THUNDER: Interview mit Danny Bowes

02.06.2005 | 20:02

Mann/Frau sagt ja gemeinhin: Was lange währt, wird gut! Das ist auch (zum Glück oder leider, je nachdem aus welchem Standpunkt man das sieht) bei diesem Interview der Fall. Ich hatte Anfang April das Vergnügen, mich mit Danny Bowes, Sänger der britischen Hard-Rock-Institution THUNDER u.a. über das aktuelle Album "The Magnificient Seventh" zu unterhalten. Wie es der Name schon sagt, hat das Quintett, das seit über fünfzehn Jahren sein Unwesen in der Rockwelt treibt, sein siebentes Album eingespielt, das für alle Freunde von AC/DC und WHITESNAKE zur Moody/Marsden-Ära einen Genuß darstellen wird. Neben News zu dem aktuellen Album erfahrt ihr, wer in der Band wofür zuständig ist, welcher Sammelleidenschaft Danny in seiner Freizeit frönt und was er und KYLIE MINOGUE gemeinsam haben.


Tolga:
Hi Danny! Das Einzige, was ich bezüglich der Reaktionen seitens der Presse weiß, ist, dass euer Album bei den Dynamit-Seiten des Rock Hard besprochen wurde. Wie sind die Reaktionen in den anderen Magazinen und Webzines?

Danny:
Ungefähr 80-90 Prozent der Reviews sind positiv ausgefallen. Das hat mir schon sehr geschmeichelt, was wiederrum beweist, dass die Platte universal gemocht wird.

Tolga:
Meiner Meinung nach repräsentiert die CD verschiedene Stilrichtungen, doch trotzdem tragen alle Songs den typischen THUNDER-Stempel. Ihr habt harte Songs wie 'The Gods Of Love', Hookline-Granaten wie 'Fade Into The Sun' und herzergreifende Balladen wie 'I'm Dreaming Agani'. Würdest du auch sagen, dass das neue Album ein Best-Of-Album darstellt, nur mit komplett neuen Songs?

Danny:
Yeah, ich glaube, so wird das Album auch von den Fans aufgenommen, vor allem von den Jüngeren. Um ehrlich zu sein, wir haben es nicht so bewusst darauf angelegt. Wir haben nicht probiert das beste Album überhaupt aufzunehmen. Wenn wir eine CD aufnehmen, dann schreiben wir ein paar Melodien und versuchen daraus Songs zusammen zu schustern. Danach nehmen wir sie auf und schauen, ob sie auf die Platte passen. Wenn dies der Fall sein sollte, veröffentlichen wir die CD. Falls nicht, gehen wir zurück ins Studio, bis wir was Gescheites aufs Band gebracht haben.
Für uns ist die fertige CD nichts anderes als eine Momentaufnahme, die unsere Entwicklung zu einem gewissen Zeitpunkt darstellt. Es ist mehr Glück und Gerechtigkeit und natürlich Erfahrung. Wir haben mittlerweile sieben Studioalben auf dem Buckel. Wir hoffen natürlich, dass wir dabei alles richtig gemacht haben.

Tolga:
Das erinnert mich an die Rock-Hard-Rezi, wo geschrieben wurde, dass Hookline-Götter auch mal einen schlechten Tag haben. Sie hatten da geschrieben, dass eure letzten CDs gut waren, sich aber auf dem aktuellen Release ein paar Songs befinden, die sie nicht "verstanden" haben.

Danny:
(Lacht) Ich weiß nicht, was ich zu ihrer Meinung zu sagen kann, sie können damit richtig oder falsch liegen. Ich denke, die Popularität hat damit eine Menge zu tun. Wenn du nicht das "Album des Monats" am Start hast, macht es das den Leuten einfacher zu sagen: "Ich mag dies nicht oder ich mag das nicht". Wenn du das "Album des Monats" jedoch hast, so nenne ich das ganz gerne den "Schafs-Faktor". Das passiert nicht nur bei den Musikfans, sondern auch im Musikjournalismus. Die Leute sind dann ganz euphorisch, egal ob die CD gut oder schlecht ist. Als wir mal das "Album des Monats" hatten, war es ganz interessant zu beobachten wie die Journalisten auf die Band abfuhren, obwohl sie gar nicht wussten, wogegen wir rebellieren. (Lacht) Sehr merkwürdig.
Es ist schön gute Reviews zu erhalten, aber letzten Endes entscheiden die Fans, ob sie das Album kaufen oder nicht. Die Platte ist jedoch gut ausgefallen, was man besonders am positiven Feedback auf unserer Homepage nachlesen kann. Wir sind mit der Platte und wie sie von den Fans aufgenommen wird sehr zufrieden.

Tolga:
Das ist eine sehr gute Überleitung zu meiner nächsten Frage, denn was die Songs auf dem Album betrifft, so sind 'I Love You More Than Rock'n'Roll', 'Amy's On The Run', 'Fade Into The Sun' und 'The Pride' meine Favoriten. Was sind deine Lieblingssongs und bist du noch mit dem Album zufrieden?

Danny:
Wir haben das Album letzten Sommer aufgenommen. Wir schrieben die Songs Anfang 2004 und nahmen die Demos im Mai auf. Zum ersten Mal im Studio waren wir im Mai und das zweite Mal im Juli. Wir nahmen da schon ein paar Songs auf, weil wir sie erst mal während des Sommers live spielen und filmen wollten. Wenn sich herausgestellt hätte, dass einer der Songs als Single veröffentlicht werden kann, wie es ja bei 'I Love You More Than Rock'n'Roll' der Fall war, hätten wir ein paar Liveaufnahmen für ein Video gemacht. Wir haben das zur "Sicherheit" gemacht, um gewissen Dingen schon mal "vorzubeugen".
Es gab uns eine frische Perspektive: Ins Studio rein- und rausgehen, die neuen Stücke live vorzutragen, ins Studio zurückgehen. Es war wunderbar, denn wir hatten es vorher nie so gehandhabt. Ich denke, dass wir es wieder so machen werden. Es ist sehr relaxt. Wir gehen ins Studio, und haben nach sechs, sieben Wochen die Ergebnisse in Form von coolen Rocktunes. Es ist sehr gut, um die Perspektive zu ändern. Wenn du ins Studio gehst und wieder anfängst, hören sich viele Aufnahmen danach nicht mehr so an wie vorher. Das Problem in der Vergangenheit war, dass es sehr kostspielig war. Doch jetzt haben wir unser eigenes Studio. Es gestaltet sich wesentlich einfacher und kostengünstiger. Wir können aufnehmen, wann immer wir wollen.

Tolga:
'Monkey See, Monkey Doo' erinnert mich an 'Laughing On Judgement Day'. Siehst du das ähnlich, denn es verfügt über den selben Beat?

Danny:
Es ist sehr episch! Es ist ein ähnlich epischer Song wie 'Laughing On Judgement Day'. Ich denke, beide Songs sind sehr stark von Bands aus den Siebzigern inspiriert, wie LED ZEPPELIN. 'Monkey See...' hat diesen östlichen Touch, was sehr stark an LED ZEPPELIN angelehnt ist. Für mich war es einer der Songs, die am leichtesten zu singen waren, was wunderbar ist. (Lacht)

Tolga:
Du hast gerade erwähnt, dass ihr die Songs zusammen schreibt, denn normalerweise ist doch Luke Morley der Hauptsongwriter...

Danny:
Nein, nein, das macht er auch. Er schreibt die Songs.

Tolga:
Hattest du und die anderen Bandmitglieder die Chance ein paar Songs zu diesem Album beizusteuern?

Danny:
Jeder hat so im Laufe der Jahre seine Rolle in der Band inne. Luke und ich kennen uns schon Ewigkeiten, mein Gott, ich kann mir nicht vorstellen, wie lange wir uns schon kennen, es müssen aber schon über 30 (!!!) Jahre sein. Und im Laufe dieser Zeit, als wir Kinder waren und zusammen in einer Band spielen wollten, war er derjenige, der sich sehr stark für die musikalische Seite interessiert hat und somit auch die Songs schrieb. Ich war sehr stark an den Aufnahmen und allem Drumherum interessiert. Für mich hat sich daher nie die Frage gestellt Songs zu schreiben, da es mich nie sonderlich interessiert hat und somit war ich auch nie gut darin. Luke ist unser Komponist und er verbringt schon sein ganzes Leben damit Songs zu komponieren. Er hofft dabei den perfekten Song zu komponieren. Er wird im Laufe der Jahre besser und besser. Je weniger er es probiert, umso besser komponiert er. (Lacht)
Ich denke, der Fakt, dass wir dieses Album sehr entspannt gemacht haben, weil wir zu verschiedenen Zeiten ins Studio gegangen sind, machte es ihm wesentlich einfacher, da wir nix für die Aufnahmen und die Studiozeit bezahlen mussten. Er schreibt gerne Songs, auch für andere Bands, was er zusammen mit unserem Bassisten Chris (Childs - d. Verf.) macht. Diese Songs passen jedoch zur Zeit nicht zu THUNDER. Harry (James - d. Verf.) hat mit Luke zusammen ein paar Songs geschrieben, und ich hab's auch ein paar Mal über die Jahre gemacht, doch um ehrlich zu sein: Das liegt mir nicht! Ben (Matthews - d. Verf.) schreibt auch nicht sehr viel. Ben verbringt viel Zeit im Studio und kümmert sich um das Engineering. Chris verbringt seine meiste Zeit, um mit anderen Bands zu spielen. Als wir uns 2000 aufgelöst hatten, haben wir uns in alle Richtungen verteilt und jeder ist dabei seinen Dingen nachgegangen. Seitdem wir wieder zusammen sind, ist es schwierig seine anderen Sachen neben THUNDER noch am Laufen zu halten. Deshalb verbringen wir einen Teil der Zeit mit THUNDER, und den anderen Teil mit unseren Dingen, was für uns alle sehr gesund ist. Es bietet uns andere Einflüsse, die wir bei THUNDER wieder zusammenfügen können. Das ist auch eines der Gründe, warum die Platte so gut ist wie sie ist. Wir haben nun die Möglichkeit auch andere Dinge zu machen.

Tolga:
Ich denke, dass es ganz gut ist, dass jeder seine Sologeschichten machen kann...

Danny:
Yeah, es ist immer wieder schön wenn wir zusammenkommen, weil jeder unterschiedliche Dinge macht und unterschiedliche Erfahrungen sammelt, die wir auf Platte verarbeiten können. Wir kommen auch untereinander gut aus. Wir sind gute Freunde und es gibt keine Egoprobleme in der Band. Viele Leute sagen das, doch es gibt kaum Bands, bei denen es wirklich der Fall ist. THUNDER ist eine harte Band, die Rock'n'Roll spielt und wir sind sehr gute Freunde. Es geht zwar ab und zu ein bisschen rau zu, doch es gibt immer viel zu Lachen. (Lacht)

Tolga:
Ich denke, wenn jeder in einer Band seinen Part kennt, gibt es auch keine Egoprobleme. Wenn jedoch bei einem Quintett fünf Songwriter vertreten sind, will jeder seine eigenen Songs auf der Platte haben.

Danny:
Yeah, das seh ich genauso. In manchen Fällen stellt es einen Konfliktherd dar, in manchen Fällen ist es auch gesund, denn nur die besten Songs überleben. Manchmal kann es aber auch dazu führen, dass sich die Bandmitglieder untereinander zerfleischen. Bei THUNDER ist es nicht so, jeder hat dabei seine Rolle.

Tolga:
Ich hab in meiner Rezi geschrieben, dass euer Album ein Pflichtkauf für AC/DC- und WHITESNAKE-Fans darstellt, und da im speziellen Fans der Moody/Marsden-Ära. Hab ich das treffend umschrieben...

Danny:
Ich denke, dass es eine perfekte Umschreibung ist.

Tolga:
Und welche anderen Bands haben euch noch beeinflusst? LED ZEPPELIN?

Danny:
LED ZEPPELIN stellt einen sehr großen Einfluss dar. Bei "Physical Graffiti" erinnere ich mich sogar an den Tag, an dem es veröffentlicht wurde. "Burn" (von DEEP PURPLE - d.Verf.)! Da konnte ich's nicht erwarten, das Album 1974 zu kaufen. Wir möchten diese Alben nicht nochmal schreiben, doch es wurden so viele großartige Platten aufgenommen, und wir haben in dieser Zeit gelebt. Wir waren immer scharf drauf die Platten zu kaufen und nach Hause zu schleppen, um sie uns anzuhören. Im Laufe der Jahre hörst du dir die Scheiben von den großartigen Bands an, die wir damals unterstützt haben. Viele Scheiben aus den Siebzigern sind auch heute noch hip. Die ganzen LED ZEPPELIN-Scheiben hören sich immer noch gut an.
FREE war für mich auch ein sehr großer Einfluss. Ich war von Paul Rodgers Stimme so beeindruckt. Er hat sich genauso angehört, wie ich auch klingen wollte. Das war für mich großartig! Wir wurden schon seit je her von kommerzieller Musik beeinflusst. Sei es Blues Rock, Rock, Motown, Pop... So lang es emotional ist! Gute Texte, Melodien, guter Gesang! Musik mit hoher Qualität.

Tolga:
Es ist sehr witzig, dass du es ansprichst, denn 1974 ist mein Geburtsjahr!

Danny:
Wirklich?

Tolga:
Die Sache ist nur die, dass ich über einen ähnlichen Background verfüge. Ich denke, dass es wirklich wichtig ist die Musik aus den Sechzigern und Siebzigern zu hören, damit man versteht, warum Hard Rock, Metal oder wie immer du es nennst, sich so entwickelt hat, wie es nun mal der Fall ist.

Danny:
Absolut! Ich weiß nicht, wie es in Deutschland ist, doch in den Rock-Clubs in England hab ich eine Menge Freunde. Sie sind Rock-DJs und arbeiten in diversen Clubs. Ich unterhalte mich mit denen ständig, denn ich bin sehr daran interessiert, was in den Clubs abgeht. Eine Sache, die ich ständig höre, ist, dass eine Menge DJs in den Clubs von 18-19 jährigen Kids angesprochen werden, so nach dem Motto: "Habt ihr Platten von einer Band, ihr habt bestimmt schon mal davon gehört, namens THIN LIZZY?"

Tolga:
(Lacht)

Danny:
Die 18-19 jährigen Kids entdecken gerade THIN LIZZY. Sie realisieren, dass es nicht nur METALLICA und SLIPKNOT gibt. Da waren vorher andere Bands, die auch Rockmusik gespielt haben, und nicht nur einen Krach. Denn so hören sich, zu meinem Bedauern, SLIPKNOT an.
Ich mag Melodien! Es gibt eine Menge melodische Rockmusik, mit guten Songs, emotionalem Gesang, großartigem Gitarrenspiel. Zeug, das dich zum hoch und runter springen animiert. Eher, als dich dazu zu animieren über jemanden zu kotzen!

Tolga:
Worauf ich dich noch ansprechen wollte, ist das Cover. Die Idee ist genial und passt zu der heutigen Zeit, wo das ganze Retrozeugs wieder in ist. Wer hatte die Idee dazu und siehst du dich selbst als den "letzten aufrechten Mann", der immer noch die Flagge für handgemachten Hard Rock hoch hält?

Danny:
Nun, die Idee dazu war recht einfach! Wir saßen herum und überlegten uns, welches Cover wir nehmen könnten. Einer sagte: "Das ist doch das siebente Album!" Und ein anderer meinte: "Benutzen wir die Sieben auch als Titel!" Je mehr wir darüber nachgedacht haben, umso mehr realisierten wir, dass es uns alle zufrieden stellt. Wir haben hier in England, als ich ein Kind war, eine Menge Zeit damit verbracht, Sonntag nachmittags uns Western anzuschauen. Steve Mac Queen oder irgendein anderer dieser Jungs, die herumreiten und Cowboy gespielt haben. Ich hab diese Filme als Kind geliebt. In dem Moment, als jemand "The Magnificient Seventh" ins Spiel brachte, dachten wir uns, dass das lustig werden könnte, denn wenn jemand danach fragen würde, warum wir das Album so nennen, könnten wir sagen: "Nun, weil wir das unglaublichste Album gemacht haben!" Ferner gab es uns die Möglichkeit, Cowboy zu spielen. Je mehr wir uns damit herumgeschlagen haben, umso mehr mochten wir die Idee. Es passte einfach hervorragend!

Tolga:
Üblicherweise sind die einfachsten Ideen die besten!

Danny:
Dieser ganze Retrokram war einfach nur Glück! Wir hatten absolut keine Ahnung, dass dieses Retroding zur Zeit voll in ist. Wir fingen an, alles zusammen zu stellen und auch einiges auf der Webseite zu veröffentlichen. Die Fans kamen auf uns zu und meinten: "Ihr wisst zwar nicht, was zur Zeit abgeht, aber ihr seid wieder voll im Trend!" (lacht) Das war nicht vorhersehbar bzw. da steckte bewusst kein Plan dahinter. Wir sind einfach nur große Fans von Cowboy-Filmen. Das ist alles.

Tolga:
Du hast eine Menge Trends kommen und gehen sehen, wie Grunge, Punk und New Metal, aber "you're still standing", um mal ELTON JOHN zu zitieren. Welche Erklärung hast du für den Erfolg von THUNDER und was hast du in den letzten 16 Jahren als Rockmusiker gelernt?

Danny:
Ich hab mal einen Abend mit Robert Palmer verbracht und wir waren dabei unglaublich besoffen. Ich kann mich nicht an vieles von dem Abend erinnern, aber er sagte etwas sehr Wichtiges zu mir und daran werde ich immer denken. Er sagte: "Der Trick am Musikbusiness ist, lange genug zu bleiben um die Hitze abzubekommen." Das ist eine sehr einfache Aussage, aber sie steckt voller Weisheit. Am Ende des Tages kommt es nur auf Qualität an. Du kannst gute Platten machen, und es den Fans in Form von einer guten Liveperformance beweisen. Die Fans werden es dir danken. Fans können sehr loyal sein.
Rockmusik ist nicht so einfach im Radio zu finden. Es ist immer etwas Spezifisches und Spezielles, das man hören möchte. Aus diesem Grund waren Rockfans schon immer loyal. Sie sind gegenüber sich selbst und natürlich den Bands gegenüber sehr loyal. Solche Leute sind schwer zu finden.
Rockmusik hat seit jeher die Menschen inspiriert. Grungemusik z.B. hatte nie die Aufmerksamkeit der größeren Rockanhänger, denn die Rockanhänger sind sehr an den Musikern interessiert. Sie waren schon immer dran interessiert, wie die Leute spielen, wie sie sich geben, die Qualität der Songs, die Produktion. Lässt es dich in die richtige Stimmung kommen? Das ist es, worum es letztendlich in Rockmusik geht.
Rockmusikfans legen das Hauptaugenmerk auf solche Dinge. Sie sind sehr konservativ: Lange Haare, Lederjacke, schwarzes T-Shirt. Das sind alles Dinge, mit denen sie sich anderen Rockfans gegenüber als solche idendifizieren. Das gab's schon immer. Aus dem Grund wird's auch immer Rockfans geben!

Tolga:
Ich fand's lustig, dass du angesprochen hast, dass Rockmusik schwer im Radio zu finden ist. Wir haben in Frankfurt eine Radiostation namens AFN (American Forces Network). Diese existiert, seitdem die Amis in Deutschland stationiert sind. Im Vergleich zu anderen deutschen Radiosendern spielen die eine Menge Rockmusik, vor allem in der Nacht. Zwischen null bis sechs Uhr morgens spielen sie permanent Rockmusik. Heute früh hatten sie z.B. einen Livemitschnitt von einem AC/DC-Konzert von 1979 mit Bon Scott noch am Mikro.

Danny:
Exzellent! Hört sich an, als ob sich rocktechnisch einiges bewegt. Mehr Rockmusik im Radio! Ist echt gut!

Tolga:
Das ist die einzige Radiostation, die ich kenne, die so viel Rockmusik abspielt!

Danny:
Stell dir vor, es würde einige Leute geben, die sich per Telefon oder Mail Rocksongs wünschen. Das wäre eine gute Sache!

Tolga:
Wenn sie Rockmusik spielen, dann nur das alte Zeugs wie FOREIGNER, VAN HALEN und all den anderen Kram aus den Siebzigern/Achtzigern.

Danny:
Rockmusik, nenn es Classic- oder Retrorock, ist inspirierte Musik! Es gibt jede Menge Classic-Rock-Festivals, die diesen Sommer in ganz Europa stattfinden. Jede Menge großer Namen aus der Vergangenheit werden dort auftreten und ich werde mein bestmöglichstes tun, um sie zu sehen (lacht). Wir werden sehen, wie's läuft, doch eine Menge Leute werden dort hingehen. Das ist ein Signal! Vor fünf Jahren hätte niemand gedacht, dass dies passieren würde. Niemand hätte gedacht, dass aus den Siebzigern beeinflusste Rockmusik wieder zurück kommt.

Tolga:
Du hast schon meine Frage vorweg genommen, denn wenn du dir die USA anschaust, wo Bands wie WHITESNAKE, SCORPIONS und andere große Gruppen aus den Achtzigern große Hallen wieder füllen, kann man schon von einem zweiten Frühling für handgemachte, klassische Rockmusik sprechen. Denkst du, dass diese Bands die selbe Aufmerksamkeit seitens der Medien kriegen, wie das in den Achtzigern und Anfang der Neunziger der Fall war?

Danny:
Ich denke nicht, dass ihnen die selbe Bandbreite an Aufmerksamkeit zu Teil wird. Es wird eher spezieller, wie z.B. über das Internet, was schon einen großen Unterschied für die Fans macht. Das Internet macht es leichter. Es macht es leichter etwas zu finden, den Journalisten oder denjenigen die an der großen Bandbreite an Medien teilhaben möchten, die üblicherweise anderweitig nicht den Zugang haben. Dass darüber geschrieben und im Internet über eine Webseite veröffentlicht wird, macht es einfacher, auf diese Art von Musik zurück zu greifen. Ich denke schon, dass viele Medien darauf aufmerksam geworden ist, zwar nicht so viele wie in den Achtzigern und Neunzigern, doch das Internet macht es möglich, dass viele Bands von vielen gesehen und gehört zu werden. Ich meine, das Internet ist ein unglaubliches "Handwerkszeug" für Leute, die etwas über Musik erfahren möchten.

Tolga:
Ich möchte nochmal auf THUNDER zurück kommen. Würdest du sagen, dass alle eure Veröffentlichungen okay sind, oder gibt es eine oder mehrere Alben, mit denen du im Nachhinein nicht mehr so zufrieden bist?

