TWISTED INTO FORM: Interview mit Kaj Gornitzka

30.01.2007 | 20:58

SPIRAL ARCHITECT! Bei diesem Bandnamen wird Freunden von verknoteten Rhythmen das Wasser im Munde zusammen laufen. Leider hat das skandinavische Quintett bislang nur ein einziges Album namens "A Sceptic's Universe" veröffentlicht. Das liegt jetzt sechs Jahre zurück. Die Band an sich existiert weiterhin, liegt aber aufgrund anderer Verpflichtung des Bandkopfes und Drummers Asgeir Mickelson, der neben seiner Tätigkeit bei BORKNAGAR auch noch ein eigenes Studio eröffnet hat, auf Eis. Und genau in diesem Studio ist nun das Debütalbum der neuen Band des ehemaligen SPIRAL ARCHITECT-Gitarristen Kaj Gornitzka aufgenommen worden. Die Band heißt TWISTED INTO FORM, das Album "Then Comes Affliction To Awaken The Dreamer" und es bietet zehn fantastische Nummern, die das Herz eines jeden Progfreaks zum Rasen bringen müssten. Es war also klar, dass wir uns den guten Kaj zur Brust nehmen mussten.


Holger:
Kaj, die meisten Leser werden dich als Gitarristen von SPIRAL ARCHITECT in bester Erinnerung haben. Am besten, du erzählst uns erstmal wie deine musikalische Karriere begonnen hat und wie lange du bei den Architekten gespielt hast.

Kaj:
Ich habe 1985 angefangen Gitarre zu spielen. Dann habe ich mit ein paar Freunden eine Band gegründet und wir begannen die Rollen zu verteilen. Das übliche halt. Einer von ihnen war Lars Norberg, von dem du schon gehört haben müsstest, zumindest wenn du die SPIRAL ARCHITECT-Historie kennst. Zurückblickend muss ich gerade feststellen, dass er in allen Bands - mit Ausnahme von TWISTED INTO FORM - mit mir zusammen gespielt hat. All diese Bands führen uns zu SPIRAL ARCHITECT, einer Band, die 1992 geformt wurde, wenn ich mich recht entsinne. Ich war ein Mitglied der Band bis 1998.

Holger:
Beschreibe doch bitte einmal deine Gefühle, als du erstmalig das SPIRAL ARCHITECT-Album in den Händen gehalten hast.

Kaj:
Das war natürlich ein bittersüßer Moment für mich, da ich kein Bestandteil dieser Band mehr war. Wir hatten zwei lange Jahre an diesem Album gearbeitet und nun ging es daran, etwas Anerkennung zu ernten. Ich war - und bin es noch immer - sehr stolz auf dieses Album und bin sehr dankbar für das unglaubliche Feedback, das wir über die Jahre auf das Material bekommen haben. Aber für mich persönlich war es ein trauriger Moment.

Holger:
Kann ich gut nachvollziehen. Wann genau hast du die Band eigentlich verlassen?

Kaj:
Das war 1998, wie ich schon sagte, und ich verließ die Band während der Aufnahmen. Wir waren damals in einem Studio in Texas und ich ging, weil ich einfach zurück nach Norwegen musste. Nicht das allerbeste Timing ...

Holger:
Nicht so wirklich. Bleiben wir aber noch ein Weilchen bei "A Sceptic's Universe". Ich empfand es damals als recht schwierig, mit dem Material warm zu werden. Erst unter'm Kopfhörer entfalteten sich die Songs bei mir. War das eure Absicht, Kompositionen zu schaffen, mit denen man sich stundenlang auseinandersetzen muss?

Kaj:
Ja und nein. Wir wollten auf jeden Fall etwas Neues ausprobieren, die Grenzen ausloten, aber wir taten dies nicht nur, um es für den Hörer komplizierter zu machen. Wenn du solche Musik schreibst, ist dein Ziel immer, deine eigenen Fähigkeiten zu erweitern. Bis du an deine eigenen Limits stößt. Das macht man nur aus persönlichen Gründen und es ist sehr zufriedenstellend, wenn man nach getaner Arbeit glücklich auf das Ergebnis blicken kann. Bei dieser Art von Musik bin ich mir nicht einmal sicher, ob man überhaupt für ein Publikum schreibt. Natürlich war uns bewusst, dass es da draußen Menschen geben würde, die unsere Musik toll finden würden, aber in erster Linie war es doch Musik, die wir selber hören wollten.

Holger:
Warum hast du dann SPIRAL ARCHITECT überhaupt verlassen? Ein Zeitproblem? Ich vermute mal, dass ihr sehr viel geprobt habt?

Kaj:
Es sind viele Dinge während der Aufnahmen geschehen mit denen ich nicht einverstanden war. Ich war aber vorher schon frustriert über gewisse Zustände innerhalb der Truppe. Natürlich gab es für mich auch das Zeitproblem: Im Gegensatz zu Lars und Steinar (Gundersen) bin ich kein großer Freund von zu vielen Proben. Ich habe eine Menge Interessen außerhalb der Musik und bei mehrstündigen Rehearsals vier Mal in der Woche blieb mir für anderes kaum noch Zeit übrig. Hinzu kam die Tatsache, dass wir in einem fensterlosen Keller unseren Übungsraum hatten und es selten Konzerte oder ähnlich aufregende Unterbrechungen aus dieser Routine gab. Ich war es einfach leid. Ich sah die Aufnahmen zum Album als eben diese Pause von der Routine. Als dann aber all die technischen und persönlichen Probleme in jener Phase auftraten, die ich als aufregende Pause erhofft hatte, musste ich aussteigen. Es ging nicht mehr.
Außerdem mussten wir die Studiozeit lange überziehen und ich hatte einen Termin in Norwegen, den ich nicht verschieben konnte. Ich wollte nämlich ein Appartement kaufen. Ich verlängerte meinen Aufenthalt in Texas solange ich konnte, ohne dass ich auch nur eine weitere Note in dieser Zeit gespielt hätte. Ich war also ziemlich angepisst als ich endlich im Flieger nach Hause zurück saß. Die Krönung war dann der Moment als ich zu Hause angekommen den Fernseher einschaltete und in den Nachrichten das Gebäude in Flammen stehen sah, in dem sich mein zukünftiges Appartement befinden sollte. Keiner meiner besten Tage, würde ich mal sagen. Es dauerte einige Zeit bis mein Ärger über die ganze Situation verflogen war und heute kann ich zu Protokoll geben: Ich bin mit allen noch gut befreundet!

Holger:
Ein schönes Schlussstatement nach all diesen Hiobsbotschaften. Wenden auch wir uns erfreulichen Dingen zu: TWISTED INTO FORM. Wann genau hast du deine neue Band gegründet?

Kaj:
Nach SPIRAL ARCHITECT habe ich zwei Jahre lang keine Gitarre angefasst. Und schon sind wir im Jahr 2000. Genau zu dem Zeitpunkt hatte auch Erik (Aadland, bs.) keine Band mehr und da wir uns schon sehr lange kennen, lag es auf der Hand uns zusammen zu tun. Ratzfatz war TWISTED INTO FORM gegründet!

Holger:
Ganz einfach also. Warum hat es dann aber sechs lange Jahre gedauert bis das erste Album erscheinen konnte?

Kaj:
Am Anfang sahen wir das Ganze eher als Hobby. Wir trafen uns einmal in der Woche, sprachen über Ideen und probierten Sachen aus. So fanden wir schnell heraus, dass wir uns sehr gut ergänzten. Nach einiger Zeit hatten wir dann ausreichend Material, welches wir in einer Bandsituation erproben wollten. Zu diesem Zeitpunkt stieß dann David Husvik zu uns. Wir wussten wie gut er war durch seine Arbeit bei EXTOL und ich glaube, er selbst sah es als Herausforderung an, seinen musikalischen Horizont zu erweitern. Allerdings gab es noch immer keine Pläne für ein Album oder Auftritte. Alles was zählte, war unser persönliches Vergnügen an der Musik.
Das ist auch der Hauptgrund, warum es nun so ausschaut als hätte es so lange gedauert das Album aufzunehmen. Die ersten drei Jahre darf man aber gar nicht dazu zählen. Dann kam der Punkt der Entscheidung, da ich vorhatte nach Portugal zu ziehen. Wir hielten es für absolute Zeitverschwendung nun aufzuhören und buchten somit ein Studio. Außerdem kontaktierte ich Leif Knashaug (voc., ex-SPIRAL ARCHITECT - der Verf.), der zu meiner größten Zufriedenheit sofort zusagte.
Die Aufnahmen begannen Anfang 2004, waren aber im Mai - zu dem Zeitpunkt zog ich nach Portugal - noch nicht abgeschlossen, so dass ich permanent hin und her fliegen musste. Im September nahmen wir das auf, von dem wir dachten, es wäre der finale Mix und schickten diese Version an verschiedene Labels um Reaktionen zu testen. Sensory Records waren sehr schnell interessiert, wollten aber mehr Songs haben. Da wir aber unser komplettes Material bereits verbraten hatten, mussten wir neue Nummern komponieren und diese dann natürlich auch erst aufnehmen. Dieser Vorgang dauerte circa ein Jahr. Bis dahin hatten wir uns schon entschieden, dass wir Neil Kernon für den Endmix haben wollten. Außerdem wollten wir das Album aus taktischen Gründen nicht in den Sommerferien 2006 herausbringen. Wir hätten gegen die Fußballweltmeisterschaft anstinken müssen. Du siehst, alles hatte seine Gründe und im Endeffekt hat es gar nicht so lange gedauert.

Holger:
Verstehe. Auch wenn du vorhin schon teilweise darauf eingegangen bist, erzähle doch bitte einmal, wie du an deine drei Mitstreiter geraten bist. Leif kanntest du bereits von ANESTHESIA und natürlich auch SPIRAL ARCHITECT. Aber wie bist du an den Drummer von EXTOL geraten?

Kaj:
Leif wurde mir 1987 von einem Kumpel vorgestellt und ich liebte seine Stimme vom ersten Ton an, den ich ihn bei ANESTHESIA singen hörte. So blieben wir über die Jahre ständig in Kontakt und als wir bei SPIRAL ARCHITECT einen Sänger für unser erstes Demo suchten, fragte ich ihn einfach. Das war 1995 und da mich bereits damals das Ergebnis völlig umgehauen hatte, war es klar, dass er auch der Sänger für TWISTED INTO FORM werden würde. Und es hat sich mehr als gelohnt, ihn dabei zu haben!

Holger:
Das kann ich guten Gewissens unterschreiben.

Kaj:
Mit unserem Drummer David verhält es sich anders. Ich kannte ihn durch EXTOL und wir hatten auch ab und an mal miteinander geredet, aber den ausschlaggebenden Kontakt hat Asgeir (Mickelson, dr., SPIRAL ARCHITECT, BORKNAGAR - der Verf.) hergestellt. Asgeir wusste, dass wir einen Drummer suchten und David hat spontan zugesagt. Was für ein Segen!

Holger:
Wie fühlt sich denn Erik zwischen all diesen "großen" Namen?

Kai:
Hehehe. Ich denke, Erik fühlt sich sehr heimisch bei uns. Er spielt genauso lange wie ich und hat in einer Thrashband aus Oslo namens DECADENCE angefangen. Das war Mitte der 80er. Nachdem sie zwei gute Demos veröffentlicht haben, wurde die Band aufgelöst. Ihr damaliger Drummer spielt heute bei RED HARVEST. Bevor er bei TWISTED INTO FORM eingestiegen ist, hat Erik noch bei LUNARIS gespielt, für die er auch Songs und Texte geschrieben hat. Er ist ein toller Bassist mit einem sehr eigenen Stil ... und er ist ein noch tollerer Mensch.

Holger:
Schön, wenn sich alle so gut verstehen. Ihr habt dann irgendwann ein Demo eingespielt. Wurde das an Labels verschickt?

Kaj:
Das ist schräg. Wir haben nämlich niemals ein Demo mit TWISTED INTO FORM aufgenommen. Es wurden lediglich Rehearsals mitgeschnitten, aber nichts davon war jemals für die Öffentlichkeit gedacht. Es war sogar eher das Gegenteil der Fall. Wir nahmen nämlich das komplette Album im Alleingang auf bevor wir irgendein Label kontaktierten. Da wir aber ein paar Songs bereits fertig abgemischt hatten bevor wir Promos versenden wollten, stellten wir den Song 'Torrents' auf unsere Website. Das war ein guter Anfang, das Interesse an uns zu wecken und die Resonanzen auf die Nummer waren gigantisch. Auf das Album bekamen wir nicht besonders viele Reaktionen von den Plattenfirmen, aber die wenigen, die wir bekamen, waren sehr positiv. Außerdem brachten wir mit 'Torrents' unseren Namen in die Metal-Foren des weltweiten Webs.

Holger:
Dann kann ich mir die Frage, ob ihr den Deal mit Sensory durch das Demo bekommen habt, jetzt auch in den Bart schmieren, oder?

Kaj:
Hahaha. Ich denke, es hat uns nicht geschadet, dass ich bereits mit Ken Golden (Chef des Labels - der Verf.) und auch Neil Kernon (Produzent von SPIRAL ARCHITECT - der Verf.) gearbeitet hatte. Aber das war nicht der Hauptfaktor. Ken selbst fragte mich nach unserem Material, nachdem er erfahren hatte, dass wir in Asgeirs Studio aufgenommen hatten. Die Zusammenarbeit mit Neil Kernon kam durch David, unseren Drummer. Neil wollte eventuell mit EXTOL arbeiten und erfuhr so von TWISTED INTO FORM. Er wollte sofort etwas hören und war begeistert.

Holger:
Würdest du mir zustimmen, dass die Kompositionen von TWISTED INTO FORM einfacher zugänglich sind als die von SPIRAL ARCHITECT?

Kaj:
Ja, bis zu einem gewissen Grad würde ich dir Recht geben. Da ich seit Jahren mit diesen Songs lebe, finde ich sie natürlich sowieso nicht mehr schwer zugänglich. Auf der anderen Seite weiß ich natürlich, dass in den Nummern sehr viel passiert. Ich weiß aber auch, dass unsere Musik sehr melodische Aspekte beinhaltet, obwohl sie gleichzeitig sehr schräge Rhythmen anbietet. Damit bin ich der festen Überzeugung, dass die Songs das Potential haben mehr als nur den harten Kern der Metal-Freaks, die auf technisches Gefrickel stehen, anzusprechen. Ich weiß aber auch, dass viele Fans von SPIRAL ARCHITECT unsere Musik nicht anspruchsvoll genug finden. Es war aber auch niemals unsere Intention, die komplizierteste Musik der Welt zu schreiben. Vertrackte Kompositionen zu schreiben und spielen macht Spaß, aber es ist nicht alles ... zumindest nicht für mich.

Holger:
Denkst du denn, dass TWISTED INTO FORM ein größeres Publikum, auch außerhalb der Metal-Szene ansprechen können?

Kaj:
Allerdings. Ich weiß, dass wir sehr gut in progressiven Rock-Kreisen angekommen sind. Ich denke, dass Leute, die auf Fusion stehen mit uns einiges anfangen können. Klar, in diesen Bereichen sind SPIRAL ARCHITECT auch gut aufgenommen worden, aber was uns vielleicht ein paar weitere Türen öffnen wird, ist unsere melodische Seite. Das war keine bewusste Planung, aber ich bin schon immer für eine tolle Melodie gestorben. Vor allem für solche, mit kleinen Überraschungen drin.

Holger:
Bist du die eigentlich der Tatsache bewusst, dass SPIRAL ARCHITECT eine Art Kult-Band geworden sind?

Kaj:
Natürlich. Die Band hat innerhalb einer bestimmten Fanbasis einen unglaublichen Status inne. Selbst bei Fans, die normalerweise nicht auf solche Musik stehen, hat die Band einen hohen Stellenwert. Es macht mich stolz, einmal ein Teil von dieser Band gewesen zu sein.

Holger:
Kannst du auch sein. Wenn man das SPIRAL ARCHITECT-Album hört, bekommt man leicht den Eindruck, die einzelnen Songs wären jeweils von einem einzelnen Musiker zu Hause am Notenblatt geschrieben worden. Diesen Endruck hat man beim Material von TWISTED INTO FORM gar nicht. Da klingen die Songs mehr nach einem Band-Effort und haben deshalb mehr Flow.

Kaj:
Kann ich nur bedingt bestätigen. "A Sceptic's Universe" wurde von der kompletten Band über mehrere Jahre hinweg erarbeitet. Da war wirklich jeder involviert. Auf der anderen Seite denke ich, dass das neue Material als Album besser funktioniert. Betrachtet man einzelne Songs, liegt es vielleicht an der kürzeren Spielzeit, dass dir alles kompakter vorkommt. Um der Scheibe den richtigen Flow zu verpassen, habe ich einige Zeit verbracht, die Titelreihenfolge festzulegen. Jetzt klingen sie für mich wie eine natürliche Einheit.

Holger:
Gibst du eigentlich etwas auf die Kritiken in der Presse über deine Musik?

Kaj:
Ich würde lügen, wenn ich es abstreiten würde - schließlich haben wir wohl alle unsere Egos, oder? - aber ich muss deine Frage aufteilen: Kratzt es mich, während ich neue Songs komponiere? Nein. Kratzt es mich, wenn ich meine Musik der Öffentlichkeit Preis gegeben habe? In einem gewissen Rahmen natürlich. Aber ich habe vor einiger Zeit gelernt, dass man über Geschmack nicht streiten kann. Jeder Mensch hat eine andere Reaktion und ein anderes Gefühl bei Musik. Man kann eine negative Meinung also nicht gleich als persönliche Attacke betrachten. Nicht, dass wir bisher negative Kritik bekommen hätten ...

Holger:
Schön zu hören. Ich vermute einmal, dass du Musik aus dem einfachen Verlangen heraus Musik zu machen spielst? Den Gedanken an Geldverdienen kannst du bei dem Stil ja wohl kaum haben?

Kaj:
Du hast natürlich Recht. Niemand würde diese Art von Musik spielen, um reich und berühmt zu werden. Es würde mich natürlich nicht stören, wenn ich etwas Geld mit meiner Musik verdienen würde, aber weder von TWISTED INTO FORM noch von SPIRAL ARCHITECT kann man sein Leben unterhalten. Wenn man einmal angefangen hat, ein Instrument zu spielen, wird man immer wieder spielen wollen. Selbst wenn es bei mir lange Perioden gibt, in denen ich meine Gitarre nicht anfasse, komme ich immer zu einem Punkt, an dem ich einfach wieder spielen muss. Ich denke, dass das für jeden Musiker gilt. Oder warum sonst reformieren sich so viele Bands? Wegen des Geldes? Ich wage es zu bezweifeln.

Holger:
Wenn ich andere Musiker frage, was ob es schwieriger ist einen mainstreamigen Radiosong zu schreiben oder einen frickeligen Prog-Song, haben bisher alle gesagt, dass es viel schwerer ist, eine radiotaugliche Nummer zu komponieren. Siehst du das auch so?

Kaj:
Oh ja, das sehe ich auch so. Das Radio-Hit-Format ist so dermaßen einengend, obendrauf gibt es da etliche Restriktionen und Limitationen des musikalischen Ausdrucks. All das gibt es - oder sollte es zumindest nicht geben - nicht bei progressiver Musik. Klar, ist das gerade sehr viel Schwarz-Weiß-Malerei, aber ich denke, du weißt, was ich meine. Ohne dass ich jemals versucht hätte einen Hit zu schreiben, bin ich mir sicher, dass das eine extrem schwierige Aufgabe sein würde.

Holger:
Wenn du die Möglichkeit hättest eine All-Star-Prog-Metal-Band zu formieren, wer wäre dabei?

Kaj:
Eine fast unlösbare Aufgabe! Aber gut, ich versuche es einmal ... zum warm werden wähle ich John Arch und Buddy Lackey (a.k.a. Devon Graves), die sich den Gesang teilen sollen. So wie David Coverdale und Glen Hughes auf "Burn". Dann würde ich Chuck Schuldiner fragen, ob er nicht von den Toten auferstehen möchte und gleich noch Frank Zappa mitbringen möchte (wenn es keinen Platz für die Toten geben sollte, wähle ich Al DiMeola und Steinar Gundersen). Als Bassisten nehme ich natürlich Lars Norberg und hinters Schlagzeug setze ich Gene Hoglan. Das wird spannend klingen. Aber es gibt natürlich Millionen von möglichen Kombinationen.

Holger:
Das klingt auf alle Fälle sehr interessant.

Holger:
Wenn man sich euren Background, das Label Sensory und deren Marketing anschaut, seid ihr aber schon sehr im Metal verwurzelt. Fühlt ihr euch dort denn zu Hause?

Kaj:
Natürlich! Wir sind in erster Linie eine Metalband, so dass das der natürlichste Weg ist, uns zu vermarkten, selbst wenn wir hier und da auch in anderen Genres beheimatet sind.

Holger:
Es gibt sehr viele Bands - ich denke da jetzt mal an LAST CRACK oder TRIBE AFTER TRIBE - die vorwiegend in der Metal-Szene beworben werden/wurden, obwohl sie nur sporadisch etwas mit Heavy Metal an sich zu tun haben. Kennst du diese Bands und glaubst du, dass Fans von Hard Rock eher aufgeschlossen gegenüber anderer Musik sind und die Labels deshalb dort die Anzeigen der schwerer vermarktbaren Bands schalten? Vielleicht auch, weil Metaller sich gern intensiver mit ihrer Musik beschäftigen und Stil übergreifende Bands eher akzeptieren?

Kaj:
Die genannten Bands kenn ich zwar leider nicht, aber ich bin selbst ein Freund von verschiedenen Musikstilen, wie zum Beispiel ZAP MAMA. Das hat aber rein gar nichts mit dem Marketing zu tun. Ich denke, man muss Metalfans in diesem Zusammenhang in zwei Gruppen unterteilen: die jungen und die alten. Wenn man beginnt sich für Heavy Metal zu begeistern, ist man am Anfang häufig extrem fanatisch, was dieses eine Genre angeht. Man hört ausschließlich Heavy Metal, in all seinen Schattierungen, aber nichts oder wenig anderes. Nicht zuletzt auch, weil einem die Zeit dazu fehlt. Mit zunehmendem Alter öffnet sich häufig der Horizont und man fängt an, auch in fremden Genres nach interessanter Musik Ausschau zu halten ... ohne dabei natürlich seine Metal-Wurzeln aus den Augen zu verlieren. ;-)

Holger:
Natürlich nicht. Kannst du dir vorstellen, einen Song musikalisch großartig zu finden, aber dessen Text zu hassen?

Kaj:
Ich mag Musik, deren Texte eventuell banal sind, aber einen Song toll zu finden, dessen Text ich absolut nicht mag ... kaum vorstellbar. Ich stand schon immer auf gute Texte und auch wenn man diese nur sehr selten findet, gehören sie für mich zu einem sehr guten Album einfach dazu. Sonst kann ich die Scheibe nicht genießen. Wenn die Texte total dumm sind und mir überhaupt nichts geben, werde ich mich auch nicht intensiv mit der Musik beschäftigen. Insofern ...

Holger:
Ganz etwas anderes. Ich nehme an, du kennst das zweite Album der Band FORBIDDEN?

Kaj:
Natürlich weiß ich von diesem Album und habe auch irgendwann einmal ein paar Songs davon gehört, aber gut kennen tue ich es nicht. Mir ist klar, warum du danach fragst. Klar, wir haben die Band nach diesem Album benannt, aber eigentlich kam die Idee von Erik. Er liebt FORBIDDEN schon seit Beginn an. Es gibt aber sonst keine Verbindungen zwischen unseren beiden Kapellen. Der Titel ihres Albums passte einfach hervorragend zu unserer Musik.

Holger:
Abschließend die Gretchen-Frage: Weißt du ob und was wir eventuell noch von deiner alten Truppe erwarten dürfen?

Kaj:
Früher oder später wird es ein weiteres Album von SPIRAL ARCHITECT geben. Ich habe aber keine Ahnung, wie lange wir darauf noch waten müssen oder wie es klingen wird. Ich vermute, dass es deutlich anders werden wird als "A Sceptic's Universe", seid also bereit dafür!

Holger:
Oha, damit hätte ich nun nicht mehr gerechnet. Kaj, herzlichen Dank für deine Zeit.

Kaj:
Kein Problem, ich habe zu danken.

Redakteur:
Holger Andrae

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