AMORPHIS: Interview mit Tomi Joutson

31.05.2011 | 11:15

"The Beginning Of Times" ist wohl das, was man ein typisches AMORPHIS-Album nennen könnte. Dem Stil, den man seit "Eclipse" verfolgt, bleibt man treu. Man kann das Stagnation nennen oder auch Fokussierung auf die eigenen Stärken. Wir sprachen mit Frontturner Tomi Joutson.

Finnen sind nicht das redefreudigste Volk der Welt. Das ist nicht nur ein Cliché. Dennoch entwickelt sich ein interessantes Gespräch mit Tomi.  Meiner Einschätzung, dass "The Beginning Of Time" ein typisches AMORPHIS-Album ist, folgt Tomi widerspruchslos: "Ja, das ist schon so, am musikalischen Konzept hat sich nicht wirklich etwas geändert. Ich würde sagen, dass die Songs nicht ganz so eingängig sind und man diesmal vielleicht etwas länger braucht, um es zu erschließen, aber davon abgesehen steht "The Beginning Of Times" ganz in der Tradition von "Skyforger" und "Silent Waters"." Dass man dieses Mal etwas länger braucht, um in "The Beginning Of Times" zu finden, liegt auch am Fehlen eines Singlehits wie 'Silver Bride'. "Ja, das ist exakt, was ich meinte. Man kann nicht nach ein oder zwei Durchläufen schon mitsingen, aber ich habe das neue Album jetzt sicher schon 100 Mal gehört und bin immer noch nicht gelangweilt. Das ist ein gutes Zeichen." Woran es liegt, dass man die Musik VON AMORPHIS nach einigen Momenten zweifelsfrei erkennt, kann Tomi auch nicht mit Sicherheit sagen. "Erst einmal ist es natürlich ein Kompliment, dass wir einen so eigenständigen Sound haben, dass man gleich weiß, wer hier spielt. Aber warum das so ist, kann ich auch nicht mit Gewissheit sagen. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus der Art wie wir Gitarre und Keyboard verbinden, zusammen mit dieser Traurigkeit, die man zwischen den Tönen immer spürt."

Beeindruckend ist auch die Konstanz mit der AMORPHIS Platten veröffentlichen. In einem eingespielten Zwei-Jahres-Rhythmus darf man Musik aus dem Hause AMORPHIS erwarten, ohne dass es große Qualitätseinbußen gibt. "Ich bin wirklich froh, in dieser Band zu spielen, denn es ist wirklich einfach für uns Musik zu schreiben. Wir sind mindestens zu dritt beim Songwriting, wobei letztendlich jeder sich einbrigen kann und wir so immer einen sehr guten Fluss haben. Davon abgesehen leben wir alle von der Musik und so brauchen wir natürlich auch immer neue Musik.", gibt Tomi zu. Dass der Druck neue Musik abzuliefern, sich irgendwann auch auf die Qualität der Musik auswirken wird, glaubt er allerdings nicht. "Ich denke, bisher beweisen wir regelmäßig das Gegenteil und ich bin optimistisch, dass das so bleibt." Für die Ernährung der Familie ist das Veröffentlichen von CDs sowieso nicht mehr die Haupteinnahmequelle. "Nein, das Geld kommt eindeutig vom Touren und dem Merchandise, deshalb ist es für uns auch wichtig, dass wir live immer überzeugen, denn wir wollen ja, dass die Leute gerne wieder auf eine unserer Shows kommen. Daher spielen wir nie mehr als vier oder fünf Wochen am Stück. So bleiben wir hungrig und können zudem immer mal wieder den Akku bei unseren Familien aufladen."


Die ersten Shows zum neuen Album sind auch bereits geplant und gleich zu Beginn geht es nach Japan und Taiwan. Die Shows in Japan aufgrund der zum Zeitpunkt des Interviews immer noch ungewissen Situation abzusagen, kam für die Band nie in Frage. "Ja, das ist natürlich eine schreckliche Katastrophe, aber natürlich wollen wir diese Shows spielen. Die Menschen dort haben so viel gelitten, da ist ein Heavy-Metal-Konzert vielleicht mal eine willkommene Abwechslung." Recht hat er.

Dass Fukoshima und seine Folgen nicht nur in Deutschland große Diskussionen entfacht hat, bestätigt Tomi. "Wir haben in Finnland ja viel Atomstrom und bislang vier Atomkraftwerke. Grundsätzlich war der Bau von weiteren AKWs beschlossene Sache, aber da wird jetzt natürlich viel diskutiert. Die Leute haben immer noch Tschernobyl im Kopf, was ja für uns auch viel näher war, und sind durchaus verängstigt."

Doch weg von Japan, hin zu einem Ausblick auf die Karriere von AMOPHIS. "Ich denke, wir können durchaus zufrieden mit dem Erreichten sein. Wir spielen kontinuierlich Shows auf der ganzen Welt, können von unserer Leidenschaft leben und sind sicher in der Lage auch in den nächsten zehn Jahren gute Musik zu schreiben." Konkrete Ziele verfolgt man dabei aber nicht. "So lange wir unsere Familien ernähren können, ist eigentlich alles gut. Wir sind nicht reich, aber das müssen wir auch nicht sein. Und wenn das so bleibt, habe ich sicher keinen Grund mich zu beschweren." Eine Zeit jenseits von AMORPHIS kann sich Tomi aber derzeit noch nicht vorstellen. "Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Vielleicht sind wir in zehn Jahren zu alt für Heavy Metal, andererseits fühle ich mich immer noch wie ein Teenager. Und wenn man sieht wie lange manche Bands schon im Geschäft sind, geht es vielleicht auch noch sehr lange weiter. Immerhin sind wir eine Band mit einem einzigartigen Sound." Freuen wir uns auf eine ereignisreiche Zukunft.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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