LACUNA COIL - Comalies XX
Mehr über Lacuna Coil
- Genre:
- Alternative Rock / Gothic / Metal
- Label:
- Century Media
- Release:
- 14.10.2022
- Swamped XX
- Heaven's A Lie XX
- Daylight Dancer XX
- Humane XX
- Self Deception XX
- Aeon XX
- Right Rope XX
- The Ghost Woman And The Hunter XX
- Unspoken XX
- Entwined XX
- The Prophet Said XX
- Angel's Punishment XX
- Comalies XX
Weit mehr als nur eine Jubliäumsausgabe!
"Comalies" von LACUNA COIL wird zwanzig Jahre alt, und während ich diese Zeilen schreibe, fühle ich mich fürchterlich alt. Immerhin kommt es mir wie gestern vor, als mir das Video zur Single 'Heaven's A Lie' mit einem Schlag den Mix aus Gothic, Metal und Nu Metal näherbrachte, den die Italiener in Perfektion zelebrierten. Da die Scheibe 2002 auch gleichzeitig den Durchbruch für LACUNA COIL markierte, ist es nur richtig, dass der runde Geburtstag der Platte gebührend mit einer Neuauflage unter dem Titel "Comalies XX" gefeiert wird.
Wer aber jetzt hier eine remasterte Neuauflage samt einiger Bonustracks erwartet, wird schon bei den ersten Tönen des Openers 'Swamped' eine faustdicke Überraschung erleben. Statt nämlich nur die originalen Masterbänder einer Frischzellenkur zu unterziehen oder die Songs einfach noch einmal frisch aufzunehmen, zerlegen Christina Scabbia und ihre Mitstreiter sämtliche Songs mit dem groben Beil in ihre Einzelteile, extrahieren die grundlegende DNA und Essenz der Nummern und setzen sie anschließend komplett neu wieder zusammen. Angesichts dieser Tatsache muss man "Comalies XX" eigentlich als komplett neues Album betrachten, denn außer Text und generellen musikalischen Fundamenten haben die Kompositionen wenig mit den Originalen zu tun.
So wird beispielsweise aus dem angesprochenen Megahit 'Heaven's A Lie' ein wuchtiger und pompöser Symphonic-Metal-Brocken mit starker Nu-Metal-Schlagseite, der mutigerweise im Refrain auf den charakteristischen Klargesang verzichtet und deutlich härter als das Original aus den Boxen hämmert. Klar, der Song büßt dadurch auch ein wenig von seiner Eingängigkeit ein, überzeugt mich aber trotzdem als erstes Highlight der Neuauflage. Ebenso überzeugend donnert die neue und deutlich härtere Version von 'The Woman Ghost And The Hunter' aus den Boxen, die in meinen Ohren gegenüber der doch etwas sperrigen und schleppenden Urversion die Nase deutlich vorne hat. Andere Songs wie etwa das ultra eingängige 'Angel's Punishment' oder 'Self Deception' stellen das ursprüngliche Konzept des Songs nicht ganz so sehr auf den Kopf, ersetzen aber viele der Goth-Rock-Riffs durch deutlich massivere Gitarrenwände, ohne dabei den Reiz und die Ohrwurmmelodien der Versionen aus dem Jahr 2002 vermissen zu lassen. Im Gegenteil, gerade Christinas Gesang klingt anno 2022 deutlich druckvoller, vielseitiger und überzeugender und setzt den frischen Interpretationen oftmals die Krone auf. Zum Teil mag das auch daran liegen, dass die Platte mit einer absolut makelosen und mächtigen Produktion ausgestattet wurde, während "Comalies" in der 20 Jahre alten Fassung oftmals doch noch etwas dünn und gerade in Sachen Gesang etwas schwach auf der Brust klingt.
Bleibt also eigentlich nur noch die altbekannte Frage: Muss ich als Fan der Band diese Jubiläumsausgabe im Schrank stehen haben? Ausnahmsweise kann ich selbige einmal mit einem inbrünstigen "Ja" beantworten, denn wo andere Bands nach Schema F vorgehen und einfach nur eine alte Suppe erneut aufkochen, hat LACUNA COIL mit frischen Zutaten und einer Menge mehr Erfahrung ein ganz tolles und unverbraucht klingendes Gourmet-Menü gezaubert, das nur wenig mit dem Original gemein hat und daher auch langjährige Fans der Band überraschen dürfte.
Zugegeben, am Anfang kämpft man beim Hören der Scheibe durchaus mit seinen eigenen Erwartungen und oftmals ertappt man sich auch dabei, wie einem der eine oder andere Refrain fehlt - gerade 'Heaven's A Lie' ist hier ein Paradebeispiel. Hat man sich aber erst einmal im "Comalies XX"-Kosmos eingefunden, ist die Platte unheimlich unterhaltsam. Insgesamt also ein mutiges Experiment zum 20. Geburtstag dieses Klassikers, das in meinen Ohren voll aufgegangen ist!
- Redakteur:
- Tobias Dahs