KILL 2 THIS - Mass. [Down.]-Sin. (Drone.)
Mehr über Kill 2 This
- Genre:
- Industrial/Neo-Thrash
- Label:
- Loudspeaker/Plastichead
- Release:
- 05.05.2003
- The Truth...And Other Lies
- Frame By Frame
- The Universe In A Nutshell
- Circles
- Gender Re-Assignment
- Winter Green
- Suburbanality (How To Hang Yourself From An Urban Structure)
- Spineglass
- Telephone Call To God
- Confused In the Computer Age (Plan 6)
- Typhoid And Swans
- Drowning Syndrome
Ah, Musik aus England. Eine Litanei über die trendverseuchte Musikszene dort abfassen? Unnötig. Die mir vorliegende Band als die Retter des britischen Metals propagieren? Unpassend.
KILL 2 THIS haben mit typischem Metal im klassischen Sinne recht wenig gemeinsam, hatten sie noch nie und werden sie auch mit Sicherheit nie haben. Zu modern ist der Gesamtsound geraten, zu vielseitig und offen neuen Einflüssen gegenüber präsentiert man sich, als dass man hier von einer stereotypen Metal-Truppe sprechen könnte.
Mit "Deviate" und "Trinity" sollte das Quartett aus Manchester Szenekennern noch gut im Gedächtnis sein; auch wenn diese Neo-Thrash-Geschosse meines Erachtens nach zu unausgewogen und unentschlossen im Stilmix daherkamen, so haben sich KILL 2 THIS gerade mit den beiden letzten Alben einen kleinen aber feinen Platz Rund um MACHINE HEAD oder FEAR FACTORY erspielt - und auch Touren u.a. mit ANNIHILATOR, TESTAMENT, MEGADETH oder ENTOMBED sprechen für sich.
Streich numero vier hört auf den verwortspielerten Namen "Mass Down Sin Drone" (der Einfachheit halber verzichte ich mal auf die Klammern...) und ist meiner bescheidenen Meinung nach das mit Abstand stärkste Album in der Bandgeschichte des britischen Vierers geworden.
Bereits der unterkühlte Opener 'The Truth...And Other Lies' macht schnell deutlich, dass sich KILL 2 THIS enorm von vielen Abziehbild-Truppen abheben: Treibende, doch stets auch melodische Gitarren, ein durch die aggressiv, aber niemals nervig wirkenden Triggersounds enorm drückendes Drumming und sehr überzeugender Gesang, der gerade beim Refrain auch FEAR FACTORY sehr gut zu Gesicht gestanden hätte. Die Vergleiche mit den verblichenen Industriellen zwängen sich ob des Gesamtsounds von KILL 2 THIS zwar auf, können aber nur bedingt gezogen werden. Zum einen fehlen den Briten das Stakkato-Riffing, zum anderen weist man gegenüber FF doch deutlich weniger Aggressivitätspotential auf.
So schlägt 'Frame By Frame' gleich in eine deutlich ruhigere Kerbe, der Song ist nicht nur ziemlich Radiotauglich und liebäugelt des öfteren mit dem Alternative-Genre, beim Refrain fühlt man sich sogar an die unerreichte Melancholie der Marke LIFE OF AGONY erinnert.
Aus dem unverschämt geilen Riff von 'The Universe In A Nutshell' hätten so manche Bands sicherlich eine Überschallgranate par excellence gezaubert, KILL 2 THIS kredenzen dem Hörer jedoch eine sehr abwechslungsreiche Nummer, die erneut mit einem mitsingkompatiblen Refrain und dynamischen Spielereien gespickt ist. Mit 'Circles' gibt es sogar eine recht elektronisch dominierte Ballade, die ganz alleine vom tollen Gesang von Philip Brentnall lebt - und wer jetzt Angst hat, dass KILL 2 THIS in die Weichspüler-Ecke abgedriftet sind, der ziehe sich bitte die teils noisigen Marschflugkörper namens 'Suburbanality' und 'Spineglass' rein.
So macht Musik hören definitiv Spaß - unvorhersehbar, aber nachvollziehbar, unkonventionell und doch mehr oder weniger massenkompatibel, intelligent und doch nicht abgehoben.
Wer es schafft, zwölf komplett unterschiedliche Songs auf ein Album zu bringen, all diese auf einem gleichbleibenden und recht hohen Niveau und es dabei fertigbringt, doch jedem Stück seinen eigenen, unverwechselbaren Sound aufzudrücken, der verdient Respekt.
Respekt auch für die sehr gut gelungenen Lyrics, die der Gesellschaft recht oft den Spiegel vorhalten und wirklich lesenswert geraten sind. Man merkt im Übrigen bereits bei den Songtiteln, dass es sich hier um eine Band handelt, die sich Gedanken macht. Thinking Man's Music mal in einem anderen Stil.
Ein paar Worte noch zu den Musikern: Neben dem absolut überragenden Brentnall am Mikro, sticht insbesondere Klampfer Mark Mynett hervor, der sich nicht nur grandiose Riffs aus dem Ärmel schüttelt, sondern vor allem auch durch ganz und gar nicht vordergründige, intelligente Melodie- oder Soundspielereien zu begeistern weiß. Und eine solch tighte Rhythmusfraktion wie Stone/Rooney habe ich ehrlich gesagt seit FEAR FACTORY nicht mehr gehört. Auch wenn es hier im Vergleich dazu mit gedrosseltem Tempo voran geht, alleine schon dieser Wumms im Bassbereich ist hörenswert.
Letzter Kritikpunkt mag sein, dass KILL 2 THIS mit einigen Songs von "Mass Down Sin Drone" durchaus auch Airplay bekommen könnten. Ja, sie sind eingängig, die Jungs. Ja, durchaus Chartkompatibel - so what? Mich persönlich begeistert es sehr, dass eine Band beweist, dass intelligente Musik nicht gleich verschachteltes Songwriting voraussetzt. Dass man mit auf dem Papier komplexen Arrangements doch in der Lage ist, schlüssige und eher kurze Songs zustande zu bringen, die nichtsdestotrotz vollkommen überzeugen. Und KILL 2 THIS würde ich den Erfolg wirklich gönnen.
Definitive Kaufpflicht für Fans von FEAR FACTORY und/oder neueren MACHINE HEAD. Und wer die Schnauze voll hat vom eintönigen Radiogedudel, der höre hier mal rein und stelle sich vor, es wäre das Rundfunkprogramm.
Anspieltipps: The Truth...And Other Lies, The Universe In A Nutshell, Circles, Suburbanality
- Redakteur:
- Rouven Dorn