, doch die Soundmöglichkeiten werden nicht ganz ausgereizt. Das Bonusmaterial ist mit über einer Stunde recht umfangreich, allerdings aus zwei untertitelten Behind-the-Scenes und einer Fragestunde zusammengestellt. Ein regelrechtes Making-of sucht man also vergeblich. Trailer gab es auf meinem Presseexemplar überhaupt keine, aber darauf kann ich gut verzichten.
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer