In der Gruppentherapie: AUDREY HORNE - "Audrey Horne"

09.03.2010 | 07:37

Die Norweger von AUDREY HORNE begeistern mit ihrem selbstbetitelten Album die komplette Redaktion, wie ein Notenschnitt von 8,5/10 und Platz 2 im Februar-Soundcheck beweisen.


Ich Trottel. So. Das musste gesagt werden. Warum ich in dieses blöde Verhaltensmuster gefallen bin, AUDREY HORNE erst mit diesem Album zu entdecken, weil mir der Hype und die Aufregung um die Band auf den Zeiger ging, weiß der Geier. Aber mit diesem selbstbetitelten Album machen die Norweger klar, dass das mein Verlust ist, beziehungsweise war, und nicht der ihre. Der eigenwillige auch wenn nicht gerade außergewöhnliche Stil der Band irgendwo in der Schnittmenge aus Alternative, Schweinerock und klassischem Hard Rock beweist, dass einfache, handgemachte Musik auch eine ordentliche Durchschlagskraft haben kann und dies sogar allgemeingültig unter Beweis stellt, in dem sich AUDREY HORNE still und heimlich nach fast ganz oben im Soundcheck gearbeitet hat und durchweg gute Noten erhält. Warum nicht nach ganz oben? Weil das Album Zeit braucht. Möglicherweise mehr, als mir hier zur Verfügung steht, aber ich bin sicher, dass dieses Scheibchen auch in Zukunft noch gelegentlich mal rotieren wird, wenn auch sicher nur mit ausgewählten Stücken, da ich beispielsweise auf 'Godspeed' und das halb-bin-ich-Song-halb-bin-ich-Intro-Stück 'These Vultures' verzichten kann, sowie 'Sail Away' wie auch ein paar andere Songs deutlich zu lang geraten sind. Trotzdem muss ich jetzt wohl mal die Diskographie der Buben aufarbeiten. Mit diesem Album fange ich an, sobald es erschienen ist.

Note: 7,5/10
[Frank Jaeger]

"Farewell, farewell, we will see you again" – 'Godspeed' beinhaltet die schönsten und traurigsten Augenblicke des dritten AUDREY HORNE-Albums, ist der einzige stilistische Schlenker, den sich das Quartett diesmal erlaubt, und klingt ganz und gar nicht danach, als sähe man sich irgendwann wieder. Der Vorhang fällt deutlich wahrnehmbar. Bevor alle ihrer Wege gehen, sorgen aber wolkenlose Vibes für Kribbeln. Die Norweger positionieren sich endgültig als zuversichtliche, lebensbejahende Ausgabe von ALICE IN CHAINS, die seit ihrer Rückkehr ja plötzlich von jener Klientel gelobt werden, die sie in den Neunzigern noch als tödliche Grunge-Plage denunziert hatte. Um den älteren Mitmenschen ein zweites Fehlurteil zu ersparen, lassen AUDREY HORNE eine Orgel in ihrem Hardrock auftauchen. Das kann man sofort einordnen: siebziger Jahre, die alten Zeiten. Sänger Toschie sieht allerdings nicht aus wie Ozzy. Und das Jon-Lord-Solo in 'Blaze Of Ashes' sollte auch nicht falsch verstanden werden: Hier rappeln keine Dinosaurierbandlichtdoubles durch die Lande, deren Mission es ist, desinteressierte Leute unaufgefordert mit tollen angelesenen, aber abgestandenen Geschichten von damals vollzusülzen. 'Charon', die bombensichere Akkordfolge im Refrain des Frauenabräumers 'Sail Away', 'Down Like Suicide' und das herausragende Riff in 'Bridge And Anchors' fusionieren zu untrivialer, mit viel Ausstrahlung vorgetragener Rockmusik, die sich des Jahres 2010 nicht schämt.

Note: 8,5/10
[Oliver Schneider]

Sie sind zurück. So stark wie noch nie orientieren sich AUDREY HORNE mit der neuen Platte an ihren musikalischen Vorbildern von der Insel. Deep Purple pulsiert intensiv aus dem Album und verbreitet dadurch eine spannende Hard-Rock-Atmosphäre. Dabei sind es vor allem die neueren Alben der Briten, die AUDREY HORNE zu motivieren scheinen. Sprich: Wer schon immer eine härtere Version von „Rapture Of The Deep“ gesucht hat, wird mit den Norwegern glücklich. Und dennoch bewahren sich die Bergener eine hohe Eigenständigkeit. Das liegt vor allem am Talent der Band, sich nicht nur in einer Sparte festzubeißen, sondern quer durch die Musikgeschichte zu reisen. Ob man sich im Alternative suhlt, vorsichtig am Heavy Metal bedient oder gar dem Prog-Schweinchen die Nase rubbelt: Die Band erreicht mit ihren Songs eine epische Tiefe, die sich nicht nur im von Lynch motivierten Albumtitel widerspiegelt. Doch lediglich gute Laune sucht ihr hier vergeblich. Eine Tom-Waitsche Fuck-Off-Attitüde, ein räudiges Gefühl einer durchzechten Nacht, den Höhenflug eines morgenlosen Rausches, all das verkörpert das neue Album. Wahnsinnig toll.

Note: 9,0/10
[Julian Rohrer]


Wenn ich "Audrey Horne" lausche, kommt mir in den Sinn, dass so die vertonte Leichtigkeit des Seins klingen muss. Die Musik bietet die perfekte Balance aus rockig und eingängig. Die griffigen Hooklines und tollen Refrains bleiben sofort hängen, insbesondere solche erstklassige Songs wie 'Sail Away', 'Bridge And Anchors' und noch mindestens eine Handvoll weiterer Stücke bekommt man tagelang nicht mehr aus der Rübe. Und obendrauf lässt das, was AUDREY HORNE auf die Beine stellen, die Band auch noch als durchaus eigenständig erscheinen, obwohl sie keinerlei ungewöhnliche Elemente in ihrem Sound haben. Trotzdem erkennt man einen AUDREY-HORNE-Song unweigerlich, auch wenn ich gar nicht genau benennen kann, was nun eigentlich das besondere Markenzeichen der Band ist. Einen großen Anteil an dieser Wiedererkennbarkeit trägt sicherlich der Gesang - stets harmonisch und doch kein nerviges Kitsch-Gesäusel, zudem mit einigen Variationen ausgestattet, so z.B. beim Song 'Firehose', wo das Ganze ein wenig in Richtung Ozzy tendiert. Insgesamt also ein wunderbares Album voll von ungekünstelten Songs ohne unnötige Schlenker der Marke "jetzt zeig ich mal, wie toll ich mein Instrument spielen kann", das keinerlei Abnutzungserscheinungen zeigt. Und das liegt unzweifelhaft an der Qualität der Songs, denn das was AUDREY HORNE machen - anspruchsvolle und nie ausgelutschte Rockmusik - kann man kaum besser machen. Stark!

Note: 8,5/10

[Stephan Voigtländer]

"Das könnte meinen Eltern gefallen!" Seltsame Aussage von einer Person, die später als 1990 geboren ist, im Falle AUDREY HORNE aber durchweg positiv gemeint. Die Norweger verbinden das Beste aus traditionellem Rock der 70er mit aktuellem Alternative zu einer zeitlosen Mischung, die einfach passt. Auch 'radiotauglich' trifft auf das Gebotene im positivsten Sinne zu: Die Leichtigkeit und Coolness der Songs schafft gute Laune, ohne jemals ins zum Erbrechen Mainstreamige abzurutschen. Zu jeder Sekunde hört man der Musik an, dass sie mit Inspiration, Herz und Spaß an der Sache gemacht ist: ob lässige Hymnen der Marke 'Charon' und 'Firehouse', heavy Stampfer wie 'Circus' oder 'Blaze Of Ashes' einfühlsamere Songs wie 'Down Like Suicide' oder, ganz groß, 'Sail Away'. Eingängig und mitreißend, gehen die Songs als pure Euphorie ins Ohr. Natürlich kann man meckern, dass das alles nicht wahnsinnig originell ist - ja, aber so frisch und lebendig aufgearbeitet, als wäre die Zeit stehen geblieben. Mit diesem Album kann der Frühling kommen!

Note: 8,5/10

[Regina Löwenstein]

Redakteur:
Peter Kubaschk
3 Mitglieder mögen diesen Artikel.

Login

Neu registrieren