SWEEPING DEATH: Markus Heilmeier über "Devotion To The Absurd Night"

21.05.2025 | 11:09

Wer über traditionellen und spannend arrangierten Heavy Metal spricht, der kommt im hiesigen Underground schon seit Jahren nicht an SWEEPING DEATH vorbei. Seit der Bandgründung veröffentlichen die Bayern schon tolle Musik und auch das neue Album "Devotion To The Absurd Night" stellt hier keine Ausnahme dar, sondern legt wieder ein echtes Pfund vor und hat sogar ein paar neue musikalische Ansätze im Gepäck. Dass wir nun auch einmal Gitarrist Markus Heilmeier zum Interview bitten mussten, versteht sich bei diesen Voraussetzung schon fast von selbst.

Hallo Markus, erst einmal vielen Dank, dass du dir Zeit für uns nimmst und von mir einen Glückwunsch zum neuen Album "Devotion To The Absurd Night"! Nun ist es ja schon knapp sieben Jahre her, seit wir das letzte Mal zum Release eurer Debüt-EP "Astoria" miteinander gesprochen haben (zum Interview). Wie zufrieden seid ihr mit der Entwicklung, die SWEEPING DEATH in dieser Zeit gemacht hat?

Markus: Hi Tobias, erstmal vielen Dank für die Glückwünsche und eure langjährige Begleitung! Wenn wir auf die letzten zehn Jahre zurückblicken, sehen wir eine Reise voller Wachstum, Umbrüche und kreativer Neuausrichtung. SWEEPING DEATH hat sich in dieser Zeit nicht nur musikalisch, sondern auch konzeptionell deutlich weiterentwickelt. Vom verspielten Prog-Thrash der Anfangstage hin zu einer düsteren, anspruchsvolleren Klangwelt, in der Atmosphäre, Text und Sound eine tiefere Einheit bilden.

Wir haben gelernt, Geduld zu haben – mit uns selbst, mit dem Prozess, mit der Kunst. Und genau das spiegelt "Devotion To The Absurd Night" wider: Ein Album, das nicht gefallen will, sondern etwas ausdrückt. Ein Werk, das uns so nah ist wie keines zuvor. Natürlich war es kein geradliniger Weg – aber wir sind stolz auf das, was daraus geworden ist. Und gleichzeitig hungrig auf alles, was noch kommen wird.

Gänzlich ohne Line-up-Wechsel seid aber auch ihr zuletzt nicht ausgekommen, denn mit Andreas Bertl ist euer Bassist im Jahr 2024 ausgestiegen und wird nun von Martin Kauschinger ersetzt. Wie kam es dazu und wie fügt sich Martin ins Bandgefüge ein?

Die letzten Jahre mit Andreas waren für uns super – wir haben viel zusammen erlebt, geschrieben, gespielt. Aber wenn man fast ein Jahrzehnt zusammen unterwegs ist, kommt irgendwann der Moment, wo sich Wege auch mal trennen. Andreas hat uns dann mitgeteilt, dass er nicht mehr Teil der Band sein möchte – und nach einem ersten Moment der Ratlosigkeit war für uns klar: Wenn jemand Neues kommt, dann muss es nicht nur am Bass stimmen, sondern auch zwischenmenschlich.

Glücklicherweise hat sich Kauschi proaktiv bei uns gemeldet – er war auf einem Konzert mit EXODUS da, hat uns am Merch angesprochen und erzählt, dass er Bass spielt und eine Band sucht. So einfach kann's gehen. Wir haben uns getroffen, gejammt, und es hat direkt gefunkt. Und deshalb war für uns schnell klar, dass wir mit ihm weitermachen wollen. Jetzt sind wir wieder komplett und verdammt froh darüber.

Nun aber zurück zu eurem neuen Album "Devotion To The Absurd Night", das wie alle anderen Releases ebenfalls starke neun Zähler von mir bekommen hat. Was hat es mit dem Titel und vor allem dem zweigeteilten Titeltrack auf sich?

Der Titel "Devotion To The Absurd Night" bringt eigentlich auf den Punkt, worum es uns auf dem Album geht. "Absurd Night" steht für all die dunklen, chaotischen, zermürbenden Phasen, die uns in den letzten Jahren begleitet haben – sei es durch Depressionen, Panikattacken oder diese oft lähmende Leere, die nach der Pandemiezeit irgendwie hängengeblieben ist. Und "Devotion" – die Hingabe – ist unser Gegenentwurf. Unsere Antwort auf das Chaos. Für uns war das Musikmachen immer auch ein Weg, mit all dem umzugehen. Es klingt vielleicht nach Pathos, aber es ist so: Wenn man sich mit ganzem Herzen in die Kunst wirft, kann man aus dem Absurden etwas Sinnvolles formen.

Deshalb wollten wir dem Albumtitel auch mehr Raum geben – und ihn direkt als Konzepttrack aufteilen. In 'Devotion' geht es um diesen Dialog zwischen Künstler und Werk, um Zweifel, Unvollkommenheit, aber auch das Dranbleiben. 'To The Absurd Night' setzt dann fort, was passiert, wenn man diese dunkle Seite annimmt und daraus etwas formt.

Die Idee, einen Titeltrack aufzuteilen, kam tatsächlich durch GOJIRA – bei "From Mars To Sirius" fanden wir das Konzept mega. Und wir dachten: Warum nicht selbst sowas wagen?

In Sachen Artwork habt ihr wie gewohnt ebenfalls wieder ein ordentliches Pfund vorgelegt, denn das sehr surreal angehauchte Motiv ist wieder einmal wunderschön! Wer hat den Pinsel hier geschwungen? Und was hat es mir dem Motiv auf sich?

Das Artwork stammt von Travis Smith – ein echter Gigant in seinem Metier und bekannt für seine Arbeiten mit OPETH oder DEATH ("Sound Of Perseverance"). Und gerade OPETH war für mich persönlich immer ein riesiger Einfluss – musikalisch wie ästhetisch. Eli hatte Travis schon vor ein paar Jahren mal angeschrieben, als es um "In Lucid" ging, doch damals hat es noch nicht geklappt, aber wir hatten ihn weiter auf dem Schirm. Jetzt hat's endlich gepasst, und wir sind total happy mit dem Ergebnis.

Das Motiv selbst greift sehr bewusst das Konzept der Absurdität auf – angelehnt an Albert Camus' "Mythos des Sisyphos". Für uns steht dieser Figur, die den Stein den Berg hochrollt, gar nicht für Verzweiflung, sondern für Akzeptanz. Camus sagt ja: "Man muss sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen." Und genau darum geht es auch in unserer Platte. Der Rabe oben auf dem Stein soll die Hingabe symbolisieren – als würde er die ganze Absurdität überblicken, mit ausgebreiteten Flügeln. Etwas düster, etwas dramatisch, so wie die Musik.

Wieder einmal gibt es auch zwei Piano-Stücke, die als dramatische Zwischenspiele dienen und von eurem Schlagzeuger Tobias Kasper eingespielt wurden. Wie wichtig ist für euch der Hörfluss und die Dramatik einer Platte in ihrer Gesamtheit? Ist das etwas, das ihr beim Songwriting konstant im Blick habt? Oder ist es eher so, dass ihr nach Fertigstellung aller Songs versucht, alles zu einem schlüssigen Album zusammenzufügen.

Dramatik, Hörfluss und der Gesamteindruck, den das Album beim Hörer hinterlässt, sind für uns grundsätzlich sehr wichtig. Diesmal war das beim Schreiben von daher ein relativ bewusster Prozess, da Tobi die Demos für die Songs komplett allein geschrieben hat. Herausgekommen ist dabei ein Album, das viel mehr aus einem Guss ist und für unsere Verhältnisse sehr sinnvolle Abläufe und Spannungsbögen produziert. Auf den vorigen Releases waren von Anfang an mehrere Schreiber tätig, was dem Material von Grund auf mehr Sprunghaftigkeit verliehen hat. Ich denke, diesmal zieht sich ein deutlicher roter Faden durch das Album.

Nun seid ihr ja nach der EP "Tristesse" zum Albumformat zurückgekehrt, was mich ehrlich gesagt etwas überrascht hat. Da ich selbst als Musiker unterwegs bin und intern zuletzt oft in meinen Bands die Diskussion geführt habe, ob eine EP doch eher zum kurzlebigen Zeitgeist passt, hätte ich erwartet, dass ihr beim kompakteren Format bleibt. Wart ihr selbst mit dem Format nicht zufrieden oder warum die Rückkehr zum Langformat?

