IN EXTREMO - Sünder ohne Zügel
Mehr über In Extremo
- Genre:
- Medieval Metal
- Wind
- Krummavísur
- Lebensbeichte
- Merseburger Zaubersprüche II
- Stetit Puella
- Vollmond
- Die Gier
- Omnia Sol Temperat
- Le Or Chiyuchech
- Der Rattenfänger
- Óskasteinar
- Nature Nous Semont
- Über den Wolken
Am 3. September wird also endlich der Nachfolger zu „Verehrt und angespien“ erscheinen. Die Werbetrommel wurde ja ausreichend gerührt: Promo-CDs und gekürzte Reinhörfassungen wurden en masse verteilt, die Single „Vollmond“ hat schon eindrucksvoll gezeigt, was zu erwarten sein wird, das Video lief – leider in angepasster Optik ohne jedes Mittelalterflair – sogar auf Musiksendern, die diesem Genre eher eingeschränkt gewogen sind. Die Single „Wind“ hat es sogar in die Top Ten der Club-Charts geschafft. Nun wird sich zeigen, ob das Album es schaffen wird, den Platz 11 des Vorgängers in den Albencharts zu toppen.
Wer wegen der Medienpräsenz irgend etwas Halbgares oder Weichgespültes erwartet hat, den muss ich herb enttäuschen: Hier ist ein Meisterwerk geglückt und es wurde einiges hinzugelernt und verfeinert, ohne das ursprüngliche Konzept aus den Augen zu verlieren. Die ursprünglich aus der Mittelalterszene stammende Combo hat es meines Erachtens endlich geschafft, sich zu einer respektablen und auch im handwerklichen Sinne fähigen Größe auch in der Metal-Szene zu etablieren.
Stilistisch wurde hier ordentlich weitergearbeitet, man scheut nicht den Kontakt mit der Moderne; Synthesizer sind harmonisch vereint mit Gitarren, Drums und Spielmannsinstrumenten. Die ganze Produktion lässt sich schon zurecht als „fett“ bezeichnen. Sprachlich gesehen ist es mein Eindruck, dass die deutschen Texte besser geworden sind, während sie auf dem Vorgänger noch so manches Mal eine in Falten gelegte Stirn meinerseits hervorriefen. Die Hälfte der Stücke ist in fremder Zunge gehalten, wobei von Altdeutsch über Provencalisch bis zu Latein so einiges vertreten ist.
Gleich der erste Song „Wind“ kracht mit fabelhafter Gitarrenarbeit ins Gehäuse und geht direkt ins Blut; der Text ist eingängig und der Refrain die wahre Freude – wer dabei nicht zumindest zaghaft mitmosht, sollte sich endlich vollends einschläfern lassen. Auch die Dudelsäcke fehlen natürlich nicht und geben gerade dem Refrain die besonders tanzbare Note.
Sucht man eine Immobilie in ruhigerer Lage, so findet man den Nachfolger der „Merseburger Zaubersprüche“, in diesem Fall ein Text aus der namensgebenden Sammlung, der selbst Schülern bekannt sein sollte. Melodie und Arrangement sind ähnlich erhaben und wundervoll wie bei „MZ“ Teil 1 gehalten. Der Gitarrenteppich legt sich hier äußerst harmonisch über die Keyboards und den Gesang.
Rockig und textlich erotisch geht es im zweisprachlichen „Stetit Puella“ zu. Auch hier wissen Brücke und Refrain sehr gut zu überzeugen und gehen direkt ins Ohr.
Zur Singleauskopplung „Vollmond“ brauche ich wohl kaum etwas sagen, es ist bereits geraume Zeit her, dass dieser melodisch-romantische Medieval-Metal-Kracher durch den Äther schwebte.
Und direkt danach wird es romantisch, ruhig und erotisch, diesmal aber mit einer waschechten Rockballade namens „Die Gier“. Der Titel ist Programm und hier passt alles, Text und Melodie greifen ineinander und spätestens beim Refrain sollte zumindest jedem frisch Verliebtem so wie mir ein eiskalter Schauer über den Rücken laufen (okay, ich bin jetzt seit 20 Monaten frisch verliebt *g*).
Na ja, um es nicht ausarten zu lassen: Jeder Song ist auf dieser CD wirklich gelungen, einige sind zumindest gut, die meisten aber in meinen Augen herausragend. „Über den Wolken“ stellt einen angenehm ruhigen und nachdenklichen Abschluss dieses Silberlings dar, man möge sich da nicht vom Titel abschrecken lassen, der irgendwie an einen unrasierten Liedermacher namens May erinnert *grinsel*.
Absoluter Kauftipp, nicht nur für Mittelalterbegeisterte!
Gesamtspielzeit: 54:08 min
Anspieltipps:
Wind
Vollmond
Die Gier
- Redakteur:
- Andreas Jur