Broken City (Blu-ray)
- Regie:
- Hughes, Allan
- Jahr:
- 2012
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Broken City
1 Review(s)
06.10.2013 | 18:18Intelligenter Film noir Thriller für Erwachsene
Billy Taggart (Mark Wahlberg) war ein Cop, bis ihm ein unglücklicher Fall von Polizeigewalt zum Verhängnis wurde. Danach musste er seine Marke abgeben, und dass er nicht auch noch ins Gefängnis kam, verdankte er hauptsächlich einem Mann: Nicolas Hostetler (Russell Crowe), dem Bürgermeister von New York City. Acht Jahre später lebt Taggart als Privatdetektiv in einer verwahrlosten Ecke der Stadt, und jetzt fordert Hostetler einen Gefallen von ihm.
Er soll feststellen, ob seine Frau Cathleen (Catherine Zeta-Jones) eine Affäre hat. Klingt wie ein einfacher Fall, aber kaum hat Taggart den Verdacht von Hostetler bestätigt, stirbt auch schon Cathleens Lover. Das Schwierige daran: Taggart entdeckt hinter dem Mord einen viel größeren Skandal, und mittendrin steckt der Bürgermeister. Jetzt beginnt eine gefährliche Jagd, denn Taggart will Gerechtigkeit erzwingen, egal ob ihn das Freiheit oder Leben kosten wird. (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Broken City (USA 2012)
Dt. Vertrieb: Ascot Elite
VÖ: 4.10.13
EAN: 887654838797
FSK: ab 12
Länge: ca. 109 Min.
Regisseur: Allen Hughes (The Book of Eli, From Hell)
Drehbuch: Brian Tucker
Darsteller: Mark Wahlberg, Russell Crowe, Catherine Zeta-Jones, Barry Pepper, Kyle Chandler, Jeffrey Wright u.a.
Handlung
In dem New Yorker Sozialghetto Bolton Village erschießt ein Cop (Wahlberg) einen Schwarzen. An sich nichts Ungewöhnliches, sollte man meinen, doch später erfahren wir, dass es sich um kaltblütigen Mord handelt. Der Polizist Billy Taggart wollte sich für die Vergewaltigung und Ermordung von Yesenia Barea rächen, deren Schwester Natalia seine Freundin ist. Taggarts Partner schaut fassungslos auf die rauchende Dienstwaffe seines Kollegen.
Taggart wird jedoch zur Verwunderung einiger Leute, insbesondere der Schwarzen von Bolton Village, nicht verurteilt. Hinter den Kulissen verhandeln der Police Chief Commissioner Fairbanks (J. Wright) und Bürgermeister Nicolas Hostetler (Crowe) darüber, ob die Zeugenaussage eines Jungen, der die Tat bezeugen kann, verwendet werden soll oder nicht. Offenbar erreichen sie einen Deal zur beiderseitigen Zufriedenheit. Aber ein Bauernopfer wird als nötig erachtet: Taggart muss den Dienst quittieren, will er als freier Mann den Gerichtssaal verlassen.
Acht Jahre später
Taggart arbeitet seit Jahren als Privatdetektiv, doch wie ihm seine Assistentin Katy sagt, ist er praktisch pleite: Er hat 42.000 Dollar Außenstände in seinem Viertel Bolton Village. In dieser Notlage kommt ein Anruf aus dem Rathaus wie gerufen: Für immerhin 50.000 Piepen soll Taggart sich als Voyeur betätigen und die Untreue von Hostetlers Frau Cathleen (Zeta-Jones) fotografisch beweisen. Die Hälfte des Lohns gibt's im Voraus. Taggart denkt sich: Was ist schon dabei?
Allerdings ist die Endphase des Wahlkampfs um das Amt des Bürgermeisters angebrochen, und jetzt zählt jede noch so kleine Information. Taggart entdeckt, dass wohl der Wahlkampfmanager Paul Andrews (Kyle Chandler) von Hostetlers Hauptgegner Jimmy Valliant (Pepper) der Geliebte von Cathleen Hostetler ist. Es wundert Taggart daher nicht, dass sich die First Lady und der Bürgermeister nicht sonderlich gut verstehen. Sie erringt einen Sieg zur Zulassung der Homo-Ehe, und das nicht ohne guten Grund...
Auf einer Wahlkampfparty lernt Taggart Leute kennen, die bald sehr wichtig werden. Da ist Murdock, Hostetlers Leibwächter und Mann fürs Grobe. Da sind die zwei Besitzer der Immobilienfirma Solstein Donegan, Sam Lancaster und sein Sohn Todd. Und da ist Cathleen, die Taggart zu sich rufen lässt: Sie weiß von seinem Spitzelauftrag! Sie bittet ihn, damit aufzuhören und sagt, es gehe gar nicht um Ehebruch, sondern um etwas ganz anderes. Als sie ihn ihrerseits kaufen will, lehnt er ab. Sie meint schnippisch, er sei entweder zu dumm oder zu katholisch. Ihr Mann peilt die Lage sofort und bezahlt für die Fotos den Rest der 50.000 Mäuse.
Taggart erlebt einen massiven Absturz. All die Jahre hat er es geschafft, sich vom Alkohol fernzuhalten, doch beim Anblick seiner Freundin Natalia Barea, die sich in ihrem neuen Film von hinten nehmen lässt, wird ihm schlecht. Bei der Premierenparty besäuft er sich und stellt Natalia bloß, weil er denkt, sie habe ihn betrogen. Sie sagt, er sei einfach zu katholisch (genau wie ihre hispanische Familie).
Als Katy ihn zu einem Tatort ruft, stolpert er über den ermordeten Paul Andrews. Der Chief Commissioner, Fairbanks, hat natürlich sofort Taggart im Visier. Der ist ja einschlägig vorbelastet. Deshalb muss dieser ihm einen Gefallen erweisen: Beide müssen Jimmy Valliant, der sich die Schuld an Pauls Tod gibt, wieder auf Linie bringen und vor den Medien und dem Gesetz in Sicherheit bringen. Täten sie das nicht, könnten sie gleich Hostetler als Wahlsieger ausrufen.
So aber erfährt Taggart, dass Andrews und Valliant ein homosexuelles Paar waren. Wenn aber Andrews schwul war, wieso sollte er dann der Liebhaber von Cathleen Hostetler gewesen sein? Etwas stimmt überhaupt nicht an Taggarts Sicht der Dinge. Und das wird ihm um ein Haar zum Verhängnis...
Mein Eindruck
Weil wir die Entwicklung der Ereignis hauptsächlich aus Taggarts verzerrtem Blickwinkel betrachten, gehen wir auch seinen Irrtümern auf den leim. Die Regie führt uns ordentlich an der Nase herum, um uns dann wie mit dem Vorschlaghammer die eklige Wahrheit zu präsentieren. Taggart müht sich noch, eine Trumpfkarte gegen Hostetler aus dem Ärmel zu ziehen, doch sein Kontrahent hat eine Karte im Ärmel, die selbst Taggarts Ass sticht. Nun denkt der Bürgermeister, er habe Taggarts Hintern im Sack. Da tut Taggart das einzig Richtige und steigt aus diesem Scheißspiel aus.
New York, die Stadt der Heiligen und Sünder? Ganz bestimmt sogar. Genau wie jede andere Stadt von ihrer Größe und Komplexität. Allerdings kommt es darauf an, die Heiligen von den Sündern unterscheiden zu können. Das ist gar nicht so einfach, wie sich zeigt. Hier kommt die Nebenhandlung des Wahlkampfs ins Spiel. In einem packend inszenierten Rededuell an einer Hochschule, also einem gebildeten Publikum, versuchen die beiden Hauptkandidaten das Publikum zu überzeugen, der jeweils Richtige für den Job zu sein.
Man sollte meinen, die sozial ausgerichteten Argumente Jimmy Valliants, des von Barry Pepper asugezeichnet gespielten Herausforderers, müssten die Zuschauer überzeugen. Schließlich hat doch der Bürgermeister einigen Dreck am Stecken, siehe Bolton Village. Aber Pustekuchen! Hostetler trumpft auf, und Russell Crowe wirkt, als hätte er nie etwas anderes getan, als im Wahlkampf den Gegner niederzumachen. Das Publikum jubelt dem Obermacker zu, der den Karren aus dem Dreck zieht und den Job erledigt, egal wie. Diesen seltsamen Herdentrieb prangert das Skript von Brian Tucker an (siehe auch die Statements in den Extras).
Auch Kyle Chandler konnte mich überzeugen, wenn er Valliants Wahlkampfmanager spielt. Paul Andrews ist zwar nur eine Nebenrolle, aber der Schlüssel zur Lösung des Rätsels, das sich im Plot verbirgt. Chandler gelingt es, sowohl als möglicher Lover der First Lover aufzutreten, als Manager mit Argumenten und als Diskussionspartner, den Taggart im Zug kennenlernt. Aber ich nehme ihm nicht ab, Valliants Lover gewesen zu sein. Und ich nehme Zeta-Jones als First Lady nicht ab, mehrere Lover zu haben und noch dazu Hostetlers Ehefrau zu sein. Dafür tritt sie zu integer auf. Sie macht sich nicht mal an Wahlberg als Taggart heran.
Der große Schwachpunkt des Films ist erstaunlicherweise der Hauptdarsteller und Mitproduzent Wahlberg selbst. Anders als die abgebrühten Haudegen alter Schule, wie etwa Bogart oder Mitchum, ist sein Blick offen ("katholisch") und jungenhaft (schon immer gewesen). Würde er eine Sonnenbrille tragen, hätte er diesen Eindruck vermeiden können. Der Trick ist allerdings, dass Taggart als ehrliche Haut wirken soll, die nur einen Knacks hat: ein "gebrochener Charakter". Aber wie lässt sich die ehrliche Haut mit dem in Einklang bringen, was Hostetlers Video zeigt: einen kaltblütigen Mörder?
Wie man die Sache auch dreht und wendet, so stellt uns dieser - absolut gewollte - Widerspruch vor ein moralisches Dilemma: Wir können nicht auf der Seite des "guten Privatdetektivs" sein. Daher hat zeta-Jones wohl recht, wenn sie in ihren Statements sagt, dass dies ein Film für erwachsene und intelligente Menschen sei. Leider ist das für ein Publikum, das den Film ab zwölf Jahren sehen darf, noch nicht ganz die richtige Zielgruppe. Kein Wunder also, dass diese Hommage an den Film noir lauter schlechte Kritiken erhält.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 2,4:1 (anamorph)
Tonformate: D in DTS-HD 5.1, Englisch in DTS-HD 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D für Hörgeschädigte
Extras: (45 min)
Mein Eindruck: die Blu-ray
Wie bei einer Blu-ray kaum anders zu erwarten, ist die Qualität von Bild und Ton bestens. Die dunklen Nacht- und Innenszenen überwiegen eindeutig, denn ein Film noir braucht nun mal viel Schwarz. Die Tagesszenen wirken unwirklich, deplatziert, so als wäre das Sonnenlicht nicht das natürliche Lebenselement der Figuren - es sei denn, man setzt sie dem grellen Scheinwerferlicht des Fernsehens aus.
EXTRAS
1) Making-of
Das Making-of besteht aus sechs Featurettes.
A) Vom Skript zum Film (4:45 min)
Brian Tucker, der Autor, erfuhr von einem Immobiliendeal und wollte ihn in einem Film noir Thriller verarbeiten. Das Skript verkaufte er Ende 2008, doch das Filmprojekt wurde wegen der Finanzkrise gestoppt. 2010 konnte er es erneut verkaufen, diesmal an Allan Hughes. Wahlberg war als Hauptdarsteller von Anfang an im Gespräch. Als er gefragt wurde, wollte er sogar als Produzent einsteigen.
B) Anatomy of a Thriller (8.10 min)
Wer ist die Katze, wer ist die Maus? Das ist die Frage der Thriller-Story. Jeder hat einen Makel und eine eigene Agenda. Irgendwann aber, so Hughes, muss sich einer über diesen Sumpf erheben und büßen. Das ist Taggart. Ansonsten funktioniert die Story wie ein gewöhnlicher film noir aus den Vierziger Jahren. Dabei ist das Leitmotiv des Beobachtens und Beobachtetwerdens sehr aktuell: überall sind heute Handykameras dabei, und alle sind zu Voyeuren geworden. Die Kamera von Ben Seresin bringt dies zum Ausdruck. Das Voyeur-Thema und das Tempo steuerte Cutterin Cindy Mollo bei.
C) A Cast Profile (6:53 min)
Der Produzent wählte - nach Wahlberg als Hauptdarsteller - Russell Crowe und C. Zeta-Jones. Diese geben ihre Meinung zum Filmergebnis ab, ebenso Jeffrey Wright und Barry Pepper. Kyle Chandler, so Hughes, wählte die Rolle des Paul Andrews, weil sie der Schlüssel ist, der Schlüssel zum Geheimnis der Story.
D) Achieving the Look (5:20 min)
Ganz klar wollte Hughes, dass sein neues Werk wie ein traditioneller Film noir aussieht, wie er einst mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall nach Krimis von Hammett ("Der Malteser Falke") und Chandler ("The big sleep"/Tote schlafen fest) gedreht wurde: ein abgebrühter Privatdetektiv, eine undurchsichtige Lady, ein Sumpf von Verbrechen. Getrickst wurde allerdings mit den Drehorten: Draußen herrschten in Louisiana über 40 Grad, drinnen sollte es aber nach New York City im herbst aussehen.
E) Allan Hughes' Vision (4.40 min)
Hughes hatte zwar seine eigene Vorstellung vom Aussehen des Films, doch Crowe und zeta-Jones gestalteten ihre Rollen höchst selbständig. Hughes ließ die beiden OSCAR-Gewinner gewähren, und das Ergebnis kann sich besonders in der vieldeutigen Eheszene vor dem Boudoirspiegel sehen lassen.
F) "It's not politics, it's personal" (4:03 min)
Die Moral von der Geschicht' ist zynisch, aber wahr: Die Bürger lassen jeden Schweinehund an der ihrer Spitze gewähren, solange er ihnen das Gefühl vermitteln kann, dass alles in Butter ist und es allen gut geht. Aber auch Hughes manipuliert, diesmal den Zuschauer: "Du musst nur den Zuschauer spüren lassen, dass es so aussieht, als ob alle 15 Minuten jemand im Film stirbt." Daher auch die völlig sinnlosen Verfolgungsjagden und unmotivierten Zweikämpfe.
2) Deleted Scenes (ca. 5:30 min)
Drei unwichtige Szenen wurden geschnitten. William und Natalia Barea reden über die kommende Premiere ihres ersten Films (der zum Bruch führen wird). William und Natalia Barea sprechen sich nach dem Bruch aus. William redet mit einem Schuldner namens Jimmy Luv, doch Wahlberg beendet das fiktive Gespräch mit einem ironischen Lachen. Der Dialog war wohl nicht optimal.
3) Alternatives Ende (1:20 min)
Barry Pepper als Wahlsieger Jimmy Valliant setzt sich in den Sessel des Bürgermeisters. Er lässt die Leute von Solstein Donegan, die seinen Vorgänger Hostetler korrumpiert haben, bitten. - Dieses Ende ist weniger "alternativ" als vielmehr angepappt.
4) O-Trailer (2:22 min)
Der Trailer funktioniert sowohl auf der Ebene des menschlichen Dramas im Film-noir-Stil, als auch auf der Ebene der Action.
5) Deutscher Trailer (1:58 min)
Der deutsche Trailer ist inhaltlich identisch, aber aufgrund geschnittener Firmenlogos kürzer.
6) BD-Live
Habe ich nicht getestet.
7) Trailershow
a) Rush (mit Daniel Brühl als Nikki Lauda)
b) Dead Man Down (mit Colin Farrell und Noomi Rapace)
c) Spring Breakers (vgl. meinen Bericht)
d) Arbitrage (vgl. meinen Bericht)
e) Nurse Jackie
f) Der Geschmack von Rost und Knochen (mit Marion "Inception" Cotillard)
Unterm Strich
Nach den politischen Enthüllungsthrillern "State of Play" und "The Ides of March" tritt nun Russell Crowe in der Hauptrolle Nr. 2 in "Broken City" auf. Er spielt einen Milchbubi wie Mark Wahlberg glatt an die Wand, versucht aber sein Möglichstes, es nicht so aussehen zu lassen. Gegenüber seiner Gattin ist Nick Hostetler zwar gewaltfrei, aber dabei ist seine psychische Grausamkeit und moralische Skrupellosigkeit umso deutlicher. Kurzum: Crowes Hostetler ist ein Hai im Karpfenteich.
Umso erstaunlicher daher, dass er am Schluss in Handschellen abgeführt wird. Wer hat dem mit allen Wassern gewaschenen Platzhirsch Paroli bieten können? Etwa der Milchbubi mit seiner katholischen Unschuldsmiene? Oder doch noch sein Wahlkampfgegner Jimmy Valliant? Oder doch der undurchsichtige Police Chief Commissioner Fairbanks? Das darf hier nicht verraten werden. Denn Suspense ist schließlich, gemäß Hitchcock, die beste Spannung.
Sicher, die Story ist eine lupenreine Hommage an den Film noir der vierziger Jahre, aber statt Vorhersehbarkeit aufgrund ihrer Standardzutaten bietet sie eine überraschende Wendung nach der anderen. Bis der Zuschauer am Schluss nicht mehr weiß, wem er eigentlich noch trauen kann. Dem Möchtegernhelden Billy Taggart jedenfalls nicht.
Das ist das einzige Manko: Der Film bietet keine Identifikationsrolle an, die der jugendlichen Autoritätsgläubigkeit einen lupenreinen Marvel-Helden anbietet. Hier tritt kein Captain America auf, der sich für wenigstens für seine Stadt opfert, sondern erwachsene Figuren, die an die Intelligenz des Zuschauers appellieren. Jugendliche werden also unweigerlich in ihrer Naivität enttäuscht, wohingegen man die anvisierten Erwachsenen mit der Lupe suchen muss: im Abendfernsehen nach 22 Uhr.
Die Blu-ray
Die gute Qualität von Sound und Bild wird von Bonusmaterial ergänzt, das immerhin rund 45 Minuten lang ist. An der Ausstattung der Disc ist also nichts auszusetzen.
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer