PSYCHOTIC WALTZ: Interview mit Devon Graves

14.02.2020 | 20:23

Es ist schon jetzt ziemlich sicher das Comeback des Jahres. Devon Graves und PSYCHOTIC WALTZ kehren nach 24 Jahren mit einem neuen Album zurück und lassen dabei absolut keine Wünsche offen. Natürlich ließen wir uns die Gelegenheit nicht nehmen, mit Devon über das neue Werk "The God-Shaped Void" zu sprechen.

Zum Zeitpunkt des Interviews hat der Autor das neue Album bereits mehr als 30x gehört, was Devon lediglich mit einem Lachen und einem lockeren "Du scheinst das Album ja zu mögen.", quittiert. Meine Zusammenfassung, dass "The God-Shaped Void" genau das Album sei, das ich mir erhofft habe und dabei dennoch überhaupt nicht so klingt wie ich es erwartet habe, stößt bei Devon auf offene Ohren: "Peter, das ist die beste Zusammenfassung, die ich bislang gehört habe. Darauf hätte ich kommen sollen, als man mich nach einer Zusammenfassug fragte. Das trifft wirklich den Nagel auf dem Kopf." Auch die Feststellung, dass es Momente gibt, die an "Into The Everflow" (die Gitarren in 'The Fallen') oder "Bleeding" (das Solo in 'While The Spiders Spin') erinnern, aber das Album dennoch wie kein anderes PSYCHOTIC WALTZ-Album klingt, trifft auf Zustimmung: "Ja, ich denke, auch damit hast du absolut Recht. Für jeden, mit dem ich bislang gesprochen habe, klang das Album anders. Manche denken an "Mosquito", andere an "A Social Grace", du nennst die anderen beiden Alben. Das liegt einfach daran, dass wir einige der Trademarks, die wir früher verwendet haben, auch jetzt nutzen, aber gleichzeitig haben wir uns eben auch entwickelt und in den vergangenen 24 Jahren viel gelernt, sodass das nur ein Teil des Sounds ist und das Album eben doch ganz eigenständig ist. Deshalb passt auch deine Zusammenfassung von vorhin so gut."

devon graves

Bis es aber dazu gekommen ist, hat es wirklich sehr lange gedauert, denn reformiert hat sich die Band ja bereits 2012 und ist seitdem einige Male getourt und hat z. B. 'While The Spiders Spin' bereits auf der Tour im Sommer 2017 gespielt. "Nun, damals habe ich natürlich gedacht, dass ein neues Album in den meist üblichen zwei Jahren fertig werden würde. Aber ich hatte dabei nicht bedacht, dass die Jungs [gemeint sind vor allem die Gitarristen und Songwriter Dan Rock und Brian McAlpin, aber auch Schlagzeuger Norman Leggio und Bassist Brian Ward - PK] mittlerweile so beschäftigt sind in ihren Leben, dass sie nicht mehr wie früher vier Mal pro Woche zusammenkommen können, um an Songs zu schreiben, sondern nur noch einmal pro Woche an einem Sonntag. Und wo wir früher eben zwei Jahre für ein Album gebraucht haben - was alles beinhaltet vom Proben über den Songwritingprozess bis hin zum Aufnehmen -, hat das dieses Mal deshalb dann eben vier Mal so lange gedauert. Wir wollten aber auch wirklich nur Songs für das Album nehmen, die wir wirklich großartig fanden und keine Nummer, von denen einer in der Band denkt, dass die nur da ist, um die Spielzeit auszufüllen. Und nach den Reaktionen bisher zu urteilen, ist uns das auch ganz gut gelungen.", lacht Devon.

psychotic waltz logo

Sprechen wir also über die Texte, die bei Songs wie 'All The Bad Men' oder 'Sisters Of The Dawn' einen sehr offensichtich politischen Anstrich zu haben scheinen, was es in dieser Form vorher bei PSYCHOTIC WALTZ nicht gab. Devon widerspricht: "Ich weiß, auf welche Textstellen du abzielst, aber sie sind nicht wirklich politisch. Ja, sie manifestieren sich auch in der Politik, aber es geht mir eher darum, dass in den - häufig sozialen - Medien immer mehr Meinung gemacht wird, die Menschen gegeneinander aufhetzt. Es wird immer mehr versucht, die Menschen zu spalten. Wenn du nicht für eine Sache bist, bist du automatisch dagegen. Es gibt keinerlei Graustufen mehr. Sagst du etwas Kritisches über Feminismus bist du ein Sexist. Sagst du als Mann etwas gegen Sexisten bist du Feminist. Und ja, das spiegelt sich auch in der Politik wider. Hier in Europa gibt es nur negative Nachrichten über Donald Trump. Bei allem, was man hier über ihn hört, muss man ihn hassen. Und wenn so einseitig berichtet wird, dann verliert das bei mir an Glaubwürdigkeit. Darum habe ich auch nicht gewählt, denn man wählt im Grunde aus zwei schlechten Optionen und in jedem Fall wäre die Meinungsmache aus einer Richtung dann ähnlich gewesen. Und dem kann ich einfach nicht zustimmen, also habe ich nicht gewählt.", führt Devon aus, doch damit hat es sich noch nicht mit dem doch ziemlich politischen Exkurs.

"Ein Beispiel, wo ich dieses Gegeneinander aufhetzen sehr massiv finde, ist der Fall von Jordan Peterson. Jordan Peterson ist ein kanadischer Psychologe und ein wirklich sehr kluger Mann und unglaublicher Sprecher. Es gibt in Kanada ein Gesetz, dass man wegen Hassrede verurteilt werden kann, wenn man eine Person nicht mit dem von ihr gewünschten Pronomen anspricht. Und dabei gibt es eben Leute, die es bevorzugen mit einem Plural als Pronomen angesprochen zu werden [es geht hier speziell um sog. "Non-Binary", die es bevorzugen mit einem Singular in Verbindung mit z.B. "they" (also "they is...") oder einem neu-erfundenem Pronomen wie 'ze' oder 'hir' angesprochen zu werden - PK]. Peterson vertritt die Meinung, dass es ein Gesetz nicht erzwingen darf, wie man spricht und welches Pronomen man verwendet. Er hat immer klar gemacht, dass er überhaupt nichts gegen Menschen dieser Orientierung hat, sondern es einzig und allein um den Einschnitt in die Freiheit des Sprechers geht und die Nutzung von den normalen Pronomen weit entfernt von Hassrede sind. Und was passiert? Der Mann wird an Colleges ausgebuht, offen unterstützt von den Direktoren und Professoren an den Universitäten, die sogar dazu aufrufen, diesen so klugen Mann im Grunde mundtot zu machen. Ich habe dafür kein Verständnis, denn seine Meinung schadet doch niemanden und dann muss man diese doch auch zulassen dürfen.", holt Devon noch einmal weit aus, um dann lachend abzuschließen: "Vielleicht ist das Album doch politischer als ich dachte."

psychotic waltz the god-shaped void cover

Kommen wir also zurück zur Musik, wo sich natürlich die Frage stellt, ob es schwierig war nach so vielen Jahren wieder gemeinsam an Songs zu schreiben, die PSYCHOTIC WALTZ darstellen. "Nein, eigentlich nicht wirklich. Die Distanz ist ja heute kein Problem mehr, weil man all die Tools hat, mit denen man sich ja schnell und einfach austauschen kann. Und der Songwritingprozess ist eigentlich noch genauso wie früher. Brian und Dan fangen in der Regel mit den Gitarren an und geben es dann Norman für die Drums. Wenn alle damit zufrieden sind, schicken sie mir eine Demoversion und ich arbeite dann an Melodien, Harmonien und Texten. Manchmal gehe ich zurück zu ihnen mit Vorschlägen wie man etwas ändern könnte und dann schauen wir, ob das besser ist. Das geht dann einige Male hin und her und dann haben wir irgendwann eine klare Vorstellung davon, was wir im Studio aufnehmen wollen. So haben wir früher auch schon gearbeitet. Die Herausforderung ist, wie anfangs schon gesagt, nur die Zeit, die die Jungs haben, um überhaupt zusammenzuarbeiten."

Stellt sich abschließend noch die Frage nach der Zukunft der Band. "Nun, erst einmal werden wir im Herbst touren und wenn es dann nach mir geht, wird es auch nicht noch einmal acht Jahre bis zum nächsten Album dauern. Ich meine, für mich ist das alles etwas einfacher, denn ich gehe einfach in mein Studio und kann anfangen Material zu schreiben. Mein Plan ist, dass ich dann Dan und Brian Songs schicke und wenn sie merken, dass ich da schon zwei, drei Nummern geschrieben habe, dann fangen sie auch, damit nicht nur ich Songs schreibe.", lacht Devon und ergänzt: "Die Songs, die sie nehmen, landen dann auf dem nächsten PSYCHOTIC WALTZ-Album und die anderen dann vielleicht auf einem möglichen nächsten DEADSOUL TRIBE-Album." Ganz sicher auch eine gute Variante.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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