Der HELFAHRT-Gipfelsturm Teil II

30.09.2008 | 14:39

Willkommen zu Folge Nr. zwei unseres Gipfelsturms mit HELFAHRT. Nachdem wir in der letzten Folge (Der HELFAHRT-Gipfelsturm Teil I) geklärt haben, wo die Jungs eigentlich herkommen, wie rasend schnell sich der Name herumgesprochen hat und dass so eine positive Entwicklung nicht nur positives Feedback erzeugt, graben wir heute in längst vergangenen Tagen und stellen einen Frosch (lat.: Rana) in den Fokus unserer Betrachtung. Doch lest selbst ...

11.30 – De Mysterii Dom Ranae

Anscheinend bekommt unserem schwarzmetallischen Kollektiv die Höhenluft nicht, denn die Themen werden immer fröhlicher. Zum einen versuchen wir uns an einer fünfköpfigen A-cappella-Version des Instrumentalklassikers schlechthin: 'Sylvesteranfang' von MAYHEM. Unsere recht schlecht vorgetragene Version geht nahtlos über in ein Medley, bestehend aus dieser wohlbekannten, aber umso schrecklicheren Handymelodie mit dem verrückten Frosch ("Damdadadaramdamdam" oder so ähnlich) und NARGAROTHs 'Black Metal ist Krieg'. Dass diese musikalischen Ergüsse niemals das Licht der Welt in Form einer gepressten Scheibe erblicken dürfen, sollte an dieser Stelle mehr als deutlich betont werden.



Hatten wir bis jetzt noch die Hoffnung, vielleicht das ein oder andere Wildtier zu sehen, müssen wir uns wohl mit leeren Wegen und ausgestorbenen Wäldern abfinden. Doch angesichts der wunderbaren Atmosphäre, die sich unserem Auge bietet, und unserer spontanen musikalischen Ergüsse ist die Zeit geradezu reif für die Frage, wo denn die musikalischen Wurzeln von HELFAHRT liegen. "Das ist jetzt vielleicht 'ne true Antwort. Aber ein Haupteinfluss gerade für HELFAHRT ist dieser ganze Pagan oder Viking Metal, der damals am Ende der Neunziger rauskam," meint Max schmunzelnd. "Ich meine solche Sachen wie KAMPFAR, HELHEIM oder ENSLAVED. Solche Bands haben mich sehr stark geprägt. Tja, und durch diese Bands bin ich überhaupt erst dazu gekommen, musikalisch tätig zu werden. Ganz am Anfang standen allerdings auch bei mir Bands wie MAIDEN oder METALLICA." Während bei Max die Welt also noch in Ordnung ist, überschlagen sich Tobias und Basti geradezu mit ihren persönlichen Outings: "Zugegeben: im Mainstream-Black-Metal", meint Basti. "Ich habe mit DIMMU BORGIR angefangen. Das war die erste Band, die ich gehört habe, und ab da wusste ich: Genau so etwas will ich machen." Tobias unterbricht: "Ich kann das noch toppen: Bei mir ist es CRADLE OF FILTH gewesen." Doch Basti gibt sich nicht so schnell geschlagen und erwidert: "Na ja, die spielen ja in der gleichen Liga. Aber mit DIMMU habe ich tatsächlich angefangen – und dann immer weiter gehört."





Während ob der eigenen musikalischen Wurzeln noch ein wenig Unstimmigkeit im Hause HELFAHRT herrscht, fällt die Antwort auf die Frage, wie es denn zur Zeit mit dem Musikhören steht, erstaunlich einstimmig aus: "Früher habe ich das auch nie geglaubt, aber viele dieser Garagen-Bands, die erst nach und nach groß geworden sind, haben in Interviews gesagt, dass sie Metal gar nicht mehr extrem viel und vor allem nicht mehr jeden Tag hören", erklärt Tobias. "Da habe ich mir gedacht: Nee, das wird mir nicht passieren. Ich mache Musik, und da werde ich das immer noch genauso hören. Aber wenn man halt wirklich jede Woche probt, bekommt man gewissermaßen einen professionellen Blick auf eine CD. Ich kann mir die nicht mehr einfach anhören und sagen 'Hey, cool', sondern höre mir an, wie die produziert ist, wie die Songs geschrieben wurden." Nichtsdestotrotz stellt sich heraus, dass ein paar gegenwärtige Platten immer noch das Interesse der Musiker finden: So schiebt Tobias hinterher, dass ihm "To The Nameless Dead" (Metal Blade Records, 2007) von PRIMORDIAL ziemlich gut gefällt. Max zeigt sich fasziniert von Folk – gänzlich ohne Metal: "Ob aus Rumänien, Schweden oder sonst wo her; die Hauptsache ist, er wird mit traditionellen Instrumenten gespielt." Ob sich seine Faszination auf dem aktuellen Album der Band, "Wiedergang", wiederfinden lässt – findet es selbst heraus.



Während fleißig Informationen gesammelt werden, schlängelt sich der Weg durch grüne Kathedralen aus Bäumen und verhexte, in nebliges Grau getauchte Wipfel immer weiter in die Höhe. Während einer kurzen Verschnaufpause und eines verklärten Blicks hinab ins Tal wühlen wir nochmal ein wenig in der Vergangenheit herum. Jeder ambitionierte Musikhörer hat wohl ein paar Scheiben, die ihn am meisten beeinflusst haben, seinen Weg begleitet oder sogar verändert haben. Für Basti ist die Frage nach seinen Top-Alben schnell beantwortet: "Also Nummer eins kann ich sofort sagen: Das ist "Hünengrab im Herbst" von NAGELFAR (Kettenhund Records, 1997), die beste Black Metal-Scheibe überhaupt. Die finde ich wahnsinnig geil. Dann "De Mysteriis Dom Satanas" (Deathlike Silence Productions, 1994), die ist tatsächlich auch unter den besten drei. Okay, das klingt immer so, als müsste man das sagen, aber die hat eine so faszinierende Energie. Und dann würde ich noch [denkt nach] "Godless Savage Garden" (Nuclear Blast, 1998) von DIMMU BORGIR nehmen." Und wieder erzeugt die letztgenannte Band so einiges an Heiterkeit in unserem Kreis. Doch Basti bleibt standhaft: "Ich meine, das Ding ist total scheiße, eine Fan-Verarschung und so ein Mini-Ding. Aber das war genau die erste, die ich hatte. Und die hat für mich einfach einen unglaublich persönlichen Wert. Da habe ich damals das Artwork gesehen, die CD reingetan und wusste: Genau das möchte ich auch machen." Und so hat jeder sein Steckenpferd.
 

 


Sein Bruder denkt ebenso nicht lange nach und antwortet wie aus der Pistole geschossen: "Ich würde sofort EMPYRIUMs "Songs Of Moors And Misty Fields" (Prophecy Productions, 1997) nehmen." Vor allem die erzeugte düstere Stimmung – auf tiefgehende Art – ist für Tobias unerreicht. "Dann würde ich GRABNEBELFÜRSTEN nehmen, ich denke fast "Schwarz gegen Weiß" (Black Attakk, 2005). Auch ein unfassbar gutes Album. Und [grinst] wenn Basti als drittes Album schon so was Untrues nehmen darf, mache ich es tatsächlich noch untruer und nehme "Midian" (Music For Nations, 2000) von CRADLE OF FILTH. Die hat mich dazu veranlasst, den Quatsch zu machen." Plötzlich bleibt unsere Seilschaft erschrocken stehen, das von Max und Basti einstimmig intonierte "Wir sind viel zu ehrlich hier. Denk an das Image" bleibt ihnen im Halse stecken, und alle wenden sich gleichzeitig eurem zu Stein erstarrten und hysterisch schreienden PM.de-Redakteur zu. Was passiert ist, wie wir damit umgingen und warum die Wanderschaft kurz vor dem Aus steht, erfahrt ihr in der nächsten Folge.

Redakteur:
Julian Rohrer

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