Wardruna - Chemnitz
19.08.2025 | 12:5416.08.2025, Filmnächte-Theaterplatz
Nordischen Mythologie trifft auf sächsischen Industrie-Charme.
Die Filmnächte in Chemnitz gehören seit vielen Jahren zum Sommer-Kulturprogramm der Stadt. 2023 und 2024 fanden sie jedoch aus diversen Gründen nicht statt und nun, da Chemnitz Kulturhauptstadt 2025 ist, gibt es eine Neuauflage.
Neben zahlreichen Veranstaltungen hat sich WARDRUNA mit einem exklusiven Deutschlandkonzert in das Programm geschlichen. Ihre "World Tour 2025-Part II" führt sie nämlich hierzulande nur noch zu einem Auftritt beim Summer Breeze Open Air.Bei bestem Open-Air-Wetter sind viele Konzertgäste im Vorfeld erst einmal Besucher des Chemnitzer Weinfestes. Das bietet sich durchaus an, da der Weg zum Theaterplatz bis zur City nicht allzu weit ist. Kurz nach 19:00 Uhr ist die Warteschlange vorm Einlass doch recht ordentlich, aber auf dem Platz verteilt es sich sehr gut. Er ist gut gefüllt aber es gibt kaum Gedränge. An den Verpflegungsständen ist moderater Andrang und somit ist alles entspannt. Denn pünktlich um 20:00 Uhr soll es ja losgehen. Da keine Vorband auf dem Programm steht, sollte man auch pünktlich vor Ort sein, um den Klängen von Einar Selvik und seinen Mitstreitern zu lauschen.
Die Bühne ist traditionell mit einem weißen Tarnnetz im Hintergrund abgehängt, zudem ist sie mit einigen Pflanzen dekoriert. Pünktlich wie die Maurer begeben sich die Künstler unter viel Beifall auf die Bühne. Gestartet wird mit 'Kvitravn' und so langsam kommt auch das Publikum in der Klangwelt von WARDRUNA an, für die es eigentlich noch zu hell ist. Zwar ist das kein Konzert, welches von Lichteffekten lebt, doch etwas mehr Dunkelheit wäre schöner, um besser in die Songs eintauchen zu können. Aber gut, man kann eben nicht alles haben.
Weiter geht es mit 'Hertan' vom aktuellen Album "Birna". Neben dem Sänger ist natürlich auch Lindy Fay Hella am Mikrofon zu erleben, die mit einigen Tanzeinlagen das Publikum verzaubert und ansteckt. Denn es gibt viele Zuschauer, die sich zur Musik bewegen, während andere fast wie angewurzelt dastehen und den Sound in sich aufsaugen. Einzig die ewige Handyfilmerei nervt. Gegen ein paar Bilder oder Videos ist ja nix einzuwenden, aber es gibt leider viele Besucher, die der Meinung sind, permanent das Ding in die Luft zu halten. Wir lassen uns davon aber nicht die Laune oder gar den Musikgenuss verderben, ziehen ein paar Reihen weiter, um der Musik unbedarft zu lauschen.
Es ist schon immer wieder erstaunlich, welche Klänge die Musiker ihren größtenteils selbst gebauten Instrumenten entlocken können. Ob Weidenflöte, Schlüsselfiedel oder Rahmentrommel, alle diese verzaubern auf ihre eigene Weise das Publikum. Zwischen den Songs gibt es keine Ansagen oder ähnliches seitens des barfüßigen Sängers und der Sängerin. Ein WARDRUNA-Konzert ist ja immer auch ein wenig wie eine Zeremonie und da würde das auch nur stören. So bleibt man vor und auf der Bühne, abgesehen vom tosenden Applaus, im Flow der Musik.Als langsam die Dämmerung hereinbricht und die Bühne in farbiges Licht getaucht wird, verleiht das 'Isa' gleich einen ganz anderen Charme. Das Lied wirkt jetzt noch wesentlich intensiver. Absolutes Klangerlebnis sind die beiden Luren aus Bronze. Diese sehen zwar etwas bizarr aus, fegen aber wie ein Sturm über den Theaterplatz. Leider nimmt dieser nicht die Handys mit, mit denen gefilmt wird, aber der Klang geht durch Mark und Bein!
'Rotlaust Tre Fell' wirkt ebenfalls sehr imposant auf die Menge, die jedes Stück mit viel Beifall bedenkt.
Die Stimmung ist eine Mischung aus andächtig und ausgelassen und von der Sache her genau richtig für diese Performance.
Klar gibt es auch hier wieder Leute, die der Meinung sind, während der Songs permanent zu quatschen. Aber zum Glück ist da genug Platz, um denen aus dem Wege zu gehen, damit man das Geschehen auf der Bühne weiter ungestört genießen kann. Bei rund 80 Euro Eintritt frage ich mich sowieso, warum sie überhaupt hier sind. Doch glücklicherweise sind diese Personen in der Minderheit. Also genug gemeckert und zurück zum Geschehen auf der Bühne!
Dort läutet der großartige Track 'Fehu' das reguläre Ende des Abends ein. Er stammt, wie sein Vorgänger 'Rotlaust Tre Fell', vom Album "Yggdrasil" aus dem Jahre 2013. Noch einmal wird das Publikum in Ekstase versetzt. Unter frenetischen Beifall verabschieden sich die Musiker von ihrem Publikum, was natürlich mit einer Zugabe belohnt wird. Ein WARDRUNA-Konzert ohne 'Helvegen'? Undenkbar!
Doch bevor es soweit ist, bedankt sich der Sänger bei den Besuchern für ihr Erscheinen und freut sich, dass er hier in Chemnitz spielen kann. Seinen Gästen gibt er mit ruhiger Stimme noch einiges auf den Weg mit. "Wenn man sich mit der Natur und der Kultur der Vergangenheit verbindet, dann ist kein Platz für Politik und Religion!" Für diese Aussage erhält er tosenden Applaus.
Doch er hat noch eine Hausaufgabe für seine Anhängerschar. Das Singen. "Jeder von uns sollte mehr singen! Singen kann eine heilende Wirkung haben und die Menschen verbinden!", so Einar Selvik. Wir stimmen dem zwar zu, aber wenn uns einer singen hört? Ich weiß nicht. Wir sinnieren kurz, ob es vielleicht gut gewesen wäre, wenn Trump und Putin bei ihrem Treffen gesungen hätten. Vielleicht wäre mehr dabei herausgekommen. Doch genug der Gedanken, schließlich geht weiter auf der Bühne.
Dort werden erst jetzt die kleinen Fackeln entzündet. Leider könnte man sagen. Das hätte dem Ganzen schon vorher ein Sahnehäubchen verpasst. Doch jetzt freuen sich erst einmal alle über 'Helvegen'! Grandios vorgetragen und auch das Ambiente rundherum macht es perfekt.
Steht man etwas weiter weg, kann man zwar nicht zu 100 Prozent das Geschehen auf der Bühne verfolgen. Doch mit der benachbarten Kirche, und dem Opernhaus im Hintergrund ist die Silhouette für den Song einfach perfekt. Wieder bedanken sich die Anwesenden mit viel Applaus, bevor die Musiker sich von ihnen verabschieden.
Natürlich wird nach einer weiteren Zugabe gerufen und während sich die Künstler in den Feierabend begeben, kommt Einar Selvik allein zurück und freut sich, dass es dem Publikum so gut gefällt. Als allerletzten Nachschlag gibt es den Song 'Hibjørnen' zu erleben. Der ruhige Track stammt ebenfalls vom aktuellen Album "Birna". Das bedeutet so viel wie Bärin. Bei dem Song handelt es sich um ein Schlaflied, wie der Sänger ausführt und mit seiner Lyra vorträgt. Natürlich schläft keiner im Publikum ein, doch es ist ein sehr angenehmer und passender Abschluss des Konzertes von WARDRUNA. Für diese Darbietung erntet er ein allerletztes Mal lautstark Applaus und verabschiedet sich endgültig von seinem Publikum in Chemnitz.
Glückselig treten die meisten Besucher langsam dem Heimweg an. Die Kulisse vor dem Opernhaus hat sich durchaus als passend herausgestellt, das hätte ich gar nicht so erwartet. Wenn auch erst so richtig, als es dunkler wurde. Am Sound auf dem Platz gibt es absolut nichts zu meckern, der war ordentlich. Natürlich ist Chemnitz nicht Pompeij, denn dort hat WARDRUNA einige Tage zuvor in einem absolut historischen sowie genialen Ambiente gespielt, das lässt sich natürlich nur schwer toppen.
Doch der Abend hat eindrucksvoll bewiesen, dass sich der Opernplatz in Chemnitz nicht verstecken muss. Er ist natürlich anders, versprüht aber seinen eigenen Charme, der wunderbar zum Sound der Norweger passt. Von daher wäre eine Wiederholung durchaus wünschenswert! Einzig die Tatsache, dass dem Konzert noch ein paar mehr Gäste gutgetan hätten, ist ein kleines Manko. Aber bei dem Kartenpreis und den zahlreichen gleichzeitig stattfindenden Veranstaltungen ist das verständlich, dass heute nicht ausverkauft war.
Text und Photo Credit: Swen Reuter
- Redakteur:
- Swen Reuter