Gruppentherapie: MARTYR - "Dark Believer"

04.09.2025 | 22:05

Bitte Brille runter, wenn Du dieses Album hörst.

Sodele, in der dritten Gruppentherapie zum August-Soundcheck geht es in den metallischen Underground. Die Niederländer MARTYR gibt es tatsächlich schon seit den goldenen 80ern und natürlich gibt es in unseren Hallen Redakteure, die mit dem alten Material vertraut sind und es schätzen. Unser Soundcheck gibt aber keine klare Antwort auf die Frage, ob MARTYR anno 2025 ein Must-Have ist. "Dark Believer" belegt Platz 12 und bei der Hälfte der Checker geht der Daumen ähnlich wie bei Hauptrezensent Björn vorsichtig nach oben. Aber da geht doch noch mehr? Im Laufe der Gruppentherapie wird dann klar: Eine Sehhilfe könnte den Genuss dieser Musik behindern! 

MARTYR war eine meiner großen Entdeckungen in den Achtzigern, als die Band mit dem famosen "Darkness At Time's Edge" wirklich musikalisch progressives Metal-Neuland betrat. Seit der Neuerweckung der Truppe hat die Band um die beiden Bandleader Rock Nouwman und Robert van Haren vier gute Power-Metal-Alben fabriziert, die zwar alle nicht an mein Lieblingsscheibchen der Kapelle heranreichen können, aber das ist natürlich vierzig Jahre später auch schwierig.

Wenn man das aber mal außen vor lässt, ist "Dark Believer" ein absolut starkes Album, das sogar in 'Insidious' nach den großen JUDAS PRIEST klingt und mit dem tollen 'Cemetary Symphony' eine kleine Erinnerung an den Stil des Debüt-Langspielers vorlegt. Sänger van Haren ist gut, das Riffing sehr gut, nur das Cover finde ich nicht schön, aber das gilt bislang für alle Platten außer "Darkness At Time's Edge" und das ist romantisch verklärt. Deswegen gehen alle Daumen nach oben!

Note: 8,5/10
[Frank Jaeger]


Ganz ehrlich, wenn man 'Darkness Before Dawn', 'Wrath Of The Fallen' und 'Legions Of The Cross' hört, befindet man sich im Nu im Jahr 1985. Es geht die Tonleitern rauf und runter, der munter sägende Gesang mit aggressiver Mittellage erinnert an den Ripper und musikalisch ist MARTYR an alten Heroen wie QUEENSRYCHE, CRIMSON GLORY, AGENT STEEL und natürlich JUDAS PRIEST verhaftet. Diese Holland-Buben begleiten (zusammen mit der neuen WARMEN) meine täglichen und nächtlichen Fahrten vom Breeze-Gelände ins Hotelchen meines Vertrauens und zurück, und das die ganze Woche, die ich da unten zubringe. Optimal, denke ich, fühle mich bestens unterhalten und recht gut vorbereitet auf den Lärm beim Festival.

Die Band kann auch verschachtelte Aufbauten, aber immer klirren am Ende die Äxte mit kantigem Riffing. Der 80er-Retro-Flash überzeugt voll: Schon ein Ding, dass die besten Speedbands aus den Niederlanden kommen, die ja mit EVIL INVADERS noch ein Eisen im Feuer haben, das ich beim Breeze bewundern darf.

Die schrägen Gitarren werden effektiv gesetzt, holprig-stolprigen Power Metal kennen sie nicht, hier gibt es auf die Heavy Metal Ears und zur Auflockerung mal eine Tonlage wie vom King, dem alten Rohdiamanten: "I Stand Alone In The Dark, Father Of Creatioooooon..." oder so ähnlich, herrliche Passage. Auch ruhige Töne können sie trefflich. Kurz: Ich muss gar nicht unentwegt Mathe-, Physik- oder Chemiebücher studieren, Gruß an alle Brillenträger.

Note: 8,5/10
[Matthias Ehlert]


Jau, damit habe ich nicht gerechnet! Doch sind es immer wieder diese feinen Überraschungen, die den Soundcheck so attraktiv machen, denn "Dark Believer" unserer niederländischen Freunde von MARTYR hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Angemacht, abgewartet und Freude gehabt an diesem kernigen, starken Metal, der auch von Legenden wie METAL CHURCH oder VICIOUS RUMORS hätte kommen können.

Wenn Schnelligkeit auf Spielfreude trifft, die Melodien nicht zu kurz kommen und mit 'Darkness Before Dawn' sowie 'Wrath Of The Fallen' und dem grandiosen 'Cemetery Symphony' (geiler Titel!) so manche Hits sich spielend leicht herauskristallisieren, dann erfahre ich einen Ruck durch meinen kompletten Körper, wie es nur bei besonderen Scheiben vorkommt. Auch wenn ich speziell zum Ende hin die Überraschungsmomente vermisse und mich das Artwork nicht sonderlich vom Hocker reißt, so reißen zumindest die ersten zwei Drittel alles raus, was ich am gepflegten Speed Metal liebe und schätze. Und was nützt einem das schönste Kunstwerk, wenn die Musik totale Grütze ist?

Bei MARTYR und "Dark Believer" ist diese zumindest auf sehr hohem Niveau mit entsprechend dezent düsterer Grundatmosphäre und reißt mich - Gott sei Dank - vor allem zu Beginn aus meiner Sommerlethargie heraus. Da lohnt sich auch ein verstärkter Blick auf die vorherigen zwei, drei Alben, vertraut mir!

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

Ja, meine Kollegen sagen es schon: Was auf "Dark Believer" zu hören ist, hat Hand und Fuß. Ich habe noch nie von dieser Combo gehört und dennoch kommt sie mir vertraut vor. Der alte Power Metal amerikanischer Machart ist hier omnipräsent und ich wundere mich, dass diese Band aus Holland ist. Echt?

Trotzdem tue ich mich schwer, über die volle Länge am Ball zu bleiben. Der Klang ist zwar dicht und sägend, aber insgesamt dennoch ein wenig flach, irgendwie schwer durchdringbar. Also deutlich mehr VICIOUS RUMORS als CRIMSON GLORY, um hier mal zwei der genannten Referenzbands zu bedienen. Das edel-mystische, manche nennen es auch plüschige, Element von CRIMSON GLORY fehlt mir hier für eine Becker'sche Lieblingsband, Kollege Ehlert sagt es ja schon, hier gibt es die meiste Zeit harten Stahl auf die Ohren und das darf und soll ja auch so sein. Ich fühle mich mittelfristig eher bei HELLOWEEN zu Hause, bin allerdings auch ein Brillenträger.

Note: 7,5/10
[Thomas Becker]

Die holländische Band MARTYR hat mich anno Kriechmichtod mit dem Übersong 'Speed Of Samurai' in Verzückung gebracht und die Scheibe dazu läuft auch heute noch regelmäßig. Ebenso ihr Nachfolger. Danach habe ich die Band aus den Augen verloren und erst mit der Compilation "Fear The Universe" im Jahr 2009 habe ich überhaupt bemerkt, dass es da weiterging.

Noch immer an Bord sind Gitarrist Rick Bouwman und Sänger Robert Van Haren. Das ist auch sehr gut so, denn die kraftvolle, teils schrille Stimme von Robert ist ein riesengroßer Pluspunkt für MARTYR. Der gute Mann sägt hier mit seiner erstklassigen Performance wunderbar tiefe Kerben in meine Hörmuscheln und funktioniert ganz ausgezeichnet in Kombination mit den ebenso schneidenden Riffs. Wie man an den Attributen schon wunderbar erkennen kann, hören wir hier traditionellen Metal, der mehr nach US Metal klingt als die Musik so mancher Kollegen aus Übersee. Mal elegisch und ausladend, dann auch wieder im Randbereich zum Speed.

Von daher kann ich den Vergleich zu den Jungs von VICIOUS RUMORS gut verstehen, wobei deren letzte Werke hier locker geschlagen werden. Das herrlich verspielte 'Cemetery Symphony' allein pulverisiert nämlich mal eben fast alle Mitstreiter im Alleingang, denn hier zeigen die Herrschaften, wie man einen zukünftigen Genre-Klassiker bastelt: sensationeller Aufbau, sensationelle Melodieführung, sensationelles Alles. Reicht allein schon, diesen Tonträger zu kaufen.

Aber auch das weitere Songmaterial ist extrem lecker und wird jedem Freund der oben genannten Stilistiken zusagen. Angenehm ist auch das recht organische Klangbild, ohne getriggerte Druckbetankung, bei welchem sogar solche High-Speed-Bolliden wie 'Legions Of The Cross' oder 'Insidious' von kauzigen Ohren unfallfrei genossen werden können. Bockstark!

Note: 8,5/ 10
[Holger Andrae]

Fotocredits: Marvin Wassink

Redakteur:
Thomas Becker

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