KING CRIMSON - Eyes Wide Open (2DVD)
Mehr über King Crimson
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Sanctuary
- Release:
- 08.12.2003
- Introductory Soundscape
- The Power To Believe I: A Cappella
- Level Five
- ProzaKc Blues
- The ConstruKction Of Light
- Happy With What You Have To Be Happy With
- Elektrik
- One Time
- Facts Of Life
- The Power To Believe II (Power Circle)
- Dangerous Curves
- Larks' Tongues In Aspic: Part IV
- The Deception Of The Thrush
- The World's My Oyster Soup Kitchen Floor Wax Museum
- Tokyo Sound & Camera Check (Bonus Tracks)
- Into The Frying Pan
- The ConstruKction Of Light
- VROOOM
- One Time
- London Improv 1: Blasticus SS Blastica
- Dinosaur
- The World's My Oyster Soup Kitchen Floor Wax Museum
- London Improv 2: C Blasticum Cage
- ProzaKc Blues
- Lark's Tongues In Aspic: Part IV
- Three Of A Perfect Pair
- The Deception Of The Thrush
- Sex, Sleep, Eat, Drink, Dream
- Heroes
- Improvising Crimson (Bonus Tracks)
Während der Weihnachtsmann schon längst mit der logistischen Vorbereitung für den Heiligen Abend begonnen hat und sich auch die Weihnachtszeit auf leisen Sohlen nähert, gerät ein kleines Land auf der oberen Hälfte einer lustigen Kugel, welche durch ebenso lustigen Weltraum schwebt, in Panik. Beweise müssen her. Beweise der Zuneigung, der Liebe oder der Unterwürfigkeit, die man den Anderen entgegenbringt. Die Einwohner des Planeten Ferdi (Name v.d.Red. geändert) geraten gar teilweise in so gigantische Not das korrekte Präsent für die Mutter/Freundin/Chefin zu finden, dass sie sich stundenlang über eisekalte und meist überfüllte Weihnachtsmärkte quälen, obgleich die glorreiche, zivilisatorische Errungenschaft eines beheizten Kaufhauses bereits vor 100 Sonnenumkreisungen erfunden wurde. Klingt verrückt, ist es auch, doch nun zum Thema, welches eigentlich überhaupt nichts damit zu tun hat...
KING CRIMSON haben, und das könnte die einzige Verbindung zur Einleitung sein, einiges auf dem Buckel, existiert man doch als Band schon seit 1969. Im selben Jahr spielte man als Vorgruppe der ROLLING STONES und stahl denen auch gleich mal so die Show. "In The Court Of The Crimson King", das erste Album der Rock-Ausnahmeerscheinung, lieferte einen großartigen Beweis des musikalischen Geschickes der Herren und ging auch vollkommen berechtigt in die Annalen der Geschichte ein. Was man damals bot, allem voran die kompositorischen Fähigkeiten und die technische Raffinesse, beeinflusste Bands von GENESIS über YES bis zu NINE INCH NAILS und TOOL und gilt auch heute noch als Klassiker. Nach mehreren Umbesetzungen, u.a. mit dem grandiosen Bill Bruford oder dem virtuosen Keith Tippet, und Neuorientierungen beschloss Robert Fripp, Mastermind und Visionär für jede Gelegenheit, gegen Mitte der Siebziger das vorläufige Ende des "purpurroten Königs", um auf Solopfaden weiterzuwandeln, jedoch nicht ohne einen weiteren Meilenstein in Form der exquisiten Platte "Red" zu hinterlassen. Die Geschichte lehrt uns, dass dieses Unterfangen glücklicherweise nur einige Jahre hielt. Mit "Discipline" tauchte man Anfang der Achtziger wieder auf, getreu der Vergangenheit mit neuen Leuten. Tony Levin, der wohl den meisten unter uns durch seine Arbeit bei PETER GABRIEL oder mit dem DREAM THEATER-Side Project LIQUID TENSION EXPERIMENT bekannt sein dürfte, reihte sich mit Adrian Belew, bis heute Frontmann der Könige, in die Formation ein und man lebte fröhlich bis in alle Tage. Machen wir's also kurz. KING CRIMSON gibt's natürlich immer noch, Umbesetzungen machten den Members weiterhin solchen Spaß, dass man reichlich Plätze tauschte und heute eine kompakte Band (Belew (vox/g)/Fripp (g)/Gunn (b/Warr Guitar)/Mastelotto (dr)) äußerst versierter Musiker vorfindet, die auch live eine wahre Freude sind. Zeuge davon lässt uns die dieser Tage erscheinende Doppel-DVD "Eyes Wide Open" werden, die sich in Überschallgeschwindigkeit dem Gabentisch nähert.
Aufgezeichnet hat man über sechs satte Stunden Live-Material, also zwei komplette Konzerte, welche auf den Lichtinformationsmedien auf die Begutachtung eines geneigten Musikliebhabers warten. Zum einen das Auftaktspiel der diesjährigen Promotion-Tour zum aktuellen Album "The Power To Believe" in Tokio und zum anderen einen Auftritt aus dem Jahre 2000 im Londoner Shepherds Bush Empire im Zuge der ConstruKction Of Light-Tour bannte man auf Plastik und die Auswahl des Materials ist wirklich außerordentlich ausgefallen. Die Menüführung auf beiden DVD erklärt sich von selbst, bietet jedoch keinen großartigen Schnickschnack, den man normalerweise auf jeder Musik-DVD hinterhergeworfen bekommt. "Hier spielt die Musik", soll wohl das Motto sein und dementsprechend erhält man außer einer Kapitelanwahl nur einen understatementgeprüften "The Show" Button, der auch schon die Spiele beginnen lässt. Vorhang auf, KING CRIMSON in Tokio.
Eingeläutet wird das Set von Robert Fripp, welcher mutterseelenallein als auch massenweise effektverstärkt eine einleitende Klanglandschaft zaubert, welche man beim Anblick nur einer Gitarre kaum für möglich gehalten hätte. Unglaublich filigrane Töne wandern hier durch die Lautsprecher, als wollte man die hohe Aufnahmequalität unbedingt gleich zu Anfang in's Rampenlicht rücken. Im Anschluss raubt einem der Auftakt 'The Power To Believe I: A Cappella' noch einmal jeden Abstand und führt zu einer wahren Gänsehaut. Ein von Anfang an mitreißendes Konzert wird hier präsentiert, das seine Höhepunkte nicht nur im überragenden Zusammenspiel und der beeindruckenden Vertrautheit der Band-Mitglieder findet, was das nachfolgende 'Level 5' vielleicht denken lässt. 'ProzaKc Blues', ebenfalls ein All-Time-Classic, zeigt, was für ein ungeheurer Spaß im Spiel ist, wenn Adrian Belew mit einem breiten Grinsen im Gesicht die ersten Zeilen intoniert. Wirklich jeden einzelnen Song an dieser Stelle zu kommentieren, würde diesen Text wohl zu einem langweilig-verträumten Manifest eines Musikliebhabers machen, weshalb an dieser Stelle nur die absoluten Highlights genannt sein sollen. Und das sind... so ziemlich alle Minuten. Es ist beängstigend, wie eine Gruppe solch komplexe Musik derart energiegeladen auf die Bühne bringen kann und dabei jegliche Ausreißer vermeidet. 'The ConstruKction Of Light' formt ungeahnte klangliche Monumente, selbst wenn einem die Studioversion bekannt ist. 'Happy With What You Have To Be Happy With' mit fröhlichem Taktgehüpfe und polyrhythmischen Elementen klingt so frisch und ungezwungen, dass man die Euphorie nicht mehr unter Kontrolle bekommt. Wenn dann noch die ersten Klänge aus 'Elektrik' ertönen, ist alles vorbei. Einfach grandios, keine Worte vermögen den Eindruck zu beschreiben. Weiter bewegt man sich größtenteils im Spektrum der neueren Kreationen von KING CRIMSON. Vom aktuellen Album sind noch einige Großtaten vertreten, man beehrt "The ConstruKction Of Light" noch mehr als ein weiteres mal und auch ein PROJEKCT-Werk findet mit 'The Deception Of The Thrush' Anschluss an den edlen Reigen. Kein Kritikpunkt wagt sich auch nur in die Nähe dieses einmaligen Auftrittes. Schon allein jetzt müsste man das Prädikat "Kaufen!" vergeben, doch das war noch lange nicht das Ende. London, übernehmen sie.
Mit unserer Zeitmaschine unternehmen wir dann eine kleine Reise drei Jahre zurück. Die Band ist die selbe, doch der Auftritt könnte vom vorherigen wohl stärker nicht abweichen. Shepherds Bush Empire verstrahlt im Gegensatz zum hochpolierten Tokioter Konzerthaus, in welchem KING CRIMSON noch auf DVD 1 gastierten, fast schon intim und ebenso überzeugender kommt die Fanresonanz zur Geltung. Und davon gibt es reichlich, spielt man dieses Mal größtenteils Stücke der Alben "Thraks", "Vroom" und "The ConstruKction Of Light". Großartig für Fans und Geneigte wird die Tatsache sein, dass man mit 'ProzaKc Blues', 'One Time', 'Larks' Tongues In Aspic: Part IV', 'The Deception Of The Thrush' sowie 'The ConstruKction Of Light' Bekannte von der Tokiovorstellung trifft und diese auch noch unterschiedliche Interpretation erfahren haben. Wer bisher behauptete, dass ein Titel stets der selbe bleibt, wird wohl eines Besseren belehrt. Als Schmankerl und, als wäre das bisher noch nicht zur Geltung gekommen, Zeugnis der Fähigkeiten der progressiven Götzenbilder haben sich noch einige freie Improvisationen auf dieses Gottesgeschenk geschlichen, welche an verschiedenen Stellen zufällig eingespielt werden und somit ein auch bei wiederholtem Sehgenuss immer neues Konzerterlebnis bieten sollen (über das Menü sind alle Improvisationen ebenfalls zugänglich). Gelungen ist das mit Einschränkungen, orientiert man sich doch wohl eher an der Bookletabfolge. Die hervorragende Vorstellung beendet passenderweise 'Heroes', treffender könnte man diese famosen sechs Stunden KING CRIMSON-Marathon wohl nicht einem Ende zugehen lassen.
Fazit: Kaufen, kaufen und nochmals kaufen. Es ist schierer Wahnsinn, was man für den Preis einer handelsüblichen DVD mit "Eyes Wide Open" erhält. Allen DREAM THEATER-Jünger oder Progköpfen der jüngeren Generation sei diese Doppel-DVD unbedingt angeraten um auch einmal über den Tellerrand zu schauen und womöglich zu erkennen, wo eigentlich der Hammer in puncto Kreativität hängt. KING CRIMSON beherrschen das Geschehen und sind ein Gigant der Musikgeschichte, welcher einfach nicht alt respektive langweilig werden will. Also, liebe Damen und Herren der ernsthaften Dudelklänge, der Weihnachtsabend ist wohl nach eurem Durchgang dieser Rezension nicht mehr weit und die Geschenkproblematik hat sich nun einfach gelöst. Einmal KING CRIMSON für Oma, einmal KING CRIMSON für Opa, einmal KING CRIMSON für Mama, einmal KING CRIMSON für...
Anspieltipps: Play-Taste auf einer Fernbedienung ihrer Wahl und Atem anhalten
- Redakteur:
- Lasse Rosenberger