BLACK CROWES, THE - Who Killed That Bird Out On Your Window Sill - DVD
Mehr über Black Crowes, The
- Genre:
- Blues Southern Swamp Rock
- Label:
- 651 plus 66 (Rhino) / Warner Music Group Germany
- Release:
- 29.09.2006
- Intro
- Black Moon Creeping - Studio
- Thick N' Thin - Montage
- Jealous Again
- You're Wrong - MTV Unplugged
- Sometimes Salvation - Studio
- Twice As Hard - Montage
- Hard To Handle*
- Jealous Guy** - Live In Atlanta
- Hotel Illness - Montage
- She Talks To Angels
- Sister Luck - Montage
- Thorn In My Pride
- My Morning Song - Europe Montage
- Stare It Cold - Europe Montage
- Remedy
- Thick N' Thin
- No Speak No Slave - Montage
- Sting Me
Rückblick 1994. Ich tobte in Spanien auf einem dreiwöchigen internationalen Fußballturnier herum. Abends ging es in die umliegenden Bars und Diskotheken, nachdem wir uns an unseren Trainern und sonstigen bezahlten Bluthunden vorbei durchs Sporthotelfoyer gehechtet hatten. Nach drei oder vier üblen Abenden mit üblen Fußballertypen, die einen üblen Geschmack bei der Wahl der Getränke, Musik und englischer oder spanischer Diskursionspartner in den Etablissements bewiesen, hatte ich genug. Der dunkel Seelenblues befiel mich. So richtig. Weg mit den ausgedudelten fünf METALLICA-, PRONG- und PANTERA–Kassetten! Spaniens Strandmusikshops waren aber in puncto Abwechslung nicht sonderlich ergiebig. Irgendwann wog ich in der einen Hand die aktuelle HEROES DEL SILENCIO und in der anderen THE BLACK CROWES. Eine von denen würde es wohl werden. Ich legte die CROWES ein. Es wurde alles schön. Ich kannte bisher nur ein zuvor in Deutschland gesehenes Video, in dem ein spindeldürrer Typ in bester Hippiemanier ein wirklich groovendes Stück Musik bekrächzte. Dazu hatte er entrückt klatschend abgetanzt. Das hat meine Kaufentscheidung wohl entscheidend beeinflusst.
Auf jeden Fall ist das Album "The Southern Harmony And Musical Companion" seitdem einer meiner Favoriten. Bis dahin hatten nur die ollen Gartentonspulbänder meines Rockervaters – CREAM, CLAPTON, ROLLING STONES –, die selbst entdeckten TRAVELLING WILLBURYS und GEORGIA SATTELITES mein Bluesrockbild ausgemacht. Nun waren die definitiv neuen Götter hinzugerutscht. Der Blues war zurück.
Der Blues ist zurück. Denn nun, 2006, ist diese DVD erschienen. Vierzehn Jahre zuvor, nämlich 1992, veröffentlichten die Krähen schon das erste Mal ein Homevideo. Neben Live-Performances, Interviews, Backstage- und Studio-Footages enthielt es natürlich auch sämtliche Videoclips der Band aus Atlanta. Dieses Material findet sich nun zu größten Teilen auf der vorliegenden DVD wieder, ergänzt noch um einige spätere Live-Mitschnitte. So zum Beispiel auch einen Großgig in Russland, der mit den ständigen Unruhen vor der Bühne und anwesenden Sicherheitskräften untermalt wird. Unglaublich, was da abgeht.
In diesem Filmchen offenbart sich deutlich die Professionalität der BLACK CROWES. 1990 erschien das raue Debüt "Shake Your Moneymaker", neben dem erfolgreichsten "The Southern Harmony und Musical Companion" erschienen bis 2001 vier weitere Alben. Dann wurde es recht ruhig um den Sechser aus Georgia. Die Band existierte seit 1984, die Bosse sind die Robinson-Brüder. Einer Gitarrist, einer Sänger und Blickfang. Die Livemitschnitte zeigen die Kauzigkeit, die man bei den Protagonisten dieser Art Musik zurecht vermutet.
Teppiche voller Bier und Kabel, ein tuchbehangener, barfüßiger Sänger, der oft mit Whiskeyflaschen rumwedelt und sich durch die Gespräche winselt und brabbelt. Proberäume, in denen die jeweiligen Clips fürs gierige MTV gleich mal mitgeschnippert werden. Dabei umbaumeln Girlanden von feinem Sumpflicht die musizierende Langhaarkompanie. Musikalisch ist das erste Klasse und optisch teilweise urkomisch. Vor allem Chris Robinson weiß sich zu produzieren, verwandelt durch allerlei Verrenkungen und Improvisationen einen CROWES-Gig in Kurzweil. Der Resthaufen klemmt in Südstaatenfilz gewandet hinter alten Orgeln. Dabei krümmen sich die Buckelvögel unter der Last des jeweiligen Saiteninstruments. Dann wird gemeinsam mit dem Knie gewippt und sich wieder zum Verstärker zurückgestohlen. Bloß keinen Stress! Dabei zerrt sich der Haufen indonesisches Süßkraut durch die Nüstern. Man kann das kräftige Zeug förmlich riechen.
Einen Mitteleuropäer wie mich beeindruckt hierbei vor allem die gelungene Mischung aus Soul, Blues und vor allem R-o-c-k. Der südstaatliche Mix wird nie langweilig. Warum gerade jetzt diese Sammlung erscheint? Irgendwie typisch. Sprachen bis vor vielleicht zwei, drei Jahren viele Musikschreiberlinge vom Revival des Rocks, so haben THE BLACK CROWES sich mal wieder in der Zeit geirrt. Wieder zu spät? Zu verstaubt? Keinesfalls! Die nicht wenigen Fans der Truppe sind den Krähen immer treu geblieben, weil die Typen zeitlos sind. Ganz nebenbei: Zu Songs wie 'Remedy' oder 'Hard To Handle' lässt sich wahrhaft hervorragend Bier trinken.
Nicht nur die Spätachtziger nebst Frühneunziger wabern haarbesprayt aus der musikalischen Versenkung, auch die jungen ROLLING STONES preschen hervor und fordern ihren Huld. Mein Alter hat schon Recht, als ich ihm diese DVD als "ein Stück wahrste Rockgeschichte" anpreise. Er knurrt: "Alles schon mal dagewesen!", nippelt an seinem Abendgetränk und verweist auf die alten Platten des Mick-Jagger-Vereins. Diesem väterlichen Tribunal muss ich mich naturgegeben beugen. Trotzig zwar, aber auch mit der Euphorie, durch diese Ansammlung feinsten Bluesrocks gut unterhalten zu werden, pflichte ich natürlich dem Urteil des alten Rockers bei.
Nur hebt sich die Stimme Chris Robinsons immer noch aus der Masse zeitgenössischer Nölbarden deutlich ab. In Zeiten, in denen das ein oder andere Haircrime begangen wurde und die rockmusikalische Penetranz mit Leuten von den "Rosigen Kanonen" oder dem 'Keep The Faith'-Video ihre abscheulichen Höhepunkte fand, war es ein Lichtblick, auf diese Typen hier zurückgreifen zu können. Immer wirkt ihr Treiben etwas schüchtern. Aber das passt hervorragend zu der Schrulligkeit des Fünfers. THE BLACK CROWES haben der Rockmusikkultur mit dem Erhalt ihres gepflegten Southern Rocks einen großen Dienst erwiesen. Schön, dass man ihnen nun auch dabei zusehen kann. Sooft man das will.
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben