KID ROCK - Rebel Soul
Mehr über Kid Rock
- Genre:
- Southern / Rock / Country
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Warner Music
- Release:
- 16.11.2012
- Chickens In The Pen
- Let's Ride
- 3 Catt Boogie
- Detroit, Michigan
- Rebel Soul
- God Save Rock N Roll
- Happy New Year
- Celebrate
- The Mirror
- Mr. Rock N Roll
- Cucci Galore
- Redneck Paradise
- Cocaine and Gin
- Midnight Ferry
Der Bullgod ist zurück!
KID ROCK ist bekannt für Kontroversen und Provokationen im TV, für dämlichen Hip Hop. Außerdem wirkte er ständig wie der größte Angeber im Musikgeschäft. Pamela Anderson kann davon ein Liedchen singen und hat sicher oft die Flöte geblasen. Aber KID ROCK ist auch dafür bekannt, die Hip-Hop-Elemente mit krachenden Riffs zu mischen. Crossover vom feinsten. So blöd die Lyrics auch waren, "Devil Without A Cause" ist immer noch eine Kultscheibe und musikalisch absolut überzeugend. Mit "Rock N Roll Jesus" und vor allem "Born Free" hat er dann Anhänger und Journalisten geschockt: Country-Rock? Patriotismus? Religion? LIEBE? Hatte man den ersten Schock überstanden und sich mit den Alben im Anschluss einmal auseinander gesetzt, haben viele gemerkt: das klingt gar nicht so schlecht. Der neu eingeschlagene Weg war überraschend angenehm zu hören, noch etwas unausgegoren, aber interessant. Die Promotion seinerzeit (inkl. Auftritte u.a. bei TV Total) war furchtbar übertrieben, ganz schön mies geplant und hat damit bei vielen Hörern das Interesse an den Alben gemindert. "Rebel Soul" bot einen deutlich kleineren Promoaufwand. Kehrt der Bullgod wieder zu seinen Wurzeln zurück?
Um es kurz zu machen: Fans der alten "Devil Without A Cause"-Zeiten werden nach wie vor enttäuscht sein, denn er geht den Weg von "Born Free" unbeirrbar weiter. Allerdings hat er sich musikalisch stabilisiert, die Songs klingen sogar noch rockiger, erwachsener, fast nach einem durchaus sympathischen Mix aus ZZ TOP und LYNYRD SKYNYRD und über allem ertönt seine angenehm kratzige Stimme. "Born Free" konnte man auf Grund seiner furchtbar triefigen Texte nur belächeln. Besonders hier hat der Early Mornin' Stoned Pimp aber nachgebessert. Ein Dichter oder Literat wird aus KID ROCK zwar in diesem Leben wohl nicht mehr, aber textlich ist eine Entwicklung zu erkennen. Auch hat man dieses mal auf Rick Rubin als Producer verzichtet, die Regler bedient KID ROCK selbst und zeigt dabei ungeahnte Talente. Der Mix ist homogen und vor allem die Gitarren klingen wunderbar nach den Südstaaten. Man sollte dem Album offen begegnen und es nicht vorher schon abschreiben. Die Zielgruppe von KID ROCK hat sich mittlerweile verlagert. Das muss man akzeptieren und dann kann man mit "Rebel Soul" auch seinen Spaß haben.
Der Opener 'Chickens In The Pen' ist noch recht gewöhnlich, aber schon auf 'Let's Ride', der ersten Single, beginnt die Scheibe ihren Charme zu versprühen. Das Riff ist ein leicht verändertes AC/DC Riff, der Refrain ist angenehm und nicht zu flach. Die Auskopplung war eine gute Idee, der Song repräsentiert den Sound des Albums ganz gut. Auch das folgende '3 Catt Boogie' mit seiner verhaltenen E-Gitarre macht Spaß. Irgendwie ähnelt das Schlagzeug zwar dem der ersten beiden Songs (verdächtig, verdächtig), aber der Country-Blues-Hybrid weiß zu gefallen, ein (dezent unterstützendes) Saxophon und ein nettes Solo runden den Song ab. Das ist aber auch das Problem von "Rebel Soul": Viele gute Ansätze verstecken sich in den Songs, aber so schön KID ROCK's Stimme zum Sound auch passt, es klingt alles sehr ähnlich. Und weil sich das Album dem gemächlicheren Tempo verschrieben hat, kann durchaus zwischendurch oder nach kurzem Dauerhören auch mal Langeweile aufkommen. Dann jedoch entdeckt man wieder eine der vielen versteckten Kleinigkeiten, wie in den Hintergrund verbannte und nur kurz auftauchende Instrumente (das angesprochene Saxophon kommt nicht nur ein Mal vor), oder ein feines Solo, das man beim ersten Durchlauf überhört hat. Die mangelnde Abwechslung lässt sich aber nicht verstecken. TY STONE etwa, dessen Sound sehr ähnlich ist (an dieser Stelle der Rat: hört euch "American Style" an!), löst das Problem der fehlenden Abwechslung cleverer. Zwischendurch hat er schnellere, etwas härtere Songs eingestreut und deutlich unterschiedlichere Melodien verbaut. "Rebel Soul" hält sich damit zurück, echte Lichtblicke, die den Sound auch innerhalb der Songs ein wenig abwechslungsreicher machen ('der Titeltrack 'Rebel Soul' etwa bietet nach den Refrains kleine Sologitarrenintermezzos und auch das Solo selbst hebt sich von den restlichen Gitarrenspielereien ab), sind viel zu selten. 'Celebrate' versucht es ja mit etwas härterem Riffing und einem etwas aggressiveren Gesang, das Resultat fällt aber nur unter die Rubrik "bemüht". Am Überzeugendsten ist 'Happy New Year', das als Ballade startet, dann ein "flotteres" Tempo einschlägt und zum lockeren Countryrocker mutiert. Kein Überhit, aber herrlich entspannend. Wo Licht ist, ist auch Schatten: was sich der Kerl sparen kann, sind elektronisch verzerrte Stimmen. ALICE COOPER hat das auf seinem aktuellen Album großartig hinbekommen, KID ROCK ruiniert damit aber einen ansonsten vielleicht atmosphärisch guten Song ('The Mirror'). Eine kleine Zeitreise gibt’s dann aber doch, so ganz kann er den Hip Hop nicht loslassen, 'Cucci Galore' ist mit leichten Rapeinlagen unterlegt (kein Hip Hop im eigentlichen Sinn) und lädt zumindest zum Schmunzeln ein. Die Riffs auf dem Song sind übrigens die härtesten des ganzen Albums.
Außerdem fällt "Rebel Soul" mit über einer Stunde Spielzeit auf den ersten Blick positiv auf. In heutiger Zeit muss man sich ja freuen, wenn ein Album über 45-50 Minuten Spielzeit bietet. Allerdings ist Masse nicht gleich Klasse, wie man hier sieht. Auf den einen oder anderen Song hätte man verzichten können, ohne dass man das Gefühl haben könnte, es würde etwas fehlen. So bleibt insgesamt ein solides Album, das sich immer weiter vom ursprünglichen Sound ("Devil Without A Cause"!!) entfernt, aber das neue Genre angenommen hat. KID ROCK fühlt sich wohl im südstaatlichen (Country-)Rock. Scheinbar musste er sich mit "Born Free" erst zurecht finden. Er weiß jetzt aber, was er wie umsetzen will, nur muss er noch an der Abwechslung arbeiten. Wo er früher als einer der Pioniere des Rap-Rocks galt, muss er sich hier erst noch beweisen. "Rebel Soul" kann man auf einer entspannten Autofahrt mal hören, oder sich abends mit Freunden treffen und das Bier sowie den Whiskey rauskramen. Fans der ersten Stunde werden weiterhin einen Bogen um alles Neue des Bullgods machen. Leute, die auf klassischen Rock, LYNYRD SKYNYRD oder ZZ TOP stehen, dürfen aber gerne einmal reinhören. Ich jedenfalls begrüße seine Entwicklung und den eingeschlagenen Weg.
Anspieltipps: 'Let's Ride', 'Happy New Year', 'Celebrate', 'Cucci Galore'
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Dennis Hogrefe