INFERNUM - The Curse
Mehr über Infernum
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Sound Riot / Twilight
- Release:
- 17.03.2006
- Invocation
- The Curse
- Storm Rider
- The Crock Of Gold
- Pagan
- Epitaph
- Outro
In der folgenden Rezension wird es leider nur am Rande um Musik gehen, was sehr schade ist, da die polnische Band durchaus guten Black Metal vom Stapel lässt. Doch das tritt in den Hintergrund, weil es zu dieser Band bzw. zum Namen INFERNUM eine äußerst unrühmliche Geschichte gibt, die in einer Zeit, in der faschistoides und rassistisches Gedankengut wie Unkraut im Black-Metal-Beet wuchern, dringend thematisiert werden muss. Denn Totschweigen hilft niemandem, außer denen, die ungestört ihr Unwesen treiben können. Doch nun zum konkreten Hintergrund: INFERNUM ist das Geisteskind von Grzegorz "Anextiomarus" Jurgielewicz der unter dem Pseudonym "Karcharoth" in den frühen Neunzigern auch für das polnische Flaggschiff des rechtsextremen Black Metals, namentlich für GRAVELAND tätig war. Zum Dank dafür beteiligten sich auch die damaligen GRAVELAND-Agitatoren Rob Darken und Capricornus am zweiten Demo und am Debütalbum "Taur-Nu-Fuin" von INFERNUM, wobei gerade das Letztere offen faschistische Inhalte vertrat und sich sogar dazu verstieg SS-Wahlsprüche zu Songtiteln zu erheben. Die Band brach kurz darauf auseinander, etwa zeitgleich verließ Anextiomarus auch GRAVELAND. Danach gibt es wenig mehr als Gerüchte: Anextiomarus sei Informant der polnischen Polizei gewesen, er habe sich in psychiatrische Behandlung begeben etc... Wie viel davon wahr ist - und wie viel Legende - weiß niemand wirklich. Fakt ist jedoch, dass Anextiomarus die Band 2002 mit vier neuen Mitgliedern wiederbelebte und ein neues Album einzuspielen begann, welches noch auf seine Veröffentlichung wartete, als der Bandgründer sich am 30. April 2004 das Leben nahm. Just zu der Zeit begannen auch die nach wie vor der rechten Szene zugehörigen Ex-Mitglieder, wieder unter dem Namen INFERNUM zu firmieren, altes Demomaterial neu zu bearbeiten und als "Farewell"-Album zu veröffentlichen. Indes berufen sich die Neumitglieder Necromanticus, Wolf, Charon und Exterminus darauf, dass es der letzte Wille von Anextiomarus gewesen sei, dass sie (und nicht Darken und Capricornus) den Namen INFERNUM weiterführen sollten. Deshalb haben sie nun das Album "The Curse" veröffentlicht, auf dem neben den vier neuen Mitgleidern auch noch der verstorbene Anextiomarus als Gitarrist und Sänger zu hören ist.
Ihr seht, die Geschichte ist kompliziert und muss sehr genau untersucht werden, was in einer Szene, die sich gerne geheimnisumwittert präsentiert, nicht gerade einfach ist. Für die "neuen" INFERNUM spricht, dass mittlerweile kein einziges Mitglied mehr dabei ist, das Songtitel wie "Meine Ehre..." verbrochen hat und dass die neue Band sich offensichtlich im Streit mit den GRAVELAND-Agitatoren darüber befindet, wer der legitime Erbe des Namens ist. Außerdem offenbaren zwölf Jahre nach "Taur-Nu-Fuin" weder die Homepage der Band noch das Beiblatt zur "The Curse"-Promo irgendwelche rechten Tendenzen. Dennoch müssen sich die Musiker die Frage gefallen lassen, warum sie bewusst einen Namen in die Gegenwart transportieren, der weithin mit NS-Black-Metal assoziiert wird, ohne sich eindeutig von den Äußerungen und Titeln der Vergangenheit zu distanzieren. Fühlen sich die Musiker nach wie vor der Ideologie verbunden? Wollen sie mit dem in der rechten Szene etablierten Namen auf Kundenfang gehen? Oder wollen sie "nur" den letzten Willen eines verstorbenen Freundes in Ehren halten? Viele Fragen, keine befriedigenden Antworten.
Kommen wir dennoch kurz zur Musik, die sich im Falle von "The Curse" durchaus hören lassen kann. Die Atmosphäre und der Stil sind sehr nahe an dem, was INFERNUM seinerzeit boten, als sie sich durch politische Irrflüge disqualifizierten. Ein mystisches Intro mit kirchenorgel-artigen Synthsizern und grollender, dämonischer, beschwörender Stimme leitet das Album ein und das eröffnende Titelstück präsentiert die Band in getragenem Tempo, würdig dahinschreitend von majestätischen Keyboards begleitet und mit einer Sequenz mit weiblichem Gastgesang. 'Storm Rider' legt etwas schneller und recht rumpelig los, verfällt jedoch auch immer wieder in langsamere Passagen, die schließlich in der zweiten Hälfte mit wabernden Keyboards versehen die Überhand gewinnen. Leider wirken die Stimmungswechsel mitunter ein wenig unschlüssig. 'The Crock Of Gold' huldigt rhythmisch BATHORY und zelebriert gefälligen, doomigen Black Metal mit etlichen schönen Leadmelodien und boshaft krächzendem Gesang, der gegen Ende in drohendes Geknurre umschlägt. Noch mehr in Richtung BATHORY der Wikinger-Ära schlägt das folgende 'Pagan' aus, dessen klar gesungene Parts jedoch ein wenig schräg rüberkommen. Die monolithischen Riffs, die akkustischen Einsprengsel und die stoische Rhythmusgruppe bringen in diesem räudigen Soundgewand jedoch ein recht authentisches 90er-Viking-Feeling rüber. Der Anextiomarus gewidmete Nachruf 'Epitaph' hat - wenn man sich die Keyboards wegdenkt - eine deutliche Schlagseite gen MAYHEM und ganz frühe SALEM, bevor ein kurzes Keyboard-Outro der Scheibe ein Ende bereitet.
Man sieht, "The Curse" ist kein Meisterwerk, aber doch ein recht gutes, altmodisches Black-Metal-Album, das sicher seine Anhänger finden dürfte. Dennoch, eine Kaufempfehlung kann ich wegen der angesprochenen Problematik nicht aussprechen. Daran ist die Band selbst schuld: Wer eine zwielichtige Vergangenheit hat, sollte sich eindeutig positionieren und sich nicht alle Optionen offen halten wollen. So sieht es aus, als würde man hoffen, die rechte Szene bei der Stange halten zu können, ohne die Gegenseite zu provozieren. Doch wie gesagt: Totschweigen hilft nicht, besonders wenn es um die Vergangenheit der eigenen Band geht. Wer sicher gehen möchte, dass er mit seinem Geld nicht die rechte Szene subventioniert, der sollte bei INFERNUM vorsichtig sein.
Anspieltipps: The Curse, Crock Of Gold
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle