HEAVY TEMPLE - Lupi Amoris
Mehr über Heavy Temple
- Genre:
- Heavy Psychedelic Doom
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Magnetic Eye Records
- Release:
- 18.06.2021
- A Desert
- The Wolf
- The Maiden
- Isabella
- Howling
Flotter Dreier mit High Priestess Nighthawk, Lord Paisley und Baron Lycan!
So sehr flott gestaltet sich das für Genre-Fans durchaus anhörenswerte Scheibchen jedoch gar nicht einmal, da es der von der Band selbst gewählten Schublade "Heavy Psychedelic Doom" entstammt. Seit dem Jahr 2012 hat HEAVY TEMPLE zwei EPs, zwei Singles sowie eine Split '7 mit WOLFBLOOD veröffentlicht. Zum Vollzeit-Langspieler-Debut reichte es dann erst (Corona sei Dank?) in diesem Jahr.
Seit der ersten, selbstbetitelten EP im Jahr 2014 muss sich musikalisch etwas bei dem Trio entwickelt haben; der Kollege Raphael Päbst bezeichnete die tonalen Erzeugnisse meiner drei Protagonisten mit den knuffigen Künstlernamen damals noch unter anderem als Strandgut an den Stränden der Tonträgerindustrie, "... das sich durch eher unausgereiftes Songwriting, wenig Eigenständigkeit oder schlichte Belanglosigkeit eben gerade nicht hervortut" und genderte in ultimativer Weise durch, indem er die aus der Urbesetzung heute einzig verbliebene Bandgründerin High Priestess Nighthawk weder namentlich noch geschlechtlich erwähnte. Die damals vergebenen 6 Punkte werde ich heute ein wenig steigern können, und leite mit diesem Ausblick zur Musik auf dem neuen Album "Lupi Amoris" über.
Mir gefällt neben dem durchgängig angenehm ins Ohr knarzenden Sound der Scheibe am meisten die drückende, den Hörer stetig vorwärts schubsende Energie, die bis auf wenige Stellen vom gesamten Album transportiert wird. Die stilistische Rohmasse der Musiker/innen aus Philadelphia basiert (natürlich!) auf frühen BLACK SABBATH, manchmal troubled es auch etwas und häufig können die fünf Songs mit einer Gesamtspielzeit von 32:57 Minuten auch monstermäßig magnetisieren. So werden die an vielen Stellen sehr kraftvoll klingenden Lieder immer wieder durch wabernde, den 60er Jahren entstammende Gitarrensounds und dezente atmosphärische Keyboardspielereien aufgehübscht.
Dennoch ist das Klangbild für eine Doom-Scheibe insgesamt recht modern ausgefallen, man denke nur an den geradezu tanzbaren Beginn von 'A Desert'. Hierzu sieht man vor dem inneren Auge bereits die Schlaghosen von Dave Wyndorf im Luftzug des Bühnenventilators flattern, bis einen der Tritt des Schlagzeugers auf die Bremse seines Schlagzeugs zurück auf den ozzyesken Doomteppich bringt. Erwähnenswert ist bei diesem Opener ebenso die herrliche Abfahrt im hinteren Drittel des Songs: Die ist richtig groß geraten!
'The Wolf' fängt mit Gitarrengewaber an und verliert sich dann etwas in sehr dick aufgetragener Sixties-Atmosphäre und einem ab jetzt in den Liedern oft auftretenden, dem Genre Doom vielfach anhaftenden, stilistischen Merkmal: ständigen Wiederholungen des relativ kurz gehaltenen Melodiebogens. Das muss man schon mögen, wenn man sich mit der Musik von HEAVY TEMPLE befasst!
Der nächste Song ist in Teilen, so vermute ich, eine eher unbeabsichtigte Hommage an Great Britains Finest in Sachen Heavy Metal: 'The Maiden' beginnt ähnlich, aber wesentlich moderner als der Vorgänger und baut erneut ein verblüffend tanzbares Rock-Riff in den Ohren des Hörers auf. Und tatsächlich: die auf einmal wild loszupfenden Zwillingsgitarren erinnern mit der Zeit schon etwas an die großartigen ersten beiden Alben von IRON MAIDEN; Melodieführung und Gesang haben allerdings nichts mit dem Stil der britischen Legende gemein.
Nun folgt meiner völlig subjektiven Meinung nach der Schwachpunkt und somit auch ein wenig der "Punkte-Abzieher" des Albums. 'Isabella' ist das längste Stück der Scheibe und mit seinen neuneinhalb Minuten, bezogen auf seine fragwürdige Qualität, viel zu lang geraten. Es beginnt mit - wenn auch fett klingendem - schwerfälligem Proberaumgezupfe des Basses sowie Psychedelic-Gewichse der Gitarre. Irgendwann startet dann wieder ein etwas harscheres Riff, jedoch ohne wirkliche Durchschlagskraft; die tragende Melodie klingt mir schlichtweg zu langweilig. Das ist auch der Fall, weil die stellenweise zweistimmig vorgetragenen Vocals für mich völlig unmotiviert tönen, ich kann mir da nicht helfen. In der Mitte des Stückes schlafen dann Lord Paisley (Gitarre), Baron Lycan (Schlagzeug) und High Priestess Nighthawk (Stimme, Bass) gemeinsam in ihrem Proberaum fast ein und versuchen im Halbschlaf ziemlich erfolglos, doomige Atmosphäre zu kreieren. Hintenraus gelingt das dann wieder besser und das Stück kann in Sachen Dynamik kurzzeitig gesteigert werden, bis abermals eine Proberaumsession drangehängt wird, die einfach strunzlangweilig ist. Zum Schluss wird dann erneut auf die Schnelle BLACK SABBATH wiederbelebt, was den Song aber nicht mehr retten kann.
Abgeschlossen wird "Lupi Amoris" von HEAVY TEMPLE mit dem Instrumental 'Howling', das gottlob wieder auf einer höheren Qalitätsstufe steht. Das Stück ist eine stimmige Zusammenstellung aller Stilmerkmale, die im Durchlauf dieses Albums erklingen, leider auch inklusive des Proberaumgezupfes, welches jedoch etwas motivierter und stimmiger in den Song eingebaut werden konnte als zuvor.
"Lupi Amoris" hat ein schönes, von Alex Reisfar gezeichnetes Cover verpasst bekommen, das gut zum Albumtitel zu passen scheint. Der Titel bedeutet wörtlich übersetzt "Wölfe der Liebe". Das Textkonzept des Albums wurde nach Aussage der Band stark von Angela Carters Geschichte "The Company of Wolves" beeinflusst.
Ich gebe dem Album 7 Punkte. Wer 'Isabella' ausblenden kann, oder gar Gefallen an dem Song findet, sowie reinrassige Doom-Enthusiasten dürfen sich gerne noch bis zu einem ganzen Punkt dazu denken. MONSTER MAGNET-Fans sollten die Musik von HEAVY TEMPLE ebenfalls mal antesten.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timo Reiser