Danny:
Um ehrlich zu sein: Ich finde es schwer objektiv über unsere Alben zu urteilen. Ein Grund ist wahrscheinlich der, dass ich dabei war, als die Scheiben aufgenommen wurden und somit weiß ich, wie schwer die Aufnahmen oder die Verhandlungen mit der Plattenfirma waren. Ich denke, dass ich ein subjektiv urteilender Mensch bin. Das fließt natürlich mit in die Platten ein, was natürlich falsch ist, denn das hat auf der Platte nix zu suchen. Aber hey, wir sind alle menschliche Wesen!
Ich denke, "Behind Closed Doors" (1995 - d. Verf.) , das dritte Album, ist ein düsteres Album. Da war eine Menge los: Wir nahmen die Platte in Amerika auf, um nah bei unserer Plattenfirma zu sein und somit auch einen Draht zum amerikanischen Markt zu finden. Das war ein wirklich schwieriges und schweres Album! Es hat aber schon seine Momente.
"The Thrill Of It All" (1996 - d. Verf.), unser Album danach, war eine merkwürdige Platte. Wir haben uns als Band damals hinterfragt. Sie ist sehr, sehr merkwürdig! Du kannst auf die Platte zurückschauen und sie ist immer noch eine merkwürdige Veröffentlichung.
"Giving The Game Away" (1999 - d. Verf.) ist eine sehr komplizierte Platte. Da haben wir nach einer anderen Möglichkeit gesucht, eine Rockplatte zu machen und entfernten uns dabei vom klassischen THUNDER-Stil. Danach haben wir für einige Jahre nichts gemacht und dann kamen wir wieder zusammen.
"Shooting At The Sun" (2003 - d. Verf.) wiederrum ist, für die damaligen Verhältnisse, ein gutes Statement und wieder eine Rockplatte, wie wir sie üblicherweise machen würden. Diese Platte (das aktuelle "The Magnificient Seventh"-Werk) geht noch mehr in die Richtung, vor allem was die elektrischen Gitarren angeht. Das vorige Album wurde sowohl mit akustischen und elektrischen Gitarren und Piano komponiert. Dieses Album wurde ausschließlich mit elektrischen Gitarren komponiert und die Einfachheit der Stücke hat seinen Ursprung darin. Es drückt sich sehr gut in der Musik aus.

Tolga:
Der Grund, warum ich dich gefragt habe, ist der, dass normalerweise die meisten Musiker zu ihrem aktuellen Album immer die Standardphrasen à la "das ist die beste Platte, die wir gemacht haben etc." benutzen. Aber nach einer gewissen Zeit sagen die meisten "dies oder jenes hätte man besser machen können".

Danny:
Ich denke, dass eine Platte ein Schnappschuss deines aktuellen Könnens ist. Das ist der Punkt! Du versuchst immer die beste Platte zu dem jeweiligen Zeitpunkt aufzunehmen. Wenn du zu dem Zeitpunkt mit der Platte nicht zufrieden bist, dann veröffentlichst du die in der Regel auch nicht. Wenn du auf der anderen Seite mit dem Resultat zu dem Zeitpunkt zufrieden bist, dann veröffentlichst du natürlich auch die Platte. Alles was du machst, alles was du erschaffst... Du kannst nicht zurückgehen und nach einer gewissen Zeit sagen: "Das hätte ich besser machen können!" Was ich den Leuten zu erklären versuche, ist, dass ein Grund, warum du besser wirst, an den Sachen liegt, die du gemacht hast. Die Dinge, die du gemacht hast, versuchst du im Vergleich zum letzten Mal besser zu machen. Wenn du's nicht machst, wirst du auch nicht besser! Du kannst nicht auf deine Platten zurückschauen und sagen: "Das kann ich jetzt viel besser als damals." Ein Grund ist der, dass du's besser machen könntest, doch du hast die Platten damals nun mal so aufgenommen. Letzten Endes ist es nur Übung!

Tolga:
Das stimmt schon. Du musst Fehler machen, um daraus zu lernen!

Danny:
Yeah, du musst Dinge machen um daraus zu lernen. Um sie gut zu machen! Wichtig ist, zu wissen, was du nicht so gut kannst. Es ist alles ein Teil des Prozesses, wenn wir z.B. nochmal auf die letzte THUNDER-Platte zu sprechen kommen. Ein Grund, warum die Platte so gut ist, ist der, dass wir sie in einer entspannten Atmosphäre aufgenommen haben. Wir haben das Bedürfnis runtergeschraubt, das Rad neu zu erfinden oder die beste Rockplatte überhaupt aufzunehmen.
Wir gingen einfach ins Studio, stöpselten unsere Instrumente ein, schraubten ein bisschen an den Songs herum und nahmen sie dann auf. Wir hörten uns dann die Bänder an und sagten uns: "Haben wir jetzt schon das Album komplett oder nicht?" Wir waren der Meinung, dass wir noch ein paar Songs brauchten. Also schrieben wir noch ein paar Songs, nahmen noch ein paar Songs auf und hörten uns das am Ende an und sagten dann: "Yeah!" Das war eine gute Erfahrung, dahingehend, wie wir in der Vergangenheit Platten aufgenommen haben. Es war schon sehr relaxt, wie wir an das Album rangegangen sind.

Tolga:
Was denkst du über Rock- und Metal-Medien generell und die Internet-Webzines im Speziellen?

Danny:
Ich denke, wie ich vorhin schon aufgeführt haben, dass das Internet es den Leuten vereinfacht, etwas herauszufinden. Ich denke auch, dass das Internet es für jeden einfacher macht. Du brauchst nur einen Computer und etwas Ahnung darüber, wie du auf eine Webseite surfst, um als ein Musikjournalistisch tätig zu sein. Ich denke nicht, das dadurch der Standard des Journalisten nach oben verschoben wird. Da draußen sind eine Menge Leute, die über einen Computer und eine Webseite verfügen, aber vorher schon ein bisschen lernen sollten sich auszudrücken, bevor sie sich an die Rezension von CDs heranmachen. Der Standard ist schon sehr gering! Ich denke aber, das sich hierbei die Spreu vom Weizen trennen wird. Diejenigen die gut sind, werden auch dabei bleiben und besser werden und der Rest wird von der Schippe springen!

Tolga:
Liegt dir noch was auf dem Herzen, was du deinen deutschen Fans unbedingt noch sagen möchtest?

Danny:
Ich habe eine riesige Sockensammlung!

Tolga:
(Ungläubig) Du hast eine was?!

Danny:
Socken! Das, was man sich über die Füße stülpt.

Tolga:
Ja, ja, ich weiß, was du meinst. Eine riesige Sockensammlung!(Kann mir das Lachen wirklich nicht verkneifen, denn wer hat schon i.d.R. eine Sockensammlung)

Danny:
Eine riesige Sockensammlung! Genauso farbenreich wie der Regenbogen.

Tolga:
Alle Farben, die man gemeinhin vom Regenbogen her kennt? Und alles dazwischen?

Danny:
Ich hab alles! Ich hab wirklich jede Farbe, die du dir vorstellen kannst. Die größte Sockensammlung der Welt!

Tolga:
Wie viele Socken hast du denn?

Danny:
Kann sie nicht zählen.

Tolga:
Eine letzte Frage noch: Bist du immer noch auf KYLIE MINOGUE sauer, weil sie euch damals bei "Laughing On Judgement Day" den ersten Platz in den UK-Charts streitig gemacht hat, und das mit einem "Best Of"-Album wohlgemerkt?

Danny:
Das ist mittlerweile dreizehn Jahre her und ich hatte genug Zeit um ihr zu verzeihen.

Tolga:
(Lachend) Aber sie ist zurück!

Danny:
Sie ist wieder zurück und ihr scheint's auch gut zu gehen, und ich liebe sie wirklich. (Hoffen wir, dass es ihr bald besser gehen wird. Als ich das Gespräch geführt habe, war noch nix von Brustkrebs in den Medien zu lesen bzw. zu sehen - d. Verf.)

Tolga:
Kennst du sie persönlich?

Danny:
Nein, aber sie benutzt das selbe Mikrofon wie ich. Genau das selbe und nicht nur das selbe Modell. Wir haben einen gemeinsamen Freund. Sie hat einen Freund bei Sennheiser und ich hab den selben Freund. Und wir benutzen das selbe Mikrofon. Ich kenne ihr Mikrofon und das macht mich glücklich!

Tolga:
Dann habt ihr ja etwas gemeinsam!

Danny:
Wir haben viel gemeinsam.

Redakteur:
Tolga Karabagli

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