U.D.O. - Bochum

02.04.2015 | 13:14

02.04.2015, Zeche

Balls To The... Zeche!

Es gibt zwei Sachen im metallischen Universum, auf die man sich blind verlassen kann. Das wäre zum einen die Zeche im Herzen Bochums, die seit vielen Jahren ein Garant für tolle Konzerte und einen noch tolleren Sound ist und die wohl beschaulichste Veranstaltungslocation im Ruhrgebiet darstellt. Man kommt hin, parkt seinen PKW, zeigt die Karte vor und genießt zugleich die warme, familiäre Atmosphäre, die sich einem bietet. Ob nun Bekannte an der Theke begrüßt werden, man seinen gewohnten Platz auf der Treppe sucht oder einfach vor der Bühne mit Freunden einen kleinen Plausch hält, nur das eigene Wohnzimmer ist gemütlicher. Die zweite Verlässlichkeit ist musikalischer Art: U.D.O.. Gefühlt seit Menschengedenken füttert uns der "German Tank" in wunderbarem Zwei-Jahres-Rhythmus mit metallischer Kost, liefert stets Qualitätsware ab und hat jüngst mit "Decadent" wieder ein Album am Start, das von der Gemeinde mit Wohlwollen empfangen wurde. Heute, am Mittwochabend Mitte März, treffen diese beiden Garanten aufeinander: Udo Dirkschneider ist zu Gast in der Zeche Bochum und hat mit GARAGEDAYS und SISTER SIN auch illustre Unterstützung dabei.

Recht pünktlich öffnet die Zeche ihre Tore und die Tiroler  GARAGEDAYS starten in den Abend. Mit ihrem aktuellen Album "Passion Of Dirt" im Gepäck machen sie vor einer halb gefüllten Location immerhin eine mehr als ordentliche Figur. Ein bisschen Thrash Metal á la METALLICA hier, dort ein wenig NWoBHM und mit den recht rauen Vocals von Frontmann Marco Kern kommen Songs wie 'Never Give Up', 'Lord Of Darkness', 'Razorblade' und 'Bleeding Days' recht gut an und sorgen für ersten Applaus. Auch wenn beide Seiten noch recht zögerlich agieren, zumindest das Publikum sollte an diesem Abend noch aus sich herausgehen. Was GARAGEDAYS betrifft, absolvieren die vier Österreicher einen respektablen Appetizer-Gig, der nach etwas mehr als einer halben Stunde auch bereits vorüber ist.

Zur Prime-Time ist es dann Zeit für Schwermetall made in Sweden: SISTER SIN um Front-Energiequelle Liv Jagrell sorgt für eine schweißtreibende, mitunter sehr unterhaltsame Show, weiß die Band doch aus der Vergangenheit, wie man das Publikum vor einer U.D.O.-Darbietung am besten unterhält. Wie ein Wirbelwind flitzt die junge Dame von A nach B, es verblüfft, mit wieviel Power sie und ihre drei Mitstreiter 'Food For Worms', 'Outrage' und 'Fight Song' ins Publikum pfefferten.

Die Zeche ist begeistert, der Sound eine Wucht, die Show eine äußerst gute und die Songs machen allesamt eine tadellose Figur. Diejenigen, die SISTER SIN am heutigen Mittwoch zum ersten Mal bestaunen dürfen, kommen aus dem selbigen gar nicht mehr heraus. Mit sympathischen Ansagen, die sogar zeitweise auf Deutsch abgehalten werden, und schon bemerkter Leistung gewinnen die Schweden heute definitiv einige Fans dazu. So verwundert es nicht, dass nach dem abschließenden Song-Duo 'Sail North'/'Hearts Of Cold' einige zum Merchandise-Stand rennen und die Geldbeutel zücken. Meine Herren, die Dame, das war eine Dreiviertelstunde, die sich definitiv gewaschen hat. Chapeau!

Allmählich wird auch die mit Tarnnetzen bestückte Bühnendekoration sichtbar, als pünktlich um 21:30 Uhr das Aushängeschild des deutschen Heavy Metals, Udo Dirkschneider, die Bühne betritt. Gleich zu Beginn wird deutlich, dass der U.D.O.-Auftritt unter einem äußerst günstigen Stern steht: Das Publikum ist von Beginn an bei der Sache, die Band samt Fronttank bestens aufgelegt, voll motiviert und mit tollem, knackigen Sound gesegnet. So kommen anfänglich 'Speeder', 'Blitz Of Lightning' und 'King Of Mean' mit äußerst viel Schmackes aus den Boxen geschossen und machen eine Menge Freude. Für diese Tour entwarf U.D.O. eine Setliste zum Zungeschnalzen, Bochum feierte längst verschollene Perlen wie 'Black Widow' vom U.D.O.-Debüt und 'Faceless World' gleichermaßen ab wie neue Brecher der Marke 'Decadent', 'Pain', 'Under Your Skin' und 'Secrets In Paradise'. Zu Letztgenannten gesellt sich das balladeske 'Tears Of A Clown', beide zusammen machen sehr viel Freude und sorgen für noch familiärere Atmosphäre.

Selbst in fortgeschrittenem Semester ist sich der Frontmann also nicht zu schade, ein paar wohlwollende Überraschungen ins Publikum zu pfeffern. Die "Decadent"-Songs harmonieren sehr gut mit dem restlichen Songmaterial und Dirkschneider schwimmt in Bochum auf einer Welle der Euphorie. Doch auch seine Hintermannschaft hat einen äußerst guten Tag erwischt: Sohnemann und Neu-Drummer Sven drischt wie ein Uhrwerk auf seine Felle ein, die Klampfenfraktion Andrey und Kasperi post, rifft und rockt, was das Zeug hält, und Fitty ist am Bass eh eine Macht. 'Let Me Out', 'Metal Machine' und 'Metal Eater' (sehr viel Metal also) beenden schließlich den offiziellen Teil, doch U.D.O. wäre nicht U.D.O., wenn der Altmeister nicht noch einige Asse (noch mehr Metal) im Ärmel hätte. Nach dem rockigen 'Break The Rules' bekommt Bochum mit 'Princess Of The Dawn' und der Speed-Metal-Geburtsstunde 'Fast As A Shark' noch ein wenig Geschichte vor den Latz geknallt, ehe die Zeche beim wirklich finalen 'Balls To The Wall' noch einmal ausrasten darf. Erschöpft, aber vollkommen zufrieden kehren die Jungs schließlich von der Bühne und haben heute einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Dirkschneider noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

Fassen wir diesen Abend noch einmal zusammen: GARAGEDAYS zeigte Potential und fungierte als Anheizer, SISTER SIN beeindruckte auf gesamter Linie und U.D.O. zerlegte mit treffsicherer Riffgewalt die Zeche in ihre Einzelteile. So leert sich allmählich auch selbige, das Publikum geht glücklich und zufrieden ins Freie und ich schwelge nach diesem Abend derweil noch ein wenig in zufriedener Gewissheit, dass man sich in einer sehr schnelllebigen Zeit noch auf gewisse Dinge verlassen kann. Selbst wenn morgen die Apokalypse an der Tür klopfen würde, könnte man sich immer noch auf zwei Dinge verlassen: Die Zeche in Bochum und Udo "German Tank" Dirkschneider.

Redakteur:
Marcel Rapp

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