BYRDS, THE - All Time Best - Reclam Musik Edition
Mehr über Byrds, The
- Genre:
- Folk Rock
- Label:
- Sony Music Entertainment
- Release:
- 01.03.2013
- Mr. Tambourine Man
- All I Really Want To Do
- Chimes Of Freedom
- I'll Feel A Whole Lot Better
- Turn! Turn! Turn!
- The Times They Are A-Changin'
- The World Turns All Around Her
- It Won't Be Wrong
- He Was A Friend Of Mine
- Eight Miles High
- 5D (Fifth Dimension)
- Mr. Spaceman
- So You Want To Be A Rock 'n' Roll Star
- My Back Pages
- Renaissance Fair
- Goin' Back
- Wasn't Born To Follow
- Dolphin's Smile
- You Ain't Going Nowhere
- One Hundred Years From Now
- You're Still On My Mind
- Hickory Wind
- Ballad Of Easy Rider
- Jesus Is Just Alright
- It's All Over Now, Baby Blue
- Lay Lady Lay
- Chestnut Mare
Ein günstiger und informativer erster Überblick, der im Spätwerk deutliche Lücken aufweist.
Der uns aus Schulzeiten wohl bekannte Reclam Verlag widmet sich seit gut zwei Jahren auch der Musik und ist hierbei in Zusammenarbeit mit Sony Music bestrebt, dem Hörer für kleines Geld einen breiten Überblick über das Schaffen unbestrittener Ikonen der Musikgeschichte zu vermitteln. Hierzu wurde die "All The Best - Reclam Musik Edition" ins Leben gerufen, die im von den Reclam Büchlein bekannten grell gelben Design ausführliche Werkschauen großer Künstler liefern will. Die 24. Ausgabe dieser Edition ist einer US-amerikanischen Folk-Rock-Legende gewidmet, die so ziemlich jeder von uns kennen dürfte. Selbst wenn euch der Name THE BYRDS nicht auf Anhieb etwas sagen sollte, dann kennt ihr bestimmt viele ihrer Songs, die so grundlegende Bestandteile der Pop- und Rock-Geschichte sind, dass man nur schwerlich an ihnen vorbei kommt.
Die Band um Sänger und Gitarrist Roger McGuinn war von 1964 bis 1973 nur neun Jahre lang aktiv, hinterließ mit ihren Eigenkompositionen und ihren eindringlichen Versionen diverser Folk-, Country- und Songwriter-Hits dennoch einen bleibenden Eindruck in der Musikwelt. Ihre Version des Bob-Dylan-Songs 'Mr. Tambourine Man' auf dem gleichnamigen 1965er-Debütalbum wurde ein Welthit, und auch sonst lebte das Debüt vor allem von der Zusammenarbeit mit Bob Dylan, die sich auch auf den folgenden Alben hier und da wiederholen sollte. Doch auch die herausragendste Eigenkomposition des Albums ist in Form von 'I'll Feel A Whole Lot Better' auf dieser Compilation vertreten.
Noch im selben Jahr reichte die Band den Zweitling "Turn! Turn! Turn!" nach, dessen von der US-Folk-Ikone Pete Seeger komponierter Titelsong erneut die Charts stürmte. Dominierten auf dem Debüt noch die Fremdkompositionen, so bilden auf dem zweiten Album die Eigenkompositionen einen größeren Schwerpunkt, die durch die mehrstimmigen Gitarrenarrangements und Gesänge einen sehr markanten Stil etablieren und die hier und da auch etwas härtere Gitarren aufweisen, als man es bis dahin gewohnt war. Dieses Element verstärkt sich auf dem relativ psychedelisch wirkenden Nachfolger "Fifth Dimension" (1966) nochmals deutlich durch ein Mehr an Stromgitarren, durch ausufernde Soli, vertracktere Rhythmik und einige deutlich weniger geradlinige Songs mit etwas benebelt wirkendem Gesang. Daneben überrascht das Album aber auch mit dem reinrassigen Country-Song 'Mr. Spaceman', der sich in leicht paradoxer Weise mit einem Sci-Fi-Thema befasst.
Das folgende Songtriple widmet sich dem sehr psychedelisch ausgerichteten Album "Younger Than Yesterday" (1967), das mit wirklich abgedrehten Arrangements mit Synth, Saxophon und dergleichen mehr aufwarten kann, das aber mit der weiteren Dylan-Komposition 'My Back Pages' auch ein Highlight des epischen Folk Rocks setzt und mit 'Renaissance Fair' einiges von dem vorweg nimmt, was etwas später ein Markenzeichen von Bands wie JETHRO TULL werden sollte. "The Notorious Byrd Brothers" (1968) bietet ein deutliches Mehr an Moog-Sounds und führt die Band damit noch ein gutes Stück weiter ins Feld des Psychedelic Rock. 'Goin' Back' enthält die Worte "Magic Carpet Ride", die kurz darauf der Titel eines STEPPENWOLF-Klassikers werden sollten, und gibt sich entsprechend spacig, während das folgende 'Wasn't Born To Follow' wieder lupenreinen Steel-Guitar-Country bietet, der dann aber mit einem harten Break und massiven Flanger-Sounds aufwartet und somit die Brücke zwischen zwei Welten schlägt, die beide von den unverkennbaren Gitarrenharmonien der BYRDS leben. Dazu kommt noch das jazzige, verträumte 'Dolphin's Smile' und ihr wisst genau, dass die Band damals ungeheuer vielseitig und progressiv unterwegs war.
Ebenfalls 1968 erschien nach gravierenden Veränderungen im Line-up die stark von Country und Bluegrass beeinflusste Scheibe "Sweetheart Of The Rodeo", die vorliegend mit vier sehr hübschen Songs vertreten ist, welche indes die Rolle der Band als Brückenbauer zwischen den Genres nur unzureichend dokumentieren. An dieser Stelle hätte die Compilation lieber auf ein oder zwei Stücke von diesem Album verzichtet und wäre stattdessen intensiver auf den deutlich härteren, vielseitigeren und rockigeren Nachfolger "Dr. Byrds & Mr. Hyde" (1969) eingegangen, der von dieser Best-of leider nur mit dem nicht repräsentativen Dylan-Cover-Outtake 'Lay Lady Lay' gewürdigt wird, das durch das orchestrale Arrangement und den vom Produzenten ohne Zustimmung der Band hinzugefügten Gospel-Chor einen gewissen Fremdkörper darstellt. Das Ausklammern des ersten 1969er-Albums stellt leider ein echtes Versäumnis der Veröffentlichung dar, welche im Booklet noch mit großen Worten erwähnt, wie positiv eben diese Scheibe in Europa aufgenommen wurde. Das ist sehr schade und vor allem inkonsequent!
Dafür ist das stilistisch ähnlich ausgerichtete 'Ballad Of Easy Rider' (ebenfalls 1969) wieder mit drei tollen Stücken vertreten, von denen vor allem das ziemlich heavy aus den Boxen dröhnende 'Jesus Is Just Alright' aufhorchen lässt, aber natürlich auch das Titelstück, das wie STEPPENWOLFs 'Born To Be Wild' zum Soundtrack des Kultfilms 'Easy Rider' gehörte. Danach geht die Compilation jedoch mit dem 1970er-Stück 'Chestnut Mare' vom unbetitelten Album sehr abrupt zu Ende. Das Spätwerk mit dem für die Band sehr untypischen orchestralen Album "Byrdmaniax", der Rückkehr zum Folk Rock mit "Farther Along" (beide 1971) und dem im originalen Line-up eingespielten Abschiedsalbum "Byrds" (1973) bleiben leider komplett unberücksichtigt, was dann doch einen etwas faden Beigeschmack hinter lässt.
Natürlich ist diese Werkschau für einen knappen Zehner eine lohnende Anschaffung für jeden, der die BYRDS kennen lernen möchte, um die Wurzeln der heutigen Rockmusik intensiver zu ergründen. Mit 27 tollen und sicher essentiellen Songs, einer kurzen, aber für den Einsteiger informativen Bandbiographie, und einer illustrierten Studioalben-Diskographie wird einiges geboten. Doch um als wirklich vollwertige Werkschau gelten zu können, fehlen dieser Zusammenstellung definitiv schmerzlich die vorstehend thematisierten Alben aus der Spätphase.
Daher stellt man sich als Rezensent die Frage, was nun die große Errungenschaft einer "Reclam Musik Edition" zu den BYRDS sein soll, wenn die Trackliste exakt mit jener der bereits 1997 von Sony veröffentlichten Compilation "The Very Best Of The Byrds" übereinstimmt. Unter dem Reclam-Aufhänger hätte ich einfach eine etwas mehr an musikhistorischen Bedürfnissen orientierte Songauswahl erwartet, welche die vielleicht weniger populäre, aber gleichwohl für die Beschäftigung mit der Band essentielle Spätphase nicht ganz so stiefmütterlich behandelt. Diesem Anspruch wird die nun eben gelb gefärbte Neuauflage der alten 1997er-Compilation einfach nicht gerecht. So bleibt eine preiswerte und ausführliche erste Orientierungshilfe in Sachen THE BYRDS - nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle