LA BRASS BANDA - Europa
Mehr über La Brass Banda
- Genre:
- Blasmusik
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Europa/Sony Music
- Release:
- 14.06.2013
- Tecno
- Jacqueline
- Holland
- Schweden
- Z'spat Dro
- Nackert
- Sarajevo
- Frankreich
- Russland
- Western
- Griechenland
- Vogerl
- Opa
- Hymne
Begnadete bayrische Blechbläser rocken Europa!!
Der Eurovision Song Contest hätte in diesem Jahr richtig interessant für Deutschland werden können. Wenn, ja wenn es da beim Vorausscheid nicht eine sogenannte Expertenjury gegeben hätte, die verhinderte, dass das bajuwarische Blechbläser-Kommando LA BRASS BANDA mit dem fulminanten Kracher 'Nackert' im Gepäck auf dem Traktor nach Malmö fahren durfte. Das Publikum hatte sich da schon als deutlich geschmackssicherer erwiesen. So sind "wir" halt mit einer dämlichen Dorfdisco-Nummer in Schweden angetreten und untergegangen. Aber diese kleine Anekdote wird nicht mehr als eine Fußnote in der Geschichte der quicklebendigen Truppe um den Hauptkomponisten Stefan Dettl bleiben. Die barfüßigen Patrioten vom Chiemsee können inzwischen auf eine starke, bunt gemischte Fan-Basis bauen, die weit über Seehofer-Country hinaus geht. Ihr drittes Studio-Album haben die Herren "Europa" genannt, und dieser Titel ist durchaus programmatisch zu verstehen. Verschiedene europäische Landschaften und kulturelle Eigenarten unserer Nachbarn (bzw. Stefans Vorstellungen davon) dienten als Inspiration für viele der neuen Songs, die glücklicherweise genau so bunt, frisch, verspielt und mitreißend klingen, wie man es von dieser einzigartigen Combo gewohnt ist. Und gerade in unseren zynischen, von Materialisten und Utilitaristen dominierten Zeiten ist ein so offenherziges Bekenntnis zur Schönheit und Faszination unseres Kontinents mehr als erfreulich.
Der Name LA BRASS BANDA steht für eine ungezügelte, leicht verrückte und doch stilvolle und bemerkenswert kluge Mischung aus Jazz, Funk, Ska, Rock'n'Roll und Volksmusik (im besten und ursprünglichsten Sinne des Wortes). Mal jagen Trompete, Tuba und Posaune durch irrwitzige Multikulti-Abfahrten, und mal erzeugen sie einfach nur betörende Stimmungen und Klangbilder. Dazu kommt der freche, ungeschliffene Gesang von Stefan, der in seinem geliebten Bayrisch immer noch wie ein verschmitzter Lausbub klingt. Das vielleicht wichtigste Argument dafür LA BRASS BANDA-Fan zu sein ist die großartige, übersprudelnd kreative und im Geiste völkerverbindende Lebensfreude, die die Musik dieser Pfundskerle ausstrahlt. Das wird gleich nach den ersten Tönen von "Europa" wieder mal überdeutlich, denn das Album zwingt selbst hartnäckigste Couch-Potatoes und bekennende Misanthrophen mit dem Opener 'Tecno' umgehend auf die Tanzfläche.
Ein weiterer Höhepunkt dieser an Höhepunkten superreichen Scheibe ist das durchgeknallte 'Holland', das ich sehr gerne mal live als Jam-Session mit dem BOBAN MARKOVIC ORCHESTER oder als Remix des Wiener Electroswing/Folk-Visionärs Ulf Lindemann, alias [DUNKELBUNT], hören möchte. Der Megahit des Albums ist aus meiner Sicht aber der begnadete Blech-Fetzer 'Z'spat dro'; wer bei dieser Nummer still sitzen bleibt, ist wahrscheinlich schon tot. Aber auch die ruhigeren Momente auf "Europa" überzeugen. So ist das mit Jazz- und Funk-Pinseln wunderbar leicht hingetupfte 'Sarajevo' ein eben solcher ästhetischer Genuss wie 'Russland', das es tatsächlich schafft mit einfachen Mittel die unendlichen Weiten der sibirischen Steppe in mein Wohnzimmer zu holen. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass eine solche Musik einfach auf die Bühne gehört; LA BRASS BANDA muss man live und in Farbe erleben, um die bodenständig furiose Genialität dieser Band zu erfassen. Leider wurde "Europa" zudem noch allzu glatt und steril produziert, so dass man den Spaß, den Schweiß und die Leidenschaft in dieser Musik nicht in ihrer ganzen Pracht nachvollziehen kann. Das ändert aber nichts daran, dass "Europa" eine große Bereicherung für wirklich jeden Haushalt dieser Republik darstellt. Es gibt jedenfalls zur Zeit kaum etwas Aufregenderes und Scheuklappenfreieres zu kaufen!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan