Basic
- Regie:
- John McTiernan
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Basic
1 Review(s)
01.04.2004 | 21:21Es ist egal, in welchen Bereichen man sich umsieht. Ob es Literatur, Musik, Film oder etwas ganz anderes ist: Man hat einfach irgendwie das Gefühl, dass alles schon mal da war.
Besonders im Filmbereich ist es ja an der Tagesordnung, die mehr oder minder immer gleichen "Storys" mit wechselnden Gesichtern von Neuem zu erzählen.
Auch ich dachte, dass es gegen diese ungeschriebene Regel kein Mittel gibt. Einerseits sind einfach irgendwann mehr oder minder alle verfilmbaren Stoffe und Ideen verfilmt, andererseits gibt es da "Basic" und nein, an diesem Filmtitel fehlt kein "Instinct". "Basic" ist anders. "Basic is not a military movie. Basic is not an action movie" wie Drehbuchautor James Vanderbilt voller Stolz in den Extras dieser DVD erzählt. Und genau das ist der Clou. "Basic" ist weder Kriegsfilm noch Actionfilm. Vielmehr wurde eine der genialsten Ideen der gesamten Filmbranche einfach in dieses Umfeld gesetzt.
Alles beginnt mit einem Transporthubschrauber der US Army, der Seargent West (Samuel L. Jackson) und sechs Ranger-Anwärter in übelstem Unwetter zu einem Manöver in den Dschungel Panamas fliegt. Schon hier wird deutlich, dass West das ist, was man ohne grausam zu sein einen "harten Hund" nennen kann. In der nächsten Szene sieht man einen weiteren Hubschrauber den selben Dschungelabschnitt im selben Unwetter überfliegen und wird mit dessen Passagieren Zeuge, wie einer der Rangers, einen verwundeten Kameraden geschultert, ein anderes Mitglied der Gruppe erschiesst.
Der nächste Szenenwechsel führt zum Stützpunkt der US Army, in welchem sich der Kommandant Colonel Styles (Tim(othy) Daly) ansieht, wie die Chefin der lokalen Militärpolizei, Captain Julie Osborne (Connie Nielsen), den "Todesschützen" Ray Dunbar (Brian Van Holt) in die Mangel zu nehmen versucht.
Der lehnt jedoch ein Verhör ab und besteht darauf, nur mit einem anderen Ranger zu sprechen, weil er keinem vom Stützpunkt vertraut. Styles hat sofort den richtigen Mann im Auge: Den wegen Korruptionsvorwürfen vorläufig suspendierten DEA-Agenten Tom Hardy (John Travolta), einen ehemaligen Kameraden, Ranger und zeitgleich einer der besten Ermittler überhaupt.
Durch seine geschickte und doch offene und ehrliche Art gelingt es Hardy, von Dunbar eine erste Version der Geschehnisse im Dschungel zu hören. Dabei erfahren Hardy und Osborne, dass einer der Ranger-Anwärter Sgt. West ermordet hatte und sich daraufhin die übrigen Mitglieder der Gruppe gegenseitig umgebracht hatten.
Bei der anschließenden Befragung des zweiten Überlebenden, des verletzten Lieutenant Levi Kendall (Giovanni Ribisi), erfahren die beiden neben einigen Ergänzungen zur ursprünglichen Geschichte auch einige Widersprüche zur Version Dunbars. Und dies wird nicht das letzte Mal sein, dass die beiden "hinter jeder Lüge eine Wahrheit" (Untertitel des Films) aufdecken müssen. Was anfangs nach kaltblütigem Mord an einem Leuteschinder und unmenschlichen vorgesetzten Offizier aussieht, entpuppt sich schnell als verwirrendes Knäuel aus Korruption, Drogen und Heimlichkeiten.
Der gesamte Film geschieht im wesentlichen in einem Zeitraum von wenigen Stunden, wobei die tatsächlichen Ereignisse mit dem Verhör Dunbars gegen Mitternacht beginnen und in einer Hinterhofkneipe beim Frühstück im Morgengrauen enden. Alles, was ansonsten für die Story relevant ist, wird in Form von Rückblenden erzählt und nicht zuletzt daraus bezieht der Film einen wesentlichen Teil seiner Faszination. So wie jeder der beiden "Zeugen" eine etwas andere "Rückblende" erzählen darf, so stellen sich auch die beiden Ermittler mit neuem Kenntnisstand die Ereignisse ein wenig abgeändert vor.
So unglaublich es klingt, aber es macht einfach Spaß, die mehr oder minder gleichen Ereignisse zum einen aus verschiedenen Perspektiven zu erleben, zum anderen aber auch die Abweichungen in den jeweiligen Versionen zu erkennen.
Seit langem habe ich mich von einem Film nicht mehr so grandios unterhalten gefühlt, wie von "Basic". Ein wenig fühlte ich mich nach den ersten Sehdurchgängen an "Memento" erinnert, einfach nur deshalb, weil beide Filme so herrlich anders sind als der übliche (Hollywood-)Mainstream. Um keine Gerüchte aufkommen zu lassen: "Basic" ist natürlich nicht wie "Memento". Der Film verläuft durchaus chronologisch "richtig", die Rückblenden sind eben auch nur das, nämlich ein Rückblick auf vergangene Geschehnisse.
Kaum jemand, zumindest wenn er ehrlich ist, wird den Film und vor allem seine Charaktere von Anfang an durchschauen, wird sagen können, welcher der Charaktere "gut" und welcher "böse" ist. Und auch hierin liegt ein weiterer großer Reiz des Films: Der Überraschungseffekt. Denn der Untertitel des Films ist ziemlich treffend gewählt: Immer, wenn man glaubt, der Wahrheit auf der Spur zu sein, entpuppt sie sich nur als geschicktes Manöver von Drehbuchautor und Regie, die einen bewusst aufs falsche Pferd haben setzen lassen. Wirklich klasse gemacht!
Ein großes Lob gebührt an dieser Stelle ganz eindeutig der Darstellerriege, insbesondere Connie Nielsen, John Travolta und allen voran Samuel L. Jackson, der offensichtlich Gefallen an seiner Rolle als sadistischer Ausbilder gefunden zu haben schien. Jeder Darsteller, von den Hauptfiguren bis zu den Nebenrollen, ist dermaßen treffend besetzt, jeder Darsteller verkörpert seine Figur so glaubhaft, dass die Spielfreude der Darsteller beinahe unausweichlich den Zuschauer in ihren Bann zieht und mitfiebern lässt.
Wer die Möglichkeit hat, sollte ein paar Euro mehr für die Special Edition dieser DVD ausgeben. Nicht nur, dass der die eigentliche Hülle umgebende Pappschuber sehr schön und edel mit Reliefdruck aufgemacht ist, nein, auch das auf der Bonus-DVD befindliche Material ist - anders als sonst üblich - wirklich das Ansehen wert.
Insbesondere bei den Featurettes mit Drehbuchschreiber James Vanderbuilt bzw. Regisseur John McTiernan (teilweise relativ schwer verständliches Englisch; meine Empfehlung ist trotzdem, die optionalen Untertitel nicht einzublenden) lassen sich interessante Einblicke hinter die Kulissen und Gedankengänge des Films werfen, die einen bei den nächsten Sehdurchgängen viel stärker auf bestimmte Details achten lassen und so auch beim x-ten Sehen noch für den einen oder anderen Aha-Effekt sorgen.
Es sind eigentlich genug Worte gemacht, daher der Rest im Schnelldurchlauf. Der Film ist auf der DVD in deutsch und englisch zu finden, jeweils wahlweise in DD 5.1 oder DTS 6.1 mit optionalen Untertiteln (Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch). Die Darsteller sind absolut Erste Wahl, top besetzt und mit viel Eifer und Glaubwürdigkeit bei der Sache. Die Inszenierung ist spannend, überraschend, sehr unterhaltend und immer auch ein wenig amüsant, was vor allem Travoltas Figur Tom Hardy zu verdanken ist.
Ein absoluter Spitzenfilm. Wer Filme mit Köpfchen abseits des klassischen Thriller-Genres mag, sollte "Basic" gesehen haben.
- Redakteur:
- Sebastian Hirschmann