Rock am Ring 2010 - Nürburgring

11.06.2010 | 14:26

03.06.2010,

Rock am Ring feiert den 25. Geburtstag mit viel Musik, tauben Ohren und jeder Menge Sonnenschein! Wir gratulieren und stürzen uns in die Massen...

SONNTAG - 6. Juni 2010

Der Sonntag beginnt wie die Tage zuvor – Sonne, Sonne und kalter Kaffee. Nun gut, den letzten Tag überleben wir sicherlich auch noch. Nach einem guten Frühstück geht es ab auf das Gelände und zum Metal-Hammer-Stand. Dort haben sich die Waliser von BULLET FOR MY VALENTINE zur Autogrammstunde angemeldet. Die Schlange ist an diesem frühen Nachmittag wahnsinnig lang, sodass nicht alle Fans an ihr begehrtes Autogramm kommen. Schade – aber dafür gibt es sie gleich auf der Bühne. Doch zunächst rappelts im Geäst. Denn was meine Fotografin weiß, mir aber verborgen blieb (ein Blick gen Himmel hätte gereicht), ist die Tatsache, dass Regen angesagt ist. Plötzlich dunkle Wolken, wo vorher noch die Sonne am Eis geschleckert hat (ob es der Sonne eigentlich selber heiß ist – nee, oder?). Ein riesiger Wolkenbruch verwandelt den Nürburgring in eine Wasserrutsche. Die rote Flagge wird geschwenkt – Rennabbruch. Zumindest für uns heißt es, unfreiwillig einen Boxenstopp einzulegen.

Nach fast einer Stunde Chaos und Zerstörung kehrt der Sonnenschein pünktlich zu den Jungs von BULLET FOR MY VALENTINE zurück, die auf der Centerstage nach Weltruhm greifen. Manche bösen Stimmen behaupten, dass Frontmann Matthew ein wenig zugenommen hat. Ob das stimmt, kann man von der Tribüne nicht sagen, aber die Millionen von TV-Zuschauern, die das ganze Wochenende vor den Bildschirmen hockten, können sich ein besseres Bild machen. Eines ist klar – wer die Welt erobern will, brauch einen besseren Start. Einfach die Bühne betreten und glauben, dass die Fans allein wegen des bloßen Anblickes feuchte Höschen bekommen, der liegt im Jahre 2010 völlig falsch.

Daher dauert es recht lange, bis wirkliche Stimmung aufkommt. Erst beim emotionalen Klassiker 'Tears Don't Fall' bewegen sich die Münder und die Hüften der zumeist weiblichen Fans. Die Knaben amüsieren sich derweilen im Circle Pit – gut, man hat das Gefühl, dass die Kerls jetzt auch bei Roland Kaiser einen eröffnet hätten, aber dem Gesamtbild kann dies dennoch nur gut tun. Mit 'Fever' und 'The Last Fight' kommen zunächst inmitten des mit Hits gespickten Sets nur zwei frische Kracher aus den Boxen – doch was ein wenig nach einem Eingeständnis ausschaut, wird mit dem später folgenden 'Begging For Mercy' und dem abschließenden 'Alone' heftig korrigiert. Guter Auftritt, der allerdings etwas unter dem langsam müde werdenden Publikum zu leiden hatte.

Setlist BULLET FOR MY VALENTINE:
01. Your Betrayal
02. Fever
03. Waking the Demon
04. All These Things I Hate (Revolve Around Me)
05. Tears Don't Fall
06. 4 Words (To Choke Upon)
07. The Last Fight
08. Scream Aim Fire
09. Begging For Mercy
10. Hand of Blood
11. Alone

Nachdem die Waliser die Sonne wieder auf Hochtouren gebracht haben, hat sich die Pfeife einfach wieder verzogen. Oder hat sie Ville Valo nach seiner Signing Session mit in seinen Backstage-Room genommen? Nein – da gibt es nur Coke. Die Sonne ist woanders. Wo? Vielleicht wissen es ja unsere hochintellektuellen Musiker von TOCOTRONIC. Über Jahre hinweg liefern die Jungs um Bandleader Dirk von Lowtzow gute Alben (auch wenn man das Studentendasein hinter sich gebracht hat), doch vor einem Konzert konnte man sich gut drücken. Würde diese Art der Musik überhaupt auf so ein Friede-Freude-Eierkuchen-Kommerzfestival passen? Oder besser – passt das Festival überhaupt zu TOCOTRONIC? Eher nicht, denn obwohl die Combo gut drauf ist und einen netten Querschnitt ihrer Karriere bietet, von 'Eure Liebe tötet mich', 'Verschwör dich gegen dich' über 'Let There Be Rock' bis hin zu 'Grenzen des guten Geschmacks 2', hat sich das Publikum doch eher Richtung Fressstände verabschiedet. Für solch einen großen Namen, ist der Vorplatz überraschend leer. Vielleicht liegt es auch an den doch arg gewöhnungsbedürftigen Ansagen von Dirk, dass man oftmals nicht hinhören mag. Den Jungs aus Hamburg wird es egal sein, denn wie heißt es so schön: 'Aber hier leben, nein danke'. Dummerweise nimmt der Wettergott des Rock am Ring diese Kritik persönlich und öffnet seine Schleusen erneut. Das haben wir nun davon!

