TETRARCH - The Ugly Side Of Me
Mehr über Tetrarch
- Genre:
- Nu Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 09.05.2025
- Anything Like Myself
- Never Again (Parasite)
- Live Not Fantasize
- Erase
- The Only Thing I've Got
- Best Of Luck
- Crawl
- Cold
- Headspace
- The Ugly Side Of Me
Stillstand auf hohem Niveau.
TETRARCH ist eine der wenigen jungen Bands im Nu-Metal-Sektor, die mich in den vergangenen Jahren so richtig begeistern konnte. Mit einem Sound, der sowohl Klassiker wie KORN oder die DEFTONES zitiert, gleichzeitig aber auch bei Kollegen der zweiten Nu-Metal-Welle wie PAPA ROACH oder LINKIN PARK wildert, hat der Vierer aber auch wirklich ein paar Hits aus dem Ärmel gezaubert, die das Label-Debüt "Unstable" zu einer Scheibe gemacht haben, die immer wieder ihren Weg in meinen Player gefunden hat. Dass ich natürlich entsprechend gespannt auf das Drittwerk "The Ugly Side Of Me" war und bin, versteht sich angesichts dieser Begeisterung für das bisherige Schaffen fast schon von selbst. Aber schafft es der Vierer, mit dem neuen Album den nächsten Schritt zu gehen?
Nun, der Opener 'Anything Like Myself' und auch der zweite Eintrag der Trackliste 'Never Again (Parasite)' lassen mich vermuten, dass die Zeichen im Hause TETRARCH nicht auf Revolution stehen, sondern eher eine minimale Evolution des Bandsounds in den vergangenen vier Jahren vonstatten gegangen ist. Mit ihren groovigen Riffs, den gewohnt feinen Riffs von Gitarristin Diamond Rowe und Josh Fores gewohnt variablen Vocals, die gekonnt zwischen Shouts und Klargesang pendeln, hätten sich beide Songs jedenfalls hervorragend auf "Unstable" gemacht. Und ja, 'Never Again (Parasite)' hat auch einen ganz großen Refrain im Gepäck, der sich schnell im Langzeitgedächtnis ein Heim einrichtet. So weit, so bekannt. Trotzdem gibt es auch Neuerungen zu vermelden, denn Diamond Rowe ist nicht nur seit dem vergangenen Jahr die erste Afroamerkanerin mit einem Endorsement beim renommierten Gitarrenhersteller Jackson, sondern traut sich plötzlich auch ans Mikrofon und liefert mit ihren soliden Klargesängen einen schönen Kontrastpunkt zu Joshs Stimme, die gerade im klaren Bereich doch sehr viel Pop-Appeal hat. Eine Neuerung, auf die TETRARCH in meinen Ohren im weiteren Verlauf deutlich häufiger setzen dürfte.
Leider scheint die Band auf diese Idee selbst allerdings nicht gekommen zu sein, denn einmal abgesehen vom coolen Solo in 'Erase' sind Experimente doch eher eine Seltenheit. Stattdessen setzen die Amerikaner auf das gewohnte Rezept von groovigen Riffs und eher aggressiven Strophen, die dann schlussendlich in einem poppig-einprägsamen Refrain aufgehen. Das eben erwähnte 'Erase' hat in dieser Hinsicht gemeinsam mit 'Live Not Fantasize' noch das größte Strahlpotential, während das überraschend harte 'Best Of Luck' eine etwas deftigere Seite des Bandsounds zeigt. Wirkliche Ausbrüche und spannende Experimente bleiben aber Mangelware, sodass erst mit dem eher melancholisch geprägten 'Cold' und dem Gothic-Metal-Experiment 'The Ugly Side Of Me' ein bisschen Abwechslung ins TETRARCH-Süppchen kommt. Bezeichnend ist, dass gerade beim letztgenannten Track wieder Diamond mitsingen darf und die Nummer prompt zu einem weiterer Höhepunkt auf dem gleichnamigen Album wird. Ich sage es ja, diese Idee mit den zwei Stimmen ist etwas, auf dem TETRARCH in Zukunft aufbauen kann.
Insgesamt bringt mich das Album dann irgendwie in eine Zwickmühle. Im Kleinkosmos der einzelnen Songs betrachtet, funktionieren alle Nummern nämlich ziemlich gut und auch das Drittwerk hat wieder ein paar echte Hits im Gepäck. Ja, manchmal würde ich mir etwas mehr Dreck und Wut und gleichzeitig weniger Pop-Zuckerguss wünschen, aber insgesamt überwiegen die positiven Seiten, wenn man die einzelnen Tracks betrachtet. Im Kontext des Albums fehlt mir aber zunehmend die Abwechslung im Bandsound, die für mich Vorbilder wie KORN oder DEFTONES zu so faszinierenden Bands gemacht hat und noch immer macht. Wo ist einmal ein verrückter Ausbruch wie 'Twist' von KORN, ein unverschämter Disco-Hit wie 'Got The Life' oder auch mal eine echte Melancholie-Keule wie 'Change (In The House Of Flies) von den DEFTONES?
Genau diese erinnerungswürdigen und charaterstarken Songs, die auch mal aus der Reihe tanzen, fehlen mir auf "The Ugly Side Of Me" schlicht und ergreifend. So muss ich am Ende einen gesunden Mittelweg finden, zwischen starken Songs auf der einen und einem etwas zu gleichförmigen Gesamtbild auf der anderen Seite. Für mich ist diese goldene Mitte eine Wiederholung der achteinhalb Zähler des Vorgängers, denn "The Ugly Side Of Me" hält das Niveau selbiger Scheibe locker, wirft wieder ein paar Hits ab, bringt TETRARCH aber eben auch nicht auf ein Level mit den eigenen Vorbildern. Auch wenn die Amerikaner weiterhin die spannendste Nu-Metal-Nachwuchsband der heutigen Zeit bleiben.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs