Hannibal (Blu-ray)
- Regie:
- Ridley Scott
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Hannibal
1 Review(s)
12.09.2014 | 13:20Monsterball im Schweinestall: Judgement Day für Hannibal
Mason Verger war Dr. Hannibal Lecters viertes Opfer - und das einzige, das überlebt hat. Nachdem er einen Hinweis erhalten hat, stellt er für seinen einstigen Folterer eine raffinierte Falle auf - mit Clarice Starling als schönem Köder. Doch bei diesem Katz-und-Maus-Spiel ist bis zuletzt offen, ob die Maus oder die Katze in der Falle landet...
Filminfos
O-Titel: Hannibal (USA 2001)
Dt. Vertrieb: Universal
VÖ: 16.10.2014
EAN: 5050582948745
FSK: ab 18
Länge: ca. 131 Min.
Regisseur: Ridley Scott
Drehbuch: David Mamet & Steve Zaillian nach dem Roman von Thomas Harris
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Anthony Hopkins, Julianne Moore, Gary Oldman, Giancarlo Giannini, Ray Liotta, Francesca Neri, Frankie Faison u.a.
Handlung
Zehn Jahre nach den Geschehnissen in "Das Schweigen der Lämmer". Special Agent Clarice Starling, die eigentlich für Verhaltensforschung ausgebildet wurde, verdingt sich ihren FBI-Lohn draußen auf der Straße im Anti-Drogen-Kampf. Mit großem Aufgebot will sie die Drogenbaronin Evalda Drumgo gefangennehmen.
Doch aus dem erhofften, bestens geplanten Erfolg wird eine bittere Niederlage. Erst fällt ihr einer ihrer eigenen Gruppenleiter vor Ort in den Rücken, indem er weitermacht, nachdem sie Abbruch befohlen hat. Als in der Schießerei nicht nur Drumgo stirbt, sondern auch einer der Agenten, geschweige von dem gefährdeten Baby Drumgos, gibt es ganz schlechte Publicity. Das FBI bzw. das übergeordnete Justizministerium braucht einen Sündenbock: Starling.
Bei dem Angebot, das ihr Boss und der Justizbeamte Paul Krendler ihr nun machen, hat Mason Verger seine Hand im Spiel. Verger, einer der Superreichen in den USA, war das vierte Opfer Dr. Hannibal Lecters, wie Clarice sehr wohl weiß. Und er ist das einzige, das Lecters "Aufmerksamkeit" überlebte: Unter Drogeneinfluss schnitt sich Verger die Gesichtshaut ab. Mittlerweile ist er entsprechend entstellt, aber durch kosmetische Chirurgie wieder halbwegs hergestellt. Clarice ahnt nicht, dass er auch Erkundigungen über ihre Beziehung zu Lecter eingezogen hat - von Barney, dem Pfleger in Baltimores Anstalt für kriminelle Geistesgestörte.
Als sie ihn besucht, lässt er ihr eine Röntgenaufnahme zeigen. Sie komme aus Buenos Aires. Lecter wurde einst der Arm gebrochen, als er eine Krankenschwester attackierte. Aber weil das vor seiner Einweisung in die Baltimorer Anstalt war, führt diese Spur zu nichts. Was will Verger also wirklich? Clarice ahnt, dass er sie für irgendetwas manipulieren oder benutzen will. Sie ahnt nicht, wozu Verger fähig ist.
Der Köder
Nun, Dr. Hannibal Lecter weilt keineswegs in Buenos Aires, sondern in der Stadt seine Träume und seines Erinnerungspalastes: Florenz. Schon in der zelle von Dr. Ciltons Anstalt, wo Clarice ihn besuchte, hing ans einer Wand eine Zeichnung der erhabenen Stadt, die er selbst angefertigt hatte. Nun bewirbt er sich als "Dr. Fell" um den Posten des Kurators der berühmten Capponi-Bibliothek, die sich im Palazzo Vecchio befindet. Alle Meisterwerke der Florentinischen Renaissance stünden ihm offen. Wer könnte ihn nicht beneiden? Es gibt viele Einwände.
Sein Vorgänger ist auf mysteriöse Weise verschwunden und dessen Habseligkeiten stehen in vier Koffer gepackt im Palazzo Vecchio, wo sich das Domizil des Kurators befindet. Commissario Rinaldo Pazzi ist mit der Aufklärung dieses Verschwindens beauftragt worden und wendet sich an Dr. Fell. Er bekommt mehr, als er erwartet hat: den Hinweis zur Aufklärung der Morde von "Il mostro" (Das Ungeheuer), eines brutalen Frauenmörders. Florenz lebt seit dieser Mordserie in Angst und Schrecken.
Aber gerade weil Dr. Fell so einen Eindruck hinterlassen und weil Interpol - auf Betreiben Mason Vergers - nach einem Mann mit Dr. Fells Aussehen fahndet, beginnt sich Pazzi mit Dr. Fell zu befassen. Fell kauft laut Ü-Video nur das teuerste, extra für ihn gemischte Parfüm (und tränkt damit einen persönlichen Brief, den er Clarice schickt). Aber warum gibt es von Fell nie andere Spuren?
Auf der VICAP-Webseite des FBIs entdeckt Pazzi den Grund: Dr. Fell muss Hannibal Lecter sein. Auf seine Ergreifung bzw. sachdienliche Hinweise sind 3 Mio. US-Dollar ausgesetzt. Geld, das Pazzi für seine neue Frau Allegra, die hohe Ansprüche hat, gut gebrauchen könnte. Sein Anruf bei einem Schweizer Anwalt macht ihm klar, dass er unbedingt einen Fingerabdruck Dr. Fells benötigt, um einen Vorschuss von 100.000 US-Dollar zu kassieren.
Das plötzliche Interesse Pazzis an seiner Person erregt Lecters Aufmerksamkeit. Und schon bald einen Verdacht. Clarice Starlings dringende Bitte an Pazzi, sich vor Lecter in Acht zu nehmen, schlägt der Kommissar in den Weg und setzt einen Taschendieb auf "Dr. Fell" an. Der soll einen Fingerabdruck auf einem Metallarmband besorgen. Dieses Ziel wird erreicht, doch für den Taschendieb kommt jede Hilfe zu spät.
Macht nix! Mason Verger schickt seine spezielle Ergreifungstruppe von Sardinien nach Florenz, um Lecter zu fassen. Zu seinem späteren Leidwesen beschließt Pazzi nach Erhalt seines Judaslohns, an dieser Aktion teilzunehmen. Doch nun ist auch Lecter gewarnt und ergreift bestimmte Maßnahmen, die für Pazzis Zukunft und die seiner schönen Allegra nichts Gutes verheißen...
Mein Eindruck
Eigentlich sollen im Kino ja nur Nüsse als 'Brain-food', d.h. Hirnnahrung gefuttert werden, aber Dr. Lecter sieht das nicht so eng. Dieser Film hat echt widerliche Szenen, und bis auf einmal (am Anfang) sind alle Opfer Dr. Lecter's männlich, vor allem, wenn sie gegen den Dottore "unhöflich" waren. Als einzige Frau lässt er FBI-Agentin Clarice Starling unangetastet, denn er hat sie fast zum Fressen gern...
Zukünfte
Das Hauptmotiv ist in der Oper ausgedrückt, die Pazzi und Lecter in Florenz besuchen: "La vita nuova", ist, begleitet von Hans Zimmers wundervoller Musik, eine Inszenierung von Dantes gleichnamigem Gedicht. Darin entwirft sich der ins Exil gejagte Florentiner Dichter und Politiker ein neues Leben an der Seite seiner liebenden Beatrice. Vielleicht sieht auch Hannibal in Clarice seine künftige Clarice.
Er muss ihr nun zu Hilfe eilen. Mason Vergers Machenschaften haben sie zu einem Archivjob verdammt, bei dem sie nun von Ferne die Jagd auf Lecter verfolgen kann. Sie will ihn immer noch schnappen, doch ein ums andere Mal muss sie feststellen, dass ihre eigene Behörde ihr in den Rücken oder die Hand fällt. Die Behörde ist sich selbst immer am wichtigsten: Das Image muss sauber bleiben. Und da ist immer dieser lüsterne Paul Krendler...
Vereitelung
Es geht also um Lebensentwürfe, aber auch um deren Vereitelung durch die Last der Vergangenheit. Verger hat mit Lecter noch eine Rechnung offen, die er begleichen will. Das eine für zum anderen, und gerade als Lecter das Zeitliche segnen soll, stürmt Clarice heldenhaft (und entgegen des klaren Befehls ihrer Behörde) in den Schweinestall, um ihn zu befreien. Die Sarden beißen ins Gras, doch sie schießen auch Clarice kampfunfähig. Nun erfüllt sich Lecters Traum: Er rettet seine Beatrice/Clarice vor den Killerschweinen, indem er wie ein Fels in der Brandung den Killerschweinen trotzt und sie in Sicherheit trägt.
"Das neue Leben/La vita nuova" wartet praktisch um die Ecke auf sie beide. Nur eine Kleinigkeit ist noch zu erledigen: Rache an Paul Krendler und, leiderleider, auch ein gewisses Maß an Überredung hinsichtlich Clarice. Es kommt zu der berühmt-berüchtigten Brain-Food-Szene in Lecters Küche...
Masken
Denn nun müssen die Masken fallen. Alle außer Clarice haben bislang Masken getragen. Lecter gab sich als Dr. Fell aus, Pazzi als Bewunderer, Verger als Wohltäter und Krendler als Wasserträger seiner Behörde. Es ist quasi der Tag des Jüngsten Gerichts, als Lecter im Stall Mason Vergers den Killerschweinen vorgeworfen werden soll.
Werden die Gerechten überleben und die Schurken sterben? Wie in einem Gottesurteil fallen die Würfel zugunsten Lecters und Clarices. Daher kann man eigentlich nicht mehr von einem Psychokrimi reden, wie es noch für "Schweigen der Lämmer" zutraf, sondern von einem Kriminaldrama, ja, einer jakobinischen Tragödie, wie es einer der Schauspieler im Interview sagte. Auch in "Die Herzogin von Malfi" fallen jede Menge Leichen an.
Unterschiede zum Buch
Im Buch schließen Hannibal und Clarice einen Pakt, setzen sich nach Buenos Aires ab, doch Ridley Scotts Film bleibt lieber offen (für eine Fortsetzung?): Lecter haut einfach ab, offenbar nach Asien. Vielleicht neuen "Genüssen" entgegen.
Der Film tut dem Buch noch weitaus mehr Gewalt an: Wohl ein halbes Dutzend "Rollen" wurde gestrichen, allen voran natürlich Mason Verger's Schwester sowie Clarice's Freundin. Das lässt die Handlung, die schon grausam genug ist, noch dichter, kompakter erscheinen. In seinem Audiokomentar zu den gekürzten Szenen erklärt Scott, dass er mehr Handlungstempo und viel weniger Verwirrung erzielen wollte, als er kürzte. Es lohnt sich sehr, wenn man das Buch gelesen hat, denn sonst können viele verwirrende oder unklare Stellen auftreten.
Doch zum Glück hat Scott das Beste am Buch, nämlich die Florenz-Episode, in all ihrer Ironie und barock-dekadenten Schönheit übernommen, so dass die grausame Vergangenheit dieses vor 500 Jahren so stolzen Stadtstaates noch bis in die Gegenwart hineinscheint. Der damals gehängte Verräter Francesco Pazzi ist in Rinaldo Pazzis Judas-Verhalten gespiegelt - und dank Lecters Sinn für Geschichte und Gerechtigkeit erhält Rinaldo den gleichen Lohn wie einst Francesco: den Strick,
Auch die Inanspruchnahme von Sarden als Helfershelfern des Todes, mitsamt ihren schweinischen Viechern, entspricht völlig diesem archaischen Unterton, den Italien bzw. Europa in den amerikanischen, von einem Briten gedrehten Film einbringen. Kein Wunder, dass die italienischen Damen beim Sehen des Films (gerüchteweise) reihenweise zusammenbrachen. Dino de Laurentiis freute sich sicherlich über die willkommene Publicity, die diese Reaktion erzeugte.
Es ist angerichtet
Brainfood! Ja, das ist sozusagen der Gipfel des Grauens, den Lecter bzw. Regisseur Ridley Scott für den geduldigen Zuschauer bereithalten. In den finalen Küchenszene erfahren wir viel über die Empfindungsfähigkeit des menschlichen Gehirns, zumindest seine äußere Sensibilität, die in krassem Widerspruch stehen sollte/könnte zu seiner inneren. "Sollte", denn Krendler aus dem Justizministerium hat in Vergers Auftrag Starlings Karriere vernichtet. Das gefällt weder Dr. Lecter noch uns. Krendler wird seiner moralisch gerechten (?) Strafe zugeführt und hin- bzw. an-"gerichtet" - mit Trüffeln.
So stellt sich die Frage, welche Art von Gerechtigkeit hier Thomas Harris und Ridley Scott via Monster walten lassen. Und es verrät viel über unser Rechtsempfinden, wenn wir Krendler und Verger zumindest nicht das Überleben wünschen, sondern ein viel schlimmeres Schicksal. Und die "Agentin" dieses Schicksals ist Special Agent Clarice Starling, auch wenn sie vielleicht nur Dr. Lecter zur Strecke bringen will. Doch wie schon die verhängnisvolle FBI-Aktion zu Beginn zeigt, es kann immer etwas schiefgehen. Und so kommt es auch: Lecter verschwindet spurlos.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 2,40:1 (16:9)
Tonformat: DTS Digital 5.1 in Deutsch, DTS Digital 5.1 in Spanisch, DTS Digital 5.1 in Italienisch, DTS Digital 5.1 in Französisch, DTS HD Master Audio 5.1 in Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Finnisch, Portugiesisch, Arabisch, Isländisch, Hindi, Niederländisch
Extras:
- Vier Extras, siehe unten
Mein Eindruck: die Blu-ray
Das Bild der neuen Universal-Blu-ray ist ausgezeichnet und lässt keine Wünsche offen. Auch in den zahlreichen dunklen Bildern sind alle Details genau erkennen, ohne dass es zu Helligkeitsschwankungen kommt. Die unscharfen Videoaufnahmen während der Credits am Anfang sind volle Absicht: Sie sollen Aufnahmen aus einer billigen Videokamera eines der Millionen Touristen simulieren.
Der Ton ist ebenfalls vom Feinsten; Stereo wird gut und effektvoll eingesetzt. Oben habe ich zahlreiche Tonspuren aufgelistet. Meine Presse-CD weist lediglich drei auf: DE, EN und Italienisch. Hinzukommen die jeweiligen Tonspuren für Scotts Kommentare.
EXTRAS
1) Der Regiekommentar
... zieht sich über den ganzen Film hin. Zahlreiche Zusammenhänge, die der Film nur andeutet, werden erklärt. Scott erläutert ruhig und gelassen, was es zu sehen gibt. Die Untertitel fassen eher zusammen, was er auf Englisch sagt, als alles wörtlich zu wiederholen. Ich habe dabei auch zahlreiche Ungenauigkeiten feststellen müssen, z.B. wird "sublimation" als "Verdrängung" übersetzt.
2) Making-of: "Das Brechen der Stille" (66:11 min)
Dies ist wohl der wichtigste und hilfreichste Beitrag unter den Extras. In über einer Stunde deckt das Making-of alle Phasen des Filmprojekts ab:
a) Development / Entwicklung
Dino De Laurentiis, der Produzent von "Dune" usw., sowie seine Tochter Martha erzählen, wie sie Pech hatten: Jonathan Demme sagte ab, Jodie Foster sagte ab und auch Anthony Hopkins bekam schließlich Zweifel. Zum Glück blieb er bei der Stange, Julianne Moore setzte sich gegen Angelina Jolie, Cate Blanchett und Hilary Swank durch, und mit Gary Oldman fand sich ein aufopferungsbereiter Mason Verger. Das Drehbuch musste neu geschrieben und gewaltig gekürzt werden. Übrig blieben immerhin noch 130 Seiten...
b) Produktion
Die Stadt Florenz kam den Produzenten größzügig in jeder Weise entgegen, die Touristen hingegen kannten solche Rücksichten nicht: Sie umagerten jede Szene, um Autogramme zu ergattern. Ein schwieriger Dreh, was erklärt, dass viele Szenen in Florenz bei Nacht oder am frühen Morgen spielen. Scott entdeckte den Garten der Kirche Santa Croce als idealen Aufführungsort für die Dante-Oper. Erste Impressionen von der Brain-Food-Szene, von den russischen Ebern, der Union Station in Washington, D.C., und der Schießerei auf dem Fischmarkt.
c) Spezielle Make-up-Effekte
Die Leiter dieser Abteilung, Keith Vanderlaan und Greg Cannom, erläutern die Effekte für folgende Elemente:
- das Aussehen von Mason Verger (er brauchte 6 Stunden für diese Maske)
- das animatronische Baby aus der Schießerei
- Pazzis Eingeweide
- einen mechanischen Eber
- essbare Puppen aus Gelatine
- die Hirn-Szene: teils CGI, teils eine Ganzkörperpuppe von Ray Liotta (witzige Kommentare)
d) Musik
Hans Zimmer hatte wenige Woche vor Drehbeginn zugesagt. Nach einem 24-Stunden-Marathon für "Mission Impossible" schrieb er die dringend nötige Musik für die Aufführung der Oper "La vita nuova", die von zentraler Bedeutung für den Überbau der Handlung ist (s.o.). Aufgenommen wurde in Belsize Park, London, in George Martins Studio (genau, der G. Martin der "Beatles").
Scott erklärt, während der Walzer "An der schönen blauen Donau" aufgenommen wird, wozu Zimmers Musik dient: Er kann damit die Stimmung einer Szene völlig anders gestalten, den Bildern eine andere Bedeutung zuspielen und sogar die Leistung eines Schauspielers korrigieren. Wundersam! Zimmer erläutert, dass er das Orchester geradezu missbraucht, denn er lässt die Musiker an den Grenzen ihrer Instrumente spielen. Mit anderen Worten: "The greatest job on Earth."
e) Reaktion
Gezeigt werden beiden Februar-2001-Premieren in Hollywood und in New York City. Die Promis geben sich die Klinke in die Hand, und zusehen sind u.a. David Bowie, Muhammad Ali und viele andere. Bei der New Yorker After Party fühlen sich die Besucher durch das Dekor der Stadtbibliothek wie nach Florenz versetzt, und barocke Opernfiguren kredenzen den Wein. Hier taucht auch Scott Glenn auf, der Special Agent Crawford in "Das Schweigen der Lämmer" spielte.
3) Unveröffentlichte Szenen, kommentiert von R. Scott (31:38 min)
Scott begründet alle seine umfangreichen Kürzungen. Sie erfolgten im Hinblick auf das Tempo, die Eindeutigkeit vs. Verwirrung und schließlich Plausibilität. Jede Szene muss der Handlung schließlich etwas hinzufügen, das später wichtig wird, und zwar so, dass es glaubwürdig wirkt. Deshalb kürzte er Figuren heraus, strich Handlungsfäden zusammen und stutzte übertriebene Effekte zurecht: "Alles sollte so realistisch wie möglich wirken." Recht so!
4) Alternatives Ende, kommentiert von R. Scott (6:31 min)
Am Ende verschwindet Hannibal Lecter, und die eintreffenden Cops verhaften Clarice Starling. Die Frage ist nun: Hat Lecter seine Hand noch oder hat er sie für Clarice geopfert? Das oll hier nicht verraten werden.
Wahrscheinlich weist die Endfassung noch etliche Trailer auf, wie üblich. Auf meiner Presse-CD fehlen sie.
Unterm Strich
Meiner Ansicht nach geht es in dieser Nichtfortsetzung zu "Das Schweigen der Lämmer" um Freiheit und Zukunft, das Abwerfen aller Masken, um das Ende von Korruption und Rachgier, die Rettung von Schönheit. Dies ist sowohl "Die Schöne und das Biest", aber auch Dantes "La vita nuova", verpackt und zusammengehalten in einer jakobinischen Tragödie des 17. Jahrhunderts.
Auf kunstvolle Weise scheinen sich die Vorgänge in Florenz, die den Dichter und Politiker Dante Alighieri ins Exil trieben, zu wiederholen, als der Verräter Pazzi, damals wie heute, Dr. Lecter an seine Verfolger verrät. Nachdem Pazzi seinen Judaslohn erhalten hat, muss Lecter wieder ins Exil, wie einst Dante, doch nicht um sich zu verstecken, sondern um den Spieß umzudrehen. Auf seine eigene unnachahmliche Weise macht er Clarice Starling zum Werkzeug seiner Rache und Rettung...
Starker Tobak
"Hannibal" ist kein Film für schwache Mägen, man sollte also nüchtern zur Vorstellung kommen. Es gibt etwas Action, aber auch viele Längen, die für eine angespannte Stimmung sorgen. Doch wer den Lauf des Verhängnisses, das Lecter bringt, nicht mit Geduld und Konzentration ansehen kann, der sollte den Film meiden. Was die Konzentration anbelangt, so ist sie nötig, um die nur angedeuteten kausalen Verbindungen zwischen Verger, Lecter, Krendler und Starling nachvollziehen zu können. Der Regisseur unternahm zwar viel, um Verwirrung und lose Handlungsfäden zu vermeiden, aber er setzt auf einen mitdenkenden Zuschauer.
Witz und Gefühl
Wie man meinen Ausführungen oben schon entnehmen konnte, ist dies ein ausnehmend witziger Film. Verger fängt damit an: eine große Leistung Gary Oldmans, denn im Buch wird Verger nur als Monster geschildert. Lecter macht mit dem schwarzen Humor weiter: Er deutet Pazzi gegenüber an, dessen Signora Allegra zum Fressen gern zu haben - Liebe und Essen gehen bei ihm Hand in Hand. Da bleibt einem das Lachen jedoch im Halse stecken.
Schließlich ist noch ein großes Lob für die vielfach verfremdeten Bilder und für die ergreifende Musik von Hans Zimmer angebracht: Selten wurde das Grauen hinter den Bildern mit solch exquisiter visueller und auditiver Kunstfertigkeit zelebriert.
|Die Blu-ray|
Die Qualität von Bild und Ton ist bestens, so wie erwartet: Cinefacts vergab dafür seinerzeit bereits 9 von 10 möglichen Punkten. Allerdings war mir ein Vergleich mit der allerersten Blu-ray von BMG aus dem Jahr 2007 nicht möglich.
Die Extras der Blu-ray sind die gleichen wie auf der Special Limited Edition vom 3.9.2001. Gegenüber der SLE-DVD fehlen folgende Extras.
- Multi-Angle Specials: Die "Fischmarkt"-Actionsequenz, "Ridleygrammies" (Storyboard/Film-Vergleich), Design des Vorspanns
- Marketing-Galerie: Trailer und TV-Spots, Hunderte Fotos
- Cast & Crew Biographien
- Produktionsnotizen
- U.a. Trailer zu "Das Schweigen der Lämmer"
- Hidden-Feature
Auf diesen Schnickschnack verzichte ich allerdings gerne, insbesondere auf die "Marketing-Galerie".
Diese Neuausgabe soll am 16.10.2014 für knapp 13 oder 14 Euronen auf den Markt kommen, je nach Online-Shop.
Michael Matzer (c) 2014ff
- Redakteur:
- Michael Matzer