POWERMETAL.de: The Essentials - Platz 30 - 21
10.06.2017 | 10:55Das Leben hat ein bisschen dazwischen gefunkt, aber endlich geht es weiter mit unserer "Essentials"-Reihe. Dieses Mal widmet sich Redaktionslegende Holger Andrae den Plätzen 30 - 21 und reiht dabei natürlich wieder Klassiker an Klassiker. Viel Spaß!
Peter Kubaschk
- Chefredakteur -
Wir sind inzwischen bei den Top 30 angelangt und ich darf Euch mit Freude verkünden, dass auch der nächste 10er-Block eine bunte Facettenvielfalt bereithält. Neben etablierten Namen gibt es mindestens noch eine riesengroße Überraschung, die ich nicht so weit oben erwartet habe. Aber Schritt für Schritt.
Platz 30 geht an eine Band, die immer wieder als Liebling der Presse bezeichnet wird. Es ist eine Band, die der Schreiber dieser Zeilen als "die beste Liveband im Sektor Heavy Metal" ansieht und jeder, der die Truppe einmal live erleben durfte, wird mir hier zustimmen. Selbst an einem schlechten Tag, fegen die Gepanzerten Heiligen jede andere Band von der Bühne. Ach, das hatte ich bereits bei Platz 61 geschrieben? Egal. Die Wahrheit kann man nicht häufig genug wiederholen. Dass ARMORED SAINT auch in unserer Redaktion extrem beliebt ist, zeigt die hohe Platzierung ihres 91er Feuerwerks namens "Symbol Of Salvation". Man mag gar nicht fassen, unter welch' schlechtem Stern diese Scheibe entstanden ist, verstirbt Gitarrist Dave Prichard doch während der Demoaufnahmen an Leukämie und hinterlässt eine Truppe, die ohne ihn eigentlich nicht weitermachen möchte. Ein Glück für uns, dass sich die Herrschaften anders entschieden haben. Dieses Album ist ihm gewidmet und das erste Solo das sieben Minuten langen 'Tainted Past' stammt noch von ihm und zählt zu den unzähligen Highlights dieser Energiescheiblette. Weitere Granaten hören auf solch' bezeichnende Titel wie 'Spineless' oder 'Warzone', in welchen die Band so richtig auf's Gaspedal tritt und ihrem Unmut über die letzten Jahre freien Lauf lässt. Aber auch der mitreißende Opener 'Reign Of Fire', das rhythmisch spannende 'Tribal Dance', sowie die ruhigen Songs 'Last Train Home' und 'Another Day' sorgen für brennende Unterwäsche. "Symbol Of Salvation" ist, wie schon "Delirious Nomad", ein Album, welches immer und unwillkürlich mitreißt, die Laune ansteigen lässt. Im Gegensatz zum weiter unter platzierten Knülleralbum addiert sich hier aber eine organisch kraftvoll klingende Produktion hinzu und lässt den Hörer so etwas schneller Einstieg in die Musik finden. Dies sehen zumindest Alex, Frank, Marius, Walter und Marcel so und hieven diesen Energiebündel somit auf einen wohlverdienten 30. Platz in unserer Auflistung. Falls es irgendeinen Leser dieser Seiten gibt, der sich noch nicht mit ARMORED SAINT beschäftigt hat, gibt es hier nun den dringenden Aufruf, dies schleunigst zu ändern. Besser geht Heavy Metal nämlich nicht.
Eine gänzlich andere Baustelle ist das nächste Album, welches auf Platz 29 die tiefste Platzierung mit sieben Einzelnennungen ist. Yvonne, Alex, Timon, die beiden Steph(f)ans, Tobias und Ben haben das Debütalbum von RAGE AGAINST THE MACHINE nominiert. Das Album darf man wohl ohne Frage zu den wegweisenden Veröffentlichungen des Crossover zählen und Tom Morellos' Gitarrenspiel ist unbestritten einzigartig. Die beiden Megahits 'Killing In The Name Of' und 'Bombtrack' sind megafiese Ohrwürmer, deren Riffs man tagelang nicht aus dem Kopf bekommt, wenn die Dinger irgendwo im Hintergrund laufen. Aber auch die anderen Nummern des Albums haben es in sich. Extrem wuchtige Beats treffen auf fette Riffs und darüber philosophiert Sänger Zack De LaRocha über Politik und soziale Ungerechtigkeiten. Man merkt schnell, dass der Bandname nicht grundlos gewählt wurde. So ist auch das Coverphoto des Albums nicht ohne Brisanz, zeigt es doch den vietnamesischen Mönch Thích Quảng Đức , der sich 1963 in Saigon aus Protest gegen die Regierung verbrannte. Die Band hat offenbar einiges zu sagen, ist wütend und agiert live mit der Angepisstheit einer Punkband. Das kommt so gut an, dass man in den USA mal eben die Pole Position in den Charts einnehmen kann. Ein Album, welches in den 90ern sicherlich auf vielen Parties für ekstatisches Herumgezappel gesorgt haben wird.
Nach einem Exkurs in die Moderne setzen wir uns auf Platz 28 nun wieder in die alte Schule und huldigen einer Band, die in kultigen Zirkeln als ganz besonders kultig gehandelt wird. Ob Frank, Martin, Rüdiger, Michael und Walter auch in solchen Kreisen unterwegs sind, weiß man nicht. Was ihre Listen allerdings widergeben ist eine bestätigende Meinung zur Klasse jener amerikanischen Truppe. Ob die alleswissenden Kultiker aber die Meinung über die Wahl des Albums teilen, mag angezweifelt werden, gilt doch zumeist das Debütalbum als das Kultalbum schlechthin. Nun, es ist unsere Liste und in eben jener steht "Warning Of Danger", das zweite Album von OMEN. Es ist nun müßig darüber zu diskutieren, ob der Vorgänger "Battle Cry" besser ist als dieses Zweitwerk, denn faktisch ist die Musik auf beiden Alben großartig. Die Kombination aus Melodieführung, Härte und dieser Stimme ist ziemlich einzigartig. Die Stimme des leider im Jahr 2003 von uns gegangenen JD Kimball hat eine Klangfarbe, die mit keiner anderen Stimme vergleichbar ist. Manchmal wird er mit John Arch von FATES WARNING verglichen, was – neben dem Umstand, dass es ein größeres Kompliment kaum geben kann - aber nicht ganz zutrifft. Kimballs' Stimme ist rauchiger und weniger zerbrechlich klingend als die von Mister Arch und passt so ganz hervorragend zu den eleganten Notenfolgen des Gitarristen Kenny Powell. Der Mann der früher bei den ebenfalls genialen SAVAGE GRACE in die Saiten gehauen hat, zaubert hier ein Feuerwerk der Sonderklasse ab, welches von Jody Henry (bs) und Steve Wittig (dr) mit erstklassiger Rhythmik unterlegt wird. Schon der eröffnende Titelsong kann alles und im weiteren Verlauf gibt es mit 'Don't Fear The Night', 'Make Me Your King' und 'Ruby Eyes (Of The Serpent)' weitere Knaller. Wer gern eine kleine Geschichtsstunde in Sachen US Metal machen möchte, sollte unbedingt OMEN auf seinen Lehrplan schreiben.
Die Band, die Platz 27 eingespielt hat, habe ich bereits als Parallele in der vorherigen Abhandlung erwähnt. Dieses, dritte Werk des Quintetts aus Connecticut gilt in bestimmten Kreisen als der Heilige Gral des US Metal und ich höre jetzt schon einen Aufschrei in einem niedersächsischen Musikkeller, wenn der Besitzes eben jenes die Platzierung dieses Rundlings liest. Die meisten unter Euch werden es schon ahnen: Die Rede ist natürlich von "Awaken The Guardian", dem Überalbum von FATES WARNING. Es ist das erste Album mit Frank Aresti an der Gitarre, der den ausscheidenden Victor Arduini ersetzt und das letzte Album der Band mit Ausnahmesänger John Arch(ambault), der die Band aus freien Stücken verlässt und durch Ray Alder ersetzt wird. Hatte schon der Vorgänger "The Spectre Within" für Superlative in den einschlägigen Magazinen und Fanzines gesorgt, so dreht die Presse bei "Awaken The Guardian" komplett am Rad. Gerade die damals florierende Fanzine-Szene überschlägt sich förmlich. Detaillierteste Analysen unter Kopfhörern werden in seitenlangen Reviews nieder geschrieben und auch das bedeutungsschwangere Artwork wird bis zum letzten Pinselstrich unter die Lupe genommen. Die Band, allen voran ihr in sich gekehrter Kopf Jim Matheos, gibt bereitwillig Auskunft, ohne aber zu viel zu verraten und betont, dass sie dem Hörer den nötigen Freiraum für eigene Fantasien lassen möchte. Der Titel 'Fata Morgana' ist vielleicht als bezeichnend zu titulieren, überschreibt er doch das, was man als musikbegeisterter Forscher immer wieder vor Ohren zu haben glaubt, wenn die unglaublichen Verschmelzungen von verschachtelter Rhythmik, feingliedrigen Melodien und den atemberaubenden Gesangslinien des Herrn Arch vernimmt. Auch wenn man sich 31 Jahre später in gewisser Weise an das Ergebnis gewöhnt hat, weil man "Awaken The Guardian" unendlich häufig abgespielt hat, ist man noch immer bei den ersten Tönen von 'The Sorceress' komplett in einer anderen Welt. Ein Album zum Dahinschmelzen, zum Abtauchen oder ganz schlicht zum Genießen, welches bis heute nicht einen Funken seines Glanzes verloren hat. Unsterbliche Musik eben, deren persönlicher Höhepunkt für mich der Quasi-Titelsong 'Guardian' darstellt, welcher wohl den Preis für die best-bescherte Entenpelle von mir verliehen bekommt. Eine Halbballade, in der sich John Arch so richtig austoben kann und deren Chorus-Melodie man nur lauthals mitsingen kann. Es geht nicht anders! Wie automatisch, öffnen sich die Lippen und man singt die Worte, die man tausendfach in sich aufgesogen hat. Hach … schon beim Schreiben habe ich Gänsehaut. Wer es gern etwas zackiger mag, sollte seine Ohren ins abschließende 'Exodus' hinein halten. Eingeleitet vom träumerischen Instrumental 'Long Time Past' steigert sich dieser progressive Doomster am Ende zu einem hackend-harten Schmetterlingskiller. Eine ganz andere Seite zeigt die Band im flinken 'Valley Of The Dolls', wo mal richtig die Post abgeht. Es ist schon mehr als erstaunlich, dass solche Musik damals in den Billboard Charts auf Platz 191 landen konnte und sich sogar vier Wochen lang dort halten konnte. Hört man nur einmal die komplexen Songstrukturen von 'Prelude To Ruin', fragt man sich, wie dies gelingen konnte. Massentauglich geht anders. Da ich jetzt eh schon über jeden Song ein paar Zeilen verloren habe, will ich natürlich auch 'Giants Lore' nicht verschweigen. Eine Nummer, so verzaubernd, dass ein wundervolles Magazin in den 80ern eben jenen Titel trug und bis heute zu den Nachschlagewerken ehrenamtlicher Musikliteratur zählt. Die Altherrenriege Thunderlaan, Fähnrich, Kubaschk, Jäger und Andrae haben dieses Wunderwerk zu dieser Position in unserer Liste verholfen. Den jüngeren Kollegen sei an dieser Stelle der freundliche Rat mit auf den Weg gegeben, in dieses Jahrhundertwerk einmal hinein zu hören.
Auf Platz 26 verweilen wir in den 80ern, wenden unser Augenmerk aber nun nach Europa. Eine Band, die man wohl unumstritten als Pioniere eines Subgenres bezeichnen darf, ist hier nun mit ihrem zweiten Album vertreten und wurde von Rüdiger, Peter, Frank, Marius, Simon und Holger hierhin gewählt. Die Rede ist von "Nightfall", einem der beiden Überalben von CANDLEMASS. Das erste Album mit unserem Gemüse-Mönch Messiah Marcolin am Mikrophon bietet alles, was der Freund des epischen Doom erwartet: Epische, hoch melodische und manchmal von etwas flotteren Passagen abwechslungsreich gehaltene Hymnen, die auch 30 Jahre nach ihrer Veröffentlichung bei jedem Anhören noch immer faszinieren. Allein der Jahrhundertsong 'Samarithan' reicht aus, um dieses majestätische Werk zu feiern. Dieser Song kann nämlich einfach mal alles! Das zum Debüt veränderte Line Up – übrig geblieben sind nur Leif Edling (bs.) und Mappe (gt.) – hat die sagenhafte Qualität des Vorgängers mindestens halten können. Allerdings hat man als Boni mit Axis ein finanzkräftigeres Label im Rücken und in Messiah Marcolin einen Frontmann, der nicht nur optisch und gesanglich heraussticht. Der gute Mann hat etliche Ideen und ist unter anderem für die Wahl des sensationellen Artworks, die Umbenennung des Albums von "Gothic Stones" in eben "Nightfall", sowie das Einspielen von Puccinis' 'Marche Funebre' verantwortlich. Obendrein gibt es ein hochgradig kultiges Video zum hamelninger Rattenfängersong 'Bewitched'. Ein Clip, der aus heutiger Sicht zwei Besonderheiten aufweist. Zum Einen sehen wir in einer kurzen Szene Dead von MAYHEM, zum Anderen ist für diesen Clip kein Geringerer als Jonas Åkerlund verantwortlich, der später so kleine Künstler wie Roxette, Madonna ("Ray Of Light"), Metallica oder Lady Gaga bildtechnisch betreuen darf. Wegweisend. Nicht ganz klar ist der Umstand, wie viele Gitarren auf dem Endresultat von Mike Wead zu hören sind. Dieser war nämlich für eine kurze Zeit Mitglied der Band, weil sich Lars Johannson einen Arm gebrochen hatte. Das kann uns ziemlich egal sein, solange das Ergebnis so klingt, wie es klingt. Diese Klampfen sind einfach mal fett. Sie spritzen förmlich aus den Boxen und schlagen in Sachen Urkraft und Dynamik mal eben jeden modernen Klampfensound. In Sachen Doom mit Gemüse ist "Nightfall" die ultimative Gourmetvollbedienung. Ein Album, welches den Begriff "Heavy Metal" definieren kann. Mehr muss ich wohl nicht schreiben.
Es folgt eine vielleicht etwas ungewöhnliche Wahl, wenn man auf diese Band schaut und sieht, wo der vermeintliche Klassiker in unserer Aufzählung gelandet ist. Aber dafür sind solche Listen ja gut. Man hat Stoff zum Diskutieren, zum Aufregen, zum Wundern oder einfach nur eine Anregung, ein lange nicht mehr gehörtes Album mal wieder aufzulegen. Lange Rede, kurzer Sinn: Platz 25 ist "Seasons In The Abyss" von SLAYER. Sebastian, Rüdiger, Alex, Walter, Chris, Marcel und Thomas haben sich (unter anderem) für dieses Album der Totschläger entschieden und werden damit sicherlich für Erstaunen sorgen, gilt doch gemeinhin der Blutregen als DIE Slayer-Scheibe, wenn nicht sogar als DAS Thrash-Album. Während die Herrschaften anno 1986 aber ausschließlich im Nick-Knatterton-Modus durchs Geäst gehastet sind, wird vier Jahre später mehr Wert auf Abwechslung gelegt. Allein das alles vernichtende Dreiergespann 'War Ensemble', 'Dead Skin Mask' und 'Seasons In The Abyss' machen diese Scheibe zu einem Highlight in der Diskografie des Quartetts. Diese drei Songs allein zeigen die neu gefundene Bandbreite der Herrschaften, die hier vorerst zum letzten Mal mit Drummer Dave Lombardo arbeiten. Während das eröffnende 'War Ensemble' blutrünstig seinem Titel alle Ehre macht, kommt 'Dead Skin Mask' mit seinem Ed-Gein-Gedächtnis-Text herrlich gruselig um die Ecke geschlichen. Selten hört man Tom Araya so furchteinflößend singen. Der abschließende Titelsong überrascht dann mit einer Breitwandmelodie im Chorus, die man so von der Band bis dahin auch noch nicht gehört hatte. Dazwischen gibt es sieben Mal ordentlich die Hucke voll. Kein Wunder, dass man mit diesem Album einen beachtlichen 40. Platz in den Billboard Charts landen kann, denn hier bekommt man als Freund aller Phasen der Band etwas geboten.
