BOYSCOUT, THE - My Route 66
Mehr über Boyscout, The
- Genre:
- Rock
- ∅-Note:
- 4.00
- Label:
- Eigen / Soulfood
- Release:
- 04.12.2015
- Born To Be Wild
- Ride The Wind
- Turn The Page
- Because The Night
- Get Your Kicks On Route 66
- Wheel In The Sky
- No Easy Way Out
- Take It Easy
- Juke Box Hero
- Hallelujah
- Sexy Taxi Driver
- Blood Red Rose (Single Edit)
- Will We Ever Make It Through The Night
- Little Lie
- Look At Me Now
- I'll Be There For You
- Caroline
- When The Children Cry
- Hey... I Love You
- Bikers Feeling
- Angel
- Blood Red Rose
Was ist der Sinn eines solchen Albums mit zehn Coverversionen?
Das ist die ultimative Frage, die uns dieser Release stellt. Doch zuerst einmal die Fakten: THE BOYSCOUT ist bereits seit geraumer Zeit aktiv, hat aber außerhalb seiner Balinger Heimat eher wenig Aufmerksamkeit erregt, obwohl er mittlerweile eine stattliche Anzahl an Singles aufweisen kann. Allerdings rangieren diese alle irgendwo zwischen Peinlich-Pop und Standard-Schlager, daran ändern auch Kollaborationen mit Robin Beck oder Amanda Somerville nichts. Oh, und die sportlich adäquate Hymne des Balinger Handballclubs hat er komponiert und eingesungen, wobei allerdings auch Rohrkrepierer wie 'Balingen – ich komm aus dir' auf sein Konto gehen.
Nun hat er sich unter dem Titel "My Route 66" zehn Lieder geschnappt, die alle geschätzte drölfzigmal gecovert worden sind und zu den absoluten Klassikern zählen, und hat diese mit Gästen eingespielt und gesungen. Wobei die Gäste es absolut in sich haben: Jeff Scott Soto, Paul Shortino, Oliver Hartmann, Claus Lessmann und Michael Voss? Einzig Linda Lulka ist mir bislang nicht geläufig, da ich auch LINDA AND THE PUNCH nicht kenne, aber das liegt sicher an mir. Zumal sie 'Because The Night' wirklich gut und nah am Original intoniert. Dazu kommt noch ein Gastbeitrag von Tony Carey? Insgesamt also erst einmal: wow.
Das Ergebnis ist auch dem Aufgebot entsprechend hochklassig umgesetzt. Daran gibt es nichts auszusetzen, und auch der Sound ist gut. Und damit kommen wir wieder zu der Eingangsfrage: Wozu das Ganze? Als Live-Aufnahme und Dokument eines tollen Rockabends würde ich das noch verstehen, aber wozu sollte man eine reine Coverscheibe kaufen, auf der sich ausschließlich Songs befinden, die man eh auswendig kann und deren Interpretationen sich entweder nah am Original befinden oder zumindest den Kompositionen keine neue Facette hinzufügen, die es nicht bereits gegeben hätte. Und da muss man sagen, dass wie so häufig die meisten der Coverversionen nicht an die Originale heranreichen können. Besonders auffällig ist das bei 'Turn The Page', im Original von BOB SEGER, das zwar gut umgesetzt ist, aber nicht die handgemachte Dynamik der 1973er Version imitieren kann. Stattdessen gilt wohl, viel hilft viel, und mehr Instrumente dokumentieren den Hang unseres BOYSCOUTS zum Kitsch. Auch JOURNEYs 'Wheel In The Sky' bleibt hinter dem Original zurück, und JACKSON BROWNs 'Take It Easy' ist wieder überfüllt und lässt dem Lied wenig Raum zum Atmen. Na ja, und bei LEONARD COHENs 'Hallelujah' kann man nur verlieren. Trotzdem: sehr ordentlich gemacht. Nur halt meiner Ansicht nach völlig überflüssig. Das Einzige, was dieses Album bei mir auslöste, war eine Playlist zu machen mit den Originalen. Okay, 'Route 66' von NAT COLE habe ich gar nicht und der JACKSON BROWN-Klassiker fehlt auch. Muss ich mir mal besorgen, steht auf der Kaufliste. Aber sonst? Werde ich das Album jemals wieder hören wollen? Kaum.
Die Special Edition, die mir vorliegt - wobei dies die Frage aufwirft, ob es jemals eine andere Version geben wird - enthält aber noch eine zweite CD. Mit "Blood Red Rose – A Rock Fantasy" hat THE BOYSCOUT seine eigene, kleine Rockoper geschrieben, deren Name mich frappierend an THIN LIZZY erinnert. Leider nur der Name, die Musik ist nämlich sehr biederer Rock. Allerdings mit viel Kitsch, und auch einige der zuvor veröffentlichten Singles haben ihren Platz auf dieser zweiten CD gefunden, sodass die besagten Lieder mit Robin Beck und Amanda Somerville auch enthalten sind. Wie es scheint, konnte er aber 'Balingen – ich komm aus dir' einfach nicht in den Kontext integrieren, das fehlt nämlich. Ansonsten gibt es zehn seichte Rocksongs, mal mit mehr, mal weniger Schlagerappeal, noch eine Coverversion und einen Radio Edit des Titelliedes. Damit kann man aber auch niemanden hinter dem Ofen hervorlocken, es sei denn beim Tanztee am Samstagnachmittag in der schwäbischen Provinz.
Also: Obwohl das Alles gut gemacht ist und sicher auf "Sendern für betreutes Wohnen" der Republik - also NDR1, Bayern Plus, SWR4 und so weiter - laufen könnte, gehört weder die Coverscheibe noch die Rockfantasie dringend in irgendein Regal. Ich kann den Sinn der ersten nicht erkennen, es sei denn als Werbeplatte für die Reiseagentur seiner Frau, und die Qualität der zweiten Scheibe ist, sagen wir mal, zweifelhaft. Ich befürchte daher, das Ding ist ein Schlag ins Wasser. Ins kalte.
- Note:
- 4.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger