30 Jahre IN EXTREMO - St. Goarshausen

24.09.2025 | 15:32

06.09.2025, Loreley Freilichtbühne

Auf Schaukelschuhen durchs Leben – 30 Jahre IN EXTREMO.

Sicher gibt es viele Bands, die weit mehr als dreißig Jahre auf dem Buckel haben. Aber nicht jede Combo vermag es, aus diesem Jubiläum ein Festival zu veranstalten und die ehrwürdige Loreley damit auch noch restlos auszuverkaufen.

Das Konzept ist dabei ebenso einfach wie grandios. IN EXTREMO spielt an jedem der drei Abende eine zweistündige Headlinershow und hat sich für den Rest des Tages ein bunt gemischtes kulturelles Rahmenprogramm ausgedacht. Neben den vielen Bands, die auf der Bühne ihr Bestes geben, kann der Besucher ein IN EXTREMO-Museum sowie einen angrenzenden Mittelaltermarkt besuchen.

Als die Einladung kam, habe ich nicht lange gezögert und die Berichterstattung übernommen. Exakt vor 25 Jahren, am 3.9.2000 habe ich IN EXTREMO das erste Mal Live gesehen. Durch den Titel 'Villeman og Manhild' angelockt, trieb es mich zum Mittelaltermarkt im schönen Hamburg-Bergedorf, wo die noch recht jungen Spielleute mit Dudelsäcken, Trommel und Schalmeien das anwesende Publikum in mehreren Nachmittagsvorstellungen verzückte.

Jetzt, ein Vierteljahrhundert und einige erlebte IN EXTREMO Konzerte später, bin ich selbstverständlich bei diesem Event dabei, zumal mir die Loreleybühne aus verschiedenen Gründen ans Herz gewachsen ist.

Donnerstag, 4. September

Pünktlich um 15.10 betritt IN EXTREMO die Bühne des noch nicht komplett besetzten Runds. Mittendrin W:O:A-Veranstalter Thomas Jensen, der drei Tage lang durch das Programm führt und die jeweiligen Acts ansagt.

Die Band begrüßt das Publikum, danach geht es mit METAKLAPA los. Die Kroaten liefern wieder einmal eine tolle a cappella-Show, in der sie nicht nur IRON MAIDEN-Songs, sondern als Geburtstagsgeschenk quasi den IN EXTREMO-Klassiker 'Ave Maria' darbieten.

Ich denke, METAKLAPA hat hier einige neue Fans gewonnen, obgleich ihre Art der Musik auf der Loreleybühne etwas deplatziert wirkt. Egal, spätestens mit 'Fear Of The Dark' hat man alles im Griff.

Es folgt SCHANDMAUL, die Band gefällt mir hier besser als letztes Jahr beim Rock Harz Open Air. Sänger Marco stimmt das Publikum gut auf den eigentlichen Sinn des Festivals ein, die Mittelalter-Community wird hier bereits bestens bedient.

Ein guter Auftritt, der mit 'Walpurgisnacht' abgerundet wird. Apropos, exakt diesen Titel gibt es bei der Folgeband FAUN noch einmal zu hören.

Die Truppe, die hier ebenfalls ihre Fanschar mobilisiert hat, stellt das neue Album "Hex" vor, welches einen Tag später erscheint. Ich sehe FAUN zum ersten Mal, werde aber irgendwie nicht ganz so warm mit dem, was die Damen und Herren so anbieten.

Dennoch tut es gut, ein paar gemächlichere Klänge zu hören, denn mit FEUERSCHWANZ wird der Partypegel enorm nach oben geschraubt. Hatte ich die Band Anfang der 10er Jahre Live noch abschätzig als "Blödelbarden" in Erinnerung, so fehlen 2025 solche Gassenhauer wie 'Hurra Hurra die Pest ist da' und Konsorten. Stattdessen hat sich die Truppe um den Hauptmann zu einer ernstzunehmenden Heavy Metal Band gemausert, die mit 'Das elfte Gebot' auch in diesem Jahrzehnt einen Klassiker nachweisen kann. Allerdings hat FEUERSCHWANZ auch einen Song in der Liste, den ich so gar nicht abfeieren mag. Ich verzeihe dem Ensemble ja eine ganze Menge, aber wohl kaum 'Dragostea Tin Tei'. Sei es drum, die Band zockt hier, was das Zeug hält und liefert dem Hauptact schon mal eine ordentliche Vorlage.

Gut aufgewärmt also warten wir auf die Jubilare, die den ersten von drei Gigs abliefern. Mit 'Troja' geht es los, die Band ist voller Freude und Energie. Die Fans belohnen das mit minutenlangen "IHIN-EXTREEEEMO" Sprechchören. Für mich persönlich startet die Show mit dem heiß ersehnten und lange nicht mehr gehörtem Titel 'Werd ich am Galgen hochgezogen'.

Über zwei Stunden spielt IN EXTREMO eine gelungene Mischung aus bekannten Hits sowie Songs, die man lange nicht mehr im Repertoire hatte. In der ersten Zugabe gibt es Akustikversionen von 'Nur ihr allein' und 'Frei zu sein', bevor es dann mit 'Sternhagelvoll' und 'Pikse Palve' in die Nachtruhe geht. Obwohl es in jedem der drei Shows eine wechselnde Setliste gibt, stehen die drei letztgenannten Titel jeden Abend auf dem Zettel.

Freitag, 5. September

Da sowohl Michael Rhein als auch Thomas Jensen immer wieder auf den parallel aufgebauten Mittelaltermarkt und auf das IN EXTREMO-Museum hinweisen, liegt der Schwerpunkt des frühen Nachmittags auf diesen beiden Sehenswürdigkeiten.

Das angrenzende Gelände direkt über dem Rheinufer wird traditionell als Mittelaltermarkt genutzt, in diesem Fall ist der Veranstalter die Burg "Steyerlei". Das Ensemble hat ihren traditionellen Mittelaltermarkt extra für dieses Event abgebaut und hier oben direkt am Felsen wieder installiert. Neben den üblichen Schänken und Zunftständen befindet sich natürlich auch eine zeitgenössische Bühne auf dem Gelände, auf der Gaukler und auch Künstler wie IRDORATH, FABULA und THEATRUM DIABOLI ihre Darbietungen zeigen. IN EXTREMO lässt es sich tatsächlich nicht nehmen, an diesem Nachmittag hier auch einen kleinen Akustik-Gig zu spielen.

Der Besuch des eingerichteten IN EXTREMO-Museums erweist sich als ein interessanter Zeitvertreib. Das dafür aufgebaute Zelt ist zwar nicht besonders geräumig, dafür aber mit Unmengen an Bühnenequipment, Bühnenoutfits, Instrumenten und allerlei weiterem Kleinod aus der Bandhistorie fast bis zum Bersten gefüllt. 

Als ich auf dem Infield der Freilichtbühne eintreffe, legt MANNTRA los. Die Band aus Kroatien wurde vor etwa 10 Jahren von Michael Rhein entdeckt und steht quasi als logische Konsequenz nun auf dem Billing des Events.

Ihre Mischung aus Folk und traditionellem Heavy Metal trifft den Geschmack des Publikums, vermutlich hat die Band an diesem Tag ein paar neue Fans gewonnen.

Im Anschluss geht es stilistisch gesehen ganz anders weiter. FIDDLER'S GREEN ist am Start und kann ebenfalls ein Jubiläum feiern, bereits 35 Jahre ist die Truppe aktiv.

Mit 'Shanghaied in Portsmouth' treffen die Erlanger sofort den richtigen Nerv. Die Leute mögen diesen Irish Folk-Rock aus deutschen Landen, viele grüne Hüte sind im weiten Rund zu sehen. 'Ciao Bella' ist so etwas wie der neue Bandklassiker und vertreibt nicht nur etwaige schlechte Laune, sondern auch die drohenden Regenwolken.

Langeweile kommt ohnehin nicht auf, denn mit EISBRECHER steht heute noch ein ganz anderes stilistisches Kaliber auf dem Zettel. Alexx Wesselsky weiß ganz genau, wie er die Party am Laufen halten muss, mit 'Himmel, Arsch und Zwirn' reißt er die Menge mit und stimmt die Leute auf den folgenden Headliner ein. Sicher ist EISBRECHER für viele Besucher wohl nicht der passende Act auf diesem Festival, dennoch sind fast alle Arme oben, die treibenden Beats passen meiner Meinung nach ziemlich gut zum einsetzenden Sonnenuntergang. Wie auch immer, mit 'Was ist hier los?' und 'Verrückt' endet für mich persönlich gesehen ein absolutes Highlight des Wochenendes.

Es folgt die zweite Show von IN EXTREMO, als Einstieg muss dieses Mal der 'Sängerkrieg' herhalten. Als Gast begrüßt die Band heute (wie auch am Folgetag) Henry von RAUHBEIN, der zum Duett gebeten wird und gemeinsam mit IN EXTREMO 'Weckt die Toten' zum Besten gibt.

Mehr als einmal ist das Sextett auch heute sichtlich gerührt von den Anfeuerungen der Fans im ausverkauften Rund. Die Songauswahl ist vielseitig, neben einigen anderen Nummern bindet man Titel wie 'Singapur' und 'Spielmannsfluch' ein, die selten und schon lange nicht mehr auf einer Setliste standen.

'Frei zu sein' wird an diesem Abend von Axel Schmidt eingetrommelt und gegen Ende gibt es ein paar Songs als Akustikversionen zu hören. Klar kann es die Band nicht allen recht machen und einige Titel werden mehrfach in diesen drei Tagen gespielt. Aber es ist die einzigartige Magie, die IN EXTREMO auch nach drei Jahrzehnten noch auf der Bühne rüberbringen kann.

Samstag, 6. September

Der Tag fängt für mich mit RAUHBEIN an. Das Gelände ist zur Mittagszeit bereits gut gefüllt, möglicherweise liegt es daran, dass sehr viele Tagesgäste angerückt sind.

Wie auch immer, die Truppe kommt mit ihrer Mischung aus Biker-Rock und Piratensound verdammt gut an und ich bin sichtlich überrascht, welche Fanschar RAUHBEIN mittlerweile versammelt hat. Eine gute Performance, nicht umsonst wird lauthals nach Zugabe geschrien.

Da hat es TANZWUT tatsächlich etwas schwer, sollte man meinen. Aber die Gruppe passt natürlich perfekt ins Billing und mit 'Bis zum Meer' hat Sänger Teufel ohnehin schon alle Seelen rundherum gewonnen.

TANZWUT nutzt die Nachmittagshitze auf der Loreley, um das neue Album "Achtung Mensch" vorzustellen und ist sich nicht zu schade, auch ein paar ruhigere Titel einzustreuen.

Insgesamt ein feines Konzert, ich kann wahrlich nicht meckern.

WIND ROSE ist ja seit geraumer Zeit in aller Munde und heute dürfen die Zwerge ihre Lieder auch hier darbieten.

Man mag von der Band halten, was man will. Aber ihr einprägsamer Sound ist sozusagen prädestiniert für ein Festival dieser Art. Insofern kein Problem für die Italiener, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen und ein sauberes Warm-Up für die Gastgeber hinzulegen. 

Klar findet sich 'Diggy Diggy Hole' im Programm. Die Leute finden es klasse, ich selbst reagier ziemlich verhalten, als ich die eingespielten Technobeats wahrnehme. Die Ansagen von Sänger Francesco Cavalieri sind nach wie vor etwas holprig und beschränken sich auf das Einfachste, aber das ist den Spitzhacken (aufblasbar natürlich) schwingenden Fans herzlich einerlei. WIND ROSE hinterlässt ein gut aufgedrehtes Publikum, bei dem einen oder anderen sicherlich auch Kopfschütteln oder bestenfalls ein wohlwollendes Schmunzeln.

Alles wartet nach dem folgenden Gothic-lastigen Auftritt von ASP auf die finale Show von IN EXTREMO, die an diesem Abend mit 'Spielmannsfluch' und dem geradezu frenetisch gefeiertem 'Wolkenschieber' eröffnet wird.

Eines der heutigen Highlights ist sicher 'En Esta Noche', für den man Joey Kelly auf die Bühne holt, den Michael Rhein aus seiner Zeit als Straßenmusiker kennt.

Für mich persönlich kann die heutige Setliste mit ganz starken Songs punkten, nämlich unter anderem die Klassiker 'Palästinalied' und 'Rotes Haar' vom Debütalbum sowie eine tolle Version von 'Lieb Vaterland, magst ruhig sein'. Nach dem insgesamt 25. Song 'Pikse Palve', inklusive tollem Feuerwerk, endet der Feiermarathon schließlich.


Komplettes Billing IN EXTREMO Jubiläum:
METAKLAPA, SCHANDMAUL, FAUN, FEUERSCHWANZ, IN EXTREMO, SEASONS IN BLACK, YE BANISHED PRIVATEERS, MANNTRA, FIDDLER’S GREEN, VERSENGOLD, EISBRECHER, RAUHBEIN, TANZWUT, DRITTE WAHL, CLAWFINGER, WIND ROSE, ASP

Text: Frank Wilkes
Photo Credit: Frank Wilkens
Photo Credit "IN EXTREMO": Christian Thiele

Redakteur:
Frank Wilkens

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