In komplett anderen musikalischen Gefilden segelt das nächste Quintett aus Kentucky, welches mit seinem Erstling einen – sicherlich nicht nur aus meiner Sicht – erstaunlichen Platz 24 in unserer Liste belegen kann. Aus völlig unverständlichen Gründen ist "Programmed" von LETHAL nämlich bis heute ein Insider-Tipp geblieben, welcher in unserer Redaktion allerdings von den Herren Thunderlaan, Fähnrich, Kubaschk, Jäger, Meyer, Lühring, Becker und Andrae wertgeschätzt wird. Auf dem wundervollen Album huldigt die Band um Ausnahmesänger Tom Mallicoat den Stil der ganz frühen QUEENSRYCHE und erreicht auch deren Qualitätsniveau. Allein aus diesem Grund sollten vor allem Freunde dieser Stilistik ganz dringend "Programmed" auf ihre Einkaufslisten schreiben. Die Platte ist aus kommerzieller Sicht damals gefloppt, obwohl die Band bereits von ihrem 87er Demo "The Arrival" über 2000 Kopien absetzen konnte. Selbst ein Videoclip zum Übersong 'Immune' konnte daran wenig ändern. Ob das ursprünglich als Auskopplung geplante 'Killing Machine' in dieser Hinsicht erfolgreicher abgeschnitten hätte, wage ich zwar zu bezweifeln, aber diese ebenfalls rattenscharfe Nummer als weiteren Clip nachzuschieben, hätte eventuell nicht geschadet. Aber das hätte ja Geld gekostet. Anyway, die Band ist in den letzten Jahren immer wieder auf deutschen Festivals unterwegs gewesen und hat jedes Mal begeistern können. Von daher wird ihr ein kleiner Teil des längst überfälligen Ruhmes nun zuteil. Sollte es noch Leser ohne gültigen LETHAL-Tonträgergut geben: Jetzt ändern!
Der von sechs Kollegen gewählte Kandidat ist das höchstplatzierte Album aus deutschen Schmieden. Ein Album, welches damals als Sensation gefeiert wurde und welches als Blaupause für all' das, was heute als Melodic Speed Metal gehandelt wird, dient. Die Rede ist natürlich vom ersten HELLOWEEN-Album "Walls Of Jericho", das 1985 kurz nach einer ebenfalls grandiosen Fünf-Song-EP veröffentlicht wird und der einzige Longplayer der Band, auf welchem Kai Hansen singt. Da er selbst die Doppelbelastung als Frontmann und Gitarrist nicht mehr möchte, kommt zum nächsten Album Michael Kiske in die Band. Auf "Walls Of Jericho" und den damaligen Konzerten merkt man ihm davon wenig an. Vielmehr hat man rückblickend den Eindruck, HELLOWEEN ohne festen Sänger würden deutlich härter klingen als später. Obwohl auch auf diesem Album etliche Melodien aus einem Würfelbecher gepurzelt zu sein scheinen, haben alle Kompositionen den nötigen Biss, um sich von all' den nachfolgenden Jodel-Kapellen abzuheben. Man höre nur das ultra-melodische 'Guardians', in welchem der Tralala-Faktor im Dosen-Chorus zwar bereits im roten Bereich angekommen ist, man aber völlig unbekümmert mit der doppelten Axt dagegen erfolgreich ankämpft. So geht das. Weitere Highlights sind der rasante Himmelsstürmer 'Ride The Sky' und das sieben Minuten lange Abschlussgefährt 'How Many Tears', welches unabhängig vom Tempotaschentuch sehr flink die Nase trocknet. Rüdiger, Martin VDL, Alex, Walter, Marcel und Christian wählen diesen Klassiker auf Platz 23. Gut gemacht!