Die "Tristesse"-EP hat sich für uns damals einfach richtig angefühlt. Nach einem sehr intensiven Album-Zyklus mit "In Lucid" war der Wunsch nach einem kompakteren Release einfach groß. Bei "Devotion To The Absurd Night" war es sehr ähnlich. Wieder einen Longplayer zu schreiben und zu produzieren, hat sich einfach nach dem logischen nächsten Schritt angefühlt. Dabei waren Überlegungen, ob ein komplettes Album noch in den Zeitgeist passt, ziemlich zweitrangig. Es war eine künstlerische Entscheidung wieder dieses Format zu wählen. Es hat sich auch gezeigt, dass wir uns nach wie vor mit dem Albumformat am wohlsten fühlen. Wir sind glücklicherweise eine Band mit sehr großem kreativen Potential, die Ideen gehen uns auf jeden Fall nicht so schnell aus. Man darf also gespannt sein, was da so in Zukunft passiert.

Wo wir gerade bereits das Thema der Veröffentlichungspolitik angeschnitten haben: Ihr geht mit "Devotion To The Absurd Night" insofern neue Wege, dass ihr für CD-Käufer zwar alle Songs sofort zur Verfügung stellt, digital aber die Tracks nur nach und nach veröffentlicht. Auch das passt ja zur heutigen Zeit, in der man als Band dauerhaft sichtbar sein muss, um auf Spotify und Co. Streams zu generieren. Mich würde interessieren, wie eure bisherigen Erfahrungen mit dieser Herangehensweise sind? Viele Menschen testen ja auch gerne ein Album digital an, bevor sie es physisch kaufen. So kurz nach dem Release sind die Zahlen da sicher noch nicht belastbar, trotzdem würde mich euer erster Eindruck interessieren.

Bisher sind wir sehr zufrieden damit, wie der Release so läuft. Wir haben ein ganzes Album mit hammermäßigen Songs und es wäre einfach schade, wenn ein Großteil der Songs kaum gehört wird, weil sich die Leute nur die ersten zwei bis drei Songs auf dem Album anhören. Da kommt uns diese neue Form der Veröffentlichung, in der wir einfach jeden Song nach und nach zur Verfügung stellen, sehr gelegen. Und wer das Album jetzt schon komplett hören will, der hat eben die Möglichkeit die CD oder die Vinyl zu bestellen (und bekommt dabei natürlich das Album auch digital als Download zur Verfügung gestellt). An dieser Stelle auch vielen Dank an all die Leute, die genau das machen und unsere CDs und Merch bestellen. Ihr helft uns damit sehr!

Jetzt sprechen wir schon über die Veröffentlichungspolitik der kommenden Monate, da liegt natürlich auch die Frage nach anstehenden Konzerten nicht fern. Wo können euch unsere Leser und Leserinnen in den kommenden Monaten mit den frischen Songs denn live erleben?

Wir freuen uns sehr, unser neues Album "Devotion To The Absurd Night" endlich live auf die Bühne zu bringen! In den kommenden Monaten habt ihr bei folgenden Terminen die Chance die neuen Songs live zu erleben:

28.05.2025 – Der Schwarze Keiler, Stuttgart (DE)
13.06.2025 – Iron Fest Open Air, Schönenberg-Kübelberg (DE)
12.07.2025 – Pure Fucking Metal Festevil, Laberweinting (DE)
02.10.2025 – Backstage Club, München (DE)

Weitere Shows für Herbst 2025 sind in Planung – wir halten euch über unsere Kanäle auf dem Laufenden. Wir freuen uns darauf, euch dort persönlich auf das ein oder andere Bier zu treffen!

Damit sind wir auch schon am Ende angekommen. Ich möchte mich nochmals bei euch für die Zeit bedanken! Und natürlich könnt ihr an dieser Stelle unseren Lesern auch noch etwas mit auf den Weg geben:

Vielen Dank, Tobias, für das Interview und eure Unterstützung bei POWERMETAL.de bei jedem unserer bisherigen Alben! Ein großes Dankeschön an alle, die uns unterstützen – für euren Zuspruch, eure Bestellungen und eure Leidenschaft zur Musik. Es freut mich, dass es in einer kurzweiligen Zeit wie heute noch Leute gibt, welche die Zeit mitbringen, sich proaktiv mit Musik zu beschäftigen. Ohne euch wäre das alles nicht möglich. Ebenso danken wir unserem Label Unholy Fire Records für die starke Zusammenarbeit und das Vertrauen in unser neues Album "Devotion To The Absurd Night". Bleibt uns treu, wir sehen uns auf den Bühnen dieser Welt.

 

Photocredit: Michael Paganiatz

Redakteur:
Tobias Dahs

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