MORSE, NEAL - Testimony
Mehr über Morse, Neal
- Genre:
- Prog
- Label:
- InsideOut/SPV
- Release:
- 22.09.2003
- The Land Of Beginning Again
- Overture No. 1
- California Nights
- Colder In The Sun
- Sleeping Jesus
- Interlude
- The Prince Of The Power Of The Air
- The Promise
- Wasted Life
- Overture No. 2
- Break Of Day
- Power In The Air
- Somber Days
- Long Story
- It's All I Can Do
- Transformation
- Ready To Try
- Sing It High
- Moving In My Heart
- I Am Willing
- In The Middle
- The Storm Before The Calm
- Oh, To Feel Him
- God's Theme
- Overture No. 3
- Rejoice
- Oh Lord My God
- God's Theme 2
- The Land Of Beginning Again
Als der gute NEAL MORSE unsere progressiven Freunde von SPOCK`S BEARD verließ, da sein neu gefundener Glaube an Gott ihm keine Zeit mehr für musikalische Ergüsse zu lassen schien, waren nicht wenige bestürzt. Angst um den zukünftigen Weg der Bärte kam auf, wie auch Unverständnis für das verschwenderische Nichtstun eines so talentierten Musikers, Komponisten und vor allem auch Entertainers, wie es Neal war und ist.
Gut, die Spockies haben mit "Feel Euphoria" und der anschließenden Tournee bewiesen, dass sie es auch ohne ihren alten Dirigenten auf die Reihe bekommen, haben dabei sogar neue Wege beschritten und machen auf jeden Fall noch immer mächtig viel Spaß.
Nun überrascht uns auch der abgetretene Frontmann mit neuen Songs, in denen er seinen Lebensweg musikalisch umsetzt. Logischerweise geht es dabei in nicht geringem Maße um seinen Weg zu Gott – als ob er nicht in seiner alten Stammband bereits musikalische Götter um sich vereint gehabt hätte – und um andere Banalitäten. Und da NEAL MORSE nicht nur gern in der Notensprache ausschweifend spricht, sondern auch gern mit vielen Worten seine Gedanken ausdrückt, hat er uns mit "Testimony" gleich einen Doppeldecker serviert. Über zwei Stunden Musik, unterteilt in 29 Nummern, bieten die Silberlinge und hinterlassen den Hörer nach den ersten Durchläufen etwas zerschlagen ob der Masse an Ideen, die er geboten bekommt.
Man bekommt typische MORSE-Musik geboten, die mit unglaublich vielen kleinen Feinheiten verziert wurde, so dass ich selbst nach dem zehnten Durchlauf noch immer unzählige neue Nuancen entdecke. Unterstützt wird der Großmeister, neben einem Big-Band-artigen Ensemble, das in erster Linie aus unterschiedlichsten Bläsern besteht, noch von Mike Portnoy, der sich erstaunlich behutsam durch die Nummern streichelt und Kerry Livgren von KANSAS, der auf 'Long Story' mal kurz für ein Solo gastiert.
Eine komplette Song-by-Song-Besprechung würde hier sicherlich den Rahmen sprengen, also kann ich euch nur versichern, dass man zu jeder Sekunde heraushört, wer denn da komponiert hat. Zu deutlich sind die Parallelen zu SPOCK'S BEARD, eine Tatsache, die sicherlich niemanden stören oder gar überraschen wird. Dass "Testimony" mehr nach den Bärten klingen soll als deren letzter Output, vermag ich nicht wirklich nachvollziehen zu können, arbeitet Neal doch an einigen Stellen mit völlig neuen Elementen: Da hätten wir auf jeden Fall den verstärkten Einsatz eines Bläser-Kommandos zu vermelden, das stellenweise für mächtig viel Bombast sorgt. In anderen Momenten – beispielsweise während des instrumentalen 'Transformation' – quiekt ein Saxophon jazzartig dazwischen. Außerdem verstärkt ein häufig eingesetzter Gospel-Chor den christlichen Charakter des Albums. Klingt allerdings extrem klasse. Und hatte ich nicht oben bereits KANSAS erwähnt? Das Solo von Kerry soll nicht die einzige Hommage an alte Zeiten sein, denn ich fühle mich nicht selten an JETHRO TULL erinnert. Sicherlich auch keine schlechte Referenz.
Ansonsten hören wir halt wunderschöne, teils sehr songorientierte Nummern, die mal verträumt-nachdenklich, mal fröhlich-mitreißend klingen. Gerade der erste Rundling operiert sehr geradlinig und ist stellenweise fast schon radiotauglich. Hier reißt mich vor allem das wunderschöne 'The Prince Of The Power Of The Air' mit exzellenten Satzgesängen und Flamenco-Part vom Hocker, sowie das ruhige 'Somber Days'. Den Taschentuch-Einsatz meinerseits beim ausklingenden 'It's All I Can Do' sollte ich auch nicht verschweigen.
Weitaus verspielter entpuppt sich Scheiblette Numero Zwei, welche vom bereits erwähnten 'Transformation' schön-schräg eingeleitet wird. Im Folgenden dürfen wir kirchlichen Gospel-Rock ('Sing It High'), schwebenden Bombast ('I Am Willing'), Jazz ('The Storm Before The Calm') und die bereits oben aufgelisteten Stilistiken in veränderten Facetten genießen.
Insgesamt also ein farbenprächtiges Werk, das sehr stark nach SPOCK'S BEARD klingt und somit Fans dieser Band sofort ansprechen wird. Hatte ich anfänglich leichte Bedenken, dass mich der thematische Rahmen ein wenig stören könnte, so muss ich sagen, dass Neal Morse nicht predigt und – zumindest mir – mit seinen Glaubensbekenntnissen nicht auf den Nerv geht. Vermutlich nichts für bekennende Antichristen, sonst auf jeden Fall mehr als hörenswert.
Anspieltipps: The Prince Of The Power Of The Air, It's All I Can Do, Long Story, Transformation, Sing It Hight, I Am Willing, Ready To Try, Somber Days
- Redakteur:
- Holger Andrae