ROTTING CHRIST - Sanctus Diavolos
Mehr über Rotting Christ
- Genre:
- Black/Dark Metal
- Label:
- Century Media
- Release:
- 20.09.2004
- Visions Of A Blind Order
- Thy Wings Thy Horns Thy Sin
- Athanati Este
- Tyrannical
- You My Cross
- Sanctimonius
- Serve In Heaven
- Shades Of Evil
- Doctrine
- Sanctus Diavolos
Wer eine ROTTING CHRIST-Scheibe ersteht, weiß in der Regel, was er zu erwarten hat und bekommt auch meist genau das. Grauzonenmusik mit Hang zum symphonisch und majestätisch in Szene gesetzten Black Metal. Allerdings waren auch die Berührungspunkte mit sehr düsterem und getragenem Dark Metal schon seit Anbeginn vorhanden. Diese springen einem auf der neuen Scheiblette "Sanctus Diavolos" fast ins Gesicht. Die neue Perle der Griechen geht als perfekte Symbiose aus LAIBACH-verwandter Dunkelheit und entfesselter Black-Metal-Ästhetik durch. Eine abgrundtiefe böse und finstere Horrorsymphonie, die Nerven kostet.
Wo der gaspedalkickende Opener 'Visions Of A Blind Order' noch als Schwarzmetall purster Form zu klassifizieren ist, wird es beim Nachfolger 'Thy Wings Thy Horns Thy Sin' schon schwerer. Den Song als majestätisch zu schimpfen ist eigentlich blanker Hohn. Die monumentale Instrumentierung, die melancholischen Chöre, das entfesselte Drumming und der eiskalte Gesang von Gurgelbarde Sakis entfachen eine Stimmung, die mir den Saft in den Klöten gefrieren lässt. Dieser schwarze Blizzard wird mit 'Athanati Este' in kontrollierte Bahnen gelenkt und entwickelt sich mit seiner üppigen Percussion zu einem fast soundtracktauglichen schwarzen Edelstein, wie man ihn nicht oft zu hören bekommt. Extrem stark und mit seinen abwechselnd megatief cleanen und krächzigen Vocals das absolute Highlight des Albums. Mächtig Samples und Loops gibt es bei der psychotischen Abrissbirne 'Tyrannical' zu bestaunen, das mit einem fast RAMMSTEIN-ähnlichen Riffing die Hörerschaft am Schopfe packt. Bitter, fies, brutal und kalt macht 'Tyrannical' keine Gefangenen. Slowmotion-Schwarzkunst mit einer ganz eigenen Note.
Was bis jetzt so stark auftrumpfen konnte, überfordert mich mit 'You My Cross' maßlos. Die Nummer ist ein loses Soundgerüst aus Blastbeat mit Chören drüber. Dabei ist der Track so gewöhnungsbedürftig, dass sogar ich Toleranzapostel die Segel streichen muss. Uiuiui!
Doch schon mit 'Sanctimonius' geht es zurück in die richtige Bahn. Mit dem ruhigen und hypnotischen Beginn kratzen die Griechen an einer unglaublich kaltmelancholischen Grundstimmung, die mir mächtig Respekt abverlangt. Es ist, als würden PINK FLOYD in der Hölle ein Requiem anstimmen. Superstark und einzigartig!
Kontrolliert in die Schnauze tritt im Anschluss 'Serve In Heaven', das mit thrashigem Riffing und pumpendem Fundament tight und straight nach vorne prescht. Dabei bleibt der Track eingängig und melodiös und greift mit seiner monströs instrumentierten Interlude mitten im zentralen Nervensystem. Richtig geil, basta.
Ein Arschtritt vor dem Herrn ist auch 'Shades Of Evil', wenn ich mich auch hier wieder einmal etwas alleine mit meinem Musikgeschmack fühle. Wieder einmal nicht ganz Fisch und nicht ganz Fleisch, rotieren ROTTING CHRIST in einem Moment im Florida-Death-Metal und im nächsten in SAMAEL-lastiger Breitwandinstrumentierung. Schwierig, aber auch nicht schlecht. Interessant trifft es eher, auch wenn die Nummer einige Zeit braucht, um zu zünden. Die Horroratmosphäre des Endes ist aber wieder endlos frostig und meiner ungeteilten Zustimmung sicher.
'Doctrine' ist recht kommerziell und hat eine sehr schwermütige und leichtgängige melody line, die mit DIMMU BORGIR-Gesängen hasserfüllt flankiert wird. Der Track stampft und verschafft sich mit seiner starken Hookline Langzeitwirkung. Das abschließende 'Santus Diavolos' macht das hypnotische Werk komplett, das in seiner Gesamtheit absolut gigantisch ist. Definitiv nicht jedermanns Sache, aber ein abgrundtief finsterer Meilenstein des Dark Metal. Das sparsam instrumentierte Abschlussstück geht unterschwellig an die Nerven und brauch ebenfalls einen Moment zum Festkrallen. Dann aber sitzen die Pranken bis an die Handwurzel in der Hirnrinde.
Die transparent wie ein glasklarer Nachthimmel produzierte Scheibe kann ich jedem empfehlen, der zum einen getragenen Black Metal liebt und zum anderen gerne in horrorfilmähnlichen Soundlandschaften schwelgt. Ich habe die Scheibe mittlerweile einige Male gehört und wüsste nicht, welches ähnlich geartete Album aus meiner Sammlung solch eine Atmosphäre heraufbeschwören kann. Es ist jedoch trotzdem ratsam, vor einem eventuellen Kauf in die Scheibe reinzuhören, weil sie aufgrund der stilistischen Bandbreite auf geteilte Meinungen stoßen wird. Meinen Segen hat sie!
Anspieltipps: Thy Wings Thy Horns Thy Sin, Athanati Este, Tyrannical, Sanctimonius, Doctrine
- Redakteur:
- Alex Straka