Platz 22 zählt zu dem meistverkauften Alben der Welt und dürfte wohl in jedem Haushalt unserer Leser zu finden sein. Ein Album, zu welchem auch ich ein sehr persönliches Verhältnis habe. Ist es doch mein Einstiegsalbum in die Welt der stromverzerrten Rockmusik. Die Rede ist natürlich vom schwarzen Album der Band aus down under: "Back In Black" von AC/DC. So schwarz wie der Titel der Scheibe sind auch die Zeiten seiner Entstehung für die Band, muss sie doch für diesen Rundling einen Ersatz für den charismatischen Frontmann Bon Scott finden. Sein Nachfolger Brian Johnson gibt auf dieser Scheibe seinen Einstand und singt mal eben das bis heute härteste Langeisen der Australier ein. Näher am Heavy Metal und weiter entfernt vom Hard Rock ist das Quintett wohl nie wieder. Trotz aller Härte beinhaltet das Album mit 'Hells Bells', 'You Shook Me All Night Long', dem Titelsong und 'Rock And Roll Ain't Noise Pollution' etliche Hitsingles. Das in den USA 22fache Platinscheibchen hat mit 'Shoot To Thrill' auch einen amtlichen Headbanger an Bord, der zu meinen persönlichen AC/DC-Favoriten zählt. Aber dies nur am Rande. Diesen Megaseller haben Frank, Stefan Lang, Tobias, Ben, Simon und Holger gewählt und somit mal ein bisschen Mainstream in diese Liste gebracht.
Für den abschließenden Platz unseres 10er-Blockes verweilen wir im Mainstream. Es folgt das Album, welches beim letzten Mal die Pole Position innehatte. Dieses Mal reicht es nur für Platz 21 und das, obwohl der Onkel mit den Hörnern und dem Huf direkt ins Spiel eingreift. Nur fünf Kollegen – Rüdiger, Walter, Tobias, Ben und Chris – haben den 82er Einstand von Bruce Bruce bei IRON MAIDEN gelistet und "The Number Of The Beast" somit zur höchstplatzierten Fünffachnennung gemacht. Über das Album muss man wenig schreiben, denn nicht selten wird es als DAS Heavy-Metal-Werk schlechthin angepriesen. Jeder kennt die Gassenhauer 'Run To The Hills' und 'The Number Of The Beast'. Aber der eigentliche Übersong des Albums heißt natürlich 'Hallowed Be Thy Name'. Wie der für den entlassenen Paul Di'Anno eingestellte Sänger Bruce Dickinson hier die letzten Gedanken eines zum Tode Verurteilten intoniert, ist bis zum heutigen Tage jedes Mal ergreifend. Dazwischen leuchten Großtaten wie die Halbballade 'Children Of The Damned', das zur gleichnamigen TV-Serie passende 'The Prisoner' und die Fortsetzung der Charlotten-Geschichte vom Debütalbum, welche dieses Mal ihre Versandanschrift preisgibt:'22, Acacia Avenue'. Das Album schafft es, in der britischen Heimat die Verkaufscharts anzuführen und heute gilt "The Number Of The Beast" als die Scheibe, mit der IRON MAIDEN den Durchbruch schaffte. Dass es das letzte Album mit dem sympathischen Wunderdrummer Clive Burr sein soll, kann man damals noch nicht erahnen. Auch nicht, dass die Band 35 Jahre später zu den größten Metalbands aller Zeiten gehören würde. The Sound Of Perseverance halt.
- Redakteur:
- Holger Andrae