KRYPTERIA - All Beauty Must Die (Special Edition im Digipack inkl. 3 Bonustracks)
Mehr über Krypteria
- Genre:
- Gothic Rock / Gothic Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Liberatio Music (Intergroove)
- Release:
- 22.04.2011
- Messiah
- As I Slowly Bleed
- Fly Away With Me
- You Killed Me
- Live To Fight Another Day
- Eyes Of A Stranger
- Thanks For Nothing
- Turn The World Around
- Higher
- Victoria
- (How Can Something So Good) Hurt So Bad
- The Eye Collector
- Get The Hell Out Of My Way (Bonustrack)
- Liberatio 2011 (Bonustrack)
- Come Hell Or High Water (Bonustrack)
Schneller, härter, düsterer? Jein.
Mächtig gewaltig, Egon! Wer kennt ihn nicht, den Spruch von Benny aus der Olsenbande. Was vor Jahrzehnten schon zutraf, kann man ohne weiteres auf das neue Album von KRYPTERIA übertragen, denn musikalisch haben die Kölner noch eine Portion drauf gelegt und ein tolles Album aus dem Hut gezaubert. Neben der Musik lassen sich gewisse Parallelen zum Film finden. Gut, am Ende muss hier niemand wegen eines missglückten Coups ins Kittchen, aber sowohl die Band als auch die Olsenbande sind und waren eine eingeschworene Truppe. Dieser Einstellung ist es wohl zu verdanken, dass es die Formation bis hierher geschafft hat und es sie so überhaupt (noch) gibt. Für die neue Scheibe wurde kurzerhand ein eigenes Label gegründet, was davon zeugt, dass man sich nicht durch andere beeinflussen, sondern der eigenen Kreativität freien Lauf lassen wollte.
Der Qualitätssprung von "Bloodangels Cry" (2007) zu "My Fatal Kiss" (2009) war enorm, auch wenn KRYPTERIA damals immer noch von vielen belächelt und als schmalziger "Mädchen-Pop-Rock" bezeichnet wurde. Und nun sind sie härter, besser, lauter und was weiß ich noch nicht alles? Eigentlich ist mir das ziemlich egal. Wichtig ist doch, dass das neue Material Spaß macht. Und das tut es verdammt gut! Die Band hat sich weiterentwickelt. Das ist schon mal positiv. Sie ist nicht stehengeblieben, hat aber auch das Alte nicht komplett über Bord geworfen, nur um zu gefallen. So ist es vielmehr ein gesunder Mix aus gewohnten Klängen und frischen Sequenzen geworden. Dass der Sound jetzt viel härter ist, möchte ich so nicht unterschreiben. Er ist über die Gesamtlänge hin konsequent härter, was beim Vorgänger nicht der Fall war. Denn auch da gab es solche Sequenzen, die nicht schlechter waren. Was wesentlich mehr auffällt ist die Tatsache, dass es hier und da mal etwas ruppiger und ungeschliffener zur Sache geht. Ein ungewohntes Bild, welches die Musik wesentlich spannender macht. Das alte Schema: Orchestraler Hintergrundsound und -gesang, gespickt mit Rockeinlagen, ist zwar noch da, aber man hat bewusst versucht, diesen starren Rahmen zu durchbrechen. Ab und an schießen ein paar Prog-Anleihen durch die Songs, was anfangs verwundert, doch steht es, insgesamt gesehen, dem Vierer besser zu Gesicht, als die eingefahrenen Strukturen.
Der Opener 'Messiah' legt die Marschrichtung von "All Beauty Must Die" fest. Schnell und mit voller Wucht geht es los, und dass die Kraft bei langsamen Stücken nicht ausgeht, beweist das nachfolgende 'As I Slowly Bleed'. Mit dem eingängigen Refrain von 'Fly Away With Me' und den Orchestereinschüben bei 'You Killed Me' oder 'Live To Fight Another Day' könnten die Songs gut zum Vorgänger passen, wenn sich nicht immer wieder kleine, frische Details finden lassen würden. 'Eyes Of A Stranger' ist wieder eine Spur härter, jedoch könnte man hier die Chorgesänge gut und gern weglassen. Das würde dem Gesang von Ji-In mehr Ausdruckskraft verleihen.
Erst mit 'Thanks For Nothig' wird es nach dem ersten Track wieder so richtig heftig und schnell. Schroffe Gitarren treffen auf aggressiven Gesang. Das Teil ist wirklich genial. 'Turn The World Around' ist dagegen eine typische KRYPTERIA-Nummer, die ohne den Sprechgesang von Drummer Kuschi etwas in der Belanglosigkeit untergehen würde. Für 'Higher' steuert EDGUY-Bassist Tobias ein feines Solo bei, was dem Song eine tolle Note verleiht. Danach wird alles an Bombast und Epik aufgefahren, was die Technik hergibt. Gemeinsam mit DORO PESCH wird die Hymne 'Victoria' regelrecht zelebriert.
Mit der obligatorischen Ballade des Albums '(How Can Something So Good) Hurt So Bad' kann ich mich irgendwie nicht so recht anfreunden. Die ist zwar gesanglich gut umgesetzt, dennoch wirkt sie sehr vorhersehbar und zu schmalzig. Den Abschluss des regulären Albums bildet der über elf Minuten lange Track 'The Eye Collector'. Allein darüber könnte man eine eigene Besprechung schreiben! Inspiriert durch den Thriller "Der Augensammler" von Sebastian Fitzek, ist dieses Ungetüm entstanden. Um es kurz zu machen: Durch die vielen Tempowechsel wird immer wieder ein neues Szenario kreiert, es bleibt spannend bis zur letzten Sekunde. Dabei begegnen einem brachiale Männerstimmen, dramatische Chorgesänge und ein zerbrechlich wirkendes Ji-In-Stimmchen. Ach ja, Beethoven hat auch noch eine Aktie daran. Am besten ist es, wenn man sich das selbst anhört.
Wer sich für die Digipack-Variante entscheidet, bekommt noch drei Songs obendrauf. Die ersten beiden Lieder 'Get The Hell Out Of My Way' und 'Liberatio' sind überarbeitete Versionen. Der erste Titel erschien bereits auf dem 2005er Album "In Media Res". der zweite war eine Benefiz-Single zugunsten der Tsunami-Opfer von 2004. Während die erste Zugabe im typisch krypertianischen Musicalgewand besticht, ist 'Liberatio' eine sehr gefühlvolle und nachdenkliche Ballade. Der Rausschmeißer 'Come Hell Or High Water' erinnert mit seiner Melodie anfangs an Mr. Bean und mit seinem Namen an die DEEP PURPLE-CD beziehungsweise DVD. Im gewohnten Orchestergewand findet das Werk seinen Abschluss.
Tja, ob das Werk nun die Speerspitze im Schaffen der Band ist? Keine Ahnung. Wie immer wird es dafür Befürworter und Gegner geben. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass KRYPTERIA einen weiteren Schritt nach vorne gemacht hat, wenn er in meinen Augen auch nicht so riesengroß ist. Das muss er auch nicht, denn schließlich muss man bewährte Dinge nicht weglassen. Die neue, härtere Gangart ist nicht überall vorhanden, was auch nicht notwendig ist. Allerdings wird sie an manchen Stellen zu sehr von den orchestralen Einschüben verdrängt. Eine Minimierung wäre insgesamt förderlicher gewesen. Mehr gibt es nicht zu bemängeln. Nach ein paar Mal hören hat es den Anschein, als suchen Krypteria ihre Nische zwischen eingängigen Rocksongs und härteren, sperrigen Stücken. Wenn dieser Spagat den gewünschten Erfolg mit sich bringt, wäre das eine tolle Sache.
Anspieltipps: Messiah, Thanks For Nothing, The Eye Collector
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Swen Reuter