VENOM: Wir blicken auf "To Hell And Back"

02.09.2022 | 22:07

Den Namen Darkness Shall Rise Productions solltet ihr euch schleunigst hinter die Ohren schreiben. Das Team um Denny Wolfram, den wir in den kommenden Wochen ausführlicher vorstellen werden, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wiedergeburt des Tapes zu fördern. Und als Fan solcher Bands wie REVEREND BIZARRE, CELTIC FROST, EMPEROR oder eben VENOM verpackt er diese Hingabe zur Kassette in mehr als schmucke, durch und durch hochwertigen Box-Sets, packt allerlei Raritäten, bei denen Fanherzen höherschlagen und die Hände anfangen, vor Ehrfurcht zu zittern, mit dazu und bringt diese mit einer einzigartigen Liebe zum Detail an den Mann.

Im vorliegenden Fall hat sich Denny mit VENOM um die Urväter des Black Metals gekümmert und die Schaffenszeit von 1979 bis 1986 so dermaßen fest ausgequetscht, dass auch Die-Hard-Fans, die bis dato schon alles in ihrer Sammlung hatten, mit "To Hell And Back" vollends auf ihre Kosten kommen. So haben es sage und schreibe acht Kassetten in diese Box geschafft, denn allein die "Welcome To Hell"- bis "Eine kleine Nachtmusik"-Ära abzudecken, hätte Denny nicht gereicht. Hier liegt der Teufel eben im Detail, sodass die ersten Raritäten zunächst zu hören sind, ehe ich mich den anderen Goodies dieses Rundum-sorglos-Paketes widme.

Wir halten die Box in den Händen, ein massiver, schwerer Klumpen Musikgeschichte. Wir öffnen sie vorsichtig und die kultige VENOM-Fratze grinst sich an allen Seiten, sämtlichen Ecken und Enden, erbarmungslos ihren Weg durch Mark und Bein. Behutsam holen wir den Inhalt raus, der Gehörnte lacht diabolisch. Nun gibt es kein Zurück.

Die ersten Alben – "Welcome To Hell", "Black Metal", "At War With Satan" und "Possessed" – gehören zum guten Black-Metal-Ton. Doch alle vier Legendenalben in Tape-Form, original verpackt, mit dem gewissen nostalgischen Touch, anzusehen, sie in den Händen zu halten und sich an ihrer Optik zu erfreuen, ist ein besonderer Moment. Ob man die Alben nun in CD- oder Vinyl-Form bei sich zu Hause hat, als Tapes, alle in schwarz gehalten und einheitlich beschriftet, haben sie einen gewissen Charme, dem man sich nicht entziehen kann.
Gehen wir diese einmal chronologisch durch. Nach zwei Demos im Jahre 1980 war die Zeit reif für das Debüt VENOMs: Roher, brutaler und schneller Speed Metal gepaart mit einer hochdiabolischen Aura, einer frischen Prise Punk und dem gewissen Rotz – "Welcome To Hell" stieß 1981 durch die Tore der Unterwelt und hält mit dem Titeltrack, 'Mayhem With Mercy' und meinem persönlichen Lieblingsfiesling 'Witching Hour' erstklassiges Material parat. Und wenn 'Schizo' das Dasein eines Serienmörders beschreibt, die Rückwärtsbotschaft von 'In League With Satan' erklingt und die 100 Tage Sodoms ihrem Namen alle Ehre machen, dann stellen sich automatisch die Nackenhaare auf. Einfach herrlich! Aus gleichem Holz ist das szeneprägende "Black Metal" vom November 1982 geschnitzt: VENOM knüppelt, rifft und sägt, was das Zeug hält. Cronos kreischt und gurgelt sich die Seele aus dem Leib und einmal mehr das Titelstück, aber auch der Namensgeber dieser superben Box, die Opferdarbietung sowie 'Countless Bathory' sind die lichterloh brennenden Highlights dieses Outputs. Nach einer Tour mit METALLICA erschien im April 1984 das dritte Bollwerk "At War With Satan", das allein aufgrund seines 20-minütigen Titeltracks schon Aufsehen erregte. An Gift und Galle haben Cronos, Mantas und Abaddon jedenfalls nichts verloren, denn auch die B-Seite mit 'Genocide', 'Cry Wolf' und dem abschließenden 'Aaaaaarrghh' ist VENOM, wie das Trio aus Newcastle leibt und lebt. Das 1985er Album "Possessed" war von nicht minderer Qualität. Im Gegenteil, schafften die drei es doch, das Feuer aus dem Hammersmith Odeon mit ins Studio zu nehmen und inklusive eines mehr als genialen Artworks den Leuten zum Fraß vorzuwerfen. 'Satanachist', 'Hellchild' oder auch 'Burn This Place (To The Ground)' sind erstklassige VENOM-Songs, die vollkommen zu Unrecht im Schatten anderer großer Veröffentlichungen Mitte der 1980er Jahre stehen.

Mit "Eine kleine Nachtmusik" hat sich auch ein Live-Tape in die Box geschmuggelt und schließt somit die erste VENOM'sche Hochphase ab. Das im Dezember 1986 erschienene Livealbum deckt mit dem Londoner Einkaufsbummel im Hammersmith Odeon und einem Gig in New York gleich zwei Auftritte des Trios Infernale ab und hat auch über diese 36 langen Jahre nichts an Charme und Wucht verloren. Die Songs sind bockstark, die Produktion ist schön erdig und die Band selbst in einem absoluten Rausch. Vom beginnenden 'Intro' bis zum 'Bloodlust'-Finale ballert "Eine kleine Nachtmusik" wie Hulle und ist ein erstklassiger Abschluss dieser kleinen Zeitreise.

Sie ist an dieser Stelle allerdings noch nicht vorbei, hat uns der gute Denny doch noch drei weitere Tapes ins "To Hell And Back"-Schmuckkästchen gelegt. "Sons Of Satan" hat nicht nur ein tolles, stimmungsvolles Artwork, sondern enthält auch 15 bislang unveröffentlichte Tracks aus VENOMs Anfangstagen, darunter die Demo-Aufnahmen von 1980, die 1979er Church Hall Rehearsaks sowie Songs der Impulse Studio Demis Session auch aus dem Jahre 1980. Hier wird Geschichte zum Leben erweckt, ist es doch eine tolle Erfahrung nochmal durch die Anfänge dieser Band zu gehen.  Das vorletzte und letzte Tape lässt sich unter dem Banner "Black, Metal & Beyond" zusammenfassen und führt uns allerlei Singles und EPs aus dieser Ära vor Augen. Da dürfen die Outputs zu 'Bloodlust' und 'Die Hard' ebenso wenig fehlen wie zu 'Warhead' und 'Manitou'. Nach dieser akustischen VENOM-Vollbedienung kommen wir nun endlich zu den Goodies, die "To Hell And Back" mit im Gepäck hat.

Und hier fallen uns zunächst die erstklassigen Aufnäher ins Auge. Mit den Patches in dieser Box allein kann man schon eine komplette Kutte füllen und mit lauter Kult und Seltenheitswert mächtig Eindruck machen. Der weiße 'To Hell And Back'-Patch auf der linken, der 'Home Taping Is Killing Music, So Are VENOM' auf der rechten Seite - welch schöner Kontrast zu den übrigen Aufnähern. Dazu kommen zwei wunderbare "To Hell And Back"-Patches im Querformat – einmal mit weißer, einmal mit schwarzer Umrandung – und mit dem obligatorischen Teufel im Profil, sowie ein größerer Schriftzug mit umgedrehtem Kreuz und typischer VENOM-Fratze. Alle Aufnäher haben höchste Qualität und sind schon wegen ihrer optischen Erscheinung ein Muss.

Zum diabolischen Grinsen bringen mich allerdings auch die raren DIN-A4 Promo-Poster – standesgemäß in schwarz-weiß gehalten. Haltet mich für verrückt, aber allein der Duft dieser Poster ist schon Gold wert, die bösen Posen unserer Herren Cronos, Mantas und Abaddon natürlich auch. Richtig angetan haben es mir allerdings die Promo-Poster zur "At War With Satan" und jene in farbigem Layout zur "Possessed"-Scheibe. Und ein gewisses Grinsen konnte ich mir beim abgedruckten Fax von EMI Records (UK) auch nicht verkneifen. Seht selbst und lächelt mit!
Ein weiteres Goodie zum Aufklappen und Aufhängen – es hört und hört nicht auf – ist die XXL-Flagge zur 1984er "Seven Dates Of Hell"-Tour, auf der eine kleine, bescheidene Band namens METALLICA als Support-Act engagiert wurde und Bühnenluft schnuppern durfte. Mein Kinderzimmer wird immer dunkler.
Apropos Aufklappen: Wir halten das mit silbernem Prägedruck versehene "To Hell And Back"-Büchlein in der Hand und leichte Parallelen zum Necronomicon kommen auf. Nun, ich habe es einmal laut vorgelesen und bisher ist mir kein Unheil passiert. Dennoch ist dieses Buch mit 160 Seiten nicht nur üppig as fuck, sondern hält mit allerlei seltenen Bildern, damaligen Promo-Fotos, vielen Zeitungsausschnitten und einigen abgedruckten Konzertplakaten, bei denen es sich Cronos und Co. natürlich auch nicht nehmen lassen, die Black-Metal-Sau von der Leine zu lassen, ebenfalls absolute Besonderheiten bereit. Selbst beim leckeren Dinner oder einem Bummel in den Straßen Newcastles tragen die drei Belzebuben ihr Standart-Outfit. Das hat schon was. Hinzu kommen ein rares Interview mit Cronos aus dem vergangenen Jahr, Kommentare von ihm persönlich oder Abaddon und Mantas über die Anfänge und die Kult-Ära der ersten 1980er Hälfte sowie wunderbare Liner Notes von Musikern von EMPEROR, WATAIN, CADAVER, SIGH, NIFELHEIM und DESASTER, die allein schon den immensen Einfluss der Band auf die extreme Szene in den Folgejahren und -jahrzehnten demonstrieren. So erinnert sich das Who-is-who der Black- und Thrash-Metal-Gefolgschaft nicht nur an seine erste Begegnung mit VENOM, sondern auch beispielsweise an den 2015er Auftritt auf dem Rock Hard Festival in Gelsenkirchen. Man kann also stundenlang schmökern und dabei diese großartigen Tapes hören.
Und selbst am Ende ist noch nicht Schluss. Unter den acht Kassetten befindet sich ein kleines Ledersäckchen mit VENOM-Emblem. Wir öffnen es, packen es aus und können ab sofort unsere Helden auch um den Hals tragen. Diese erstklassige Metallkette bestätigt denn auch noch einmal den Eindruck höchster Qualität der "To Hell And Back"-Box.

Wir fassen zusammen: Jeder einzelne Cent ist gut und wertvoll angelegt, sei es in den teils raren Kassetten, im Stöbern in Erinnerungen durch das Buch, in das hochwertige Ledersäckchen samt Inhalt oder im Schmücken der heimischen vier Wände mit allerlei VENOM-Postern und der Monster-Flagge. Mit ihrer Stabilität, der optischen Erscheinung und den geschmackvollen Details der Box per se inklusive eines nummerierten Echtheitszertifikats und natürlich den Klassikeralben "Black Metal", "Welcome To Hell" sowie "At War With Satan" hält die "To Hell And Back"-Veröffentlichung aus dem Hause Darkness Shall Rise Production genau das, was sie verspricht. So bleiben nicht nur für VENOM-Jünger keinerlei Wünsche offen. Auch aus historischer Sicht ist der Inhalt von höchstem Wert, aus musikalischer Sicht schlichtweg Kult und aus haptischer Perspektive ein absoluter Genuss. Hier haben sich die Verantwortlichen einmal mehr durch ihre Liebe zum Detail, der Hingabe zur Musik, der Besessenheit zum Düstermetall selbst übertroffen. Ich war beim erstmaligen Auspacken dieser Box schon geplättet und bekomme selbst Wochen später noch feuchte Hände. Welcher VENOM-Fan vor Ehrfurcht hierbei keine wackligen Knie bekommt, kauft seine Bandshirts auch bei C&A.
Hier kommt ihr direkt zu Darkness Shall Rise Productions.

 

Redakteur:
Marcel Rapp

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