Langsam wird es Zeit für den letzten großen Headliner. Auch wenn heute viel im Angebot wäre, würden RAMMSTEIN über allen stehen. So aber sind sie die letzte Bastion der Hartwurst-Rocker! Nach RISE AGAINST soll es ungefähr 60 Minuten dauern, bis die Jungs die Bühne stürmen. Doch der Regen wird immer heftiger und die Show droht, ins Wasser zu fallen. Plötzlich zieht ein Blitz durch das weite Rund und schlägt genau über der Bühne ein. Uff – die Leinwand fällt just in jenem Moment aus und auch die eingespielte Musik wird leiser. Grundgütiger – ist das Ursula von der Leyen im Wetterballon, Kachelmann, der raus will, oder gehört es gar zur Show? Nein – als die Leinwand wenige Minuten später wieder ein Bild liefert, sehen einige Elemente noch arg ramponiert aus. Zum Glück kann bis zum geplanten Start gegen halb 11 alles wieder in Form gebracht werden.

Das Licht geht aus – der Jubel brandet auf - RAMMSTEIN! Als 'Rammlied' ertönt, fällt der erste Vorhang und eine gigantische Deutschlandfahne verdeckt die Bühne. Plötzlich ein lauter Knall, die Pyros krachen von der Decke und jagen die Fahne zum Teufel. Da stehen sie, die Götter in Schwarz. Till hat die Lampe im Mund und brettert wie ein perverser Romeo diese neue Über-Hymne über den Ring! Mit 'B*******' bleiben RAMMSTEIN bei ihrem aktuellen Album – genau wie mit dem folgenden 'Waidmanns Heil' bei dem Till mit Jägermütze und entsprechender Flinte das Pyro-Korn in den Himmel jagt. Mit 'Keine Lust' geht es auf die doppelte Reise, bevor mit 'Feuer frei!' wahre Ekstase ausbricht.

Nicht nur auf der Bühne gehen die Flammen hoch, auch im Publikum brennt die Luft. Etliche bengalische Feuer sorgen für eine großartige, wenn auch gefährliche Atmosphäre. An allen Ecken des Arial gehen Feuer hoch, der Qualm bedeckt fast den kompletten Zuschauer- und Bühnenbereich. Großartig! Mit 'Wiener Blut' und der schönen Balladen 'Frühling in Paris' wird man fast schon züchtig – doch der nächste Streich wartet mit 'Ich tu dir weh' schon.

Als Flake wieder Unfug macht, schnappt sich Till den Keyboarder und packt ihn in eine Wanne (die stehen bei Rockbands ja immer auf der Bühne). Dann wird Till mittels einer kleinen Bühne etwa fünf Meter nach oben gefahren. Da kann Flake noch so rebellieren – jetzt gibt es Zunder. Till bekippt ihn mit Pyro, worauf die Wanne in tausend Farben zu explodieren scheint. Nur der gute Flake hat das Schauspiel überlebt und steigt tanzend und in einem farbenfrohen Outfit aus dem Gefäß. Na bitte! Gewehr bei Fuß wartet der alte Klassiker 'Du riechst so gut' bevor bei 'Benzin' die Tanksäule als Pyro-Station dient (und ein "Fan" in Flammen aufgeht). Mittlerweile gibt es sogar Circle Pits um die bengalischen Feuer – crazy shit! 'Links 2,3,4' – jetzt wird marschiert, danach mit 'Du hast' ewige Untreue geschworen (und Feuerfontänen zwischen Bühne und FOH ausgetauscht) und mit 'Pussy' der Saft aus der Kanone geschossen. Lecker! Doch so einfach lassen RAMMSTEIN diese Geburtstagsparty nicht ausklinken. Denn endlich kommt die 'Sonne' wieder. Zwar nicht über dem Nürburgring, sondern nur auf der Bühne. Aber besser als nichts.

Flake wird daher gleich wieder heiß und setzt bei 'Haifisch' zur großen Bootstour an. Mit seinem kleinen Gummiboot schippert er über die ersten beiden Ringe und als ihm ein Fan einen aufgeblasenen Haifisch zuwirft, ist das Schauspiel perfekt. Doch zum großen Abschluss kommt es endgültig mit 'Ich will'. Die Fans schreien sich die Lungen aus den Leibern, die Pyros werden noch mal im Sekundentakt rausgefeuert, bis das finale Feuerwerk hoch über der Bühne für die letzte Gänsehaut des Festivals sorgt. RAMMSTEIN gehen auf die Knie – sagen leise Danke und verabschieden sich von der völlig verausgabten Menge.

Setlist RAMMSTEIN:
01. Rammlied
02. B*******
03. Waidmanns Heil
04. Keine Lust
05. Feuer frei!
06. Wiener Blut
07. Frühling in Paris
08. Ich tu dir weh
09. Du riechst so gut
10. Benzin
11. Links 2-3-4
12. Du hast
13. Pussy
- - -
14. Sonne
15. Haifisch
16. Ich will

Somit endet die große Jubiläumsausgabe von Rock am Ring. Doch Geburtstag feiert man bekanntlich jedes Jahr – daher wird Powermetal.de auch im nächsten Jahr wieder für Euch vor Ort sein. Grüße an alle, die dieses lange Wochenende unvergesslich gemacht haben. Prost!!!

Redakteur:
Enrico Ahlig

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