KNORKATOR - Weltherrschaft für Alle
Mehr über Knorkator
- Genre:
- Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Tubareckorz / Edel
- Release:
- 12.09.2025
- Ismus
- Unkraut
- Das Unheil
- Buchstabe 2025
- Steh auf
- Ich verachte Jugendliche 2025
- DMT
- Halb voll
- Liebeslied 2025
- Evolution
- Hardcore 2025
- ACDC
- Ick wer zun Schwein 2025
Unkraut vergeht nicht.
Die Berliner Boygroup KNORKATOR feiert dieses Jahr doch tatsächlich ihr dreißigjähriges Bestehen. Und das tut sie nicht nur mit einer umfangreichen Tour durch die ganze Republik, sondern auch mit einem neuen Album. Dieses wurde auf den Namen "Weltherrschaft für Alle" getauft und reiht sich als zwölftes Vollzeitwerk beinahe nahtlos in die bisherige Diskografie ein.
Ein Jubiläum lädt dabei natürlich dazu ein, einen Blick zurück zu werfen. Und damit möchte ich in meine Kritik dann auch einsteigen. Denn legt man die neue Scheiblette neben die anderen, vor allem neben die ganz alten Klassiker, und beginnt zu vergleichen, dann kommt man sehr schnell zu dem Schluss, dass die Herren Stumpen, Alf Ator und Buzz Dee früher doch deutlich anarchischer, lauter, wilder und härter zur Sache gingen. Die Entwicklung weg von Punk und Rambazamba hin zu eher gesetzten Tönen ist aber, wenn man dann alles, was seit 1995 so passiert ist, dazwischen fummelt, keineswegs eine Überraschung. Allerdings ist "Weltherrschaft für Alle" durchaus der bisherige Höhepunkt der Ordnung.
Das manifestiert sich einmal in einer sehr warmen und klaren Produktion, die leider gleichzeitig etwas sehr kanten- und fransenfrei daher kommt. Ich kann mir beispielweise nicht vorstellen, wie man das geile Gitarrensolo bei 'Steh auf' noch vorsichtiger in den Song hätte bauen können. Die Gitarre klingt großartig, aber das muss doch lauter und knalliger aus den Boxen dröhnen. Aber auch die neuen Songs selbst sind zumeist überraschend geradlinig komponiert. Da hätten wir das gerade genannte poppige Beispiel, das etwas nichtssagend über die Zielgerade geht. Auch 'Das Unheil', das sehr schwammig vor allzu schwammiger Sprache warnt und das textlich überaus gelungene 'Halb voll' dienen eher nicht dazu, den Moshpit auf der kommenden Tour zu eröffnen.
Das klingt jetzt etwas nach Altersmilde, ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Der Härtegrad wird mit Stücken wie 'Ismus', mit typisch KNORKATORscher Wortreihung, oder der hervorragenden Drogenhymne 'DMT' dann schon noch erreicht. Anarchischer wird es noch bei 'Evolution', das einen erschreckend realistischen Blick in die nahe Zukunft der Musikindustrie wagt.
Damit wären dann auch schon alle neuen Songs erwähnt. Aufgefüllt wird das Jubiläumsalbum mit Neueinspielungen älterer Songs, die es verdient haben, noch einmal in etwas anderem Licht zu glänzen. Dabei verändert Deutschlands meiste Band der Welt die Songs nicht sonderlich, allerdings wirken die Stücke durch die besseren Produktionsmöglichkeiten noch etwas anders. Vor allem beim 'Liebeslied' gewinnt die neue Wohlfühl-Version gegen die alte. Für 'Ich verachte Jugendliche' wurden Stumpens jugendliche Tochter Agnetha (diese taucht auch noch in anderen Songs auf) und Alfs jugendlicher Sohn Tim Tom vor die Mikrofone gezerrt und liefern absolut großartig ab. Die Neueinspielung von 'Ick wer zun Schwein', dem sagenumwobenen 2000er Grand-Prix-Vorentscheids-Beitrag begrüße ich ebenfalls, findet sich der Song doch bisher auf keinem Album. So muss nicht immer meine Maxi-CD herhalten. Vor allem weil das Eigen-Cover wirklich gelungen ist, da Stumpen seine Textzeilen besser phrasiert und das Keyboard-Geklimper viel besser zur Geltung kommt. Nur das fiese Gebrülle überlässt man fünfundzwanzig Jahre später Alf Ator. Die Neueinspielung von 'Hardcore' (Gänsehaut-Song) hätte ich nicht unbedingt gebraucht, wobei ich an dem Bassspiel hier viel Freude habe und ähnliches gilt für 'Buchstabe', an dessen alter Version es nichts auszusetzen gibt. Aber das mögen andere anders sehen, ich wundere mich ja auch darüber, dass die Neuveröffentlichungen der alten Alben neue Artworks bekommen haben.
Kommen wir zum Fazit: "Weltherrschaft für alle" ist ein schönes Album geworden. Es ist ein Album einer Band, die sich stets weiter entwickelt hat und die immer noch voller Kreativität steckt. Das Einweben der alten Stücke funktioniert prächtig, schmälert aber etwas das Gefühl, ein neues Album zu hören. Für mich fehlt hier und da etwas Dreck unter den Fingernägeln, das darf man aber gerne als Geschmackssache abtun. Spannend ist der neue Dreher nämlich eh. Und man darf sich auch darauf freuen, die Lieder live zu erkunden.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Marius Luehring