FINGER ELEVEN - Last Night On Earth
Mehr über Finger Eleven
- Genre:
- Alternative Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Better Noise Music
- Release:
- 07.11.2025
- Adrenaline
- Blue Sky Mystery
- Cold Concrete
- Lock Me Up
- Last Night On Earth
- The Mountain
- Perfect Effigy
- Wall Dogs
- Laughing At The Storm
- Body & Mind
Alternative Rock aus Kanada? Da kann ja nichts schiefgehen!
Na, das hat ja gedauert. Ich meine, die Kanadier waren noch nie eine Band, die Alben schnell nacheinander herausgehauen hat, aber diesmal ist die Pause mit zehn Jahren doch etwas ausgeufert. Dabei hatte die Band gehörig Erfolg und konnte sich als eine der führenden Alternative-Rock-Bands Kanadas etablieren. Für so etwas ist eine derart lange Pause natürlich Gift, zumal der kommerzielle Lauf in der erste Dekade der 2000er stattfand und nun auch schon etwas zurückliegt. Man fragt sich daher, was ist "Last Night On Earth"? Ein versuchtes Comeback, ein letzter Versuch, an alte Größe anzuknüpfen, eine Resteverwertung? Da kann ich zum Glück Entwarnung geben: Es ist vor allem ein verdammt cooles Rockalbum!
Wenn man das völlig verunglückte Cover betrachtet und dann den ersten Song 'Adrenaline' startet, vermag man beides überhaupt nicht zusammen zu bringen. Denn statt Kitsch serviert uns FINGER ELEVEN einen der besten und originellsten Alternative-Songs des Jahres, der ungewöhnlich, ja für diesen Stil sogar beinahe unnahbar aus den Boxen klingt. Ich erinnere mich nicht, dass die Band zuvor schon einmal so progressiv geklungen hat, dabei auch beinahe Core-artige Breakdowns verarbeitet, Elektronikelemente einflechtet und es trotzdem schafft, das Lied nicht zu Stückwerk zu degradieren. Wow!
Die schlechte Nachricht ist, dass 'Adrenaline' stilistisch aus der Art schlägt. Oder vielleicht ist das auch eine gute Nachricht, denn nun begibt sich die Band auf vertrautes Territorium und serviert Alternative-Rock-Songs, wie ich sie von ihr erhofft habe. Die Kracher 'Blue Sky Mystery', der hoffentlich als Single bereits in den Playlisten aller Rockfans rotiert, zumal FILTERS Richard Patrick Unterstützung leistet, und das kaum schwächere 'Cold Concrete' zeigen die kompositorische Güte der Band, die immerhin mit vier der fünf Gründungsmitglieder nahezu unverändert seit fünfunddreißig Jahren gemeinsam lärmt, genauso wie das Können von Sänger Scott Anderson. Das ist Hitmaterial!
Mit 'Lock Me Up' wird es balladesk, wandelt sich dann aber in einen schönen Midtempo-Song, aber mit dem Titellied wird es dann wirklich ruhiger. Klar, Rockballaden sind die kommerzielle Pflicht in diesem Genre, aber ich bin dafür absolut empfänglich und FINGER ELEVEN liefert mit dieser Akustik-Ballade einfach einen Topsong ab. Danach gibt es mit 'Mountain' wieder modern und kratzbürstig etwas auf die Ohren und mit 'Perfect Effigy' eine weitere potentielle Singleauskoppelung, die aber mit einem seltsamen Slide-Guitar-Solo am Ende jeden kommerziellen Gedanken wegjault.
Begeisterung ist bis dahin vorherrschend. Dass dann mit 'Wall Dogs' wieder eine Ballade folgt, die dem starken 'Last Night On Earth' bei weitem nicht das Wasser reichen kann, ist schade, aber verschmerzbar. Kann eben nicht jeder Song ein Volltreffer sein. Das folgende 'Laughing At The Storm' startet auch ruhig, hat einen brillanten Refrain, klingt aber nach angezogener Handbremse. Immer noch gut, aber es fehlt irgendwie der Drive, der dann nach zweieinhalb Minuten unerwarteterweise doch noch kommt. Erst einige Spins später entfaltet auch dieses Lied seine Pracht. Was nun zum Abschluss kommen müsste, wäre nochmal ein Highlight wie der Opener. Stattdessen gibt es aber eine weitere Ballade, die sehr reduziert klingt und Sänger Anderson allein das Rampenlicht überlässt.
Am Ende fehlt etwas der Punch und die melancholische Seite der Kanadier nimmt teils Überhand. Dabei ist keiner der Songs schwach, aber am Stück nach den ersten zwei Dritteln des Albums können sie die Qualität der Songs bis 'Perfect Effigy' nicht ganz halten. So bleibt eine starke Alternative-Scheibe mit Mut zur Abwechslung von einer Band, die gekonnt wechselt zwischen hartem Rock und poppigen Balladen und dabei große Fähigkeiten als Songschreiber beweist.
Da bleibt nur noch eines zu sagen: Willkommen zurück.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger


