AFTER FOREVER - Decipher
Mehr über After Forever
- Genre:
- Gothic Metal
- Label:
- Transmission Records
- Release:
- 05.11.2001
- Ex Cathedra - Ouverture
- Monolith Of Doubt
- My Pledge Of Allegiance #1 - The Sealed Fate
- Emphasis
- Intrinsic
- Zenith
- Estranged - A Timeless Spell
- Imperfect Tenses
- My Pledge Of Allegiance #2 - The Tempted Fate
- The Key
- Forlorn Hope
Als im letzten Jahr das Album-Debüt „Prison Of Desire“ von AFTER FOREVER erschien, wurde meine Frau beim Stöbern nur des eindrucksvollen und auffälligen Cover-Artworks wegen auf die Scheibe aufmerksam – ein Glücksgriff, wie sich herausstellen sollte. Seltsamerweise hatte ich den Eindruck, dass dieses erstaunliche Debüt trotz sehr guter Kritiken in den Magazinen am Großteil der Szene vorbeischlich und nicht zu dem Bekanntheitsgrad gelangte, den es verdient hatte. Auch beim nun vorliegenden Nachfolger „Decipher“ wissen Cover und Booklet durch eines der exzellentesten Artworks zu bestechen, deren ich bislang ansichtig wurde. Aber damit ist es natürlich nicht getan, denn auch der Inhalt ist erneut absolut erstaunlich. Und die Holländer AFTER FOREVER haben sich weiterentwickelt – es ist nicht alles Käse, was aus Holland kommt – und noch mehr klassische Elemente, gezielteren Choreinsatz, beständige Unterstützung durch Violinen und die gelegentliche Oboe und akustische Gitarre eingebracht. Diese Entwicklung ging ein wenig auf Kosten der härteren Anteile, die dem Black Metal entlehnt waren; so kommen Screams und Grunts nicht mehr so intensiv zum Einsatz wie auf dem Erstlingswerk. Aus meiner Sicht ein wenig schade, aber dem Hörgenuss hat das nicht geschadet.
Klassisch ist auch der Aufbau des Albums; verschiedene Grundthemen werden über das Werk verteilt wieder aufgegriffen und „Decipher“ weiß mit einer der besten klassischen Latein-Ouvertüren zu erfreuen, die je den Beginn eines Metal-Albums zierten und leiten somit die düstere und zugleich engelhafte Grundstimmung des Gesamtkonzeptes ein. Die genannte Vermischung von Stilelementen ist im Gothic Metal seit einigen Jahren keine Neuerung mehr, aber der Klang, den AFTER FOREVER erzeugen, unterscheidet sich doch sehr von dem vergleichbar arbeitender Projekte. Der im Vordergrund stehende Sopran von Floor Jansen ist sehr kraftvoll und energisch, nicht so filigran und zart wie oftmals andren Orts – beispielsweise bei vielen Stücken von NIGHTWISH – zu finden. Das Klangbild ist recht orientalisch angehaucht, noch am Ehesten zu vergleichen mit den ägyptischen und babylonischen Themen, die THERION erschufen, bevor sie sich mit dem neuen Album der nordischen Mythologie zuwandten. Durch diese Einflüsse, die langgezogene Sangesinterpretation der Textanteile und einige beabsichtigt harte Wechsel zwischen verschiedenen Stilelementen wird ein erstes Hören sicherlich gewöhnungsbedürftig sein, doch intensives Zuhören lohnt sich, denn durch Komplexität und ein stimmiges klangliches Gesamtkonzept frisst sich die Musik sehr schnell in die Hirnwindungen und sorgt für lang anhaltenden Hörgenuss – das Debütalbum rotiert noch immer alle Nase lang in meiner Anlage.
Tempotechnisch liegt das Album zumeist im mittleren oder langsam schwebenden, wundervoll erhabenen Bereich, nur gelegentlich durchbrochen von schnellen Passagen, die dann meist vom Black-Metal-Hintergrund des Konzeptes getragen werden. Ganz exzellent ist der Einsatz von Rhythmusfraktion und Drumming geraten, und auch die unaufdringliche und stimmige Einflechtung der klassischen Elemente wie Chor und Violinen ist gelungen, wie es nur wenige klassisch arbeitende Gothic-Metal-Bands erreichen; die verschiedenen musikalischen Welten werden auf harmonische Weise miteinander verflochten und schaffen ein durch eine satte Produktion fundamentiertes abwechslungsreiches, intensives, anspruchsvolles und düsteres Klangerlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Anspieltipps: "Ex Cathedra", "Estranged", "Forlorn Hope"
- Redakteur:
- Andreas Jur