HAWKWIND - Hawkwind
Mehr über Hawkwind
- Genre:
- Space Rock
- Label:
- EMI
- Hurry On Sundown
- The Reason Is?
- Be Yourself
- Paranoia (Part 1)
- Paranoia (Part 2)
- Seeing It As You Really Are
- Mirror Of Illusion
- Bring It On Home (Bonus)
- Hurry On Sundown (Bonus)
- Kiss Of The Velvet Whip (Bonus)
- Cymbaline (Bonus)
Manchmal ist es schon krass, wenn man auf die wechselhafte Geschichte einer uralten Band zurückblickt und sich darüber klar wird, was für eine weite Reise diese Gruppe hinter sich hat. So ist es natürlich auch bei HAWKWIND, einer der dienstältesten hart rockenden Kapellen überhaupt. Dies ist ihr selbstbetiteltes Debütalbum, dessen erste Songs 1969 entstanden, und das schließlich 1970 das Licht der Welt erblickte. Dass die Mannen um Dave Brock damals noch nicht das Space-Rock-Flaggschiff waren, als das sie nur wenig später Geschichte schreiben sollten, ist klar. Doch ihre Wurzeln im psychedelischen Rock der Sechziger ließen bereits auf "Hawkwind" erahnen, wohin sie ihre Weltraumfahrt schon bald führen sollte.
Das eröffnende "Hurry On Sundown" ist ihr erster Klassiker überhaupt: Ein sehr entspannt rockender, von akustischen Gitarren, Mundharmonika und Sitar geprägter und richtig eingängiger Song zum Wohlfühlen. Mit 'The Reason Is?' wird es dann aber schon zum ersten Mal richtig spacig und abgefahren, synthetisierte Klangatmosphären, die Gamelan-Klängen nicht unähnlich scheinen, bestimmen das Szenario. 'Be Yourself' gibt sich dann zum ersten Mal etwas härter, mit Brocks E-Gitarren, die hier aber nur das repetitive Wiederkauen dreier Griffe zu kennen scheinen. Dazu gibt's schräges Drumming von Terry Ollis und noch schrägeres, leicht jazziges Alt-Saxophon und groovende Perkussionsarbeit von Nik Turner, sowie einen slappenden Bass in Händen von John A. Harrison. Vielen Hörern werden die ausufernden improvisierten und perkussiv dominierten Instrumental-Jams sicher zu anstrengend und zu langatmig sein, aber sie scheinen mir den Zeitgeist jener Ära sehr gut einzufangen. 'Paranoia' ist trotz der Gliederung in zwei Teile unheimlich perseverativ und besteht im Prinzip vor allem aus verhalltem Gesang, Dikmiks wabernden Synths und abgedrehter Rhythmusarbeit. Brock selbst sagte mal, dass er mit solcher Musik so klingen wollte, wie er seine damaligen LSD-Trips empfand. Nun, ich hab zum Glück keine Ahnung von LSD-Trips, aber ich könnt mir schon vorstellen, dass er der Sache recht nahe gekommen ist. Der Zehnminüter 'Seeing It As You Really Are' ist dann fast so was wie ein richtiger Song, wenn er sich natürlich auch erst mal durch ein ellenlanges, abgespactes Synth-Intro beamen lässt. Langsam aber sicher tauchen jedoch richtige Strukturen aus den wabernden Ambient-Klangwelten auf, die zum ersten Mal so was wie Space Rock offenbaren. Ekstatische Gitarrenleads und immer fetter werdende Riffs von Dave Brock, schlagen sich ihren Weg durch ein wahres Meer an galaktischen Sounds aus den Tasten von Dikmik. Gesang im eigentlichen Sinn gibt es auch hier nicht. Eine riesige psychedelische Jamsession, in die gegen Ende auch noch Nik Turners Saxophon einstimmt. Das abschließende 'Mirror Of Illusion' ist schließlich neben dem bluesig-folkigen Opener der einzige Song im klassischen Sinne des Wortes. Ein mit Rasseln und sonstiger Perkussion, atmosphärischen Synths sowie akustischen Gitarren und rhythmischem Groove glänzender Easy-Rocker mit schönem Gesang von Meister Brock.
Die lange gesuchte Scheibe wurde 2001 von EMI als CD mit vier Bonustracks neu aufgelegt. Der erste Bonus ist dabei ein Cover des Blues-Klassikers 'Bring It On Home' von Willie Dixon. Es folgt eine noch als HAWKWIND ZOO aufgenommene Alternativ-Version von 'Hurry On Sundown', deren Arrangements mir fast besser gefallen, als die der Albumversion. Dann gibt's noch ein unveröffentlichtes HAWKWIND-ZOO-Stück namens 'Kiss Of The Velvet Whip', das für mich sogar eines der besten Stücke des ganzen Rereleases darstellt. Den krönenden Abschluss bildet das fantastische Cover zu PINK FLOYDs Hymne 'Cymbaline'.
"Hawkwind" ist für mich persönlich ein gutes Album, aber wenn ihr viel Wert auf Nachvollziehbarkeit und songdienliche Kompositionsweisen legt, dann werdet ihr mit einem stattlichen Teil des Materials sicher eure Probleme haben. Zwei Drittel des regulären Albums sind eben drogengeschwängerte Jam-Orgien, die man entweder wie in Trance aufsaugt oder die einfach an einem vorbeiplätschern. Ob euch so was liegt, müsst ihr selbst wissen. Der Opener, der Rausschmeißer und die vier Bonustracks werten das Album jedoch auch für refrainfixierte Menschen ungemein auf, so dass die Scheibe in dieser Form im Endeffekt doch für jeden Space Rocker zum Pflichtprogramm gehört.
Anspieltipps: Hurry On Sundown, The Mirror Of Illusion, Kiss Of The Velvet Whip, Cymbaline
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle