1099 - Young Pines
Mehr über 1099
- Genre:
- Post Rock/ Jazz/ Krautrock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Stickmann Records/ Soulfood
- Release:
- 09.09.2015
- Memfis
- Yeager
- Astoria
- Palatine Light
- Man The Harpoons
- Krystallfabrikken
- The California Energy
- Hjorten
Blassblaue Norweger vor nussbrauner Rinde.
Jaja, Norwegen und seine Jazzer. Wer sich hier glaubt verlesen zu haben... Nein. Das Quartett mit dem seltsamen Namen 1099 streift diese urnorwegische Leidenschaftskunst insofern, als dass sich Schlagzeuger Pål Leer neben seine Felle und Becken auch ein Saxophon bereitgelegt hat. Bereit dazu, in diesen sich ausfransenden, Weiten einfangenden Postrocknebel ab und an Töne hineinzudrücken.
Das gesamte Album kommt ohne Gesang aus. Es nimmt nicht zuletzt dadurch immer mehr Gefangene, es streichelt Seelen. Ich muss da ständig an die fabulösen Landsfrauen und Landsmänner von THE LOW FREQUENCY IN STEREO denken, die es ganz ähnlich verstehen, Gebilde zwischen Krautrock, Jazz und Psychedelic aufzuschichten. Die vier Herren in 1099, blasse Barträger und eigentlich sehr unauffällig, haben sich nun noch konsequenter der Landschaftsmusik verschrieben. Es wächst das Lied, es strahlt der Berg. Nicht umsonst sieht man auf Fotos die Vier auch schüchtern in blassblaugrauen Second-Hand-Jacken auf blassbraunen Lichtungen oder auf verdorrten Wiesen herumstehen.
Ja, warum denn immer reden? Die so oft beschworene, beschriebene nordskandinavische Melancholie, ein Klischee ganz gewiss, hier wird sie erlebbar. Und ganz in der Tradition der vielen norwegischen Jazzkollektive wird auch hier an jenem Klischee weitergefeilt. Es verfestigt sich durch „Young Pines“ sehr massiv. 'Palatine Light' oder auch 'Memfis' kieseln sich durch die Gedanken, wie ein kaltes kleines Bächlein. Das Saxophon nimmt Stellung und schwebt die Felsen hinauf, das umfangreiche Gitarrenspiel wandelt sich vom Fahrstuhlaufwärtsgeklimper zum verdorrenden Surfsenioren, in 'Man The Harpoons' umschwingt es die restlichen Instrumente, ohne wirklich in der Mitte anzukommen. Also viel Bewegung, trotz der zumeist gemächlichen Gangart. 'Krystallfabrikken' strahlt genau das aus, was der Name vermuten lässt – inklusive des endlichen Zusammenbruchs. 'California Energy' wieder mit Saxophon und mehr aus dieser Welt, mit schön arrangiertem jazzigen Mittelstück.
Hier deutet sich an, weshalb das Volk da in Europas Norden dieses schwere Instrument so liebt. Es ist das Lied des Saxophons, ein klangliches Kunstwerk, wie ich finde! Und dann noch dieses wohlige, blassblaue tränenreiche 'Hjorten'... . 1099 klingt seltsam entrückt und bringt uns dazu, sich mal wieder dem inneren Kern anzunähern. Musik, die ihre Töne streichelt und allzu gern verblassen lässt.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben