Summer Breeze - Dinkelsbühl

13.09.2011 | 16:03

17.08.2011, Flugplatz

Das "Wacken des Südens" fährt harte Geschütze auf und bietet von 11 Uhr morgens bis 4 Uhr nachts ein abwechslungsreiches Programm durch alle Stilrichtungen des Metals.

Das Summer Breeze entwickelt sich immer mehr zum Wacken des Südens. Wem der Weg in den Norden Deutschlands zu lang ist, dem werden auch hier starke Headliner und vier Tage volles Programm geboten. Die ganz große Kirmes fahren die Veranstalter noch nicht auf und Namen wie JUDAS PRIEST und OZZY OSBOURNE stehen auch nicht auf dem Programm, aber das Festival ist auch erst halb so alt wie der Koloss aus Schleswig-Holstein.

Nach Wochen von Herbstwetter kündigt sich ein heißer Sonnentag an. Nur noch sieben Stunden bis zur ersten Band! Auch heute spielen schon Größen wie SCAR SYMMATRY und VADER, der Andrang der Festivalbesucher ist entsprechend hoch. Die Polizei dämmt den Stau in Dinkelsbühl jedoch ein, indem mehrere Autowarteschlangen auf unterschiedlichen Routen bis zum Festivalgelände gebildet werden. Bei den Wartenden herrscht Feststimmung, doch kann auf der Straße kein echtes Festivalfeeling aufkommen. Denn die Schlangen werden dank der vielen parallelen Kontrollschleusen
zügig in Angriff genommen, und so hat man kaum Gelegenheit, auf der Straße das Bier auszupacken. Auf dem Zeltplatz herrscht beim Einweisen leider ein wenig Chaos, aber nach einer kurzen Irrfahrt findet jeder seinen Platz zum Zelten.

Auf dem Campingplatz hat sich etwas getan! Die Wasserstellen sind nicht mehr bei den Mobiltoiletten. So kann jeder sicher sein, dass der Fäkalanteil in der Pfütze, in der er sich gerade
suhlt, auch möglichst gering ist! Bei den sich anbahnenden Temperaturen ist der Spaß im kühlen Nass auch besonders gefragt. Die Duschcamps wurden erweitert und noch mehr auf dem Zeltplatz
verteilt, dennoch sind die Schlangen ab dem frühen Morgen immer sehr lang und Wartezeiten bis zu zwei Stunden keine Seltenheit.

Das Festival wird um 15 Uhr vom NEW BLOOD AWARD eröffnet. Weniger bekannte Bands geben hier ihr Bestes, um preisgekrönt am nächsten Tag die Mainstage eröffnen zu dürfen. Es treten DAVIDIAN, STEVE FROM ENGLAND, SHEAR, KILT, ARCTURON und FAREWELL TO ARMS an.

DAVIDIAN kommt aus der Umgebung von Schorndorf und sollte damit Heimvorteil haben. Die Band macht innovativen Thrash Metal bis hin zu Thrashcore. Bisher sind zwei Tonträger und zahlreichen Liveauftritte, auch auf kleineren Festivals, auf ihrem Konto. An Erfahrung mangelt es der Combo also nicht. Trotz Hitze und Anreisestress haben sich ein paar Metaller im Zelt eingefunden und feiern. Die Jungs auf der Bühne geben routiniert ihr Bestes und können auch einige überzeugen.

Es geht weiter mit Hardcore von STEVE FROM ENGLAND (Foto). Schnell hat die Band aus Hannover das Publikum im Griff und lässt das Partyzelt halten, was der Name verspricht. Die Vocals mögen zwar nicht Jedermanns Sache sein, aber so ist dieser Musikstil eben. Für alle, die Gefallen an den fünf Jungs gefunden haben, gibt es das Debütalbum "Serenety Is Just A Relic" auf der Homepage kostenlos zum Herunterladen.

Aus Finland kommt die nächste Truppe. Mit verspielten Gitarren, Keyboard und einer Sängerin versucht SHEAR das Publikum und die Juroren für sich zu gewinnen. Das Keyboard klingt etwas zu dominant, dennoch sind die Songs eingängig und doch vielschichtig genug, um nicht zur leichten Kost zu verkommen. Direkt im Anschluss bekommt der geneigte Zeltbesucher mit KILT melodischen Death/Thrash aus Kiel auf die Ohren.

ARCTURON aus der Schweiz hat in den vergangenen sieben Jahren schon einiges hinter sich gebracht. Viele Supportgigs für namhafte Bands waren schon dabei und das aktuelle Album wurde sogar in Peter Tägtgrens Abyss Studios produziert. Passend dazu erinnern die Songs oft an HYPOCRISY-Werke und dürften somit auch viele Breeze-Besucher ansprechen.

Die Landsberger FAREWELL TO ARMS lassen eine einwandfreie Definition ihres Stils nicht zu. Stilmittel vieler Metal- und Core-Richtungen werden in ihren Songs verwendet. Wer modernen melodischen Death Metal mag, wird aber wahrscheinlich sehr zufrieden sein. Die Songs sind gut arrangiert und mitreißend. Es kommt keine Langeweile auf und das ohne den Eindruck von Chaos zu erwecken. Hier stehen Könner auf der Bühne, welche es noch sehr weit bringen können.

Angetreten sind sechs sehr gute Bands und die meisten haben überzeugt. Leider kann nur einer gewinnen: STEVE FROM ENGLAND macht das Rennen und darf als NEW BLOOD AWARD-Gewinner die Main Stage eröffnen.
[Stefan Brätsch]

Als erster Headliner betritt DESTRUCTION mittwochs zur Prime Time die Bretter, die die Welt bedeuten. Inzwischen haben sich eine Menge Fans eingefunden, die ab dem ersten Ton des Intros ordentlich Stimmung machen, und es wird recht schnell klar: Jetzt hat das Summer Breeze 2011 wirklich angefangen. Die Jungs um Sänger Schmier gehen sichtlich motiviert zur Sache, das Publikum dankt es willig mit großen Moshpits. Der Sound geht in Ordnung, ist aber nicht weltbewegend. Trotzdem ballern Hits wie 'Hate Is My Fuel' oder 'Nailed To The Cross' ordentlich aus den Boxen und animieren einen großen Teil des Publikums zum Mitgrölen. Wir hören Songs quer durch die Diskographie der Jungs, besonders 'Total Desaster' ist einfach immer wieder eine gute Nummer. Auffällig ist beim DESTRUCTION-Gig, dass die Show diesmal nicht so pompös inszeniert ist wie anno 2008, als die Jungs sämtliche Pyro-Register inklusive Metzger und nackte Frauen auf der Bühne zogen. Schlimm ist das nicht, 'The Butcher Strikes Back' stellt auch ohne halbnackte Accessoires auf der Bühne einen würdigen Rauswerfer dar, der jedem der Anwesenden mit einem zünftigen Schlag ins Genick auf seinen Platz verweist.  Alles in allem bietet DESTRUCTION eine starke Show und es bleibt nur ein wenig Unverständnis, warum Schmier und Co. diesmal keine der großen Bühnen zum Spielen bekommen.

Mein erster echter Höhepunkt ist VADER, die direkt nach DESTRUCTION den Staffelstab übernehmen. Und wie die Polen das tun! Als Intro haben die Jungs um den charismatischen Frontmann Piotr Wiwczarek passend den Imperial March aufgelegt. Von der ersten Sekunde an reißt VADER das Publikum mit, bedient selbiges durchaus würdig. Unglaublich, dass die Jungs nun schon seit 27 Jahren zur Zunft gehören, anmerken tut man ihnen das Altern jedenfalls nicht. Die Setlist birgt einige Perlen, der geneigte Hörer bekommt unter anderem 'Sothis', 'Shadowfear' und den Klassiker 'Black To The Blind' serviert. Auch das über alle Zweifel erhabene 'Carnal' ist dabei, bei dem die Aggression im Moshpit richtig hochkocht. Der Sound ist anfangs ein wenig blechern, wird aber im Laufe des Gigs wesentlich besser. Den krönenden Abschluss hebt sich VADER aber bis zum Schluss auf und holt mit einem supertighten Cover von 'Raining Blood' noch einmal alles aus der ausgelaugten Meute raus, die im letzten Drittel leider doch ein wenig lichter geworden ist. Sehr schön!
[Hagen Kempf]

Zur nächtlichen Stunde von Mittwoch auf Donnerstag macht es sich HELL zur Aufgabe, ebenjene auf der Erde zu verbreiten. Die Band existiert zwar schon seit 1982, veröffentlichte jedoch erst dieses Jahr ihr Debütalbum "Human Remains" via Nuclear Blast. Neu-Sänger David Bower tritt mit Headset auf, was bei der Bühnenshow HELLs wirklich Sinn macht: Wie ein Redenschwinger trägt er seine Texte mit schriller Stimme vor, hebt immer wieder bedrohlich die Arme und peitscht sich zu guter Letzt noch aus. Doch so gefährlich sich das anhört; der Witz geht nie verloren. Musik und Mimik verbreiten gute Laune im gesamten Zelt, das immerhin halb gefüllt ist. Der quierlige Fronter flitzt über die Bühne und seine Mitmusiker nutzen den Platz, den er ab und an freilässt, um ordentlich zu rocken. 'Blasphemy And The Master', 'The Quest' und 'Macbeth' kommen bestens an, das Publikum feiert. Am Ende haben die Briten ihr ausgewiesenes Ziel erreicht und es ist 'On Earth As It Is In Hell'. Großartig.
[Pia-Kim Schaper]

Redakteur:
Pia-Kim Schaper

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