Warrel Dane - Ein Nachruf

13.12.2017 | 23:02

Gestern ist mit Warrel Dane, dem großartigen Sänger von SANCTUARY und NEVERMORE, eine Ikone des Heavy Metal der Neunziger Jahre von uns gegangen. Ein Nachruf.

Es ist jetzt ziemlich genau 27 Jahre her, dass Warrel Dane in mein musikalisches Leben eintrat und seitdem ein fester Bestandteil in meiner metallischen Welt ist. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich an einem milden Frühlingstag im Jahr 1990 im Düsseldorfer "WOM" ["World Of Music", ehemalige Musikhandelskette - PK] bei den Neuheiten das Cover von "Into The Mirror Black" von der mir zu diesem Zeitpunkt nur durch Hörensagen bekannten Band SANCTUARY entdeckte. Eine beinahe magische Faszination ging von dem doch eher ungewöhnlichen Motiv aus und so landete der Silberling natürlich auf dem Probehörstapel. Es dürfte keine Minute gedauert haben, bis ich den Kaufentscheid getroffen hatte. Mein mühsam zusammengespartes Taschengeld (ich war noch nicht ganz 15 Jahre alt) wurde also in diese 36(!) DM teure CD investiert.

Es waren vor allem die hohen, schneidenden Vocals von Warrel Dane, die meine Begeisterung schürten. So etwas hatte ich bis dahin noch nie gehört und trotz meiner jungen Jahre hatte ich damals bereits sechs, sieben Jahre "Metal-Erfahrung". Dennoch, die Stimme ging in Mark und Bein und vereinnahmte die jugendliche Version des Autoren für Monate, Jahre, ja, bis heute. Doch nicht nur in dieser Stimmlage war Warrel absolut außergewöhnlich. Mit der Zeit wurde die Stimme tiefer gelegt und verlor doch nichts von ihrer Magie. Kaum ein Sänger versteht es so viele unterschiedliche Emotionen so glaubhaft zu transportieren. Wut, Verzweiflung und Melancholie sind nur drei Beispiele.

Warrel Dane

Egal, unter welchem Banner Warrel Dane in den vergangenen 30 Jahren Musik veröffentlichte, immer war sie von seiner Stimme geprägt, immer aber auch von seinen Texten, die so viel mehr waren als Klischees. Schon auf "Into The Mirror Black" und mit noch eher limitierten Englischkenntnissen fielen mir diese positiv auf. Sie mögen auf den ersten Blick fatalistisch wirken, zeichnen sie doch meist eine eher düstere, bedrückende  Gegenwart oder Zukunft. Doch im Rückblick stellt man dann doch häufig fest, dass die so dystopischen Lyrics gewisse seherische Fähigkeiten beinhalten. Wer würde nicht sagen, dass 'Future Tense' heute purer Realismus ist? Auch 'Matricide' oder 'This Godless Endeavor' sind heute nicht mehr nur noch unheilvolle Prophezeiungen. Von persönlichen Nummern wie 'Brother' oder 'Let You Down' auf seinem fantastischen Soloalbum ganz zu schweigen. Es war, ist und bleibt einzigartig, wie Warrel Gefühle in Worte und Töne umsetzen konnte. So zum Greifen nah, dass sie sich auf einen selbst übertragen.

Persönlich hatte ich das Glück NEVERMORE gleich neun Mal livehaftig erleben zu dürfen. Gerade die Konzerte im Vorprogramm von ICED EARTH 1996, der fabulöse Gig beim "Summer Metal Meeting" in Hagen im Jahr zuvor oder in der Bochumer "Zeche" 2001 auf der "Dead Heart In A Dead World"-Tour werden ewig in meiner Erinnerung bleiben. Warrel war ein Souverän auf der Bühne, dessen Stimme ihn in dieser Zeit nie im Stich ließ (was möglicherweise auch romantisch verklärt sein kann). Und auch SANCTUARY durfte ich beim "Metal Assault"-Festival 2012 noch einmal livehaftig erleben.

Hier zeichnete sich aber bereits ab, dass die seit Jahren bekannten Alkoholprobleme Warrels Stimme und seine Gesundheit nachhaltig beeinträchtigten. In wie weit diese nun für Warrels Tod (mit-)verantwortlich sind, ist natürlich Spekulation. Hilfreich waren sie aber sicherlich nicht.

Leider hatte ich im Rahmen meiner Tätigkeit bei POWERMETAL.de nie die Gelegenheit mit Warrel Dane persönlich zu sprechen, so dass ich nicht wirklich etwas über seine Persönlichkeit sagen kann. Aber als Sänger, Songwriter und Texter wird Warrel Dane auch für die nächsten 27 und mehr Jahre ganz sicher nicht in Vergessenheit geraten. Nein, Warrel Dane war ein ganz großer seiner Zunft, eines der Metal-Idole der Neunziger schlechthin. Es ist ein seltsames Gefühl gerade 'The Heart Collector' zu hören.

PS: Wir arbeiten gerade auch an einem größeren Artikel über Warrel Dane und seine Diskographie. Demnächst hier.

Redakteur:
Peter Kubaschk
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