KOVENANT, THE - Nexus Polaris
Mehr über Kovenant, The
- Genre:
- Black Metal / Symphonic Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nuclear Blast / Warner Music
- Release:
- 24.03.1998
- The Sulphur Feast
- Bizarre Cosmic Industries
- Planetarium
- The Last Of Dragons
- Bringer Of The Sixth Sun
- Dragonheart
- Planetary Black Elements
- Chariots Of Thunder
Ein etwas in Vergessenheit geratenes Referenzwerk aus der Reihe der Dark-Metal-Highlights der 1990er.
Vor einigen Tagen bin ich in meiner Sammlung über ein sehr feines Werk gestolpert, um das zur Zeit seines Erscheinens - also anno 1998 - durchaus ein kleiner Hype entstanden ist, doch sowohl die Band als auch das Album sind auch recht schnell wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Nach einem Demo und einem im Black-Metal-Underground sehr willkommenen Debütalbum auf dem Essex-Label Mordgrimm, streckte ein schwäbischer Genregigant seine Fühler nach der Band aus. Das lag durchaus nahe, denn man hatte sich aus demselben Umfeld bereits kurz zuvor eine weit bekanntere Truppe geangelt, die sich nach einer isländischen Felsformation benannt hat. Die Rede ist natürlich von Nuclear Blast, und die Akolythen aus dem DIMMU-BORGIR-Umfeld, die 1998 von Essex nach Donzdorf wechselten, waren die Herren von COVENANT, zu jener Zeit bereits recht prominent besetzt mit Mitgliedern von DIMMU BORGIR, MAYHEM, ARCTURUS, TROLL und anderen.
Nun, besprächen wir hier das Debütalbum "In Times Before The Light", so würde dieses perfekt in die Kategorie der vergessenen Black-Metal-Perlen der zweiten Reihe passen, doch der Zweitling war mir persönlich gerade damals im Grunde viel zu kommerziell, viel zu gehypt und viel zu melodisch-bombastisch, um meine seinerzeit unersättliche Gier nach rohem, schwarzem Stahl zu befriedigen. Außerdem kam rasch aus rechtlichen Gründen die Umbenennung in THE KOVENANT, dann eine Marilyn-Manson-artige Optik und Industrial-Einflüsse, viel Elektronik und Geloope, so dass der Ofen dann bei mir vorläufig ganz aus war. Auch das hier besprochene Werk fand nurmehr selten seinen Weg in die Anlage und verschwand in den Untiefen des Regals. Ein Fehler, retrospektiv, denn diese Scheibe ist etwas ganz Besonderes, wie ich finde: Sie trifft genau ins Lindenblatt mit ihrem einzigartigen und unnachahmlichen Mix aus kommerziellem, poppigem Appeal und sphärischer, majestätischer Kälte. Sie ist unglaublich transparent und sauber produziert, aber nicht steril und laut, so dass sie eine absolut differenzierte Wahrnehmung aller Instrumente ermöglicht. Sarah Jezebel Deva stellt in Form markanter aber nicht omnipräsenter oder dominierender Farbeffekte ihren wunderbaren Sopran Nagashs grimmigem, aber sehr gut verständlichem Rezitativ gegenüber, was für sehr starkes, emotionales Storytelling sorgt.
Sverds Keyboards zeichnen spacige Sci-Fi-Klanglandschaften, während Hellhammer am Schlagwerk wirklich alle Register zieht und dabei zeigt, dass er eben so viel mehr kann als Blasten und Ballern. Heute weiß das ein jeder, der seine Prog- und Jazz-Projekte kennt, doch damals war dies noch nicht so allgemein bekannt. Dass neben Hellhammers eindrucksvoller Performance auch die Gitarrenfront mit Astennu und Blackheart Ausrufezeichen setzen kann, ist wahrlich eine Leistung. Dabei ist sie weit vom flirrenden Norsecore entfernt und präsentiert jede Menge neoklassisch inspirierte Leadgitarrenarbeit. So entsteht eine bestechende Crossover-Scheibe total eigener Art, die ich noch heute für ein absolutes Referenzwerk der Neunziger halte, das viel zu wenig Beachtung findet. Wenn man sein Herz für den Sound öffnen mag und kann, dann findet man tolles Sci-Fi-Storytelling, instrumentale, kompositorische und produktionstechnische Finesse, ein untrügliches Gespür für fesselnde Melodien und unterm Strich ein Werk, das weit mehr opulentes Musiktheater ist als Black Metal.
Aus meiner Sicht ein Tipp für Menschen, die etwa ARCTURUS gerne haben, oder AMORPHIS, oder WINDS, oder WALTARI, oder VOYAGER, oder NOCTURNUS, oder SIGH, oder die sich vorstellen können, dass ein konzeptioneller Ansatz wie bei AYREON oder STAR ONE auch vor einem - maximal dezenten - Black-Metal-Hintergrund eine sehr spannende Sache sein könnte. Ein fabulöses, für die Zeit natürlich symptomatisches Artwork und ein Szpajdel-Logo tun ihr Übriges, um auch als Gesamtkunstwerk augenfällig zu sein. So bleibt ein Album, das so viel mehr ist, als ein vergessener kleiner Bruder von DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH, und das auf seine Weise für mich daher in eine Reihe mit anderen artverwandten typischen Neunziger-Dark-Metal-Highlights gehört wie etwa "Passage", "Wolfheart", "Icon" oder "Wildhoney".
Dass es das retrospektive Schicksal nicht so gut mit der Band meinte, liegt sicher am bereits oben angerissenen Zwang zur Umbenennung, daran, dass das Labelinteresse an der Band langsam nachzulassen schien, auch wenn Nuclear Blast und die Band den Deal über drei Alben erfüllten, aber sicher auch ein wenig daran, dass die beiden Nachfolger "Aenimatronic" und "Ceti" nicht mehr diese bestechende Qualität halten konnten, die "Nexus Polaris" abgeliefert hat. Teils waren auch diese Scheiben hörenswert, lieferten aber nichts Bahnbrechendes mehr.
Sammlerinfo:
Das Album erschien unter dem alten Bandnamen COVENANT und unter dem neuen Bandnamen THE KOVENANT mit jeweils anderem Logo, beide Versionen sind jedoch musikalisch identisch.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle