Heathen Rock Festival 2013 - Hamburg-Harburg

02.03.2013 | 12:20

16.02.2013, Rieckhof

Heathen Rock Festival 2013

Eigentlich ist Konzertbeginn 12.00 Uhr für einen Samstagmorgen ja durchaus okay. Aber wenn man erstmal zum leicht verspäteten Frühstück gefühlte zweieinhalb Kilo leckerste Chickenwings extrascharf in sich rein stopft, um eine gute Grundlage zu haben (für einen langen Tag natürlich…), kommt man schon ein bisschen zu spät. Also müssen die Youngster von TRASHWAVE mit Ihrem NWOBHM-Sound und die nachfolgenden Proggies GOLDMOUTH ohne uns einen Tag beginnen, der alle Anwesenden später noch lange als erstes Festival-Highlight 2013 in Erinnerung behalten werden. Das vierte HEATHEN ROCK FESTIVAL soll beginnen!

So sind denn BLACKSHORE (Foto) die ersten, die wir uns im bereits leidlich gefüllten Club zu Gemüte führen. Oldschool-Blackmetal zur Mittagszeit ist sicher nicht ganz optimal, aber man muss ja zum Glück nicht draußen bei Tageslicht spielen. Und die Verdunkelung am Ort des Geschehens funktioniert auch sehr gut. So rödeln sich die Corps Paint-Fanatiker wacker durch einen Set, das schön geradlinig und rau rüberkommt. Hin und wieder blitzen ein paar VENOM- oder gar MOTÖRHEAD-Einflüsse im Riffing auf und die Anwesenden sind sichtlich zufrieden mit dem bisherigen Einstieg in das Festival.

Und dann ist Rock'n'Roll angesagt! THE HELLBOYS haben nun den Auftrag, uns aus der Düsternis heraus zu schütteln und mit ihrem Biker-tauglichen Highspeed-Rock aus Mordor zu befreien. Der Kontrast zum eben Gebotenen ist ziemlich derb, da sich die Truppe aus Nordrhein-Vandalen dem Party-Machen verschrieben hat und über einen exaltiert fröhlichen Frontmann verfügt, der sich vor Freude über den heutigen Tag fast selbst überschlägt. V8 WANKERS ohne Assi-Faktor könnte man vielleicht als Vergleich heranziehen. Mir hat es gut gefallen, der hauptsächlich anwesenden Pagan-Gemeinde sichtlich nur bedingt – aber es muss ja auch für alle etwas dabei sein.

RABENWOLF kann man mittlerweile durchaus als Institution in der bundesdeutschen Folkmetal-Szene bezeichnen. Schon von Anfang an haben sich die glorreichen Sieben aus dem norddeutschen Stade durch ihre engagierte Live-Performance und mitreißenden Songs wie 'Feld der Steine' oder 'Der ewige Kampf' eine breite treue Fanbasis erspielt. Die Mischung aus Mittelalter-Melodic und Death-Einflüssen kommt so auch heute vom ersten Ton an bestens beim Publikum an. Front-Gurgler Stormmson hat mit grimmiger Theatralik und großen Gesten schnell die Fan-Base im Griff und eine Mischung aus Hüpfen und Aola-Welle ist während des gesamten Auftritts Dauerzustand im mittlerweile proppevollen Saal. Als kleine Überraschung gibt es zum Schluss noch eine gemeinsame Nummer mit FEJD-Frontmann Patrik Rimmerfors. Mit dieser Wolfs-Horde haben wir schon früh einen absoluten Höhepunkt des HEATHEN ROCK erlebt!
Aus dem Land wo die Schokolade dreieckig ist, die Hustenbonbons scharf sind und Käsefondue das Nationalgericht ist sind ORYMUS (Foto oben) an die Elbe gereist. In bester helvetischer Musiktradition bieten die "Alpen"-Musikanten das, was man aus dem Land von SHAKRA, GOTTHARD und Co. erwartet: Melodischen, makellos gespielten und mit leichtem Siebziger-Touch versehenen Hardrock. Pünktlich zum HEATHEN ROCK und als Appetitanreger zum in Kürze erscheinenden Langspieler der Fünf hatten die Jungs um Gesangswuschelkopf Daniel Brönnimann schon mal ihr neues Video 'Right To Say No' ins WWW gestellt. Genau dieser neue Track sowie die klasse dargebotene Coverversion von DIO's 'Holy Diver' markieren die Höhepunkte in dem zum Teil auch von einigen softeren, balladesken Songs geprägten Set. Die Schweizer sind damit auch gleichzeitig der krasseste Kontrapunkt zu den direkt folgenden Black-Metal-Metzgern von IRRBLOSS… Schaut doch bitte mit der neuen Langrille im Gepäck auch wieder in die Norddeutschen Clubs hinein, ORYMUS!
Da man ja auch mal Frischluft tanken möchte, gönnen wir uns während der schwarzmetallischen Dröhnung von IRRBLOSS (die vom Publikum bestens angenommen werden, wie man sieht) erstmal eine Auszeit, um pünktlich zum nächsten Highlight des Festivals wieder im Club zu sein. Der Fangemeinde hat der Death-lastige Sound der Nordmänner sehr gut gefallen. Für den nachfolgenden Act haben die Göteborger musikalisch auf jeden Fall eine prima Steilvorlage hingelegt.

XIV DARK CENTURIES aus Thüringen darf man gut und gerne als Meister Ihres Fachs huldigen. Ihren seit 1998 immer weiter verfeinerten Pagan nennen sie "heidnischen Metal", was gut passt, da alles auf Deutsch vorgetragen wird. Stimmband-Schwergewicht Michel wechselt dabei gekonnt zwischen Pathos-gefülltem dramatischen Gesang und reinen Death/Black-typischen Vocals. Im Vergleich zu vielen anderen Genre-Kollegen, wie zum Beispiel den Holzhackern AMON AMARTH, gehen die Ostdeutschen wesentlich abwechslungsreicher zu Werke. Die Songstrukturen sind komplex und die Leistung der Instrumental-Fraktion ist über alle Kritik erhaben. Die beiden Gitarristen spielen trotz aller Härte geradezu filigran und Bassist Marley (Foto) bearbeitet seinen Sechs-Saiter mit der Virtuosität eines Leadgitarristen – ganz großes Ohrenkino… Und ganz klar, neben der nachfolgenden Band, DER Höhepunkt des Festivals!

In eine ganz andere Kerbe - und daher mit den Thüringern auch gar nicht zu vergleichen - hauen METAL INQUISITOR. Gitarrist Blumi und Konsorten setzen seit 15 Jahren auf astreinen Heavy Metal alter Schule, wobei sie den Spagat zwischen True und NWOBHM geradezu perfekt meistern! Kochte besonders bei RABENWOLF und XIV DARK CENTURIES schon der Club ohne Ende, fliegt bei den Koblenzern fast das Hallendach weg. Das Motto des Fünfers heißt bekanntlich hauptsächlich "Gaspedal" mit ellenlangen pfeilschnellen Gitarren(-Doppel-)Leads und griffigen Refrains, die zum Mit-Shouten und Pommesgabel strecken animieren. Doch heute kocht der Kessel regelrecht über. Ein dermaßen exzessives Crowdsurfen hat man lange nicht mehr erlebt. Als es dann mit dem Stage-Diving zu heikel wird, schafft es Fronter El Rojo allerdings immer wieder sehr geschickt durch verzögerte Ansagen oder kurze sympathische Dialoge mit der ersten Reihe am Bühnenrand ein unkontrolliertes Umkippen der Situation zu verhindern. Habe einen Club seit Langem nicht mehr so kochen sehen, klasse!
Den Abschluss eines mehr als gelungenen Festivaltages bilden FEJD aus Schweden mit viel Mystizismus, alten Legenden aus ihrer Heimat und vor allem jeder Menge mittelalterlichen Instrumenten. Der Fünfer aus Trollhättan um Sympathieträger und Multiinstrumentalist Patrik Rimmerfors gefällt gut. Trotzdem trollen wir uns langsam in der Gewissheit, dass wir im nächsten Jahr wieder mit am Start sind, wenn es bereits ein 5. Mal heißt: HEATHEN ROCK FESTIVAL!

Für POWERMETAL.de und den wahren Metall haben sich diesmal aufgeopfert:
Wolle "Odin sei Dank gibt's Antibiotika!" Kühnle – bunte Bilder
Martin Rudolph –Text, wenige bunte Bilder

 


 

Redakteur:
Martin Rudolph

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