LIFE OF AGONY - Broken Valley
Mehr über Life Of Agony
- Genre:
- Alternative Rock / Emo
- ∅-Note:
- 5.00
- Label:
- Epic
- Release:
- 30.05.2005
- Love To Let You Down
- Last Cigarette
- Wicked Ways
- Don't Bother
- Strung Out
- Junk Sick
- The Calm That Disturbs You
- No One Survives
- Justified
- The Day He Died
- Broken Valley
- Room 244
Broken Product
Die Produktion des vierten LIFE OF AGONY-Albums "Broken Valley" als einen Scheißdreck zu bezeichnen, wäre ein Euphemismus. Worte können das klangtechnische Desaster dieser Vertonung kaum zum Ausdruck bringen. Man muss es selber gehört und durchlitten haben, um auch nur annähernd zu begreifen, wie schlimm es darum bestellt ist. Was die Misere so richtig tragisch macht, ist allerdings das Wissen darum, wie herrlich der Klang von LIFE OF AGONY auf "Ugly" festgehalten wurde und welch emotionale Ergriffenheit gerade die Nuancen in Keith Caputos Stimme in dieser Bandkonstellation auszulösen imstande sind. "Broken Valley" hingegen lärmt, egal wie leise man den Klangpegel einstellt; und zumal in einer für solche Musik vernünftigen Lautstärke muss man schon extrem hart im Nehmen sein, um auch nur zwei Songs am Stück hören zu können, ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Scheppernd, übersteuert, undifferenziert sind die Realität kaum noch erfassende Begriffe für diesen Akustikschrott, ja sogar Caputos Ausnahmestimme wirkt hier anstrengend gepresst und für den Sänger ganz und gar nicht typisch. Mit manchem Diktiergerät hätte man einen besseren Sound hinbekommen als das hier. Breiten wir also besser den Mantel des Schweigens darüber aus und widmen uns dem eigentlichen Songmaterial - bzw. dem, was davon übrig geblieben ist.
'Love To Let You Down' lässt einen als LIFE OF AGONY-Fan jedenfalls nicht hängen. Etwas knackiger, geradliniger als zuletzt, vor allem aber rockiger als bisher treibt das Stück von Anfang an gut nach vorne, und dank Keiths energischem Gesang zieht es noch einmal zusätzlich an. Ein Song für die Moshpit ist das, der nichtsdestotrotz auch auf CD funktioniert und schön emotional aus den Boxen schallt. 'Last Cigarette' könnte in qualitativ besserer, klangdynamischer Aufnahme eventuell auch funktionieren, in vorliegender Aufnahme klingt es allerdings nur noch an sowie bis zur Entstellung verzerrt und wirkt folglich aufgrund seiner sinnlos, künstlich und aufgesetzt erscheinenden Aggression reichlich banal. Seltsam: Irgendwie erinnert der Song an eine Mischung aus THERAPY?s punkigeren Werken und KEITH CAPUTOs Soloausflügen. 'Wicked Ways' hätte in klanglich zumutbarer Einspielung eventuell eine nette B-Seite für eine "Soul Searching Sun"-Single abgegeben, aber irgendwie fehlt es dem Stück trotz hübsch sämig strudelnder Psychogitarre etwas an Esprit. Wer Stadionrock hören will greift sicherlich nicht zu LIFE OF AGONY.
'Don't Bother' wirkt weniger kalkuliert, knüpft vom Gefühl her noch am ehesten an "River Runs Red" an, auch wenn es nicht ganz dessen emotionale Tiefe erreicht. 'Strung Out' ist eines jender raren Stücke, bei denen man sich sehnlichst eine vernünftige Einspielung herbeiwünscht, weil die aus dem Produktionsdesaster geborgenen Überreste hier wirklich Großes verheißen: Eine am alternativen Rock orientierte, weiterentwickelte Melange von Ansätzen aus "Ugly" und "Soul Searching Sun" nämlich. Spätestens mit dem doomrockigen, metallisch zerdengelten 'Junk Sick' wird klar, dass sich die Band mit "Broken Valley" vom einstigen Hardcore ihrer Frühzeit emanzipiert hält, auch wenn Stippvisiten wie 'The Calm That Disturbs You' nach wie vor drin sind. Gerade dieser Emocorekracher jedoch ist es, der sich noch am ehesten gegen die vermasselte Produktion zu behaupten weiß. Schlecht ist der Song nun wirklich nicht, doch eingedenk dessen, wozu LIFE OF AGONY einst fähig waren, auch kein Ordensgewinn.
