NEGURA BUNGET - Virstele Pamintului
Mehr über Negura Bunget
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Audioglobe Srl (Soulfood Music)
- Release:
- 02.04.2010
- Pamint
- Dacia Hiperboreana
- Umbra
- Ochiul Inimii
- Chei De Roua
- Tara De Dincolo De Negura
- Jar
- Arborele Lumii
- Intoarcerea Amurgului
Darf man dieses Album überhaupt gut finden?
Wenn man als Musikhörer einer Band lange treu bleibt, so erlebt man über die Jahre meist den einen oder anderen Besetzungswechsel. Das ist natürlich, denn vielleicht hat einer der Musiker nicht mehr Zeit oder Lust, will sich vielleicht lieber um sein eigenes Projekt kümmern oder hat sich mit Drogen das Leben ruiniert und wird für die anderen unausstehlich. Der Fan lernt mit der Zeit, solche Besetzungswechsel zu verkraften, insbesondere wenn der Kern der Band, der kreative Kopf und Bandleader verbleibt. Denn ohne ihn wäre es ja nicht die gleiche Band, oder?
Was soll jetzt diese Einleitung? Nun, als Fan von NEGURĂ BUNGETs bisherigem Schaffen musste ich etwas missmutig mitansehen, wie Schlagzeuger Negru vor gerade einmal anderthalb Jahren den kreativen Kern der Band und eigentlichen Bandleader, Hupogrammos, gewissermaßen aus der Band warf. Die Umstände sind sicherlich etwas komplizierter als ich sie hier schnell tippen kann, aber ein Fakt bleibt: das hier ist nicht NEGURĂ BUNGET.
Also was für ein Album kann denn der Schlagzeuger, der vorher wenig am kreativen Prozess der Band beteiligt war, nun alleine mit einer handvoll Leihkeulen in weniger als einem Jahr erschaffen? "Vîrstele Pămîntului" ist nun das siebente Album der Band und muss sich gerade aufgrund des umgebenden Dramas den Vergleich mit seinem Vorgänger "Om", dem internationalen Durchbruch der Band, gefallen lassen.
'Pămînt' beginnt das Album erst einmal genau so, wie man es von dem Nachfolger von "Om" erwarten kann. Die Band beherrscht immer noch die volksmusikähnlichen Klänge und entführt den Hörer 5 Minuten lang auf eine sehr atmosphärische und metallfreie Reise durch Rumäniens Wildnis mit Panflöten, Kuhglocken, Xylophon bzw. Toacă, Bucium, unverzerrten Gitarrenklängen und atmosphärischen Keyboards. Über allem thront beschwörender Klargesang. Das klingt faszinierend, nicht alltäglich und ist die konsequente Fortsetzung von Klängen, die wir so von NEGURĂ BUNGET bereits gewohnt und für die sie bekannt sind. Wer also Black Metal erwartet, braucht etwas Geduld. Der kommt natürlich auch noch zum Ende des Songs in einem heftigen Ausbruch und bildet immer noch die Mehrheit auf dem Album, aber hier zeigt sich schon, dass die neuen NEGURĂ BUNGET ein bisschen mehr Augenmerk auf die folkigen Klänge legen.
Der findet sich in reiner Form bei den Stücken 'Umbra' und 'Jar'. Diese erinnern an solche Stücke wie 'Norilor' vom Vorgänger und stellenweise auch an das Debüt von WARDRUNA. Wer also sehr atmosphärischem, hypnotischem Folk etwas abgewinnen kann, bekommt definitiv etwas geboten.
Mehr Black Metal gibt es bei 'Dacia Hiperboreană', welches sehr elegisch im Midtempo angerollt kommt und mit verspielten Leadgitarren aufwartet, sonst aber gezielt einfach und hymnisch gehalten ist. Dagegen sind die sehr vertrackten, zwischen folkigen und schwarzmetallischen Parts gekonnt hin- und herwechselnden 'Ochiul Inimii' und 'Tara De Dincolo De Negură' eher progressiv, aber nicht weniger eingängig. Eingängigkeit, ohne dabei in platte oder poppige Gefilde zu verfallen, ist einerseits die große Stärke des Albums und unterscheidet es auch von den eher weniger leicht zugänglichen Vorgängern. Andererseits ist es vielleicht die einzige Schwäche, denn wo die Vorgänger eher hintergründig arbeiteten, ist auf "Vîrstele Pămîntului" alles wesentlich offensichtlicher.
Natürlich ist es handwerklich gut gemacht, der Folk ist nahtlos eingearbeitet in den Black Metal, die Riffs können sich zwar nicht ganz mit denen der Vorgänger messen, sind aber solide. Die Leads wiederum sind hervorragend und der erhöhte Anteil klaren Gesangs gibt den Ohren mehr zum Festhalten. Aber all das springt dem Hörer entgegen, während man sich vorher die Musik erst erarbeiten musste. Wo Subtilität eher Hupogrammos' modus operandi entsprach, stellen NEGRU BUNGET ihre Fähigkeiten gern zur Schau und überrollen den Hörer mit perfekt eingespieltem, progressivem Folk/Black Metal inklusiver überbordender Keyboard-Teppiche.
Ist es deswegen schlecht? Natürlich nicht, aber eben anders. "Vîrstele Pămîntului" ist ein hervorragendes Werk und sollte jedem Fan von atmosphärischen Black Metal gefallen. Ganz besonders, wenn man es getrennt vom vorherigen Schaffen der Band betrachtet. Aber ich selbst kann das nicht so recht. Mir scheinen immer irgendwelche Kleinigkeiten aufzufallen, die die alten NEGURĂ BUNGET vielleicht eleganter gelöst hätten, nicht nur auf musikalischer, sondern auch lyrischer Ebene, wobei letztere die hiesigen Leser wohl eher wenig interessieren wird. Aber das alles ist Meckern auf höchsten Niveau von einem Alt-Fan, der die Trennung der Band von ihrem Mastermind nicht verkraftet hat. Aber wenn Hupogrammos' neue Band DORDEDUH ihr Debüt veröffentlicht, bin ich vielleicht wieder versöhnlicher gestimmt. Bis dahin darf jeder Neu-Fan sich gerne einen ganzen Punkt zur Bewertung hinzudenken.
Anspieltipps: Das Album funktioniert eher als Gesamtkunstwerk, aber 'Ochiul Inimii' und 'Arborele Lumii' dürften die meisten Markenzeichen der Band beinhalten, während 'Dacia Hiperboreană' wahrscheinlich am schnellsten ins Ohr geht.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Martin Schulz