The Floating Castle - Festung der Samurai (Blu-ray)
- Regie:
- Isshin Inudô, Shinji Higuchi
- Jahr:
- 2012
- Genre:
- Historienfilm
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Nobô no shiro
1 Review(s)
14.09.2013 | 15:37Actionreiches, listiges Historienspektakel
Japan 1590: Eine lange Zeit der Bürgerkriege geht zu Ende. Der erfolgreiche Feldherr Hideyoshi will das ganze Land unter seine Herrschaft bringen und lässt überall mächtige Heere aufmarschieren. Er schickt 20.000 Soldaten gegen die Festung Oshi des widerspenstigen Hojo-Clans. Die Bastion ist von Mooren und Seen umgeben und wird deshalb auch ,,Die schwimmende Festung" genannt. Sie wird von nur 500 Samurai verteidigt, angeführt von dem exzentrischen Narita Nagachika. Doch der ist fest entschlossen, die Festung bis zum letzten Mann zu verteidigen...(Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Nobô no shiro (JP 2012)
Dt. Vertrieb: Pandastorm/Ascot
VÖ: 6.8.2013
EAN: 4048317475377
FSK: ab 16
Länge: ca. 105 Min.
Regisseur: Isshin Inudô, Shinji Higuchi
Drehbuch: Ryô Wada
Musik: Koji Ueno
Darsteller: Mana Ashida (als Chidori), Takeo Nakahara, Mansai Nomura (als Prinz Nagachika Narita), Nana Eikura (Prinzessin Kaihime) u.a.
Handlung
Die in der Geschichte, die der Film erzählt, geschilderten Ereignisse, haben tatsächlich stattgefunden. Sie führten zu der Einigung Japans unter dem Shogunat der Tokugawa im Jahre 1600, das erst zweieinhalb Jahrhunderte später endete. Die hier erzählte Chronik wird äußerst genau und detailliert erzählt, indem sie erst alle Beteiligten vorstellt.
1582 entfesselt General Hideyoshi in Takamatsu eine Flutwelle, die mit der Wucht eines Tsunami den Feind ertränkt. Die Leutnants Ishida und Onira werden sich später, wenn sie auf Oshi stoßen, genau an diesen glorreichen Moment totaler Vernichtung erinnern...
1590, nur acht Jahre später, nennt sich Hideyoshi bereits Shogun, also Oberster Feldherr seiner kaiserlichen Majestät. Er hat den Auftrag, den widerspenstigen Hojo-Clan zu unterwerfen, der Ost-Japan beherrscht, das fruchtbare Flachland, das für reiche Ernten sorgt. Ishida, mittlerweile General, erhält 20.000 Mann anvertraut, um die Burgen der Hojos anzugreifen. Er wird besonders auf Oshi aufmerksam gemacht, die "schwimmende Festung". Die Hojos verfügen nur über 2000 Samurai - der Feldzug sollte also ein Kinderspiel sein.
Die Oshi-Region sieht den Samurai Tambar durch die Reisfelder galoppieren und eine Palisade nach der anderen passieren, bis er schließlich in Oshi eintrifft. Er hält Prinz Naga Narita, der sich gern mit den Reisbauern abgibt, für ein Einfaltspinsel, der keine Ahnung von Rittertum und Strategie hat. Naga spielt sogar mit den Kindern, ist es zu fassen! Bloß gut, dass nicht Naga, sondern der Vogt Yasusue die Burg verteidigen muss. Yasusues Tochter Kahime ist eine tapfere Kriegerin, die sogar einen Samurai getötet hat. Sie ist in Prinz Naga verliebt.
Es ist kein gutes Vorzeichen, dass der Fürst der Hojo ihre Truppen nach Odawari abzieht und in Oshi nur 500 Samurai zurück lässt. Zusätzlich will er heimlich dem Regenten schreiben und darin seine Kapitulation anbieten. Doch der Regent setzt dennoch Ishida in Marsch. Als Tambar von der Kapitulation erfährt, betrachtet er sie als unehrenhaft. Jeder Widerstand verliert dadurch in seinen Augen seinen Sinn.
Ishida macht seinen ersten Fehler, als er den arroganten Oberst Natska in die Burg schickt, um Bedingungen für die Kapitulation der Besatzung und die Übergabe der Festung zu stellen. Seine Bedingungen erweisen sich als unannehmbar, denn sie bedeuten, dass alle in und um Oshi verhungern müssten. Außerdem verlangt er die Prinzessin Kahime. Zu Natskas grenzenlosem Erstaunen erklärt Prinz Naga, dieser scheinbare Trottel, den Kampf.
Nachdem Natska indigniert von dannen gestapft ist, stirbt der alte Vogt. Die Fürstin ermuntert Naga und Kahime sowie die Samurai zur Verteidigung der Burg. Doch Prinz Naga sieht auf einmal auch 3000 Bauern auf seiner Seite, die für ihn kämpfen wollen. Auf einen Schlag hat sich die Zahl der Verteidiger vervielfacht.
Doch das ficht General Ishida nicht an. Seine Gedanken kreisen um eine riesige Flutwelle, die jeden Widerstand ersäufen soll...
Mein Eindruck
"Floating Castle" ist keineswegs die Schlachtplatte, die man unter den "Herr der Ringe"-Epigonen heutzutage vorgesetzt bekommt. Sicher, der eine oder andere Samurai muss sich durch eine blutige Heldentat hervortun. Aber im Grunde handelt es sich bei der Schilderung dieser tatsächlich stattgefundenen historischen Ereignisse um eine Chronik, die neben Action auch Humor und Verstand vorweisen kann.
Den Verstand legen die Verteidiger durch verschiedene Taktiken an den Tag, aber auch durch die höchst ungewöhnliche Tatsache, dass es die einfachen Reisbauern, die der erhabenen Kriegerkaste der Samurai zu Hilfe eilen. Ebenso ungewöhnlich ist die Figur des Prinzen Naga Narita, der als Vermittler zwischen den beiden Gesellschaftsklassen fungiert. Denn er erfreut sich der Freundschaft der Bauern, denen gegenüber er als fröhlicher Narr auftritt, um sie nicht zu erschrecken.
Schauspiel
In seiner Festung legt er aber durchaus Kampfgeist und Verhandlungsgeschick an den Tag, also kann er kein Narr sein. Was keiner Samurai ahnt, ist jedoch der politische Verstand, den Naga einzusetzen bereit ist - um ein höchst gewagtes Ziel zu erreichen. Während sein Land unter Wasser gesetzt worden ist und ringsum die Belagerer auf seine Kapitulation warten, macht er sich in einem einzelnen Boot auf den Weg, um den Belagerern ein denkwürdiges Schauspiel zu bieten.
Ich möchte dem Zuschauer nicht die Vorfreude auf diese zentrale Szene nehmen, indem ich verrate, was Prinz Naga da zeigt. Aber sein Vabanque-Spiel erreicht sein Ziel: Die Bauern betrachten ihn als ihren Märtyrer - und verzehnfachen ihren Widerstand. Und zwar tun dies auch jene Bauern, die wie der junge Kazó die Samurai als Schmarotzer verachten. Der Erfolg gibt Prinz Naga auf der ganzen Linie recht. Der Friedensvertrag verbessert die Lage des Hojo-Klans und seiner Bauern ganz erheblich. Noch heute erinnern ein Tempel und Gedenktafeln an jenes Ereignis - dies zeigt der lange Abspann.
Tsunami und mehr
Die zweimalige Inszenierung einer gigantischen Flutwelle könnte direkt von den weltbekannten TV-Bildern kopiert sein, die dokumentierten, wie der Tsunami über die Region von Fukushima herein brach: schwarz, gierig, unersättlich - und vor allem unaufhaltsam. Na, wenn das mal keine symbolische Bedeutung für die Aussage des Films haben soll! Auf einen Schlag wird die "schwimmende Festung" zu einer Metapher für das Japan nach der katastrophalen Flut. Und die ungewöhnliche Wendung, dass die Bauern sich mit der Kaste der Samurai zusammentun, kann nur eines bedeuten: "Liebes Volk, halte zusammen im Angesicht der Katastrophe, denn nur so wirst du den Feinden - von außen, von Seiten der Natur - standhalten können und zu den eigenen Bedingungen überdauern, wie einst die Festung Oshi."
Die Blu-ray
Technische Infos
Tonformat: DTS HD Master Audio 5.1 in Deutsch, DTS HD Master Audio 5.1 in Japanisch
Untertitel: Deutsch
Bildformat: Widescreen (2.35:1)
Extras:
- O-Trailer
- Trailershow
Mein Eindruck: die Blu-ray
Die Qualität von Bild und Ton ist bestens, die Untertitel stimmen weitgehend mit der deutschen Synchronisation überein - was auch nicht selbstverständlich ist.
EXTRAS
1) Originaltrailer (2:20 min)
Der Trailer fasst die Höhepunkte zusammen, allerdings um der Action den Vorrang einzuräumen, statt der List des Prinzen Narita. Der Eindruck einer mehrtägigen Schlacht entsteht, der aber vom Film in der zweiten Hälfte gar nicht bestätigt wird.
2) Trailershow
a) Myn Bala - Krieger der Steppe
b) Der Admiral - Krieg im Pazifik (vgl. meinen Bericht)
c) Ritterfürst Jaroslaw
d) Nova Zembla (vgl. meinen Bericht)
e) Mulan - Legende einer Kriegerin
f) Empreror - Kampf um Frieden
g) Battle of Empires - Fetih 1453 (vgl. meinen Bericht)
h) Buffalo Soldiers 44
Unterm Strich
Das Historienepos führt alle Figuren und Ereignisse akkurat ein und schnell wird klar, dass es sich hier um eine Chronik authentischer Geschehnisse handelt, die aus der Zeit unmittelbar vor der Isolation Japans ab 1600 stattgefunden haben. Überrascht bemerkt der Zuschauer, wie zwei Militärtechniken und Kasten aufeinander treffen.
Auf Ishidas Seite werden Musketen eingesetzt, die aus dem Westen (von den Portugiesen) importiert und dann wohl nachgebaut wurden. Diese Musketen finden nun ziemlich unfairen Einsatz gegen mittelalterlich gerüstete und kämpfende Ritter, die einem veralteten Ehrenkodex anhängen: West-Japan ist kulturell und technisch weiter als Ost-Japan, aber das heißt nicht, dass es die Ehre auf seiner Seite hat.
Der Gipfel der Hinterlist ist Ishidas Entfesselung des Tsunami, um die Verteidiger der Oshi-Festung zu ersäufen. Da hat er sich aber verrechnet. Für einen Westler noch verblüffender als die Musketen ist das alberne Schauspiel, das Prinz Naga Narita dem Belagerungsheer bietet. Es ist obszön, es ist lustig, es ist obendrein bäurisch. Das Beste aber ist, dass es seinen Zweck erreicht, indem es die Solidarität der Bauern sichert.
Es sind nicht hochgerüstete Ritter, sondern beherzte Bauern, die Oshi vor dem Untergang bewahren. Ob das eine sozialrevolutionäre Komponente sein soll, ließe sich diskutieren. Dass aber Ritter neben Bauern stehen, besitzt eine wichtige Symbolkraft mit der Aussage: Nur wenn das Volk in allen Klassen vereint kämpft, wird die Gefahr abgewehrt, sei sie nun ein Tsunami oder ein Atomunfall.
Aufgrund dieser trickreichen Logik hat mir das Historienepos recht gut gefallen. Ein nur einmaliges Ansehen wird jedoch der doppelgleisigen Handlung nicht ganz gerecht. Man sollte den Film zweimal ansehen. Allein deshalb, weil die Beziehungen zwischen den Figuren in der Burg nicht auf den ersten Blick ganz eindeutig zu sein scheinen. Prinzessin Kahime liebt zwar Prinz Naga, aber sie könnte genauso gut seine Schwester sein. Ein Glück, dass sich ein junger Samurai findet, der sie ebenfalls liebt. Der Schluss, als alle Hauptfiguren in Texteinblendungen ihr historisch verbürgtes Ende finden, hält noch ein paar Überraschungen bereit - also durchhalten und aufpassen.
Die Blu-ray
Obwohl Bild und Ton bestens sind, enttäuscht die Blu-ray durch ihren Mangel an Bonusmaterial. Lediglich Werbung drauf zu packen, reicht eben nicht, denn dann kann man sich gleich mit der DVD begnügen. Dieser Mangel führt zu Punktabzug.
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer