HELSTAR - Interview mit Sänger James Rivera
22.09.2025 | 14:14Das neue HELSTAR-Album "The Devil's Masquerade" ist da! Neun Jahre sind seit der letzten Veröffentlichung "Vampiro" vergangen. Warum es denn dieses Mal so lange gedauert hat, wollte ich eines schönen späten Abends während eines Zoom-Gesprächs neben anderen Dingen von Sänger James Rivera wissen. Weitere Themen des netten und sehr amüsanten Interviews: Heavy Metal im Kinderbett, verschwitzte Eier und afrikanische Flughunde. Viel Spaß bei der Lektüre:
Hi James, das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben, war vor knapp zweieinhalb Jahren an deinem Geburtstag im Bambi Galore in Hamburg, als ihr dort mit SÖLICITÖR und ARMORY gespielt habt. Erinnerst du dich noch an den Abend?
Selbstverständlich.
Ein guter Freund von mir hatte zufällig am selben Tag Geburtstag.
Ja, ich erinnere mich noch. Zusammen sind wir an dem Abend 64.000 Jahre alt geworden (lacht).
Ganze neun Jahre sind seit dem letzten Album "Vampiro" vergangen. Solche langen Wartezeiten kennt man von euch gar nicht, wenn man mal den längeren Break zwischen "Multiples Of Black" und dem darauffolgenden "normalen" Studioalbum "The King Of Hell" außer Acht lässt. Woran hat es denn gelegen?
Nun, zum Teil lag es daran, dass wir mit Andrew [Atwood, ehemaliger Gitarrist - Anm. d. Red.] ein Mitglied verloren haben und wir auf einmal fünf neue Songs schreiben mussten. Das heißt, dass wir die Hälfte des Albums neu komponieren mussten, aber zum Glück hatte Larry noch einiges an Songmaterial in der Schublade liegen, welches er seit Jahren dort aufbewahrt hatte. Er hat mir das Material geschickt, und ich habe angefangen, die Melodien und die Texte und alles zu schreiben. Etwas später hat sich Andrew dann doch dazu entschieden, dass wir seine Songs behalten dürfen und Larry meinte zu mir: "Nein, das will ich nicht, denn du weißt, das wird uns später auf die Füße fallen, wie bei Dave Mustaine und METALLICA" (lacht). Ich war da absolut seiner Meinung, also haben wir das ganze Album kurzerhand einfach noch einmal neu geschrieben, und das war der eine Grund.
Der zweite Grund war, dass Massacre Records zu der Zeit einige politische Probleme hatte und sie nicht einmal wussten, ob es sie zukünftig noch geben würde. Okay, also sagte Thomas [Hertler, derzeitiger Label-Chef - Anm. d. Red.], der ein langjähriger Freund und großer Fan der Band ist, einfach: "Bitte habt etwas Geduld, gebt mir Zeit, ich arbeite gerade an ein paar Sachen mit ein paar Partnern." Er wollte aber nicht sagen, um was es da genau ging. Das hat dann nochmal ein ganzes Jahr gedauert und Thomas hatte uns sogar angeboten, sie verlassen zu dürfen, da er wusste, dass Nuclear Blast uns auch sehr gerne unter Vertrag genommen hätte. Aber es hat am Ende doch alles funktioniert und wir sind immer noch Teil der Nuclear Blast-Familie, die ja einen Großteil der Promo-Arbeit für uns erledigt. Unterm Strich bin ich also sehr glücklich und froh, dass wir Thomas zur Seite gestanden sind, denn er hat auch wirklich enorm viel für uns gekämpft. Nun liegt es also an uns, im Gegenzug Vollgas zu geben, und das machen wir jetzt auch!
Wo du gerade Andrew erwähnst, was war denn der Grund für seinen Ausstieg? Ich habe ihn zweimal live mit euch auftreten sehen, einmal beim Headbangers Open Air und einmal bei besagtem Gig im Bambi Galore, und ich dachte immer, seine Art des technischen, progressiven Gitarrenspiels passt irgendwie perfekt zu euch.
Weißt du, er hat persönlich eine Menge durchgemacht, und wir fingen irgendwann an, uns darüber zu streiten, wie die neue Platte klingen sollte. Er war also nicht besonders glücklich, und wir waren es im Umkehrschluss auch nicht. Und weil Freundschaft am Ende des Tages wichtiger ist als die Band und das Geschäft, haben wir uns gemeinsam entschlossen, fortan getrennte Wege zu gehen.
Das kann ich nachvollziehen. Euer neuer Gitarrist ist ein ziemlich junger Dachs und hört auf den Namen "Alan DeLeon Jr.". Wie seid ihr denn an den guten Mann gekommen?
Nun, ich erzähle dir die Geschichte von "Junior". Wir nennen ihn "Junior". Eigentlich habe ich ihn "Miho" genannt, was so viel wie "mein Sohn" bedeutet. Er ist 24 Jahre alt. Sein Vater spielte früher in einer Band namens REGIME. Die waren mal Vorband für HELSTAR, damals in den "Nosferatu"-Tagen. Und er war wirklich ein Wahnsinns-Shredder, ein absoluter Gitarrenvirtuose. Das ist er übrigens noch immer. Jedenfalls hat er sich irgendwann aus dem Musikgeschäft zurückgezogen und eine Familie gegründet.
Demzufolge hat Junior HELSTAR gehört, seit er in der Wiege lag. Weißt du, während er gestillt wurde, hörte er "Nosferatu" (lacht). Er kennt HELSTAR also technisch gesehen wie seine Westentasche. Er spielt Gitarre, seit er etwa fünf Jahre alt ist. Und das hört man auf der Platte auch. Er ist ein Monster. Was also jedes Jahr passierte, nachdem sich Alan DeLeon Senior mit seiner Familie niedergelassen hatte, war, dass er mir in den letzten fünfzehn Jahren zum Geburtstag jedes Jahr eine SMS schickte: "Hey Geburtstagskind, wann hast du Zeit?" Also trafen wir uns mindestens einmal jedes Jahr. Und "Junior" kam auch mit. Ich habe ihn also vom Hochstuhl über die Kindheit bis hin zu dem Erwachsenen, der er heute ist, begleitet. Wir sind immer zusammen essen gegangen, und sie haben mich jedes Jahr mitgenommen, was das Schönste auf der Welt gewesen ist.
Ich weiß nicht, warum der Senior immer dachte: "Oh, ich muss James an seinem Geburtstag mitnehmen. Er ist mein Idol." Und ich dachte: "Okay, warum nicht?" Als Andrew kündigte, rief der Senior sofort Larry an. Und er rief mich auch an und sagte: "Alter, das ist die Gelegenheit. Bitte, bitte, zieh den Junior in Betracht." Und ich antwortete: "Ich würde den Junior lieben. Na klar." Ich sagte es Larry, und Larry meinte nur: "Mann, der Typ ist vierzig Jahre jünger als wir." Und ich erwiderte: "Hör mal, wenn du mit ihm zusammen bist, ist er nicht 40 Jahre jünger als wir. Körperlich vielleicht schon, aber hier oben und hier drin ist er es nicht. Er ist ein wunderbarer Kerl."
Larry sagte: "Okay, ich werde es versuchen." Also sagte er ihm, er solle ein paar alte HELSTAR-Songs lernen. Und fügte noch hinzu: "Und komm zu mir nach Hause." Dort haben wir auch das neue Album aufgenommen. Junior spielte 'Baptized In Blood' und 'Black Cathedral', als würde er sie schon seit dem ersten Tag kennen. Larry war absolut beeindruckt. Dann fragte er ihn: "Willst du das neue Material hören?" Junior darauf: "Natürlich, was für eine Frage." Also hörte er es sich an. Dann sagte Larry: "Hier würdest du solieren, wenn du den Job bekommst." Junior antwortete trocken: "Nimm es einfach auf." Und schon hatte Junior drei Soli auf dem neuen Album aufgenommen.
Später schickte Larry eine Gruppen-SMS an die Band. Zu diesem Zeitpunkt waren sie mit den Aufnahmen bereits fertig und hatten alles erledigt. Sie grillten Hamburger und tranken Bier. Und er schrieb: "Oh, Leute, übrigens, wir haben einen neuen Gitarristen." Sie hingen bis drei Uhr morgens zusammen ab. Und er sagte: "Alter, der Junge ist unglaublich. Und er macht noch schlechtere Witze als ich, weißt du", und ich nur: "Ja, aber wir haben ja auch einen kranken Sinn für Humor." Und Larry sagt dann doch tatsächlich, dass er den Typen einfach liebe. "Ich habe es dir doch von Anfang an gesagt." Und so ist es passiert.
Irre und einfach nur eine schöne Story. Anscheinend hat es also gleich von Anfang an gefunkt zwischen den beiden.
Genauso ist es. Und genau damit fühlt sich Larry wohl. Und Junior sieht das genauso, weißt du. Deshalb klingt es eben auch wie traditionelle HELSTAR!
Lass uns über die neue Platte sprechen, James. Ich habe das neue Album nun ein paar Mal gehört und muss sagen: Es wächst mit jedem Mal ein wenig mehr. Allerdings muss ich auch ehrlich sagen, dass meine Erwartungen zu Anfang nicht in Gänze erfüllt worden sind, da ihr das Album ja als "Back to the roots"-Platte angekündigt habt und ich irgendwie von einem Hybrid aus den ersten vier Alben ausgegangen bin.
Ok, nun, wenn man darüber nachdenkt, haben Barragán und Rivera, wie wir hier in Texas sagen, den Stier bei den Hörnern gepackt. Das ist es. Es bleibt im traditionellen Stil der alten Alben, aber wir sind keine zweiundzwanzig Jahre mehr jung. Es ist einfach unmöglich, dass wir ein Album wie "Burning Star" schreiben können. Und das wird auch nicht mehr passieren.
Ich meine, wir haben uns im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Es ist also vielmehr eine moderne Version eines traditionellen HELSTAR-Albums. Das hätte ich vielleicht besser so formulieren sollen, aber es hat alles sehr schöne atmosphärische Klänge. Es ist leicht mitzusingen, die Musik übernimmt den anspruchsvollen Teil, der Gesang den einfachen Teil. Es ist also so, als würde AC/DC auf MAIDEN treffen, verstehst du, was ich meine (lacht)? Also habe ich mich darauf konzentriert, alle Refrains schön und eingängig zu gestalten. Und ich sagte, das ist das Einzige, was wir tun können, um eine traditionelle HELSTAR-Version zu sein. Aber die Musik ist Larrys Handschrift, wie er komponiert. Er schreibt ja in diesem eher spanischen Stil, weißt du, diese Tonart und das alles. Und du weißt sofort von Anfang an: Oh, das ist HELSTAR. So haben wir es uns vorgestellt. Wir dachten uns, diese Platte wird auch den HELSTAR-Fans der alten Alben gefallen. Sie wird sie nicht enttäuschen. Einige von ihnen werden vielleicht denken: Warum bloß habe ich ein zweites "Burning Star"-Album erwartet? Aber diese Zeiten sind vorbei. Das ist unmöglich, weil wir das nicht wiederherstellen können.
Im letzten Song 'I Am The Way' gibt sich ja ein illustres "Who is Who" der Texas-Metal-Szene ein Stelldichein als Gastmusiker. Ich nenne hier stellvertretend nur einmal drei Namen: Robert Lowe (SOLITUDE AETURNUS), Jason McMaster (WATCHTOWER, S.A. SLAYER) und Mike Soliz (MILITIA). War es leicht für euch, all diese namhaften Musiker für euer Vorhaben gewinnen zu können?
Ja, ich habe ihnen meine Idee vorgestellt und gesagt: "Hört mal, ich will schon seit Jahren einen großen Hymnen-Song machen, bei dem einige der besten texanischen Metal-Legenden mitwirken." Ich war zudem schon immer ein großer HAMMERFALL-Fan. Das erste Album war und ist für mich eines der besten Alben aller Zeiten. Noch immer höre ich es regelmäßig, mindestens einmal pro Woche. Was ich an der Band immer geliebt habe, ist, wie sie diese riesigen Refrains gemacht haben. Also sagte ich mir, ich werde einen Song schreiben, ihn mit einem HAMMERFALL-Refrain kombinieren und ihn zu einem großen Chorstück machen. Als ich ihnen die Idee erzählte, sagten sie: "Alter, ich bin dabei."
Larry und ich haben den Song zusammen geschrieben, Larry hatte die Musik schon fertig. Ich habe mir dann die Melodien, den Refrain, die Bridge und alles andere ausgedacht. Ich habe also alle Parts geschrieben, die jeder singen sollte. Ich habe allen dabei allerdings freie Hand gelassen und lediglich gesagt: "Das ist nur ein Entwurf. Ihr könnt machen, was ihr wollt, aber ihr müsst euch an dieses Timing und diese Tonart halten." Und sie haben es einfach gerockt. Weißt du, Christian Larson, der Typ, der das Hell's Heroes [Festival in Houston, Texas - Anm. des Red.] organisiert, singt für NIGHT COBRA und NECROFIER, seine Vocals sind der absolute Hammer! Ich meine, es ist schwer zu sagen, wer meine Favoriten sind. Jason McMaster hat es total gerockt. Alle haben es am Ende gerockt, aber Christian auch. Er hat die Black-Metal-Vibes in dem Song zu verantworten (lacht).
Christian, Drew [Brown - Anm. des Red.] und Jeff [Vandenberg - Anm. des Red.] haben in Larry's Studio aufgenommen, weil sie allesamt aus Houston stammen. Jason und Mike haben ihre Sachen in Austin in Jasons Studio gemacht. Und dann haben Rob Lowe und George Call zusammen in Dallas aufgenommen und Chris Salinas hat sein Zeug allein in San Antonio abgewickelt. Es war wie eine richtige Legion. Es ist eine Mischung aus Luzifer, der aus dem Himmel verbannt wird, sich aber mit Graf Dracula anfreundet und sagt: "Lass es uns einfach tun. Die Sterblichen versauen eh alles. Mr. Trump und Mr. Werauchimmer saugen das Blut all dieser armen Leute aus. Wir kommen einfach und trinken es. Let's go. Okay, Leute, füllt eure Becher. Lasst sie sich gegenseitig umbringen. Wir müssen niemanden mehr töten. Wir sind unschuldig." (lacht)
Komisch, du bist nach Norman Skinner von FORBIDDEN nun schon der zweite Amerikaner in kurzer Zeit, der HAMMERFALL im Gespräch mit mir aus eigenen Stücken in den höchsten Tönen lobt. Wie du weißt, steht eine feine Minderheit hier in Europa ja noch immer eher auf den Power Metal US-amerikanischer Prägung. Ich für meinen Teil mochte noch nicht einmal das erste HAMMERFALL-Album.
Ich weiß zwar, was du meinst, aber es ist in meinen Ohren noch immer das beste und fröhlichste Album, da es mich seinerzeit zumindest vom songwriterischen Anspekt her immer ein wenig an alte ACCEPT-Sachen wie z.B. "Restless And Wild" erinnert hat.
Ich hoffe nicht, dass ihr in Zukunft auch so "fröhlich" werdet und entsprechende Musik abliefert, und würde es begrüßen, wenn ihr es musikalisch auch nach wie vor "texanisch" haltet.
Nun, wenn man in einer heißen Stadt lebt, ist man immer wütend. Es gibt also nichts Fröhliches, worüber man schreiben könnte (lacht). Vielleicht liegt es aber auch nur an unserer Denkweise, keine Ahnung. Vielleicht sollten wir ein paar europäische Metal-Bands nach Austin schicken und sie hier groß werden lassen. "Hey, wisst ihr, was euch fehlt? Euch fehlen verschwitzte Eier. Das ist euer Problem, ihr müsst sie lange kratzen, dann schreibt ihr etwas Besseres." (lacht)
Die Texas-Metal-Szene der 80er genießt natürlich auch hier in Europa noch immer einen legendären Ruf. Wie ist es denn derzeit um die Szene bestellt? Gibt es noch genügend hoffnungsvolle Newcomer, die dem guten, alten Texas-Metal-Stil frönen?
Es gibt einige wirklich gute Bands, die überall in den USA mit Old School Metal auftauchen und mich fragen lassen: "Okay, habt ihr meinen Wodka getrunken, oder warum klingt ihr so verdammt gut?" Sie sind gerade mal in ihren 20ern und sie rocken einfach schon wild drauf los. Ich glaube nicht, dass unser Musikstil jemals aussterben wird. Ich glaube, er wird weiterwachsen und wachsen und wachsen. Und wir werden für immer da sein. Auch wenn wir sterben und weiterziehen. So sieht es aus! Einige jener Bands spielen dann auch oft auf dem bereits erwähnten Hell's Heroes-Festival, welches von Christian Larson organisiert wird.
Ja, ich habe mir dieses Jahr einige Gigs auf Youtube angeschaut und war schwer begeistert. Auch die nächstjährige Ausgabe wartet wieder mit fantastischen Bands auf. Ich muss mal unseren Chef fragen, ob wir da vielleicht Akkreditierungen bekommen und er für alle Spesen aufkommt (lacht).
Klasse Idee! Komm rüber, bleib bei mir und häng mit mir ab. Ich nehme dich mit in ein mexikanisches Restaurant und wir trinken dazu eine Margarita. Es wird dir gefallen. Meine europäischen Freunde lade ich immer in mein Lieblingsrestaurant ein, und sie sind begeistert davon. Oh Mann, das Essen hier ist fantastisch. Und warte erst, bis du die Margaritas probiert hast.
Klingt sehr, sehr gut, ich steh zwar nicht so auf Margaritas, aber ich nehme an, ihr habt dort auch einige gute Gin Tonics im Angebot.
Selbstverständlich, ich kümmere mich darum (lacht).
Die Texte auf dem neuen Album drehen sich wieder um altbewährte Themen wie Vampirismus, dämonische Besessenheit und den Untergang der Menschheit. Seit wann hegst du eigentlich diese besondere Leidenschaft für Vampirismus? War das 89er-Album "Nosferatu" hierfür ausschlaggebend oder warst du vorher im Kern deines Inneren schon immer ein blutrünstiger Vampir?
Alles begann tatsächlich, als wir mit dem Schreiben von "Nosferatu" anfingen und ich Bram Stokers "Dracula" wohl ca. hundert Mal gelesen habe. Dann begann ich, mich generell mit Vampirismus zu beschäftigen und zu recherchieren, was Vampire wirklich sind, wo der erste gelebt hat, von dem man sagt, dass er wirklich existiert hat, und dann geht man zurück und denkt: "Wow, das ist unglaublich." Weißt du, dass es so etwas wirklich gab, zumindest in Osteuropa, und der erste war tatsächlich in Serbien, also denke ich, dass Bram Stoker, als er "Dracula" schrieb, viele dieser Informationen verwendet hat und dann Transsilvanien als Ort dafür ausgewählt hat, was auch absolut Sinn ergibt. Also war ich damals so davon fasziniert, dass ich alle meine Kleider weggeworfen habe, die nicht schwarz waren, und ich danach nichts als schwarze Kleidung mehr gekauft habe. Ich habe mich sogar über die Anschaffung von zwei afrikanischen Flughunden informiert, obwohl ich ursprünglich echte Fledermäuse wollte, und dann sagten mir die Leute in Washington: "Das einzige Problem dabei ist, dass du ein Terrarium in der Größe eines ganzen Wohnzimmers haben und dafür sorgen musst, dass die Fledermaus auch einen Partner hat." Ich habe diese fixe Idee also kurzerhand wieder verworfen und habe mein Haus daraufhin einfach mit Fledermäusen und allem Möglichen dekoriert, und seitdem bin ich dieser düstere Gothic-Typ. Als Larry beschloss, "Vampiro" zu schreiben, habe ich es wohl ein wenig übertrieben, da ich angefangen habe, mit Reißzähnen und roten Augen und Umhang und allem aufzutreten. Ich wollte das eigentlich schon bei "Nosferatu" machen, aber der Rest der Band war nicht einverstanden. Sie fanden es dumm, so nach dem Motto: Nein, alle werden dich auslachen, wie im Film "Carrie" (lacht). Nun, als "Vampiro" herauskam, habe ich mich schlussendlich durchgesetzt und gesagt: Ich komme mit den Reißzähnen und allem heraus, entweder werden sie es hassen oder sie werden mich auslachen. Als ich herauskam, ist die Menge durchgedreht und seitdem bin ich mit diesem ganzen Vampir-Image konfrontiert. Aber je mehr ich mich mit Vampirismus beschäftige, desto mehr denke ich, dass sie, wenn es sie gäbe, sehr einzigartige Wesen wären und dass sie gewisse Regeln befolgen würden und nicht einfach frei herumlaufen würden.
Gibt es aktuelle Vampir- und Horrorfilme, die du empfehlen kannst? Mein Lieblingsfilm ist immer noch die Coppola-Version von "Bram Stoker's Dracula" mit Gary Oldman. Kein Film hat jemals das Niveau dieses Films erreicht. Aber es gab auch ein paar andere sehr, sehr gute, ernsthafte Vampirfilme. Ich spreche hier nicht von "Interview mit einem Vampir" oder sowas, denn für mich ist das kein seriöser Vampirfilm.
Ja, genauso wenig wie "Twilight" oder anderer Highschool Kid-Quatsch. Die Klassiker mit Christopher Lee muss ich an dieser Stelle natürlich erwähnen. Aber ich liebe auch diese Netflix-Serie namens "Midnight Mass", welche die abgefahrenste Vampirgeschichte aller Zeiten ist. Sie handelt von einem katholischen Priester, der der Obervampir in diesem Dorf ist und das ganze Dorf im Verlauf der Serie langsam in Vampire verwandelt.
Wie geht es eigentlich eurem ehemaligen Bassisten Jerry Abarca? Ist er noch musikalisch aktiv oder hat er sich mittlerweile komplett aus dem Business zurückgezogen?
Oh, du wirst lachen, wenn ich dir das erzähle.
Ist er zum Vampir geworden, nachdem du ihn gebissen hast?
Ja. Er ist jetzt ein Harry Potter (lacht). Nein, im Ernst: Jerry Abarca ist jetzt wieder bei uns und spielt Shows. Garrick [Smith, aktueller Bassist - Anm. d. Red.] ist gerade in Elternzeit, weil seine Frau ein Baby erwartet und er für den Rest des Jahres keine Shows machen will, jedenfalls nicht außerhalb der Stadt. Also absolviert Jerry alle Shows außerhalb von Houston. Er war gerade mit uns in New York. Oh, und ich sage dir etwas. Es klang, als hätte er die Band nie verlassen. Wir haben uns ein Zimmer geteilt und über alle möglichen alten Sachen gelacht und alle möglichen neuen Sachen geteilt, und Mann, er hat es echt gerockt. Also, Jerry ist gut in Form und spielt wieder bei HELSTAR.
Sehr cool! Eine letzte Frage noch, James. Ich habe seinerzeit mit einem amerikanischen Freund zusammen die DESTINY’S END-Seite auf myspace verwaltet. Wie sieht es aus? Liegt ein drittes Album hier noch im Bereich des Möglichen?
Ich habe mit Christian Larson gesprochen, dem Organisator des Hell's Heroes. Er hat HELSTAR jedes Jahr ohnehin dabei. Vielleicht machen wir dieses Jahr etwas anderes und organisieren ein DESTINY’S END-Reunion-Konzert. Das Problem ist, dass Perry [Grayson, Gitarrist - Anm. des Red.] in Australien lebt. Das ist weit weg. Die anderen Jungs sind noch in LA. Also habe ich mit Dan DeLucie [zweiter Gitarrist - Anm. des Red.] gesprochen und gesagt: "Was wäre, wenn wir eine DESTINY’S END-Reunion machen, aber Larry Berrigan in die Band holen?" Er meinte: "Oh mein Gott." Ich habe daraufhin mit Larry gesprochen und ihn gefragt, was er davon hält. Er meinte: "Alter, ich liebe DESTINY’S END und es wäre mir eine Ehre, mit DeLucie zu spielen." Stell dir die beiden zusammen vor. Das wäre das ultimative DESTINY’S END-Line-up. Denn DESYTINY’S END hat eigentlich nur die Lücke gefüllt, die HELSTAR nach der zwischenzeitlichen Auflösung hinterlassen hat. Nach dieser Zeit kam dann ein Angebot nach dem anderen. Ich habe in so vielen Bands wie FLOTSAM & JETSAM, SEVEN WITCHES, KILLING MACHINE und VICIOUS RUMORS gesungen. Ich wollte nicht, dass es aufhört. Ich war hungrig und dachte mir: Mann, ich liebe es einfach, unterwegs zu sein und mein Bestes zu geben, um mein kleines Leben zu erhalten, aber HELSTAR war immer mein Baby und so soll es auch sein. Ich denke, dass ich jetzt einfach alles auf eine Karte setzen und loslegen will. Lass uns einfach das verdammt Beste aus HELSTAR rausholen.
James, vielen, vielen Dank für deine Zeit. Es hat wieder mal total Spaß gemacht, mit dir zu quatschen. Und ich wünsche dir viel Erfolg mit dem neuen Album und eine sehr gute Tour in den USA und natürlich auch bald in Europa, wenn sie beginnt.
Du bist ein knallharter Typ. Ich liebe dich auch, Mann. Schenk dir noch einen Gin Tonic ein.
Foto Credit: Sandra Solis
- Redakteur:
- Stephan Lenze