An der kurzen Ballade 'No One Survives' hat Produzent Greg Fidelman das Exempel statuiert, dass man selbst den Klang eines ruhig gespielten Klaviers grausamst massakrieren kann (R.I.P.), und näher möchte ich mich dazu aus Pietätsgründen auch nicht äußern. Traurig, traurig, traurig... Bei Fidelman handelt es sich übrigens um den selben Menschen, der später auch METALLICAs "Death Magnetic" klanglich verschandeln durfte. Genug gesagt. Der Übersechsminüter 'Justified' verpasst - zumindest in dieser jämmerlichen Schnarrversion - dem Begriff Emo einmal mehr den schlechten Namen, der leider oftmals auch unverdient an ihm klebt wie Napalm auf der Haut unschuldiger Kinder. Bitte aus dem Gedächtnis streichen... - Danke. Der zu Promotionzwecken vorab ausgekoppelte Song 'The Day He Died' bietet nochmal eine Stadionrockvariante von L.o.A.; der Band sei's um alter Großtaten willen verziehen, dass sie sich hiermit an den Massengeschmack prostituiert hat. Was will man heutzutage auch anderes tun, wenn man im immer schnelllebigeren business seit acht Jahren (außer der Teilnahme an Dave Mustaines "Gigantour") nichts von sich hat hören lassen.als ein unausgegorenes Unplugged-Live-Album mit alten Kamellen, bei dem noch dazu das Unplugged-Konzept so gar nicht aufging, weil es zu den dafür ausgewählten Stücken hinten und vorne nicht passte? (Nun, man hätte zumindest einen weiten Bogen um den Produzenten und vorgeblichen Tontechniker Greg Fidelman schlagen können - aber das steht auf einem anderen Blatt.)
Der Titelsong schließlich stimmt - allen Fehlern des Albums zum Trotz - halbwegs versöhnlich, denn hier geht das Konzept, eine an "gewöhnlicherem" Alternative Rock orientierte, geradlinigere Variante des "Soul Searching Sun"-Stils mit etwas mehr Härte versehen auf über fünf Minuten Breitbandformat aufzublasen gut auf. Wenn KEITHs 'Brandy Duval' auf die volle LIFE OF AGONY-Besetzung trifft, ist man da schon recht nahe dran. 'Room 244' ist quasi der Abspann dazu, die Lichter gehen wieder an, das letzte Popcorn verraschelt, die Lautsprecher schweigen, nur die Ohren fiepen noch ein wenig nach. Caputo hat LIFE OF AGONY unlängst als "an extremely nostalgic act" bezeichnet, sodass das Erscheinen eines weiteren Albums der Band - zumindest in nächster Zeit - stark bezweifelt werden darf: "In fact, we just may call it quits. Because we feel like we set out to do what we needed to collectively. We're very honest people, we love eacht other dearly, but we just can't get it on; we can't turn each other on in the studio. We hit a brick wall together, and it ain't cool." So schade es für Fans auch sein mag, dass die Band ihre Arbeit an einem fünften Studioalbum desillusioniert abgebrochen hat, so sehr wird dies verständlich, wenn man "Broken Valley" mit den vorangegangenen LIFE OF AGONY-Alben in Relation sieht und dann Bilanz zieht:
Das Songmaterial an sich ist nahezu durchgängig solide, leidet allerdings enorm unter der miserablen Soundqualität, sofern es daran nicht ganz zuschanden geht. Die Anspieltipps 'Love To Let You Down', 'Strung Out' und 'The Calm That Disturbs You' ließen jedoch hoffen, dass mit LIFE OF AGONY trotz etwas mainstreamtauglicherer Ausrichtung nach wie vor zu rechnen sein würde. Im Liverepertoire dürften diese Songs geglänzt haben. Caputos Worte, "the music that used to not be dated, in our eyes, is dated, and the whole situation is dated. It's a nostalgia, and we don't want to take advantage of that nostalgia anymore, nor do we wanna take advantage of the fans" lassen daran zweifeln, dass man sie noch einmal in der Intensität und emotionalen Ehrlichkeit zu hören bekommen wird, wie sie hier vorliegen. Alles in allem ist "Broken Valley" dennoch eine Enttäuschung, sofern man wie der Rezensent den Fehler macht, das Album an den früheren Klassikern "River Runs Red", "Ugly" oder "Soul Searching Sun" zu messen, und noch dazu kein schmerzbefreites Gehör sein eigen nennen darf.
Anspieltipps: Love To Let You Down, Strung Out, The Calm That Disturbs You.
(Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Greg Fidelman als erster an die Wand gestellt wird, wenn es zur Revolution kommt.)
- Note:
- 5.00
- Redakteur:
- Eike Schmitz