The Assassins (Blu-ray)
- Regie:
- Zhao Lin Shan
- Jahr:
- 2012
- Genre:
- Historienfilm
- Land:
- China
- Originaltitel:
- Tong que tai
1 Review(s)
20.10.2013 | 12:30Hinterlistige Mogelpackung: dröge Oper statt flotter Action
Man schreibt das Jahr 198 n.Chr. in der Zeit der späten Han-Dynastie. Deren prophezeites Ende rückt näher. Premierminister und Feldherr Cao Cao (Chow Yun Fat) hat den größten Krieger des Feindes besiegt und lässt das Land, das von dem schöngeistigen Kaiser Xian beherrscht werden sollte, erstarren. Wird er die Regierungsgewalt ebenfalls an sich reißen? Mehrere Attentäter werden von seinen Feinden für eine geheime Mission ausgebildet.
Filminfos
O-Titel: Tong que tai (VR China 2012)
Dt. Vertrieb: Universal
VÖ: 17.10.13
EAN: 50505 82948035
FSK: ab 16
Länge: ca. 108 Min.
Regisseur: Zhao Lin Shan
Drehbuch: Bin Wang
Darsteller: Chow Yun Fat (Cao Cao), Yifei Liu (Gong Ling Ju), Hiroshi Tamaki (Mu Shun), Alec Su (Kaiser Xian) u.a.
Handlung
In der Zeit der späten Han-Dynastie (25-220 n.Chr.) um das Jahr 200 n.Chr. war das Reich der Mitte geeint. Fortwährende Kriege dienten allerdings der Expansion des Reiches und der Niederschlagung von Aufständen. Die Han-Chinesen unter dem schöngeistigen Kaiser Xian haben wenigstens den mächtigen Feldherrn Cao Cao als Beschützer. Er ist in der Lage, selbst mächtigste Widersacher zu besiegen. Wenn er heimkehrt, dann in einem Triumphzug.
Doch so manchem wird der Feldherr in seiner Position als Kanzler zu mächtig. Nicht zuletzt dem Bruder des Kaisers, Cao Pi. Unglücklicherweise sind sowohl Xian als auch Pi seine Söhne. Das führt zu einem unausweichlichen Konflikt. Inzwischen hat jemand bei Hofe eine ganze Generation von Waisenkindern zu fähigen Attentätern ausbilden lassen. Unter ihnen sind die gemeinsam eingefangenen Kinder Ling Ju und Mu Shun, die einander lieben und beschützen lernen. Selbst 19 Jahre später, als Ling Ju im Palast CaoCaos dient und Mu Shun in der Eunuchengarde des Kaisers, sehen sie einander. Wird sich ihre Liebe dereinst erfüllen?
Alle Vorzeichen, die die Astrologen in den Sternen lesen, stehen auf Veränderung. Das Ende der Han-Dynastie stehe bevor, prophezeit der Chefastrologe. Doch Cao Cao hält nichts von solch defätistischem Gerede und tötet den Mann. Er schändet zudem einen uralten Totenschrein. Dadurch zieht er sich erst recht den Zorn der Leute zu, die ihn loswerden wollen. Nun heißt es, er sei ein Verräter am Kaiser. Der oberste Hofbeamte, Vater der Kaiserin, kann Xian dazu bewegen, ein Edikt zu unterzeichnen: Es ist der Tötungsbefehl für seinen eigenen Vater.
Noch in der gleichen Nacht greift eine bestens ausgerüstete Truppe einfallsreicher Kämpfer den befestigten Landsitz von Fürst Cao an. Doch sie treffen auf einen unerwarteten Widerstand...
Hintergrundinformation
Aus der Wikipedia: "Cao Cao (* 155; + 15. März 220 in Luoyang) war ein chinesischer General, Stratege, Politiker, Dichter und Kriegsherr während der späten Han-Dynastie. Er errang die Herrschaft über ganz China nördlich des Jangtsekiang, übte großen Einfluss auf den Kaiser aus und legte den Grundstein für die Wei-Dynastie, die nach seinem Tod von seinem Sohn Cao Pi begründet wurde. Von diesem wurde er mit dem postumen Titel Kaiser Wu von Wei und dem Tempelnamen Taizu geehrt.
Cao Cao wird in der Überlieferung als grausamer und gnadenloser Despot, aber auch als gewissenhafter Herrscher und militärisches Genie dargestellt. Immerhin gelang es ihm, viele seiner Widersacher auszuschalten: im Jahre 194 n. Chr. den Provinzgouverneur Tao Qian, 197 den Stadtkommandanten Zhang Xiu, 198 den Kriegsherrn Lü Bu, 200 (Schlacht von Guandu) bis 202 den Kriegsherrn Yuan Shao und 205 dessen Söhne. Erst die Schlacht von Chibi machte seinem Eroberungszug ein Ende und zementierte die Teilung Chinas (Zeit der Drei Reiche), die mehr als fünfzig Jahre dauerte. Auch innenpolitisch gab es niemanden, der seine Position gefährdete. Den Beamten Kong Rong etwa, der ihm seit 196 diente und versuchte, Cao Cao zu verdrängen, ließ er 208 hinrichten.
Die vorliegende Geschichte spielt direkt im Jahr nach dem historischen Sieg über Lü Bu.
Mein Eindruck
Die Geschichte von Cao Cao kennt in China, Japan und Südkorea jedes Kind. Denn sie beruht auf dem Roman "Die Geschichte der Drei Reiche" von Luo Guanzhong, der ihn, aus Quellen des 3. Jahrhunderts schöpfend, im 14. Jahrhundert veröffentlichte. "Die Geschichte der Drei Reiche" ist einer der vier klassischen Romane Chinas und mehrfach in zig TV-Folgen verfilmt. Cao Cao spielt dabei die Rolle des gehassten, aber verschlagenen Feldherrn, der allerlei Feinde und Finten zu überleben weiß.
John Woo verfilmte 2008/09 mit "Red Cliff" eine solche berühmte Episode, und Regisseur Chen Kaige verfilmte die romantische Geschichte des von Cao Cao besiegten Kriegshelden Lü Bu(wie) und seiner Geliebten Diao Shan ("Der Kaiser und sein Attentäter", aber auf später verlegt). Im vorliegenden Film entdeckt Ling Ju, dass sie die direkte Tochter von Diao Shan ist. Sie liegt mit dem Mörder ihrer Eltern in einem Bett! Kein Wunder, dass sie auf Vergeltung sinnt.
Dies ist also klassischer Opernstoff, und noch dazu ein literarisches Monument. Wer dürfte es also wagen, daran zu rütteln? Zaho Lin Shan wagt es - ein ganz kleines bisschen wenigstens. Dieses Hauptverdienst gebührt m.E. einzig und allein seinem Hauptdarsteller Chow Yun Fat (57, aus "Tiger & Dragon"). Diesem gelingt es nämlich, das starre Klischee vom hinterlistigen, verschlagenen Machtmenschen Cao Cao aufzubrechen und ihn als verletzlichen Liebhaber zu zeigen. Erst durch seine liebevolle Pflege gesundet Ling Ju wieder, die doch seinen Tod wollte. Sogar Mu Shun darf es in der finalen Auseinandersetzung gelingen, Cao Cao am Bein zu verletzen, als sie fechten.
Wir halten also zu Cao Cao. Und deshalb ist es von großem Unterhaltungswert, wenn seine Festung Yechen angegriffen wird: Mit Armbrüsten, Seilkatapulten, einem Seilnetz und vielen weiteren Einfällen. Ob es den Attentätern, die von Xian und Cao Pi in Marsch gesetzt wurden, gelingt, ihn zu überwältigen? Der Fortgang der Handlung, die zu einem zweiten, noch breiter angelegten Angriff führt, spricht nicht dafür.
Action gäbe es also genügend. Leider hat sich Zhao nicht damit begnügt. Er walzt nicht nur die tragisch endende Liebesgeschichte zwischen Ling Ju und Mu Shun bis zum Gehtnichtmehr aus. Nein, als dritte Säule seiner Dramaturgie kommt der opernhafte Hof zum Zuge. Dessen Winkelzüge müssen ja die Angriffe erklären und starten. Hier kann Cao Cao wie ein Löwe im Hühnerhof auftreten. Dabei rollen Köpfe und verdiente Beamte werden vor Mädchenaugen gevierteilt (lies: von vier Pferden in Teile zerrissen). Merke: Dies ist kein Augenfutter für romantische Backfische!
Genau dieses Auswalzen von Lovestory und höfischer Oper ging mir mehrfach auf den Zeiger. Die Action kommt einfach zu kurz.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 2,35:1 (anamorph)
Tonformate: DTS HD Master Audio 5.1
Sprachen: D, Englisch, F, Niederländisch, Mandarin
Untertitel: D, Englisch, F, NL
Extras:
- O-Trailer
- Unveröffentlichte Szene
- Feature über Chow Yun Fat
- Feature über Regisseur Zhao Lin Shan
- Mit den Schauspielern hinter den Kulissen
- Musikvideo
- Trailershow
Mein Eindruck: die Blu-ray
Die Qualität von Bild und Ton auf dieser Blu-ray ist bestens. Der Rundumton von DTS 5.1 wird an einer Stelle sehr gut ausgenutzt, und die Schlachtszenen sind mit Sounds effektvoll unterlegt - wenn auch mit den falschen! Pfeile zischen, wo nur Schwerter klirren sollten, und hölzerne Nachtigallenböden pfeifen, wo nur Seile zu sehen sind...
(Nachtigallenböden sind geniale Konstruktionen in Holzhäusern, die zwei Funktionen haben: Sie zwitschern wie Vöglein, wenn man sie richtig betritt, doch betritt sie ein Uneingeweihter, quietschen sie warnend - eine geniale Alarm- und Unterhaltungsanlage in einem! Dass sie extrem teuer waren, versteht sich von selbst. Siehe dazu die wunderbaren Samurai-Romane von Lian Hearn.)
EXTRAS
1) O-Trailer (1:40 min.)
Der Trailer stellt die blutige Action, die romantische Liebe und das höfische Drama heraus- pure Augenwischerei.
2) Unveröffentlichte Szene (1:46, mit Untertiteln)
Die Kaiserin vergewaltigt ihren Kaiser?! Pfui, das darf keiner sehen, schon gar nicht Cao Cao, der die beiden entdeckt. In Xians Augen entbrennt glühender Hass auf seinen Vater.
3) Feature über Chow Yun Fat (2:42, mit Untertiteln)
Kommentarlos erfahren wir, was die Schauspieler über diesen neuen Cao Cao denken: menschlich, gerecht und sogar liebend. Chow Yun Fat darf auch was sagen. Der 57-jährige Schauspieler hat einen prächtigen Humor.
4) Feature über Regisseur Zhao Lin Shan (6:57, mit Untertiteln)
Dieses kommentarlose Feature zeigt Zhao nur am Anfang bei den Dreharbeiten, ansonsten ist das eine B-Roll, wenn auch nicht ohne Humor.
5) Mit den Schauspielern hinter den Kulissen (4:18, mit Untertiteln)
Eine weitere B-Roll. Mein Herz blutet, wenn ich die Darstellerin der intriganten Kaiserin klagen höre, sie habe nun bereits vier Tage lang weinen müssen!
6) Musikvideo (2:30)
Die tragische Liebesgeschichte zwischen Ling Ju und Mu Shun musste ja zu einem Musikvideo verarbeitet werden. Es endet in einer Szene, die im Film nicht möglich wäre: Ling Ju besteigt eine Kutsche, die sie ins Nirgendwo bringt.
7) Trailershow
Dem Hauptfilm vorgeschaltet sind zwei Trailer zu bewundern, die höchste Kinokunst versprechen - und nicht halten:
a) Fast and Furious 6 (mit dem unvermeidlichen Vin Diesel)
b) Oblivion (mit dem ebenso unvermeidlichen Tom Cruise, begleitet von Bond-Mieze Olga Kurylenko; siehe dazu meinen Bericht)
Unterm Strich
Hätte sich Regisseur Zhao nur auf die Action und die Lovestory beschränkt, wäre dies eine erstklassige Story à la "Tiger & Dragon" geworden, in der Chow Yun Fat brillierte. Doch leider hatte Zhao auch seine staatlichen Filmförderer zu berücksichtigen. Die beharrten wohl auf der Integration der klassischen höfischen Oper, die alles nur dröge und langsam macht.
Aus dem Abenteuer wird so ein überfrachtetes Staatsdrama. Es basiert zwar auf einem literarischen Klassiker, wurde aber staatstragend zurecht gebogen. Das Ergebnis ist pompös und aufgeblasen, und Chow Yun Fat kämpft dagegen zwar menschelnd an, doch letzten Endes auch vergebens.
Die Blu-ray
Die Qualität von Sound und Bild ist herausragend, außer in den Extras. Toneffekte gibt es durchaus zu bewundern, sogar solche, die gar nicht zum Gezeigten passen. Auch die Synchronisation unterscheidet sich beträchtlich von den Untertiteln, die auf dem Original beruhen. Der Eindruck einer Mogelpackung entsteht.
Dieser Eindruck wird vertieft durch die Abwesenheit eines Making-ofs, die durch Präsentation mehrerer Dreharbeitenszenen kaschiert werden soll. Die Schauspieler geben ihren Senf zu irgendwas dazu, seien es die Kollegen, die Dreharbeiten oder die Tiere ("Pferde sind blöd, Esel sind cool", denn Letztere darf man in China essen...).
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer